Fortbildung für pädiatrische medizinische Praxisassistentinnen in der Zentralschweiz Kinderspital Luzern Donnerstag, 23. Oktober 2014 Säuglingsernährung 16.15 17 Uhr Dr. med. J. Spalinger Lernziele Empfehlungen für die im 1. Lebensjahr kennen und anwenden: Grundlagen Bedürfnisse Stillempfehlungen Empfehlungen für die Formula-Milch Schoppen Milch für gesunden Säugling Spezialschoppen Zeitpunkt und Art der -Einführung Allergieprävention (Nahrungsmittelallergie) Normale Gewichtszunahme 1. 3. Lebensmonat: Ø wöchentlich 130-180 g 4. 6. Lebensmonat Ø wöchentlich 100-160 g Ab 7.Lebensmonat Ø Wöchentlich 70 110 g Merke: Ø Ein Säugling verdoppelt sein Geburtsgewicht innerhalb von fünf Monaten und verdreifacht es bis zum 1. Geburtstag. Normale Gewichtszunahme Säugling Gewichtszunahme- Wachstum 1. Lebensjahr Normale Gewichtszunahme beim Baby 1. Monat: 130-200 g / Woche (30 g/die) 2. Monat: 170-210 g / Woche 3. Monat: 150-180 g / Woche 4. Monat: 130-160 g / Woche 5. Monat: 110-140 g / Woche 6. Monat: 100-130 g / Woche 7. und 8. Monat: 90-120 g / Woche 9. und 10. Monat: 70-110 g /Woche 11. und 12. Monat: 60-90 g/ Woche 1. - 3. Monat 130 200 g/woche 4. 12. Monat 60 160 g/woche rasante Gewichtszunahme und Wachstum: Gewichtszunahme 1. Lebensmonat: 600-1000 gr 2. - 5. Monat: 500-700 gr/monat Wachstum +/- 25 cm im 1. Lebensjahr Verdoppelungsregel Geburtsgewicht verdoppelt innerhalb 5-6 Monaten 1. Geburtstag Geburtsgewicht verdreifacht Verdopplung In 6 Monaten 1
Alter bis 4 Wochen: 1/5 des Körpergewichtes Trinkmenge Grundlagen im 1. Lebensjahr Alter 2-6 Monate: 1/6 des Körpergewichtes in ml Alter 3.Trimenon: 1/7 des Körpergewichtes in ml Oder: 150 ml/kg Körpergewicht, aber nicht mehr als 1000 ml/ Tag im 1. Lebensjahr Die Säuglingsernährung umfasst zwei Phasen: ausschliesslich Mutter oder Säuglingsanfangsnahrung in den ersten (4 -) 6 Lebensmonaten mit Mutter oder einer Säuglingsanfangsnahrung resp. Folgenahrung zusammen mit ab dem (5. -) 7. Lebensmonat Vorteile Mutter Zusammensetzung der Mutter (MM) ist an kindlichen Bedürfnisse angepasst MM liefert dem Baby alle Nährstoffe für Wachstum und gesunde Entwicklung MM ist hygienisch einwandfrei und richtig temperiert. MM praktisch immer verfügbar, und kostet nichts Stillen fördert emotionalen Bindung zwischen Mutter und Kind Prävention Stillen senkt Risiko für Durchfall, Mittelohrentzündung und späteres Übergewicht Stillen ist positiv für Gesundheit der Mutter aus. (Uterusrückbildung Risikominderung für Brust- und Eierstockkrebs) Empfehlungen zur Stilldauer Dauer des Stillens Im 1. Lebenshalbjahr sollten Säuglinge gestillt werden, mindestens bis zum Beginn des 5. Monats ausschliesslich. WHO/UNICEF - Empfehlung: Das gilt auch für Kinder mit erhötem Allergierisiko. Auch nach Einführung der spätestens mit Beginn des 2. Lebenshalbjahres sollten Säuglinge weiter gestillt werden. Die Stilldauer insgesamt bestimmen Mutter und Kind. www.monatsschriftkinderheilkunde.de www.monatsschriftkinderheilkunde.de Ausschliesssliches Stillen für 6 Monate und anschliessendes Weiterstillen während der Einführung der bis ins 2.Lebensjahr oder länger. 2
