Bericht über die Feuerbrandsituation im Jahr Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers ohne Antibiotika

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Transkript:

Bericht über die Feuerbrandsituation im Jahr 2010 Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers ohne Antibiotika

Inhalt Seite Vorwort... 3 Teil A: Bundesrepublik Deutschland... 4 1. Infektionsbedingungen und Auftreten von Feuerbrand... 4 2. Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie... 8 2.1 Beratungs- und Informationsangebot, Bekämpfung... 8 2.1.1 Sortenprüfungen... 8 2.1.2 Internet-Angebot und Pflanzhilfen für den Garten- und Landschaftsbau... 9 2.2 Forschung... 9 2.2.1 Bekämpfung... 11 2.2.2 Forschungsprojekte des BMELV... 14 2.2.3 Züchtung... 15 3. Situation des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Streptomycin auf EU-Ebene 16 4. Streptomycin... 17 4.1 Anwendung... 17 4.2 Informationen der Imker... 22 4.3 Untersuchungen von Honig auf Streptomycinrückstände... 24 4.4 Untersuchungen von Äpfeln auf Streptomycinrückstände... 26 4.4.1 Untersuchungen zum Transport von Streptomycin in Apfelbäumen... 27 4.5 Überwachung nicht genehmigter Anwendung streptomycinhaltiger Mittel... 29 4.6 Überwachung von Streptomycinresistenz des Feuerbranderregers... 30 5. Schlussfolgerungen... 31 6. Zusammenfassung... 33 Teil B: Berichte aus Österreich und der Schweiz... 35

SEITE 3 VON 51 Vorwort Feuerbrand ist eine Bakterienkrankheit, die besonders im Kernobstbau zu großen Ausfällen führen kann. Seit Beginn der 90er Jahre hat sich diese Krankheit im süddeutschen und mitteldeutschen Raum etabliert und so stark ausgebreitet, dass durch den Aufwand für Schnittmaßnahmen und erforderliche Rodungen ganzer Obstanlagen die Existenz von Erwerbsobstbetrieben bedroht ist. Auch der Landschaftsprägende Streuobstbau ist durch die Krankheit bedroht. Die langjährigen Erfahrungen im Umgang und mit der Bekämpfung der gefährlichen Bakteriose haben gezeigt, dass das Ausmaß der jährlichen Befallssituation ganz erheblich von den Witterungsbedingungen während der Obstblüte beeinflusst wird. Der Feuerbrand stellt ein grenzüberschreitendes Problem dar und gefährdet in den benachbarten Ländern Österreich und der Schweiz den Obstbau in vergleichbarer Weise. Trotz umfangreicher nationaler und internationaler Forschungsaktivitäten gelang es bislang nicht, durchgreifende Bekämpfungsverfahren für diese Pflanzenkrankheit zu entwickeln, die ohne antibiotikahaltige Pflanzenschutzmittel auskommen. Dennoch ist es nach wie vor Ziel der Pflanzenschutzpolitik in Deutschland, die Anwendung antibiotikahaltiger Pflanzenschutzmittel möglichst bald einzustellen und übergangsweise nur dann Ausnahmen zu genehmigen, wenn Gefahr im Verzuge nachgewiesen ist. In einem breit angelegten Diskussionsprozess wurde 2003 eine erste auf fünf Jahre ausgelegte Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers im Obstbau ohne Antibiotika von mit Pflanzenschutzfragen befassten Bundes- und Länderbehörden und Vertretern des konventionellen und ökologischen Obstbaus, des Verbraucherschutzes, der Imkerei sowie des Umweltund Naturschutzes im Konsens entwickelt. Die Strategie wurde durch jährliche Berichte über die Feuerbrandsituation und die im Rahmen der Strategie ergriffenen Maßnahmen zur Feuerbrandbekämpfung begleitet. Besonders die starken Befallsjahre 2007 und 2008 machten deutlich, dass die Krankheit unverändert eine Bedrohung für den Obstbau darstellt und mit hohen finanziellen Verlusten für die betroffenen Erwerbsobstbetriebe verbunden ist. Aufgrund von vereinzelten Nachweisen von Rückständen von Streptomycin im Erntegut im Jahr 2008 wurden Eckpunkte mit weiteren Einschränkungen der Anwendung von streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmitteln getroffen. Die betroffenen Verbände und Behörden des Bundes und der Länder einigten sich auf zehn Eckpunkte als Grundlage für eine Entscheidung des BVL über die Genehmigung des Inverkehrbringens und der Anwendung von streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmitteln (s. Jahresbericht 2008). Nach Anwendung dieser Einschränkungen wurden in einem Vorerntemonitoring in 2009 keine Proben über dem Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg gefunden.

SEITE 4 VON 51 Dies ist der dritte Jahresbericht auf Grundlage der Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers im Obstbau ohne Antibiotika vom 19. Februar 2008. Die umfangreichen Einzelberichte der Bundes- und Länderbehörden und des Bundesausschusses Obst und Gemüse, Fachgruppe Obstbau, sollen wie in den Vorjahren durch Mitteilungen aus Österreich und aus der Schweiz ergänzt werden. Dank gebührt allen, die sich an der Erfüllung der Strategie beteiligt haben und Beiträge zu diesem Bericht geleistet haben. Dem Julius Kühn-Institut wird für die Zusammenfassung der Berichte und die Erstellung des Berichtsentwurfs gedankt. Teil A: Bundesrepublik Deutschland 1. Infektionsbedingungen und Auftreten von Feuerbrand Im Frühjahr 2010 herrschten über lange Zeiträume ungünstige Witterungsbedingungen für die Ausbreitung des Feuerbranderregers. Auf einen ersten kurzen Zeitraum mit möglichen Infektionsbedingungen gegen Ende April folgte eine längere Kälteperiode. Erst Ende Mai stieg mit den Temperaturen auch das Infektionsrisiko wieder. An den meisten Standorten genügte eine einmalige Streptomycinbehandlung. In einigen Ländern wurden aufgrund der niedrigen Infektionsgefahr Alternativprodukte angewandt (z. B. Brandenburg und Thüringen). Nachfolgend werden die Berichte der Länder in zusammengefasster Form wiedergegeben. Soweit die Länder Angaben vorgenommen haben, werden in Tabelle 1 die ersten Tage mit Infektionsgefahr, der erste beobachtete Befall sowie die zur Beurteilung der Infektionsgefahr eingesetzten Feuerbrand-Prognosemodelle dargestellt. In Baden-Württemberg (BW) gab das LTZ-S im Regierungsbezirk Freiburg am 27. April 2010 streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel frei, in den übrigen Landesteilen am 28. April 2010. Die Behandlung wurde für den 29. April 2010, den Tag vor der Infektion empfohlen. Dieser erste Infektionstag fiel landesweit in den Blühbeginn bzw. die Vollblüte der Apfelanlagen. In dieser für Infektionen hoch gefährlichen Zeit konnte auf eine Behandlung nicht verzichtet werden. Dann kam es erst am 25. Mai 2010 erneut zu einer Infektionsgefahr. Zu diesem Zeitpunkt war die Blüte bis auf wenige Gebiete (späte Lagen in Nordwürttemberg) und Neupflanzungen schon abgeschlossen, so dass zum 2. Infektionstermin nur wenige Bestände behandelt werden mussten. Trotz kurzzeitig günstiger Witterungsbedingungen war der aktuelle Infektionsdruck in 2010 offenbar sehr schwach, denn in keiner zum Infektionstag gesammelten Blütenproben (38) wurden mittels nested PCR in 2010 Feuerbrandbakterien

SEITE 5 VON 51 gefunden. Neue Infektionen traten fast nicht auf, Symptome wurden vorwiegend an alten Befallsstandorten beobachtet. Auch die Befallskontrollen spiegelten den schwachen Befall in 2010 wider. Es gab im Vergleich zu den Vorjahren nur wenige Verdachtsproben (71; Stand 1. Dezember 2010) und nur 18 % der Proben waren positiv. Den höchsten Anteil positiver Proben nahm die Birne (39 %) ein, gefolgt vom Apfel (31 %), dem Cotoneaster (51 %), der Quitte (8 %), und dem Weißdorn (8 %). Um für die Prognose über die Witterungsbedingungen hinaus Informationen zum Infektionsdruck zu erhalten, wurden im Rahmen des landesweiten Blütenmonitorings von den Beratern an alten Befallsstandorten insgesamt 38 Blütenproben während der Infektionstage gezogen und mittels nested PCR am LTZ-S zeitnah untersucht. In keiner Probe wurden in 2010 Feuerbrandbakterien gefunden, so dass trotz kurzzeitig günstiger Witterungsbedingungen der aktuelle Infektionsdruck in 2010 offenbar sehr schwach war. Aus Bayern (BY) wird ähnliches berichtet. Im bisher z. T. sehr stark befallenen Alpenvorland war Feuerbrand im Streuobstanbau im Jahr 2010 nicht von Bedeutung, es wurden so gut wie keine Neuinfektionen beobachtet. Auch in Lindau wurde lediglich in altbefallenen Birnenanlagen, vorwiegend der Sorten Concorde und Conference wieder Befall beobachtet, besonders wenn in den letzten Jahren nicht ausreichend saniert wurde. Auch hier waren die Apfelanlagen (außer Junganlagen) zum 2. möglichen Infektionstermin bereits abgeblüht. Auch in Brandenburg (BB) gab es nur zwei Befallsmeldungen. Beide Male handelte es sich um Weißdorn in der freien Landschaft, in Obstanlagen und Baumschulen trat kein Feuerbrandbefall auf. Neben Rückschnittmaßnahmen wurden nach Erstauftreten Informationen an die Hinweisempfänger Obstbau und Baumschule gegeben. Für den Haus- und Kleingartenbereich wurden allgemeine Hinweise über den Krankheitserreger und die Schadsymptome in das Internet eingestellt. In Hessen (HE) wurde kein Befall festgestellt. In der Obstblüte bestand durch die Witterungsbedingungen nur ein geringer Infektionsdruck. Auch in Mecklenburg-Vorpommern (MV) war aufgrund der schlechten Infektionsbedingungen zur Obstblüte insgesamt mit einem geringen Infektionsdruck im Jahr 2010 zu rechnen. Die Kontrollen des amtlichen Pflanzenschutzdienstes des LALLF MV zeigten keinen Befall in Baumschulbetrieben und dem Erwerbs- und Streuobstbau. Bei Kontrollen im öffentlichen Grün wurde positiver Befall registriert. In Niedersachsen (NS) wurde in 2010 aus Erwerbsobstanlagen kein Auftreten mit Feuerbrand gemeldet. Allerdings wurden bei der Kontrolle von Baumschulbetrieben im August drei

