Sächsisches Landesarbeitsgericht Zwickauer Straße 54, 09112 Chemnitz Postfach 7 04, 09007 Chemnitz Bitte bei allen Schreiben angeben: Az.: Chemnitz, 01.04.2015 11 Ca 2294/14 ArbG Leipzig B E S C H L U S S In dem Streitwertbeschwerdeverfahren unter Beteiligung von: hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht... als Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung am 01.04.2015 beschlossen: Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers/Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 28.10.2014 11 Ca 2294/14 a b g e ä n d e r t : 1. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers/Beteiligten zu 2. und der Beklagten/Beteiligten zu 3. wird für das gesamte Verfahren auf 10.833,32 festgesetzt. 2. Der Beschwerdewert wird auf 265,00 festgesetzt. G r ü n d e : I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß 63 Abs. 2 GKG.
Seite 2 Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger gegen eine Kündigung der Beklagten und verlangte außerdem für den Fall des Obsiegens mit seinem Bestandsschutzantrag, die Beklagte zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen (insoweit war, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, der unter Ziffer III der Klage gestellte Antrag auf Weiterbeschäftigung als eventual-kumulativ gestellter Weiterbeschäftigungsantrag auszulegen). Das Verfahren endete mit einem durch gerichtlichen Beschluss vom 28.08.2014 festgestellten Vergleich, in dem u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2014, eine Abfindungszahlung in Höhe von 8.500,00, die Feststellung, dass Urlaubsansprüche und Mehrarbeitsausgleichsansprüche nicht mehr bestehen, die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses mit der Gesamtbewertung "gut" sowie eine Generalquittung geregelt wurden. Wegen der Einzelheiten des Vergleichs vom 22.08.2014 wird auf Bl. 48/49 d. A. verwiesen. Mit Beschluss vom 28.10.2014, auf dessen Begründung verwiesen wird (Bl. 59/60 d. A.), hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das gesamte Verfahren auf 8.124,99 (drei Gehälter á 2.708,33 für den Kündigungsschutzantrag) und den Vergleichsmehrwert auf 541,67 festgesetzt. Der Beschluss wurde dem Beteiligten zu 1. am 29.10.2014 zugestellt. Der hiergegen seitens des Beteiligten zu 1. eingelegten Beschwerde vom 06.11.2014, mit der dieser auch die streitwertmäßige Bewertung des unechten Hilfsantrags auf Weiterbeschäftigung verfolgt, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 07.11.2014 nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Seite 3 II. 1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist statthaft, da sie ausweislich seines Schriftsatzes vom 06.11.2014 eine Streitwertheraufsetzung zum Ziel hat. Sie ist auch insbesondere form- und fristgerecht ( 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 Satz 2 GKG) eingelegt worden. Der Beschwerdewert von mehr als 200,00 ist ebenfalls erreicht. 2. In der Sache hat die Beschwerde auch Erfolg. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts war der unechte (uneigentliche) Hilfsantrag zu Ziffer III auf vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers sehr wohl streitwertmäßig zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob ein sog. unechter (uneigentlicher) Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung streitwertmäßig zu berücksichtigen ist oder nicht. Die Frage hierzu ist unter den Landesarbeitsgerichten und in der Literatur sehr umstritten (vgl. insbesondere die Darstellung im Beschluss des LAG Hamburg vom 12.08.2011 4 Ta 17/11 m. zahlr. N. zu der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, zitiert in Juris). Aber selbst wenn man vorliegend der Auffassung der Landesarbeitsgerichte, die die Bewertung eines uneigentlichen (unechten) Hilfsantrags, der nur für den Fall des Obsiegens mit der Klage nach 4 KSchG geltend gemacht wird, nur dann bejahen, wenn über ihn entschieden worden ist (vgl. z. B. LAG Düsseldorf vom 27.07.2000 7 Ta 249/00 und insbesondere die Darstellung in den Beschlüssen des LAG Hamburg vom 30.04.2014 1 Ta 6/14 und vom 17.04.2014 2 Ta 2/14 m. zahlr. N. zur Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, sämtl. zitiert in Juris) folgt, ist der vorliegende unechte Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung sehr wohl aufgrund des hier erfolgten Vergleichsabschlusses vom 22.08.2014 streitwerterhö-
Seite 4 hend zu berücksichtigen (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 14.02.2011 5 Ta 214/10 zitiert in Juris). Erledigen sich der Bestandsschutzantrag und der eventual-kumulierte allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag dadurch, dass darüber ein Prozessvergleich abgeschlossen wird, ist die Werterhöhung nicht davon abhängig, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses die innerprozessuale Bedingung des Hilfsantrags, nämlich die positive Bescheidung des Hauptantrags, bereits eingetreten war. Zur Begründung führt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hierzu aus: Wird der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag sachgerecht nur als unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Bestandsschutzantrag geltend gemacht, ist er bei der Wertfestsetzung nur zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden wird oder eine andere Regelung getroffen wurde. "Allerdings ist die Werterhöhung gemäß 45 Abs. 4 GKG nicht von vornherein