Stillintensität Stillhäufigkeit nach Bedarf des Kindes: Zeitpunkt und Dauer bestimmt das Kind In den ersten Lebenswochen wird die Mehrzahl der Kinder 10- bis 12-mal in 24 h angelegt In besonderen Situationen kann es notwendig sein, das Kind zu einer Stillmahlzeit zu wecken Geringe Gewichtszunahme, Trinkschwäche, Hyperbilirubinämie (Gelbsucht) Um Milchbildung anzuregen und das Kind ausreichend zu versorgen, ist eine gewisse Stillhäufigkeit notwendig Formula Säuglingsanfangsnahrung falls Stillen nicht möglich: Industriell hergestellte Säuglingsnahrung als sersatz für den gesunden Säugling ab Geburt muss allein alle sbedürfnisse des Säuglings in den ersten 6 Lebensmonaten decken auf Basis von Kuheiweiss Kohlehydratquelle ausschliesslich Laktose* oder Maltodextrin/Stärke l *Saccharose ist bei Säuglingsanfangsnahrungen nur noch bei Proteinhydrolysaten erlaubt www.monatsschriftkinderheilkunde.de Verordnung stützt sich auf die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 23. November 2005 Unterscheide: Typ Formula Säuglingsanfangsnahrungen Pre - oder 1 -Nahrungen von Geburt an und für das gesamte 1. Lebensjahr geeignet. Folgenahrungen 2 -, 3 -Nahrung Einführung frühestens mit Beginn der fütterung eingeführt Verordnung stützt sich auf die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 23. November 2005 Mutterersatz wenn stillen nicht möglich ist: Formula-Milch: Mutterersatz Inhalt von Säuglings Reduktion genau festgelegt Protein pro 100 ml Mutter Kuh Adaptierte Milch Kohlenhydrate - Laktose g 7.00 4.54 7.0 Protein g 1.13 3.34 1.5 Fett g 4.03 3.78 3.8 Kalorien pro 100 ml Eisengehalt cal µg 69 58 66 Spur Anreicherung Laktose 70 100 Einteilung industriell hergestellter flüssiger Säuglingsnahrungen Säuglingsanfangsnahrungen Ø Säuglingsnahrungen Ø Pre Nahrungen Ø Typ -1- Nahrungen Ø Start, Initial, Ziffer 1 Folgenahrungen Ø Folge Typ 2 Funktionelle Lebensmittel Ø Ø Ø Säuglings mit Pre /Probiotika AR-Schoppen Comfort Schoppen Therapeutische Nahrungen Semielementare Nahrungen Pregomin pepti, Alfaré, Atlhera, Damira Elementar Nahrungen (Aminosäuren Basis) Pregomin AS, Neocate Diätnahrungen Nahrung für Stoffwechselerkrankungen (PKU etc) Empfehlung Zubereitung Schoppen In der Schweiz ist das Hahnenwasser (Leitungswasser) von sehr hoher Qualität sowohl in Bezug auf die chemische Zusammensetzung wie auch auf dessen mikrobiologischen Gehalt. Es kann daher bedenkenlos für die Herstellung der Säuglingsschoppen verwendet werden. Für den Säuglingsschoppen wird empfohlen (WHO), das Wasser auf > 70 C abzukochen, für die Zubereitung des Schoppens abzukühlen und danach bei Körpertemperatur anzubieten (Reduktion Infektionsrisiko beim Neugeborenen) Der Säuglingsschoppen sollte immer frisch vor jeder Mahlzeit zubereitet werden 3