SEITE 6 VON 51 befallene Partien Cotoneaster sp. in einem Umfang von insgesamt 185 Pflanzen gefunden. Alle Pflanzen wurden sofort vernichtet. Einzelne Befallsstellen an Weißdorn in der Nähe des Obstreiser-Muttergartens (Raum Hannover) sowie ein Apfelbaum im Obstreiser-Muttergarten zeigten Befall, der im Labor bestätigt wurde. Der Weißdorn wurde entfernt und der Apfelbaum zurückgeschnitten. In Nordrhein-Westfalen (NW) wurde Befall mit Feuerbrand in Hausgärten, Begleitgrün und vereinzelt in Erwerbsobstanlagen berichtet. Häufiger ist Befall mit anderen Bakterien wie Pseudomonaden zu beobachten. In der Feuerbrand-Pufferzone um den Obstreiser-Schnittgarten in Bonn-Roleber erfolgte eine gesonderte Überwachung. Hier ergaben sich im Jahr 2010 keine Auffälligkeiten. Auch in Rheinland-Pfalz (RP) herrschte sehr niedriges Befallsniveau. Nur vereinzelte Befallsmeldungen aus Rheinhessen (Triebbefall an Einzelbäumen bei Apfel in Bingen-Gaulsheim, Offstein und Worms-Heppenheim, sowie in einer Quittenanlage in Heidesheim) und eine einzelne Befallsmeldung aus einer Birnenanlage in der Pfalz (Raum Neustadt) liegen vor. In keiner der oben aufgeführten Befallsanlagen ist eine Streptomycin-Behandlung zur Blüte erfolgt. In keiner der Streptomycin-behandelten Anlagen ist Feuerbrandbefall aufgetreten. Im Jahr 2010 war in Sachsen (SN) gemessen an der Anzahl befallener Gehölze in und außerhalb von Obstanlagen ein unterdurchschnittliches Auftreten der Feuerbrandkrankheit am Kernobst und anderen Wirtspflanzen zu verzeichnen. Im Vergleich zum schon geringen Auftreten 2009 war ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. In Erwerbsobstbaubetrieben wurde Feuerbrand nur in Anlagen mit bekanntem Befall aus den Vorjahren festgestellt. Auch im öffentlichen Grün und in Privatgärten war das Krankheitsauftreten sehr gering. In den Versuchspflanzungen wissenschaftlicher Einrichtungen und Baumschulen wurde kein Feuerbrandbefall festgestellt. In Sachsen-Anhalt (ST) war Feuerbrand 2010 bis jetzt kein besonderer Schwerpunkt. Die Witterung während der Blüte war für eine Infektion zu kalt. Am 28. Juni 2010 wurde an Weißdorn im öffentlichen Grün ein erster Befall bestätigt. Für 10 Weißdornbüsche wurde die Rodung angeordnet. Der Befallsherd wurde damit gelöscht. Aus Baumschulen, Erwerbsobstbau und dem Haus- und Kleingartenbereich gab es keine Befallsmeldungen. In Schleswig-Holstein (SH) wurden im Jahr 2010 gemäß der Pflanzenbeschauverordnung in den registrierten Baumschulbetrieben visuelle Kontrollen auf Feuerbrand durchgeführt. Dabei wurden 13 Verdachtsproben von Feuerbrandwirtspflanzen auf E. amylovora untersucht. Sieben Proben wurden positiv getestet (Malus spp., Pyrus spp.; Cydonia spp., Crateagus monogyna, Crataegus laevigata "Paul's Scarlet" und Mespilus germanica), sechs Proben

SEITE 7 VON 51 negativ. Der Befall wurde durch Rodung beseitigt. Im öffentlichen Grün fiel in der Nähe einer Baumschulfläche eine Heckenpflanzung mit Crataegus monogyna in der freien Landschaft mit Symptomen des Feuerbrandes auf. Die Testung ergab einen positiven Befund. Der Rückschnitt der Heckenpflanzung bis auf den Erdboden und das Verbrennen des Schnittgutes vor Ort wurde angeordnet. In Thüringen (TH) wurden ähnliche Infektionszeiträume festgestellt wie in den anderen Ländern. Im Erwerbsobstbau trat 2010 kein Feuerbrandbefall auf. An Gehölzen aus den Bereichen Haus- und Kleingarten und Streuobst ist in diesem Jahr nur vereinzelt Feuerbrand nachgewiesen worden. Im Labor wurden 14 Proben auf den Feuerbranderreger untersucht. In drei dieser Proben konnte E. amylovora je einmal an Apfel, Quitte und Weißdorn nachgewiesen werden. Tabelle 1: Erster Tag mit Feuerbrand-Infektionsgefahr in 2010 (nach den eingesetzten Prognosemodellen) Land Erster Tag Infektionsgefahr Erster beobachteter Befall an... (Pflanzenart) Prognosemodell Hessen 29. April - Maryblyt (Steiner)* Baden- Württemberg 30. April 10. Mai an Birne (evtl. aktiver Altbefall) Billing s Integrated System 95, Maryblyt 4.3, 1996 (Steiner)* Bayern 30. April 16. Juni (Lindau, Birnenhochstämme) Maryblyt (Steiner)* (Lindau) Brandenburg - 27. Juli an Crataegus sp. Maryblyt (Steiner)* Mecklenburg- Vorpommern 30. Juni an Crataegus Maryblyt (Steiner)* und RIMpro Erwinia Niedersachsen - Juli an Crataegus Maryblyt (Steiner)* Nordrhein- Westfalen 30. April - Billing s Integrated System 95, Maryblyt 4.3, 1996 (Steiner)* (im PASO-Paket) Rheinland- 28. April 28. Mai an Birnen und Maryblyt (Steiner)* Pfalz Apfel (Versuch) Sachsen 30. April Mitte Juni an Birne Maryblyt (Steiner)* und Anlafbra nach Berger Sachsen- Anhalt 26. April 28. Juni an Crataegus Anlafbra nach Berger Thüringen 30. April 17. Juni (Apfel) Maryblyt (Steiner)* und Anlafbra nach Berger * programmiert und leicht modifiziert durch LTZ-S (Moltmann)

SEITE 8 VON 51 2. Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie 2.1 Beratungs- und Informationsangebot, Bekämpfung Im Vergleich zu starken Befallsjahren wie 2007/2008 ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich weniger Feuerbrand aufgetreten. Um die Feuerbrandproblematik dennoch der Öffentlichkeit sowie den Obstbauern gegenwärtig zu halten, bemühten sich die Länder um ein breites Informationsangebot. Viele generelle Informationen sind über Internetseiten und Merkblätter verfügbar. In BW wurden die Obstbauern in Winterveranstaltungen, in der Fachpresse, in Gemeindemitteilungsblättern und in Merkblättern über die Umsetzung des Strategiepapiers informiert. Dabei wurde besonders auf die vorbeugenden Maßnahmen wie Umfeldkontrollen zur Abwehr des Feuerbrands hingewiesen. Zusätzlich lag jedem Berechtigungsschein für den Erwerb von einem streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmittel ein Merkblatt bei. Im Rahmen der Landesgartenschau Rosenheim (Bayern) war Feuerbrand am Infozentrum des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein Beratungsschwerpunkt. Darüber hinaus wurden ca. 2500 Merkblätter zum Thema Feuerbrand an interessierte Bürgerinnen und Bürger verteilt. Obstbau und Baumschulen in BB wurden nach Erstauftreten im öffentlichen Grün informiert. In MV und TH wurden in Winterschulungen die Betreiber der Obstanlagen durch Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes erneut intensiv zum Erkennen, Bekämpfen und zur Verhinderung der Ausbreitung von Feuerbrand geschult und informiert. Auch in SN wurden wieder Fachberater aus allen 35 Regionalverbänden der Kleingärtner in der Sächsischen Gartenakademie zum Thema Feuerbrand geschult. In den Regionalverbänden wurden die Informationen zum Thema Feuerbrand über die Jahresversammlungen, Schulungsveranstaltungen sowie Aushänge an Mitteilungstafeln an die Mitglieder der Vereine weitergegeben. Auch auf zusätzlichen Veranstaltungen wie dem Pillnitzer Gartentag oder dem Pillnitzer Apfeltag wurde ein 2009 überarbeitetes Informationsblatt zum Feuerbrand verteilt. 2.1.1 Sortenprüfungen In Baden-Württemberg steht an 3 Standorten (Stuttgart: Brackenheim, Karlsruhe: Kieselbronn, Tübingen: Walddorf-Häslach) ein Sortiment von Streuobstbäumen, das aus 9 Apfelsorten und 6 Birnensorten auf Sämling sowie auf den Unterlagen MM 111 und OHF 69 besteht. Die Sorten wurden danach ausgewählt, wie sie nach Beobachtungen in den starken Feuerbrandbefallsjahren 1993 bis 1995 erkrankten. Das Sortiment auf Sämlingsunterlagen wurde im Herbst 1995 oder im Frühjahr 1996 gepflanzt. Das Sortiment auf MM 111 und OHF 69 wurde im Herbst 1997 oder Frühjahr 1999 gepflanzt. Bisher trat in den Pflanzungen noch kein Feuerbrandbefall auf, der eine Auswertung erlaubt hätte. Zusätzlich wird eine Vorläufige