davon abhängig, dass die innerprozessuale Bedingung des uneigentlichen Hilfsantrags, nämlich das Obsiegen mit dem Hauptantrag, zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eingetreten gewesen sein müsste (so aber OLG Köln 22.02.1996 18 W 57/95 NJW-RR 1996, 1278 und wohl auch KG 03.06.2003 1 W 495/03 MDR 2004, 56). Die Gegenansicht verkennt die Reichweite von 45 Abs. 4 GKG. Mit der gesetzgeberischen Vorgabe in 45 Abs. 4 GKG, die Abs. 1 bis 3 des 45 GKG "entsprechend" anzuwenden, wird die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt (OLG Düsseldorf 16.06.2005 5 W 13/05 MDR 2006, 297; Schneider/Herget Streitwertkommentar f. d. Zivilprozess 12. Auflage Rn. 5703). Käme es auf den Bedingungseintritt an, würde (auch) eine Erhöhung des Verfahrenswerts im Falle der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung ausscheiden. Denn auch hier ist das Gericht gemäß 308 ZPO erst dann zu einer Entscheidung über die Gegenforderung berechtigt, wenn es zuvor (positiv) über den Bestand der Klageforderung entschieden hat. Wäre daher eine tatsächliche Entscheidung für die Werterhöhung Voraussetzung, liefe die nur für die Ge-
Seite 5 richtsgebühren, mithin für den Verfahrenswert aufgestellte Verweisung des 45 Abs. 4 GKG ins Leere, eine dem Wortlaut widersprechende, damit unzulässige und soweit ersichtlich von niemanden vertretene Gesetzesauslegung. Stellt aber 45 Abs. 4 GKG bei der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung für den Verfahrenswert gerade nicht auf den Bedingungseintritt ab, ist dieser auch bei einem Vergleich über Ansprüche entbehrlich, die Gegenstand eines Hilfsantrags oder einer Hilfswiderklage sind. Denn eine Unterscheidung zwischen diesen prozessualen Fallgestaltungen ist 45 Abs. 4 GKG nicht zu entnehmen. Vielmehr wird mit der gesetzgeberischen Vorgabe, die 45 Abs. 1 bis 3 GKG "entsprechend" anzuwenden, die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt (OLG Düsseldorf 16.06.2005 5 W 13/05 ; Schneider/Herget a. a. O. Rn. 2853)." Demnach ist vorliegend der zutreffend als sog. uneigentlicher Hilfsantrag geltend gemachte allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag zu berücksichtigen, weil der Rechtsstreit durch Vergleich beendet worden und zugunsten der Parteien davon auszugehen ist, dass der Vergleich auch hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs eine Regelung enthält. Hierzu führt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg aus: "Wird in einem Kündigungsschutzrechtsstreit, in dem ein für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellter Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits angekündigt wurde, ein Prozessvergleich abgeschlossen, der zum Gegenstand hat, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Tag endet und damit der Rechtsstreit erledigt ist, so unterliegt es nach Auffassung der Beschwerdekammer keinem Zweifel, dass mit einer solchen Regelung regelmäßig auch der Weiterbeschäftigungsantrag im Sinne des 45 Abs. 4 GKG mit geregelt wird. Mit der Erledigung des Rechtstreits durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch der auf Beschäftigung gerichtete Hilfsantrag erledigt. Zur Vermeidung von Missverständnissen erscheint es angezeigt darauf hinzuweisen, dass es auf die Fassung der Erledigungsklausel nach hier vertretener Auffassung nicht ankommt. Formulierung wie
Seite 6 "damit ist der Rechtsstreit erledigt" erfassen den Weiterbeschäftigungsantrag ebenso wie die im Ausgangsrechtsstreit verwendete Formulierung "damit sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung erledigt". Eine Differenzierung nach der Formulierung der Erledigungsklausel bzw. dem Vergleichsinhalt widerspricht dem Ansatz der Beschwerdekammer, im Rahmen der Streitwertfestsetzung ein einfaches, klares und praktikables System vorzuhalten und würde im Übrigen durch (letztlich vorhersehbare) klarstellende Vergleichsformulierungen bei Beendigungsvergleichen sehr schnell obsolet werden." Diesen obigen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg zur Berücksichtigung des unechten Hilfsantrags auf Weiterbeschäftigung bei Erledigung des Rechtsstreits durch Prozessvergleich schließt sich die erkennende Kammer vorliegend nach eigener Prüfung in vollem Umfang an, wobei es nach Auffassung der Beschwerdekammer keinen Unterschied machen kann, ob der Rechtsstreit nun durch Prozessvergleich oder wie hier durch einen gemäß 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alt. ZPO vom Arbeitsgericht festgestellten Vergleich endet. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist daher mit einem Monatsgehalt zu bewerten. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Werte für den Kündigungsschutzantrag und den Weiterbeschäftigungsantrag hier zusammenzurechnen sind, woraus sich als Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das gesamte Verfahren ein Wert in Höhe von 10.833,32 ergibt. Nach alledem war daher der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. entsprechend abzuändern. Der Wert des Beschwerdeverfahrens errechnet sich aus der Differenz des festgesetzten zu dem von dem Beteiligten zu 1. begehrten wesentlich höheren Gegenstandswert im Hinblick auf die angefallenen Anwaltsgebühren.
Seite 7 Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen ( 568 Satz 1 ZPO i. V. m. 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Diese Entscheidung ist unanfechtbar.