Kuh im 1. Lebensjahr Kuhvoll als Alternative ist während des ganzen 1. Lebensjahres nicht empfehlenswert: Hoher Protein -und Mineralstoffgehalt führt zu einer erhöhten renalen Belastung. Nährstoffzusätze fehlen Eisen, Jod und Vitamine cave Eisenmangel Intestinaler Blutverlust okkulten Blutverlust im Stuhl unklarer Aetiologie Das Wichtigste für die Praxis... Industrielle Säuglingsnahrung ist während des gesamten ersten Lebensjahres für nicht gestillte Säuglingen zu empfehlen. Ein Übergang auf eine Folgenahrung ist nicht zwingend. Selbsthergestellte Säuglings ist heute qualitativ unbefriedigend. Jede Art von Tier weist gravierende spezifische Probleme auf Milchartige Pflanzennahrungen sind mit Ausnahme spezieller Sojanahrungen für Säuglinge ungeeignet. Zeitpunkt einführung Definition mit werden speziell für Säuglinge hergestellte Lebensmittel in Breiform bezeichnet week 17-26 kann in Form selbst zubereiteter Breimahlzeiten oder industriell hergestellter Produkten gegeben werden Einführung der vor 5. Monat nicht zu empfehlen eine frühere fütterung bringt keine ernährungs-physiologischen Vorteile höheren Belastung der Nieren mit harnpflichtigen Substanzen spätestens ab dem 7. Monat muss eingeführt werden Mutter kann ab diesem Zeitpunkt den Nährstoffbedarf des Säuglings nicht mehr decken S. Schiess et al. JPGN 22010 Inhalt und Reihenfolge die Auswahl der für die verwendeten Lebensmittel wird durch vielfältige individuelle, traditionelle und kulturelle Faktoren beeinflusst und ist ernährungsphysiologisch wahrscheinlich nicht entscheidend! Art der Einführung die verschiedenen Lebensmittel sollen jeweils nacheinander, im Abstand von 3 bis 4 Tagen eingeführt werden allfällige Unverträglichkeiten frühzeitig erkennen Was eignet sich für die : Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei Getreide-Obst-Brei Joghurt als Zusatz zu Früchte- und Getreidebreien ab 7. Monat unverdünnte Kuh frühestens ab dem 2. Lebensjahr Quark wegen des hohen Eiweissgehaltes für die Säuglingsernährung nicht geeignet 4
Anzahl Mahlzeiten Bsp splan langsame Steigerung am Ende des 1. Lebensjahres täglich 3-4 Breimahlzeiten Konsistenz der wird langsam erhöht. ab dem 2. Lebensjahr sind die Kinder in der Lage auch Tischkost einzunehmen. Stillen wie weiter? es wird empfohlen, während des ganzen ersten Lebensjahres und darüber hinaus weiterzustillen. falls nicht gestillt werden kann, soll bis Ende des ersten Lebensjahres eine Säuglingsanfangsnahrung verwendet werden, die mit Einführung der jedoch auch durch eine Folge ersetzt werden kann. Trinkmenge - Flüssigkeit? Wenn Kinder nicht essen... Einfluss auf Essverhalten Voll gestillte Säuglinge: keine zusäztliche Flüssigkeitszufuhr notwendig Ab 10. Lebensmonat: Zusätzliche Flüssigkeit notwendig: Wasser am besten in Becher/Tasse, Trinkflasche nicht empfohlen Achtung Keine gesüssten Getränke Keine Nuggelflaschen! Zahndefekte - Karries Negativ Positiv Strenge Esskontrollen Repetitives Anbieten gleicher Nahrungsmittel Strenge Regeln und Einschränkungen Angebot an verschiedenen Nahrungsmittle Zwang zum Essen Gemeinsames Probieren neuer Nahrungsmittel + Geschmäcker Belohnung - Strafen Vorbild sein, gesunde Nahrung 27 ESPGHAN COMMITTEE ON NUTRITION 2008 Ellroth, 2007, Sullivan, Birch 1994, Maier et al. 2008 28 Allergieprävention aktueller Stand Gestillter Säugling Bei Neugeborenen und Säuglingen mit erhöhtem Atopierisiko wird - wie für alle Neugeborenen in erster Linie ausschliessliches Stillen empfohlen. während der ersten Lebensmonaten präventive diätetische Einschränkung der stillenden Mutter bringt jedoch keinen Vorteil wird deshalb nicht empfohlen. Allergieprävention Nicht gestillter Säugling Was heisst Allergie-Risiko?: Bei mindestens 1 Geschwister oder einem Elternteil besteht Allergie HA Milch wird empfohlen Säuglinge mit Allergiebelastung die mit einer HA-Nahrung ernährt werden, haben im Vergleich zu einer Säuglingsnahrung auf Basis Kuh seltener Ekzem (Neurodermitis) Nach dem Alter von sechs Monaten gibt es keine Hinweise auf einen Allergie-präventiven Effekt von HA-Produkten. 5