SEITE 9 VON 51 Liste einiger für den Streuobstbau geeigneter und ungeeigneter Apfel- und Birnensorten hinsichtlich ihrer Feuerbrandanfälligkeit aufgrund bisheriger Beobachtungen herausgegeben. Sie wurde 2008 aktualisiert (unter www.ltz-augustenberg.de). 2.1.2 Internet-Angebot und Pflanzhilfen für den Garten- und Landschaftsbau Als Pflanzhilfe für den Garten- und Landschaftsbau und die Kommunen stehen Auflistungen alternativer Pflanzen in Wort und Bild Alternative Pflanzensortimente zu feuerbrandanfälligen Wirtspflanzen weiter zur Verfügung. Diese sind auf den Internet-Seiten des Julius Kühn- Instituts (JKI) dargestellt und unter folgender Adresse einzusehen: http://feuerbrand.jki.bund.de Die Internetseite Feuerbrand enthält gegliederte Informationen zur Krankheit und ihrer Bekämpfung sowie Links zu einem breiten Informationsangebot zu Feuerbrand aus dem In- und Ausland. Hierzu gehört auch die Broschüre Alternativen zu Wirtspflanzen des Feuerbrandes der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau aus Wädenswil in der Schweiz. Auf der Internetseite stehen ebenso die Strategie für die Jahre 2008 bis 2012 sowie die bisherigen Jahresberichte als Dokumente bereit. Auch die Fachgruppe Obstbau des Bundesausschusses Obst und Gemüse und der NABU- Bundesfachausschuss Streuobst bieten auf ihren Internetseiten (http://www.obstbau.org und http://www.streuobst.de) Informationen rund um das Thema Feuerbrand an. 2.2 Forschung Das BMELV hat am 9. Juni 2010 ein Statusseminar "Bekämpfung des Feuerbranderregers im Obstbau" veranstaltet, in dem alle aktuellen Forschungs- und Untersuchungsergebnisse zusammengetragen und vorgestellt wurden. Das Programm dieses Seminars ist als Anhang 2 beigefügt. Die Beiträge zu diesem Seminar sind im Internet unter http://feuerbrand.jki.bund.de/index.php?menuid=38 abgelegt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Statusseminars kamen zu folgenden Schlussfolgerungen: Aus Sicht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist eine Aufnahme von Streptomycin in den Annex I der Richtlinie 91/414/EWG nicht absehbar. Es gibt hierzu in keinem Mitgliedsland der EU eine Initiative. Neben den strikten Auflagen für

SEITE 10 VON 51 eine mögliche Einzelfallgenehmigung von Streptomycin steht daher die Suche nach Alternativen weiterhin im Vordergrund der Strategie zur Feuerbrandbekämpfung. Die Versuchsergebnisse des im Rahmen der Feuerbrandstrategie durchgeführten Verbundprojektes sowie aktuelle Ergebnisse aus der Züchtungsforschung wurden vorgestellt (siehe auch Punkt 2.2.2 sowie 2.2.3). Ein Engpass bei der Entwicklung von Alternativen ist die nur einmal jährlich mögliche Prüfung im Freiland, deren Versuchsaufbau den Praxisbedingungen am nächsten kommt. Da die Witterungsbedingungen starke Auswirkungen auf die Aussagekraft der Versuchsergebnisse haben, sind unbedingt mehrjährige Ergebnisse zur Beurteilung der Wirksamkeit und möglicher Auswirkungen auf Mensch, Tier und Naturhaushalt notwendig. Seit 2007 werden Forschungsarbeiten zum Feuerbrand auch länderübergreifend im Rahmen des Interreg IV Projektes Gemeinsam gegen Feuerbrand kommuniziert. Speziell in der stark vom Feuerbrand betroffenen Bodenseeregion werden über dieses Projekt Erkenntnisse auf kurzem Wege ausgetauscht und ein vereinheitlichtes System zur Einbringung von Prüfmittelvorschlägen geboten, um die knappen Freilandressourcen bestmöglich zu nutzen. Die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse erfordern eine - Verbesserung von Labortestsystemen zum Vorscreening zur Mittelwirksamkeit bzw. Sortentestung gegen Feuerbrand; - Etablierung verbesserter Schnelltests zur Bestimmung des Erregerdrucks vor Ort zur exakteren Prognose (Bestimmung von Lebendzellen); - Entwicklung geeigneter Verfahren zur praxistauglichen Formulierung lebender Antagonisten; - Übertragung vereinfachter molekularbiologischer Methoden von Laborstämmen auf die Feuerbrand-relevanten Isolate zur Analyse effizienter Feuerbrand-Antagonisten; - Nutzung der verfügbaren Genominformationen zum Vorscreening nach potenziellen Biomarkern geeigneter Antagonisten; - Risikobewertungen für potenzielle Feuerbrand-Antagonisten; - Freiland-Sortenprüfung über Blüteninfektion (Anpflanzung am Standort Kirschgartshausen); - Stärkung der internationalen Zusammenarbeit. Die Weiterentwicklung und Prüfung der erarbeiteten Bekämpfungsprinzipien wird voraussichtlich nicht zum Ende der Laufzeit der aktuellen Feuerbrandstrategie in 2012 abgeschlossen sein.

SEITE 11 VON 51 Die schnelle Verfügbarkeit einer durchgreifenden und nachhaltigen Streptomycin-Alternative ist nicht absehbar, daher wird die Entwicklung einer überarbeiteten Anschluss-Strategie nach dem Jahr 2012 notwendig sein. 2.2.1 Bekämpfung Das JKI führt in Freiland- und Laborversuchen Studien zur Eignung alternativer Präparate zur Feuerbrandbekämpfung durch. Dabei liegt die Zielsetzung der Arbeiten auf einem besseren Verständnis der Interaktionen zwischen antagonistischen Mikroorganismen und dem Feuerbranderreger. Die Untersuchungen wurden maßgeblich durch Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg im Rahmen des BMELV-geförderten Forschungsverbunds Wirkungsweise von Bakterien und Hefen als Antagonisten gegen E. amylovora und deren Epidemiologie unterstützt. Die Prüfung möglicher Präparate zur Bekämpfung von Feuerbrand erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Karlsruhe und dem Pflanzenschutzdienst Baden-Württemberg. Die Versuche wurden in der isoliert gelegenen Freilandversuchsanlage des JKI in Kirschgartshausen unter praxisüblichen Bedingungen an Apfelbäumen der Sorte Gala Royal durchgeführt. Der durch Rückbaumaßnahmen bedingte Umzug auf ein neues Versuchsgelände wurde 2010 abgeschlossen, erstmalig wurden Parzellen auf dem neuen Gelände behandelt. Die in der EPPO Prüfrichtlinie PP 1/166(3) festgelegten Rahmenbedingungen zur statistischen Absicherung des Freilandversuchs (Gesamtanzahl der auszuwertenden Blütenbüschel > 200 pro Parzelle, Mindestbefall von 5% in der unbehandelten Kontrolle) konnten eingehalten werden. Auch wenn die Witterungsbedingungen in 2010 insgesamt ungünstig für Feuerbrandinfektionen waren, gab es während der Blüte in Kirschgartshausen gute Bedingungen für die künstliche Infektion. In der unbehandelten Kontrolle konnte durch Sekundärinfektion ein Befall von 16% erreicht werden. Trotz dieses hohen Infektionsdrucks zeigte das als Referenz mitgeführte Pflanzenschutzmittel Strepto einen überdurchschnittlich hohen Wirkungsgrad von 95%. Auch einige der getesteten Alternativen zeigten gute Wirkungsgrade. Der Antagonist Erwinia tasmaniensis kam bereits in mehreren Versuchsjahren zum Einsatz, in 2010 wurde erstmalig ein neues Feldisolat angewendet. Während E. tasmaniensis in früheren Versuchen Wirkungsgrade zwischen 60 und 70% erzielte, erreichte er in 2009 unter ungünstigen Witterungsbedingungen und in erster Trockenformulierung nur 20% Wirkungsgrad. Daher wurden die Bakterien in 2010 tiefgefroren als Glycerinkulturen konserviert. Es zeigte sich eine deutlich bessere Überlebensrate und Löslichkeit der Bakterien, allerdings ist die tiefgekühlte Lagerung nur für den experimentellen Einsatz des Antagonisten geeignet. Trotz des hohen Infektionsdrucks in der Anlage konnte der neue E. tasmaniensis Stamm als alleiniger Wirkstoff und in Kombination mit einer organischen Säure eingesetzt Wirkungs-

