Digitalisierung der Arbeitswelt Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und Ableitungen für Sachsen Schlossgespräch Wirtschaftsförderung "den Wandel gestalten" 11.04.2018 Franziska Schork IAB Regional Sachsen
Hintergrund - Aktueller Diskurs Arbeitswelt 4.0 und Digitalisierung in den Medien Schlagzeilenbeispiel: Laut wissenschaftlicher Studie wird für den USamerikanischen Arbeitsmarkt prognostiziert, dass knapp 50 Prozent der Beschäftigten in den nächsten 10 bis 20 Jahren durch computergesteuerte Maschinen ersetzt werden (Frey & Osborne 2013) ABER: Bisher mehr neue Arbeitsplätze geschaffen als vernichtet Frage: Welche Arbeitsplätze sind bedroht, bzw. heute schon vollständig ersetzbar? Wir folgen in unseren Analysen einem anderen Ansatz und konzentrieren uns auf den aktuellen Stand der Entwicklung 2
Das Substituierbarkeitspotenzial Definition (nach Dengler/Matthes 2014): Substituierbarkeitspotenzial (SP) = Anteil der Kerntätigkeiten in einem Beruf, die heute potenziell von modernen Technologien übernommen werden könnten. Substituierbarkeitspotenzial Betroffenheit 0 % bis (unter) 30 % Niedrig 30 % bis (unter) 70 % Mittel 70 % bis 100 % Hoch Substituierbarkeit ist kein Indikator für Arbeitsplatzabbau, sondern für Arbeitsplatzwandel 3
Daten- und Methodengrundlagen Datengrundlage: Expertendatenbank BERUFENET der BA Anforderungsmatrix der Berufe Knapp 4.000 Berufe, ca. 8.000 Tätigkeiten Vorgehen: Beurteilung der Kerntätigkeiten (aus der Kompetenzmatrix) nach deren Ersetzbarkeit durch moderne Technologien. Als ersetzbar gilt eine Tätigkeit, wenn es eine computergesteuerte Maschine oder einen Computeralgorithmus gibt, der diese Tätigkeit vollumfänglich automatisch erledigen kann Kriterium der technischen Machbarkeit 4
Studienrelevante Veränderungen 2013 zu 2016 Neue Technologien sind marktreif geworden und für den Endverbraucher verfügbar Mobile, kollaborative Roboter (vs. Industrieroboter, z.b. Warentransport) lernende Software (z.b. intelligente Bilderkennung im Wareneingang) Materialflexible 3D-Drucker (z.b. Herstellung von Prototypen/ Einzelstücken) Virtuelle Realitäten (z.b. für Kundensimulationen, Maschinenentwicklung) Berufsbilder haben sich gewandelt: Tätigkeitsprofile haben sich verändert ( Berechnen, Modelle anfertigen ) Tätigkeiten sind neu hinzugekommen (Beherrschen spezifischer Software) Neue Berufe sind entstanden z.b. Data Scientist (Auswertung großer prozessproduzierter Datenmengen), Interfacedesigner/in (Entwicklung von Benutzeroberflächen) 5
Das Substituierbarkeitspotenzial der Berufe in den Bundesländern (Studie 2013)
Das Substituierbarkeitspotenzial der Berufe in den Bundesländern (Studie 2013) Deutschland 2013: 15 Prozent 2016: 25 Prozent +10
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Berufssegmenten 2013 Anteil der ersetzbaren Tätigkeiten (SP) nach Berufssegmenten (in %) Fertigungsberufe 73,3 72,8 Fertigungstechnische Berufe 65,0 64,4 Berufe in Unternehmensführung und -organisation 48,2 48,9 IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe 41,5 42,5 Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe 40,7 39,7 Land-, Tier- und Gartenbauberufe Handelsberufe 36,4 37,8 36,1 36,3 Studie 2013 Deutschland: Sachsen: 15,0 Prozent 15,9 Prozent Verkehrs- und Logistikberufe 33,9 36,5 Bau- und Ausbauberufe 32,3 32,5 Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe 30,6 30,9 Reinigungsberufe 20,7 21,9 Medizinische u. nicht-medizinische Gesundheitsberufe 19,0 21,9 Sicherheitsberufe 10,4 11,4 Sachsen Soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe 5,5 7,1 Deutschland Quelle: BERUFENET (2013); Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (Stand: 30.06.2015); eigene Berechnungen. 8
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Berufssegmenten 2013 zu 2016 Studie 2016 Deutschland: Sachsen: 25,0 Prozent??,? Prozent 9