Allergieprävention neue Empfehlungen der Es gibt keine überzeugende wissenschaftliche Evidenz dafür, dass das Meiden resp. die verzögerte Einführung von potentiell allergenen Nahrungsmitteln in der, wie zum Beispiel Fisch oder Eier, das Allergierisiko verringern kann. Dies gilt sowohl für Kinder mit erhöhtem Allergierisiko wie auch für Kinder ohne Allergierisiko. Umgekehrt gibt es ebenfalls keine überzeugende wissenschaftlich Evidenz dafür, dass durch eine frühzeitige Exposition mit potentiell allergenen Nahrungsmitteln eine spezifische Toleranz induziert werden kann. Weitere Studien müssen diese wichtige Frage klären, um eine Grundlage für fundierte Empfehlungen zu schaffen. Kuh im 1. Lebensjahr Kuh (Drink, Voll, UHT-Milch) ist im 1. Lebensjahr ungeeignet Grund zu hoher Eiweissgehalt zu hoher Mineralstoffgehalt führt zu einer erhöhten Nieren- Belastung. Nährstoffzusätze fehlen Eisen, Jod und Vitamine Achtung Eisenmangel ESPGHAN Position Paper JPGN 2008; 46:99-110 Mangel- und Fehlernährung Vulnerable Phasen Stillzeit/ Übergang frühe Kindheit Adoleszentenalter selbst auferlegte Diätrestriktionen Anorexie/Bulimie Soja geeingnet bei entsprechender Zubereitung (Markenprodukte) Kreuzallergie in ca. 20% mit Kuhproteinen Phytosterole? Reis Pseudo-Pflanzen als Säuglingsersatz ungeignet Kaloriendichte, kein Protein, Fett Spurenelemente? Vitamine? Ca:P? Mandel nicht als isolierter Milchersatz geeignet Defizit an Vitamin B12 Folsäure Vitamin C Calcium Protein aus Mandelmus nur geringe biologische Wertigkeit: Lysin, Methionin, Trypotophan, Isoleucin bei Anwendung genaue Rezeptur/Zutaten beachten Nährwertvergleich pro 100 ml Die 10 wichtigsten sregeln Inhaltsstoff Einheit Mutter - Energie kcal kj 69 288 Reis - 34 141 Soja - 32 133 Mandel - 54 226 LMV 60-75 250-315 Fett g 4.0 1.8 1.9 5.0 60-75 Kohlenhydrat g 7.0 4.2 0.8 1.0 7.0-14.00 Protein g 1.1 0.2 2.9 2.0 1.8-3.0 Casein g 0.4 k..a. 0 k.a. 0 Ca/P mg 29/15 1.9/33 13/47 30/42 < 50 Abwechslungsreiche Mischkost ist eine vollwertige Jedes Kind hat seinen eigenen, individuellen Nahrungsbedarf Kinder essen nicht jeden Tag gleich viel Kalte und warme Mahlzeiten ergänzen Wasser ist ein wichtiges Nahrungsmittel Milch ist unentbehrlich Fleisch sollte max. 2x pro Woche gegessen werden Fette sparen und Fettqualität beachten Fische sind wichtige Quellen von Jod und mehrfach gesättigten Fettsäuren Getreide ist mehr als nur Stärke Gemüse und Obst sind reich an unentbehrlichen Nährstoffen Süssigkeiten nur mit Mass Souci, Fachmann, Kraut, Nährwerttabellen, 2000, 6. Auflage; Sieber R.; Allergene in der Milch aus NM und Allergie, Dustri-Verlag, 2002; LMV, 2002; Swiss Reis-Drink, Soyana, Schlieren; *berechnet nach SFK, 2000. 6