SEITE 12 VON 51 grade von über 80% erreichen. Ob hier der neue Bakterienstamm oder besonders günstige Witterungsbedingungen zu dem guten Ergebnis geführt haben, muss durch Wiederholung geklärt werden. Im Rahmen des Interreg IV Projekts Gemeinsam gegen Feuerbrand wurden begleitend zu den Bekämpfungsversuchen Analysen zum Verbleib des Antagonisten E. tasmaniensis in der Versuchsanlage durchgeführt. Durch einen spezifischen PCR-Nachweis konnte über die Blühdauer hinweg die Ausbreitung des Antagonisten auf unbehandelte Randbäume verfolgt werden. Die diesjährigen Daten weisen darauf hin, dass ähnlich wie das Pathogen auch der Antagonist innerhalb der Anlage verbreitet wird, allerdings war E. tasmaniensis nur bis zum Abblühen der Bäume nachweisbar. Eine Etablierung auf Blatt oder Holz scheint nicht zu erfolgen. Durch Analyse der Hemmwirkung eines weiteren bakteriellen Antagonisten aus der Serratia Gruppe konnte nachgewiesen werden, dass einige organische Säuren auch in neutralisierter Form inhibitorisch auf E. amylovora wirken. Ein erster kombinierter Einsatz von einem Antagonisten und einer organischen Säure zeigte keine signifikante Wirkungssteigerung durch die Kombination (s.o.). Allerdings konnte in Laborversuchen die Hemmwirkung der Säure auf E. amylovora durch Anwendung im schwach sauren ph-bereich stark erhöht werden. Unter Laborbedingungen konnten sowohl von E. amylovora als auch von E. tasmaniensis Klone selektiert werden, die eine erhöhte Toleranz gegen die organische Säure aufweisen. Der molekulare Mechanismus dieser Toleranz ist noch unklar. Neben bakteriellen Antagonisten ist auch der Einsatz von E. amylovora spezifischen Bakteriophagen zur Feuerbrandkontrolle denkbar. Neue Isolate aus der Familie der Myoviridae und der Podoviridae wurden charakterisiert und mit bereits beschriebenen Phagen verglichen. Die Wirksamkeit der Phagen-Isolate wurde im Blütenversuch und auf unreifen Birnenscheiben getestet. Genominformationen können wichtige Aufschlüsse über Anpassung und Lebensweise von Organismen liefern. In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin konnte die Sequenzierung und Annotation der Genomsequenzen für die bakteriellen Antagonisten E. tasmaniensis und E. billingiae abgeschlossen werden. Auch die Genome einiger E. amylovora spezifischen Phagen wurden sequenziert. Die Analyse dieser Daten und ein Vergleich mit den veröffentlichten Genomsequenzen von E. amylovora und verwandter Pathogene bildet eine wichtige Grundlage für molekular-biologische Studien zu Lebensweise des Erregers und möglichen Interaktion mit Antagonisten.

SEITE 13 VON 51 An drei Standorten (Kirschgartshausen in Nordbaden, Mühlingen und Vogt am Bodensee) führte das Landratsamt Karlsruhe bzw. das Kompetenzzentrum Obstbau Bavendorf zusammen mit dem LTZ-S in 2010 wieder Bekämpfungsversuche durch, in Kirschgartshausen in Kooperation mit dem JKI und der Universität Heidelberg. An den beiden Versuchsstandorten Vogt und Mühlingen am Bodensee sind die Infektionen vermutlich wegen ungünstiger Witterung und fortgeschrittener Blüte nicht ausreichend angegangen, so dass von hier keine gesicherten Ergebnisse berichtet werden können. Die Ergebnisse der verschiedenen Behandlungen in Kirschgartshausen ließen sich statistisch gut absichern. Das Referenzmittel Streptomycin zeigte wie in den vergangenen Jahren mit 95 % den höchsten Wirkungsgrad. Zwei Versuchsmittel erreichten hohe Wirkungsgrade von 82 bzw. 71 %. Ebenso lag der Antagonist E. tasmaniensis mit und ohne Zusatz einer organischen Säure bei über 80 % Wirkungsgrad. Der Resistenzinduktor Vacciplant, eine Neuformulierung von Serenade und das Produkt Akasoil dagegen erreichten mit 30 %, 48 % und 44 % unzureichende Wirkungsgrade. Ein Chlordioxid produzierendes Mittel erwies sich als hoch phytotoxisch und schied damit für weitere Untersuchungen aus. In 2010 wurden Substanzen gefunden, die ein Potential für die Feuerbrandbekämpfung aufweisen. Weitere Versuchsjahre sind zur Bestätigung der Wirksamkeit notwendig. Bevor diese Mittel jedoch der Praxis zur Verfügung gestellt werden können, muss eine Firma dazu bereit sein, die Zulassung zu betreiben. Die Versuchsergebnisse zur Berostungsförderung ergaben nur bei einem der gut wirksamen Prüfmittel eine deutliche Mehrberostung, so dass dieses nicht weiter geprüft werden wird. Die anderen geprüften Mittel führten zu keiner Mehrberostung. Am DLR-Rheinpfalz erfolgte 2010 ein Freilandversuch mit vier Versuchsgliedern und Strepto als Vergleichsmittel sowie dem Prüfmittel Vacciplant. Mit einem Befall von 12 bzw. 13 % befallener Blüten- und Fruchtbüschel an den inokulierten Bäumen war der Infektionsdruck in der unbehandelten Variante in diesem Jahr deutlich niedriger als in den Vorjahren. Umso überraschender war der spätere Befall von ca. 20 % in dieser Variante an den nicht inokulierten Bäumen. Der Grund hierfür könnte das für den Erreger günstige Wetter in der ersten Junihälfte gewesen sein. Schließlich sind zwischen dem 4. und 15. Juni 2010 insgesamt 12 direkt auf einander folgende Infektionstage nach Maryblight aufgelaufen. Strepto konnte den Feuerbranderreger am effektivsten bekämpfen. Vacciplant erreichte alleine keine ausreichende Wirkung, allerdings wurde das Präparat nur mit der Hälfte der eigentlich vorgesehenen Dosierung ausgebracht. Dass die Spritzfolge dennoch ein gutes Ergebnis erzielte, wurde auf die einmalige Behandlung mit Strepto am 29. April 2010 innerhalb der Spritzfolge zurückgeführt.

SEITE 14 VON 51 Als Ergebnis eines Blütenmonitorings im zweiten Untersuchungsjahr in 10 Praxis-Anlagen und einer Feuerbrand-Versuchsfläche wurde nur in der Feuerbrand-Versuchsanlage zur Vollblüte (26. April 2010, d.h. vor der Inokulation!) in 2 von 5 Teilproben E. amylovora per PCR nachgewiesen. In den Praxisanlagen waren alle Proben (jeweils 5 x ca. 100 Blüten) PCR-negativ. 2.2.2 Forschungsprojekte des BMELV Die insgesamt fünf Feuerbrand-Verbundprojekte, mit erheblichem finanziellem Aufwand über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wurden in der zweiten Jahreshälfte 2010 abgeschlossen. Zusammenfassungen der Zwischenberichte wurden im Anhang 1 des Jahresberichtes 2009 wiedergegeben. Einzelne Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: Im Sommer 2010 wurde die Erstellung eines neuen verbesserten Prognosesystems für den Feuerbrand abgeschlossen. Der Algorithmus wurde anhand von Freiland- und Laborversuchsergebnissen und Auswertung vergangener Befallsereignisse angepasst und die Ausgabeformate verbessert. Das Programm steht ab 2011 allen Bundesländern über die Internetplattform des ISIP e.v. zur Verfügung. Begleitend dazu wurde über mehrere Jahre ein ausgedehntes Blütenmonitoring durchgeführt. Dabei wurden über quantitative PCR Methoden das Erregerpotential an verschiedenen Standorten über den Zeitverlauf bestimmt. Auch die Bedeutung einer möglichen Besiedlung von Nichts-Wirtspflanzen sowie von Fruchtmumien für den Befallsdruck wurde untersucht. In einem Projekt zu Aktivität und Epidemiologie von bakteriellen Antagonisten wurde E. tasmaniensis als Biokontrollorganismus und möglicher Überträger anderer inhibitorischer Komponenten (Bakteriophagen, Plasmide) untersucht. Eine Methode zur Differenzierung verschiedener E. amylovora Stämme wurde entwickelt. Die Untersuchung von möglichen Virulenz-Regulatoren in E. amylovora zeigte eine mögliche Beeinflussung bakterieller Signalwege durch von der Wirtspflanze gebildete Substanzen auf. Auch die mögliche Interaktion von antagonistischen Bakterien mit E. amylovora über Abgabe von Signalmolekülen wurde untersucht. Über die Markierung von E. amylovora mit Luziferasereportergenen wurde ein System zum Nachweis von Wachtumsinhibition im Pflanzenversuch und unter definierten Kulturbedingungen etabliert. Mit diesem System wurde die Hemmwirkung verschiedener antagonistischer Pseudomonas Isolate untersucht. Im Isolat BK3 konnten neuartige Wirkkomponenten mit guten inhibitorischen Eigenschaften gegen den Feuerbranderreger nachgewiesen werden.