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Berufssegmenten 2013 zu 2016 Studie 2016 Deutschland: Sachsen: 25,0 Prozent??,? Prozent 10
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Berufssegmenten 2013 zu 2016 Studie 2016 Deutschland: Sachsen: 25,0 Prozent??,? Prozent 11
Substituierbarkeit nach Anforderungsniveau, Deutschland 2013 zu 2016 12
Fazit Studienergebnisse 2013 zu 2016 Sachsen: Lt. Studie von 2013 waren 15,9 % der sächsischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen tätig, die von Computern oder computer-gesteuerten Maschinen ersetzt werden konnten. Deutschland: Lt. Studie von 2016 sind 25,0 % der deutschen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen tätig, die von modernen Technologien ausgeführt werden könnten. Dies entspricht +10 %-Punkte zur Vorstudie aus dem Jahr 2013. Weiterhin weisen die Fertigungsberufen (SP: 83 %) und fertigungstechnischen Berufen (SP: 70 %) das höchste Substituierbarkeitspotenzial auf. Besonders ausgeprägt sind die Anteile an Substituierbarkeitspotenzial zusätzlich in den Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufen (SP: 60%), Berufe in der Unternehmensführung und -organisation (SP: 57 %), Verkehrs- und Logistikberufen (SP: 56 %), Handelsberufe (SP: 50 %) 13
Fazit Studienergebnisse 2013 zu 2016 Ausblick: Regionale Unterschiede begründen sich in den lokalen Branchenschwerpunkten. Deutschlandweit sind fast 8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte von einem hohen Substituierbarkeitspotenzial betroffen. Für Sachsen ist ebenfalls mit einem deutlichen Anstieg der betroffenen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu rechnen. Substituierbarkeit ist kein Indikator für Arbeitsplatzabbau, sondern für Arbeitsplatzwandel Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaft kann durch Beratungs- und Qualifizierungsangebote Beschäftigte unterstützen und die Auswirkungen der Digitalisierung gestalten. 14
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: franziska.schork2@iab.de Dengler, Katharina; Matthes, Britta (2018): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen: Wenige Berufsbilder halten mit der Digitalisierung Schritt. IAB-Kurzbericht, 04/2018. http://doku.iab.de/kurzber/2018/kb0418.pdf Schork, Franziska et al. (2017): Digitalisierung der Arbeitswelt - Folgen für den Arbeitsmarkt in Sachsen. IAB Regional Sachsen, 1/2017. http://doku.iab.de/regional/s/2017/regional_s_0117.pdf www.iab.de
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Beschäftigten - Deutschland 16
Substituierbarkeitspotenzial Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Beschäftigten Sachsen (2013) Betroffene Beschäftigte vom SP im Jahr 2015 in Sachsen (Angaben in Tausend) 0% 169,6 über 0 bis 10 % 114,4 über 10 bis 20 % 143,6 über 20 bis 30 % 213,4 über 30 bis 40 % 161,8 über 40 bis 50 % 118,3 über 50 bis 60 % 224,5 über 60 bis 70 % 127,3 über 70 bis 80 % 148,9 über 80 bis 90 % über 90 bis 100 % 100% 10,0 31,0 51,5 Im Jahr 2015 waren in Sachsen bei 241.400 Beschäftigten über 70 % der Kernaufgaben durch Computertechnologien ersetzbar. Quelle: BERUFENET (2013); Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (Stand: 30.06.2015); eigene Berechnungen. 17
Die Betroffenheit vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe nach Kreisen in Sachsen Anteil der betroffenen Beschäftigten von einem hohen SP (> 70 %) im Jahr 2015 Anteil an Kreis allen SVB Chemnitz, Stadt 15,7 % Erzgebirgskreis 23,0 % Mittelsachsen 19,6 % Vogtlandkreis 18,9 % Zwickau 24,3 % Dresden, Stadt 10,9 % Bautzen 18,3 % Görlitz 16,8 % Meißen 18,5 % Sächs. Schweiz-Osterzg. 17,8 % Leipzig, Stadt 9,9 % Leipzig 12,9 % Nordsachsen 13,6 % Sachsen 15,9 % Quelle: BERUFENET (2013); Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (Stand: 30.06.2015); eigene Berechnungen. 18