SEITE 15 VON 51 Über Mutagenese-Studien und biochemische Aufreinigung wurde versucht, die Komponente genauer zu analysieren. 2.2.3 Züchtung Im Strategiepapier zur Bekämpfung des Feuerbranderregers wurden die einzelnen Arbeitsgebiete des Instituts für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst Dresden (ZGOD) und des Instituts für Resistenzforschung und Stresstoleranz (RS), die sich explizit mit der Thematik Feuerbrand befassen, im Detail aufgeführt. Um Redundanzen zu vermeiden werden im Folgenden die Arbeitsgebiete nur benannt, Änderungen beschrieben und auf eine detaillierte Aussage verzichtet. Virulenztestung: Am Institut für Resistenzforschung und Stresstoleranz (RS) Quedlinburg des JKI wurden Virulenzanalysen mit E. amylovora, dem Feuerbranderreger, durchgeführt. Daneben wurden in Rahmen einer Kooperation mit der Schweiz Sorten auf Anfälligkeit gegenüber Feuerbrand getestet. Evaluierung genetischer Ressourcen: Das Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst (ZGO) in Dresden-Pillnitz hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Resistenzforschung und Stresstoleranz (RS) in Quedlinburg die Evaluierung von Apfelwildarten und Apfelsorten aus dem Bestand der Obstgenbank des ZGO und von ausgewählten Zuchtklonen der Apfelzüchtung fortgesetzt. Züchtungsforschung: Um die im Rahmen der genotypischen Evaluierung aufgefundenen Resistenzquellen züchterisch nutzen zu können, wurde weiter an der Aufklärung der genetischen Grundlagen gearbeitet, welche diesen Mechanismen zugrunde liegen. Die im Strategiepapier 2009 beschriebenen Arbeiten wurden fortgesetzt und zum Teil beim 13. International Workshop on Fire Blight präsentiert. Bei der vergleichenden Kartierung wurden Markeranalysen an einer spaltenden Population Idared x Malus baccata begonnen, um Resistenzloci in der resistenten M. baccata Abstammung zu kartieren. Im Jahr 2010 wurden zwei Projekte, die sich mit der Erforschung der Grundlagen der Resistenz gegenüber Feuerbrand befassen, von der DFG zur Förderung angenommen. Seit Oktober arbeiten zwei Doktoranden am ZGOD und ein Doktorand in der Schweiz (DACh) an diesen Projekten. Sortenzüchtung: In der konventionellen Sortenzüchtung wird weiter auf die Nutzung von feuerbrandresistenten Sorten und Zuchtklonen gesetzt. Im Züchtungsschema werden diese Klone als Donoren eingesetzt. Der Ring-Versuch im Rahmen der europäischen COST-Aktion 864 Pome Fruit Health wurde beendet und Ergebnisse ebenfalls zum Teil beim 13. International

SEITE 16 VON 51 Workshop on Fire Blight präsentiert. Eine Publikation der Ergebnisse in einem Journal ist geplant. Angewandte Züchtungsforschung: Die Arbeiten an der cisgen-technologie wurden fortgesetzt, um eine Methode zur Herstellung Feuerbrand-resistenter Apfelsorten mit Genen aus dem Apfel zur Verfügung zu haben, wenn die Arbeiten zur Isolierung von Genen, die resistent gegenüber Feuerbrand vermitteln, erfolgreich abgeschlossen werden. Die Methode des Fast-Breeding wurde um die Übertragung des Resistenzlokus aus der Wildartabstammung M. x robusta 5 erweitert. Internationale Zusammenarbeit: Eine Verlängerung der bilateralen Zusammenarbeit im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zwischen den Landwirtschaftsministerien von Neuseeland und Deutschland zur Erforschung und Verbesserung der Feuerbrandresistenz wurde verlängert. Der Weg in die Praxis: Ergebnisse aus der Forschung fließen in die praktische Züchtungsarbeit zur Verbesserung der Sorten ein. 3. Situation des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Streptomycin auf EU-Ebene An der Situation des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Streptomycin auf EU-Ebene trat gegenüber den Vorjahren keine Änderung ein. Der Altwirkstoff Streptomycin wurde nicht in Anhang I der Richtlinie des Rates 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Positivliste) aufgenommen. Im Januar 2004 wurde die entsprechende Entscheidung der Europäischen Kommission veröffentlicht. Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Streptomycin enthielten, mussten EU-weit bis 31. März 2004 widerrufen werden. Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie enthält nach wie vor die Möglichkeit, dass ein Mitgliedstaat bei Gefahr im Verzuge für höchstens 120 Tage die Einfuhr, das Inverkehrbringen und eine beschränkte und kontrollierte Verwendung eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels genehmigt (in Deutschland durch 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG umgesetzt). Macht der Mitgliedstaat von dieser Genehmigung bei diesem nunmehr EU-weit geregelten Wirkstoff Gebrauch, hat er die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich von dieser Maßnahme zu unterrichten. Der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit wird dann unverzüglich darüber entscheiden, ob und unter

SEITE 17 VON 51 welchen Voraussetzungen die von dem Mitgliedstaat getroffene Maßnahme um einen festzulegenden Zeitraum verlängert, wiederholt oder widerrufen werden kann. Seit 1. September 2008 ist die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs in Kraft. Ist für einen Wirkstoff kein Höchstgehalt vorhanden, gilt automatisch der Vorsorgewert von 0,01 mg/kg. Unter diese Regelung fällt seit dem 1. September 2008 auch Streptomycin. Damit gilt für Streptomycin ein Höchstgehalt von 0,01 mg/kg in Früchten und Honigen. 4. Streptomycin 4.1 Anwendung In 2010 wurde an vielen Standorten, an denen mögliche Infektionstage nur außerhalb der Hauptblütezeit der Kernobstgebiete auftraten, auf die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel verzichtet. In den Befallsgebieten im süddeutschen Raun kam es dagegen auch während der Apfelvollblüte zu möglichen Infektionsterminen, so dass zur Minderung des hohen Infektionsrisikos Streptomycin angewandt werden musste. Die behandelte Fläche hat sich daher gegenüber dem Vorjahr, als der erste Infektionstermin in die abgehende Blüte fiel, erhöht. Die Anwendungen wurden durch nichtchemische Maßnahmen, insbesondere Schnitt- und Rissmaßnahmen, begleitet. Vor dem Hintergrund der gegebenen Notwendigkeit und der laufenden Anstrengungen, durchgreifende Alternativen zur Bekämpfung des Feuerbranderregers zu etablieren, enthält die Strategie als Voraussetzung für eine Genehmigung des BVL gemäß 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (Gefahr im Verzuge) des Pflanzenschutzgesetzes Vereinbarungen für eine mögliche Anwendung von Strepto oder Firewall 17 WP. Diese wurden aufgrund der in 2008 in Äpfeln gefundenen Rückstände von Streptomycin durch zwischen BMELV und Ländern abgestimmte zehn Eckpunkte ergänzt (vgl. Jahresberichte 2008 und 2009). Sie dienten dem BVL als Grundlage für eine Entscheidung über die Genehmigung des Inverkehrbringens und der Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel im Jahr 2010: 1. Alternativen zur Anwendung von streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmitteln werden so weit wie möglich genutzt. Hierzu kann gehören, dass auf der Grundlage von Beratungsempfehlungen auch Kombinationen alternativer Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel angewandt werden. 2. Der Behandlungszeitraum für streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel wird auf die Hauptblütezeit der jeweiligen Sorten beschränkt. Früchte werden nicht behandelt.

SEITE 18 VON 51 3. Die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel im Kernobst wird auf höchstens zwei Anwendungen im Jahr nach Warndienstaufruf beschränkt. 4. In Regionen, in denen streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel angewandt werden, informieren die Länder gemeinsam mit den regionalen Imkerverbänden möglichst alle Imker über die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel und möglicher Folgen. Diesen Imkern ist dringend anzuraten, ihren zur Zeit der Obstblüte erzeugten Honig beproben zu lassen, insbesondere wenn es sich um reinen Kernobst-Blütenhonig (besonders Apfelblütenhonig) handelt. 5. Zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen und das Anwenden von streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmitteln ist u. a., dass - die Länder und Landesimkerverbände (einschl. des Berufsimkerverbandes) gegenüber BVL schriftlich bestätigen, dass Absprachen zur Honigbeprobung und zum Aufkauf nicht verkehrsfähiger Honige (inkl. ggf. Entschädigungsregelungen) stattgefunden haben; - die Länder - ggf. in Absprache mit den Landesobstbauverbänden - gegenüber BVL schriftlich bestätigen, dass nicht verkehrsfähiger Honig aufgekauft sowie sachgerecht entsorgt bzw. verwertet wird. Das entsprechende Vorgehen der Länder ist dem BVL vor Erteilung einer Genehmigung schriftlich mitzuteilen. BMELV führt zur Absicherung Gespräche mit der Fachgruppe Obstbau des Bundesausschusses Obst und Gemüse und den Bundesimkerverbänden. 6. Die Länder streben einen Abgleich der neuen Labormethodik zum Nachweis von Streptomycin in Honig und in Kernobst an. Sie streben auch an, die derzeit aus wissenschaftlicher Sicht am besten geeigneten Prognosemodelle für die Bestimmung des Bekämpfungstermins einheitlich zu installieren und zu nutzen. Das JKI gibt zur Qualität der derzeit verwendeten Prognosemodelle eine wissenschaftliche Einschätzung ab. 7. Betroffene Länderbehörden führen 2010 in Absprache mit BVL und BfR abgestimmte Rückstandsuntersuchungen durch (Abbaureihen unter verschiedenen Bedingungen). Neben dem Apfel als Hauptkultur werden auch Birnen berücksichtigt. Die Rückstandsuntersuchungen sollten so angelegt werden, dass man die Ergebnisse ggf. auch im Rahmen einer späteren Höchstgehaltsfestsetzung nutzen kann (Feldteil GEP, Analytik mit GLP).

SEITE 19 VON 51 8. In einem begleitenden Forschungsvorhaben (JKI, BVL, ggf. Länder) wird untersucht, wie und auf welchem Wege Streptomycin in die Früchte gelangt. 9. In Regionen, in denen streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel angewandt werden, werden stichprobenartig an den Früchten Vorerntebeprobungen zur Überprüfung der Einhaltung des geltenden Rückstandshöchstgehalts für Streptomycin von 0,01 mg/kg durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse gehen, soweit sie vorliegen, in den zum 1. Oktober 2010 vorzulegenden Bericht zur Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel mit ein. Befunde oberhalb von 0,01 mg/kg werden dem BVL umgehend berichtet. 10. Die Länder, in denen streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel angewandt werden, übermitteln dem BMELV bis Ende Juni 2010 einen Bericht über die Anwendung von streptomycinhaltigen Pflanzenschutzmitteln und ggf. über die aktuelle Befallssituation mit Feuerbrand. Diese Eckpunkte galten nicht für Obstanlagen, von denen keine Früchte geerntet werden, wie Reiser-Muttergärten oder die Genbank Obst. Für diese Anlagen werden vom BVL gesonderte Regelungen getroffen. Voraussetzungen für die Genehmigung bildeten oben genannte Eckpunkte sowie die Vereinbarungen nach der Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers im Obstbau ohne Antibiotika: 1. Genehmigung für 120 Tage "bei Gefahr im Verzuge" ( 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG); 2. höchstens zwei Anwendungen (s. o.); 3. festgesetzte Anwendungsbestimmungen; 4. nur für Kernobst (Erwerbsanbau und Vermehrungsanlagen); 5. Allgemeinverfügung der Länder: - Registrierung der Betriebe, die Strepto/Firewall 17 WP bei Bedarf anwenden wollen; - Pflanzenschutzdienst bestätigt Notwendigkeit der Anwendung und erteilt Bezugschein nach der zu behandelnden Fläche; - Abgabe von Strepto/Firewall 17 WP nur bei Vorlage des Berechtigungsscheins und nur die dort vermerkte Menge; - Anwendung nur nach Warndienstaufruf (s. o.); - Aufzeichnungspflicht und Abgabe der Aufzeichnungen beim Pflanzenschutzdienst; 6. Berücksichtigung der Belange der Obst-Genbank und ggf. von Reiserschnittgärten (s.o.);

SEITE 20 VON 51 7. Verpflichtung der Länder: - Entwurf der Allgemeinverfügung ist dem BVL vor Erteilung der Genehmigung vorzulegen; - Durchführung eines umfassenden Monitorings (Vorerntebeprobungen an den Früchten, Rückstände im Honig, Rückstände im Apfel, illegale Anwendungen); - Bericht gegenüber dem BVL bis 1. Oktober 2010 (u. a. über Befall und Anwendung von Strepto/Firewall 17 WP ); 8. Restbestände von Strepto/Firewall 17 WP aus den Vorjahren und neu zugekauftes Strepto/Firewall 17 WP unterliegen den gleichen Regelungen. Voraussetzung für eine Genehmigung war auch die Klärung der Frage möglicher Schadensersatzforderungen der Imker für den Fall, dass in Honigen Rückstände von Streptomycin gefunden werden, die über dem festgesetzten Rückstands-Höchstgehalt von 0,01 mg/kg liegen. Diese Honige wären nicht mehr verkehrsfähig. Das BVL hat mit Bescheid vom 25. März 2010 und Änderungsbescheid vom 29. März 2010 der Firma Globachem eine auf 120 Tage befristete Genehmigung (vom 1. April bis zum 29. Juli 2010) zur Einfuhr und zum Inverkehrbringen von Strepto und der Firma ConTrade eine Genehmigung zur Einfuhr und zum Inverkehrbringen von Firewall 17 WP zum Zweck der Feuerbrandbekämpfung erteilt. Die Genehmigungen erfolgten gemäß 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG (Gefahr im Verzuge). Der räumliche Geltungsbereich wurde auf die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beschränkt. Diese Länder hatten die in der Strategie zur Bekämpfung des Feuerbranderregers im Obstbau ohne Antibiotika und des ergänzenden Eckpunktepapiers die geforderten Vorraussetzungen nachgewiesen und entsprechende Allgemeinverfügungen erstellt. Wegen des geringen Befallsgeschehens der Vorjahre wurde 2010 in Brandenburg auf eine Genehmigung für die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel verzichtet. Für die Anwendung in Baumschul-, Reiserschnitt- und Genbankbeständen wurde ab dem 13. August 2010 für Niedersachsen und ab dem 4. August 2010 für Sachsen ein zweiter Anwendungszeitraum für eine mögliche Anwendung nach Hagel (nicht in Ertragsanlagen) genehmigt. In Sachsen musste von dieser Genehmigung kein Gebrauch gemacht werden. Die Länder, denen durch das BVL eine Genehmigung erteilt wurde, berichteten ausführlich über die im Rahmen der Allgemeinverfügung eingegangenen Verpflichtungen und gaben einen Überblick über die ausgegebenen Berechtigungsscheine für Strepto und Firewall 17 WP und die daraus resultierenden Anwendungen. Die Informationen der Länder sind im Folgenden zusammengefasst.

SEITE 21 VON 51 Durch günstige Witterungsbedingungen konnte in Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein- Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel im Erwerbsobstbau vermieden werden. In Sachsen und Sachsen-Anhalt erfolgte eine Streptomycinanwendung nur auf Versuchsflächen, Wildapfelbeständen bzw. Reisermuttergärten. Für den Erwerbsobstbau empfahl Thüringen zum 3. Mai 2010 eine Anwendung von Kalziumformiat. Tabelle 2: Bundesland/ Regierungspräsidium Verwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel in Obstanlagen in 2010 ausgegebene Berechtigungsscheine eingekaufte Menge ( Strepto/ Firewall 17 WP in kg) Kernobstfläche (ha) Anzahl Betriebe mit Anwendung beantragte Fläche (ha) behandelte Fläche (ha) Anzahl Behandlungen (Durchschnitt) Anzahl Proben auf Anwendungen ohne Berechtigungsschein (davon positiv) Baden- 1218 2317 835 11241 7359 4570 1 71 (1)* Württemberg Stuttgart 187 263 128 1791 734 488 1 Karlsruhe 69 110 45 600 359 251 1 Freiburg 430 528 268 2704 1732 1009 1 Tübingen 532 1416 394 6146 4534 2852 1 Bayern 188 211,4 92 1530 716,7 438,3 1 17 (0) Unterfranken 2 7,2 1 12,5 11,2 1 0 Mittelfranken 0 0 0 0 0 0 0 Niederbayern 8 11,4 3 41,0 7 1 2 Oberbayern 1 0 0 2,0 0 0 5 Schwaben 177 192,8 88 661,2 420,1 1 10 Hessen 13 5,7 4 400 55,1 9,5 1 8 (0) Mecklenburg - - - 1460 40 0 0 - Vorpommern Nordrhein- 1 0 0 2000 17 0 0 4 (0) Westfalen Rheinland- 87 90 53 3200 489,5 169,8 1 30 (0) Pfalz Pfalz 74 88,8 50 447 164,3 1 20 (0) Rheinhessen 11 1,2 3 41 5,5 1 10 (0) Ahrweiler 0 0 0 0 0 0 0 Trier 2 0 0 1,5 0 0 0 Sachsen 4 nicht 0 2871 12,4/ 3,5 1) 0 10 (0) bekannt 9,9 1) Sachsen- 1 3 1 1125 3 3 1) 2 14 (0) Anhalt Thüringen 0 0 0 1243 0 0 0 30 (0) Deutschland 1512 2627,1 985 25070 8702,6 5194,1 1-2 184 (1) *) Der Fall wird untersucht. 1) Versuchsflächen/Wildartensammlungen/Reisermuttergärten etc. In Baden-Württemberg (29. April), Bayern (30. April), Hessen (29. April) und Rheinland- Pfalz (28. April) wurde für die Apfelanlagen in Vollblüte eine einmalige Streptomycin-

SEITE 22 VON 51 anwendung empfohlen. Eine zweite Anwendung wurde nur auf wenigen Flächen notwendig (94 ha in Baden-Württemberg). 4.2 Informationen der Imker Zur Erleichterung der Informationsübermittlungen ist dem Bericht in Anhang 1 eine Liste (Stand: Dezember 2010) der Landesgeschäftsführer des Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bunds e. V. sowie des Deutschen Imkerbundes e. V. angefügt. Baden-Württemberg In einer Besprechung am 13. Januar 2010 legte das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg, gemeinsam mit dem Deutschen Imkerbund, dem Erwerbsimkerverband und dem Landesverband Erwerbsobstbau Maßnahmen zur Umsetzung des Strategiepapiers für 2010 fest. Die Imkerverbände informierten ihre Mitgliedsvereine hierüber und über die Abrufnummern des telefonischen Auskunftsgebers, über den die Termine für die Anwendung von streptomycinhaltigen Mitteln von den Landratsämtern mitgeteilt werden. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum - Augustenberg, Außenstelle Stuttgart (LTZ-S) benachrichtigte direkt die Vorsitzenden des badischen und württembergischen Imkerverbandes sowie des Erwerbsimkerverbands über die aktuelle Infektionsgefahr. Insbesondere am Bodensee wurden die örtlichen Imker vor Beginn der Feuerbrandsituation über die Strategie sowie fortlaufend über die aktuelle Infektionsgefahr informiert, so dass sie die Möglichkeit hatten, vor der ersten Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel mit den Bienenvölkern abzuwandern. Diese Empfehlung wurde auch soweit wie möglich wahrgenommen. Dass es trotzdem zu geringfügigen Höchstgehaltsüberschreitungen im Honig in 2010 kam, lag daran, dass die Bienen örtlich gebundener Imker wegen der Anbaudichte des Kernobstes in der Region nicht auf andere Trachten ausweichen konnten. Bayern Gemäß dem Eckpunkte-Papier (Punkt Nr. 4) wurden die Imker über die Anwendung streptomycinhaltiger Pflanzenschutzmittel im Erwerbsobstbau und den möglichen Folgen im Hinblick auf die Herabsetzung des Rückstandshöchstgehalts von früher 0,02 mg/kg auf 0,01 mg/kg informiert. Den Imkern wurde angeraten, ihren zur Zeit der Obstblüte erzeugten Honig beproben zu lassen. Die Information erfolgte sowohl über die Internetseiten der LfL als auch des Fachzentrums für Bienen an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Zusätzlich wurde ein entsprechender Artikel im Bienen@Imkerei Infobrief der LWG an über 5000 Abonnenten elektronisch versandt. Über die aktuelle Befallssituation und Warndienstaufrufe

SEITE 23 VON 51 wurden sie von den vor Ort zuständigen Beratern rechtzeitig und regelmäßig unterrichtet (per Telefon bzw. per Fax). Klagen über mangelnde Informationen wurden nicht bekannt. Hessen Erste Kontaktaufnahme mit Frau Riebe (DBIB) und Herrn Mook (Landesverband hessischer Imker) erfolgte am 13. Januar 2010. In mehreren Telefonaten und per Email wurden diese über die für 2010 geplante Vorgehensweise zur Bekämpfung des Feuerbrandes informiert. Nach Erteilung der Genehmigung des BVL für Streptomycin wurden der Obmann für Pflanzenschutz des Landesverbandes hessischer Imker (Herr Mook) und die kommissarische Landesgeschäftsführerin des Erwerbs- und Berufsimkerverbandes (Frau Riebe) über die Genehmigung informiert. Gleichzeitig wurde Ihnen die Allgemeinverfügung und eine Liste (Anschriften + gemeldete Gemarkungen) aller Betriebe, die einen Berechtigungsschein erhalten hatten, übermittelt. Sowohl der Obmann für Pflanzenschutz des Hessischen Imkereiverbandes wie auch die kommissarische Landesgeschäftsführerin des Erwerbs- und Berufsimkerverbandes erklärten schriftlich, dass sie mit der Vorgehensweise einverstanden sind. Gemäß der Absprachen wurden Herr Mook und Frau Riebe per Fax über den Bekämpfungsaufruf informiert. Rheinland-Pfalz Die Vereinbarung über die Anwendung von Streptomycin im Kernobstanbau in Rheinland- Pfalz wurde im Februar 2010 im Umlaufverfahren von den Imkerverbänden, den Erwerbsobstarbeitskreisen, der Pflanzenschutzberatung (DLR) und dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau unterzeichnet und an das BVL übersandt. Über die Möglichkeit, auch im Jahr 2010 im Kernobstanbau Streptomycin anwenden zu dürfen, wurde die Imkerschaft vorab informiert. Ebenso waren die Obstbauern wiederum aufgefordert worden, den umliegenden Imkern die beabsichtigten und tatsächlich stattgefundenen Streptomycinanwendungen mitzuteilen. Zum Ende der Blüte wurden die Imker dann über die tatsächlich behandelten Flächen informiert, um ihnen die Möglichkeit einzuräumen, Honigproben auf Streptomycinrückstände untersuchen zu lassen. Sachsen Es wurde vereinbart, bei Warndienstaufruf während der Blüte den Landesverband Sächsischer Imker und die Landesgruppe Sachsen des Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bundes e. V. zu informieren. Es wurde ein Aufkaufpreis von max. 6 /kg unverpackten Honig vereinbart, falls Streptomycinrückstände gefunden werden, die über dem geltenden Höchstgehalt von 0,01 mg/kg liegen. Der Landesverband Sächsischer Imker und der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund e. V., Landesgruppe Sachsen wurden am 14. Juni 2010 informiert, dass 2010 in Sachsen keine

SEITE 24 VON 51 Behandlung blühender Kernobstbestände mit Streptomycin gegen Feuerbrand stattgefunden hat und unter diesen Umständen nach Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales als zuständiger Behörde für die Rückstandsuntersuchungen auf die Untersuchung von Honigen auf Rückstände von Streptomycin verzichtet wird. 4.3 Untersuchungen von Honig auf Streptomycinrückstände Aufgrund der seit 1. September 2008 geltenden Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs galt wegen des Fehlens eines Höchstgehaltes für den Wirkstoff Streptomycin der Vorsorgewert von 0,01 mg/kg Honig. Soweit Analyseergebnisse der Honigproben Überschreitungen ergaben, wurden diese in den Ländern aufgekauft und entsorgt bzw. in Biogasanlagen verwertet. Es kam kein Honig in Verkehr, der Rückstände von Streptomycin enthielt, die oberhalb des Höchstgehaltes von 0,01 mg/kg Honig lagen. Alle in die Untersuchungen einbezogenen Labore arbeiteten nach anerkannten Vorschriften. Bedingt durch die extrem sensible Analytik ergeben sich je nach Labor unterschiedliche Bestimmungsgrenzen. Auch können Schwankungen innerhalb eines Labors in Abhängigkeit der Einzelläufe als nicht ungewöhnlich angesehen werden. Die Länder berichteten wie folgt: Baden-Württemberg In Baden-Württemberg wurden 96 Honigproben gezogen und beim LTZ-Augustenberg auf Streptomycinrückstände untersucht. In 71 Proben wurde kein Streptomycin gefunden. 21 Proben enthielten Gehalte an Streptomycin unterhalb des Rückstandshöchstgehaltes für Honig von 0,01 mg/kg. 4 Proben wiesen Gehalte an Streptomycin oberhalb des Rückstandshöchstgehaltes auf; der höchste ermittelte Gehalt betrug 0,015 mg/kg. Die vier zugehörigen Chargen haben einen Umfang von 413 kg. Der nicht zur Vermarktung geeignete Honig wurde beim KOB gesammelt und in einer Biogasanlage verwertet. 36 Honigproben wurden im Rahmen der Lebensmittelüberwachung auf Streptomycin untersucht. In keiner dieser Proben konnte Streptomycin nachgewiesen werden. Bayern Für die Organisation und Durchführung der Rückstandsuntersuchungen von Honig ist das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit zuständig. Die Rückstandssituation wird in den betroffenen Gebieten im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch eine gewichtete Stichprobe überprüft. Der Probenumfang wird dabei anhand einer situationsbezogenen Risikobewertung festgelegt. Die Probenahme des Honigs erfolgt durch die örtlich

SEITE 25 VON 51 zuständige Kreisverwaltungsbehörde (Lebensmittelüberwachung) nach amtlich vorgeschriebenem Probenahmeverfahren. Die Proben werden am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersucht. Von der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden mit Stand 19. Oktober 2010 sieben Proben gezogen, davon zwei in Schwaben, zwei in Niederbayern und drei in Oberbayern. In keiner der untersuchten Proben war Streptomycin über der Nachweisgrenze von 0,002 mg/kg enthalten; d. h. der allgemeine Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg Wirkstoff/kg Lebensmittel wurde in keiner dieser Proben überschritten. Nicht im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung erfasste Honige aus dem unmittelbaren Umkreis (bis 3 km) um eine behandelte Obstanlage konnten von betroffenen Imkern gebührenfrei im Kantonalen Amt für Lebensmittelkontrolle in St. Gallen/Schweiz untersucht werden lassen. Die Probenahme war beim zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bis 11. Juni 2010 zu beantragen. In 14 der 18 eingereichten Honigproben konnte Streptomycin oberhalb der Nachweisgrenze von 0,0006 mg/kg nachgewiesen werden. Alle Proben lagen aber unter dem Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg. Hessen Da keine Bienenvölker in der Nähe tatsächlich behandelter Anlagen zu ermitteln waren, erfolgte, in Absprache mit den Imkern, keine Beprobung von Honig. Rheinland-Pfalz Von der Imkerschaft wurden 2010 insgesamt 2 Honigproben aus Bienenständen im Umkreis von bis zu 3 km um mit Streptomycin-behandelte Kernobstanlagen aus dem Bereich der Südpfalz (z. B. Schwegenheim, Freisbach) zur Untersuchung auf eventuelle Streptomycinrückstände an das Landesuntersuchungsamt Koblenz geschickt. Mit Schreiben vom 2. Juli 2010 wurde mitgeteilt, dass in keiner Honigprobe Streptomycin nachgewiesen werden konnte. Sachsen 2010 hat in Sachsen keine Behandlung blühender Kernobstbestände mit Streptomycin gegen Feuerbrand stattgefunden. Unter diesen Umständen wurde nach Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales als zuständiger Behörde für die Rückstandsuntersuchungen auf die Untersuchung von Honigen auf Rückstände von Streptomycin verzichtet. Sachsen-Anhalt Honigproben wurden in Sachsen-Anhalt nicht untersucht, da keine Anwendung von Streptomycin während der Blüte erfolgte.

SEITE 26 VON 51 Thüringen Zur Kontrolle der Verkehrsfähigkeit von in der Nähe von Obstanlagen erzeugten Honigen wurden in 2010 in Thüringen 10 Honigproben (davon 9 aus Thüringen) auf Rückstände von Streptomycin untersucht. Die Probenahme erfolgte durch die zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter. Bei der Untersuchung dieser Proben wurden keine Rückstände von Streptomycin und anderen Antibiotika gefunden. 4.4 Untersuchungen von Äpfeln auf Streptomycinrückstände Die Untersuchungen von Äpfeln auf Streptomycinrückstände waren entweder ohne Befund oder lagen in Einzelfällen weit unterhalb des Höchstgehaltes von 0,01 mg/kg Apfel. Die Länder berichteten wie folgt: Baden-Württemberg Gemäß dem Eckpunktepapier der Länder zur Reduktion der Streptomycin-Anwendungen wurde in Baden-Württemberg ein Vorerntemonitoring auf Streptomycinrückstände in Früchten durchgeführt. Dazu wurden 68 Proben aus Anlagen gezogen, die mit Streptomycin behandelt worden waren. In keiner Probe wurden Rückstände über dem Grenzwert von 0,01 mg/kg gefunden. In Rückstandsversuchen an 2 Standorten wurde nach dreimaliger Anwendung von Streptomycin in die Blüte 60 Tage später Rückstände von 0,009 bzw. 0,011 mg/kg im Apfel gefunden. Nach 75 Tagen lag der Wert bei 0,009 bzw. 0,008 mg/kg und nach 99 bzw. 90 Tagen bei 0,007 bzw. 0,006 mg/kg. Die dreimalige Anwendung von Streptomycin in die Blüte ist in der Praxis derzeit nicht erlaubt. Bayern Bayern beteiligte sich am Punkt Nr. 7 (Rückstandsuntersuchungen) der Eckpunkte. Im Lehrund Beispielsbetrieb Deutenkofen des Regierungsbezirks Niederbayern wurde hierzu, in enger Abstimmung mit dem UAK-Lück Obstbau, ein Versuch zur Ermittlung von Erntewerten am Tag 60 und am Tag 75 nach der Anwendung von Strepto angelegt. Bis zur Bekanntgabe eines geeigneten Untersuchungslabors lagern die Proben tiefgefroren. Zudem beteiligte sich Bayern am geforderten Vorerntemonitoring (Punkt Nr. 9 der Eckpunkte). Es wurden im Anbaugebiet Lindau 10 Proben der Sorte Elstar am 17. August 2010 gezogen. Alle Proben stammten von einmal Streptomycin behandelten Bäumen. In 2 von 10

SEITE 27 VON 51 Proben lag der Streptomycingehalt bei 0,0005 ± 0,0001 mg/kg, in den übrigen 8 Proben lag er jeweils unter 0,0005 mg/kg und damit unter der Bestimmungsgrenze. Die Proben wurden am Institut für Umwelt und Lebensmittelsicherheit des Landes Vorarlberg untersucht. Alle Vorernteproben entsprachen zum Probenziehungstermin den lebensmittelrechtlichen Vorgaben. Die gemessenen Rückstandshöchstgehalte von Streptomycin in den Früchten lagen weit unter 0,01 mg/kg. Hessen Der Pflanzenschutzdienst hat in der 36. KW von 3 Betrieben, die in 2010 ein streptomycinhaltiges Präparat angewendet haben, je 2 Fruchtproben (verschiedene Sorten) genommen und am 9. September 2010 an den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (Herr Dr. Heinzler) zur Untersuchung geschickt. Der gültige Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg Streptomycin wurde bei keiner der untersuchten Apfelproben überschritten. Rheinland-Pfalz In einem Rückstandsmonitoring wurden Äpfel der Sorten Pinova, Braeburn, Fuji und Jonagored auf Streptomycinrückstände untersucht. In allen 4 Proben lag der am LTZ Augustenberg bestimmte Streptomycingehalt unter der Bestimmungsgrenze von 0,002 mg/kg. Am Standort Neustadt wurde eine Streptomycin-Abbaureihe an der Sorte Delbarestivale durchgeführt. 60 Tage nach der letzten Versuchsanwendung konnte noch ein Streptomycingehalt von 0,014mg/kg nachgewiesen werden, nach Tag 75 waren nur noch 0,006mg/kg nachweisbar. 4.4.1 Untersuchungen zum Transport von Streptomycin in Apfelbäumen Am JKI wurden Versuche zu einem möglichen Transport von Streptomycin innerhalb der Pflanze durchgeführt. Eine solche Verlagerung aus behandeltem Pflanzengewebe heraus in unbehandeltes Gewebe hinein hätte Einfluss auf die Rückstandsproblematik. Um zu klären, ob ein solcher Transport in signifikantem Maß stattfindet, wurden Apfelbäume der Sorte Elstar während der Blüte mehrfach mit überdosiertem Streptomycin behandelt. Ein erster Versuch im Vorjahr hatte gezeigt, dass mehrere aufeinander folgende Behandlungen tendenziell stärkere Rückstände verursachen als eine sehr stark überdosierte (25x) Einzelbehandlung. Nach der Einzelbehandlung mit 25-facher Überdosierung konnten 2009 im direkt behandelten Gewebe nur Streptomycinkonzentrationen knapp über der Nachweisgrenze festgestellt werden, ein Transport in unbehandeltes Gewebe hätte also nicht mehr erfasst werden können. Daher wurden in 2010 vier aufeinanderfolgende Einzelbehandlungen (je 5-fache Streptomycinkonzentration) mit wenigen Tagen Abstand durchgeführt. Während des gesamten Behandlungszeitraums wurden einige blühende Triebe durch Plastik vor direkter Strepto-

SEITE 28 VON 51 mycinbehandlung geschützt. Die häufige Anwendung von Streptomycin in Überdosierung führte im Versuch zu sehr starken Pflanzenschäden (Abbildung 1). Durch die lange Abdeckung der Blüten entwickelten sich an den abgedeckten Astbereichen nur wenige Früchte. Es wurden je 5 Mischproben von Früchten aus direkt behandelten und aus abgedeckten Bereichen analysiert. Bedingt durch die Vielzahl der Behandlungen und die experimentell hoch gesetzte Streptomycinkonzentration wurden in den direkt behandelten Proben gut quantifizierbare Rückstände zwischen 0,091-0,219 mg/kg erzielt. Dagegen fanden sich in den zum Behandlungszeitpunkt abgedeckten Proben deutlich niedrigere Mengen Streptomycin. Die Rückstandsmenge lag hier in 4 Proben zwischen 0,003 und 0,015 mg/kg, eine fünfte Probe lag mit 0,079 mg/kg auffällig hoch. Der einzelne hohe Rückstandswert kann am wahrscheinlichsten durch eine Undichtigkeit der Abdeckung erklärt werden. Abb.1: Pflanzenschäden nach 4-fach wiederholter Streptomycin Behandlung (5-fach konzentriert). Der nicht-vergilbte Bereich war während der Behandlungen abgedeckt. Der Abstand zum direkt behandelten Bereich hatte nur geringen Einfluss auf die ermittelte Rückstandmenge in den Früchten. Früchte in benachbarten Astabschnitten zu direkt behandeltem Gewebe zeigten bereits eine etwa 10-fach geringere Streptomycin-Konzentration. Der Streptomycin-Nachweis in den nicht direkt behandelten Proben deutet auf einen Transport von Streptomycin innerhalb der Pflanze hin, der Hauptteil des Wirkstoffs verbleibt allerdings im direkt behandelten Gewebe. Eine gezielte Anreicherung in den Früchten konnte nicht festgestellt werden.