Richelsdorf, ein Dorf an der innerdeutschen Grenze Seit 1945 wird als Innerdeutsche Grenze die ehemals zwischen dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und der DDR verlaufende Grenze bzw. der entlang der Demarkationslinie verlaufende Grenzstreifen bezeichnet, der ab 1952, und nochmals deutlich verstärkt ab 1961 mit einem Grenzzaun in verschiedenen Ausbaustufen versehen wurde, um den Übertritt der von der DDR als Staatsgrenze beanspruchten Linie zu behindern. Die Innerdeutsche Grenze verlief an den Landesgrenzen zwischen Hessen und dem heutigen Freistaat Thüringen auf einer Länge von knapp 270 Kilometern. Am 26. Mai 1952 unterzeichnete die Bundesrepublik den mit den alliierten West-mächten vereinbarten Deutschlandvertrag, in dem das Ende des Besatzungsstatuts geregelt wurde, und mit dem die Bundesrepublik ihre Souveränität über innere und äußere Angelegenheiten erlangte. Bereits einen Tag später reagierten die DDR-Behörden und die sowjetische Besatzungsmacht mit einer drastischen Verschärfung der Abriegelung an der Demarkationslinie. Die Errichtung einer grenznahen Sperrzone führt zur teilweisen Zwangsumsiedlung (u. a. im Rahmen der vom Ministerium für Staatssicherheit so betitelten Aktion Ungeziefer ) von als nicht zuverlässig eingeschätzten Personen aus dem Sperrgürtel. Die Grenzlinie wurde 1954 von der DDR auf einer Breite von fünf Kilometern offiziell zu einem Sperrgebiet erklärt, das ab Anfang der 60er Jahre in Richtung des Sperrzaunes durch einen 500 m breiten sogen. Schutzstreifen und unmittelbar an der Grenzbefestigung durch einen 10 m breiten Kontrollstreifen (der - zeitweise vermint oder mit Selbstschuss-anlagen versehen - auch als Todesstreifen bekannt war) abschloss. Streng bewachte Arbeitskommandos errichteten im September und Oktober 1961 den Grenz-zaun an Stellen, an welchen vormals die Werra oder andere natürliche Hindernisse den Verlauf der Zonengrenze bestimmten. Der Bau der Sperranlagen wurde mit konsequentem Nachdruck ausgeführt. Auszug Festzeitschrift 700 Jahre Richelsdorf. Die Russen ackern die Grenze um, hieß es an einem Abend im Mai 1952. Überall längs der Grenze waren Traktoren dabei, einen 10 m breiten Grenzstreifen umzupflügen ohne Rücksicht darauf, ob der Pflug durch Getreidefelder, durch Wiesen oder Gärten führte.
Bewaffnete Volkspolizisten sicherten die Aktion. Auch durch die Waldungen am Weißberg wurde der Grenzstreifen freigemacht. Holzfäller aus dem Thüringer Wald und viele hundert Einwohner aus den Werradörfern sowie Eisenbahner des völlig demontierten Bahnhofs Gerstungen (später wieder aufgebauter Grenzbahnhof) mussten das Gelände abholzen und den Streifen einebnen. Es war ihnen selbst nicht wohl dabei zu Mute. Sie meinten, auf unserer Seite ständen bis Bebra die amerikanischen Panzer. So war es ihnen vorgemacht worden. Gleichzeitig setzte der Terror in den Grenzdörfern ein. Viele Familien aus Berka, Dankmarshausen, Großensee, Untersuhl usw. wurden nach Thüringen ins Landesinnere und Mecklenburg umgesiedelt; andere wurden ausgewiesen oder flohen mit Kind und Kegel. Die Äcker in der Untersuhler Gemarkung durften nicht mehr von den Obersuhler Besitzern betreten werden. Der Grenzstreifen entwickelte sich zum Todesstreifen. Die Straße nach Untersuhl wurde mit Stacheldraht gesperrt. Auch an anderen Stellen wurden die ersten Stacheldrahthindernisse errichtet. Jeglicher Grenzverkehr wurde lahmgelegt, so dass die Bergleute jetzt mit dem Omnibus über Hönebach nach Heringen fahren mussten. Auch die Autobahn Frankfurt-Berlin wurde zwischen Obersuhl und Untersuhl gesperrt und der Interzonenverkehr über die Autobahn stillgelegt. Er wurde auf die schlechte Landstraße über Richelsdorf - Blinde Mühle - Nesselröden nach Herleshausen zum Grenzübergang umgeleitet. Die Zollstation und das Rasthaus am Obersuhler Berg an der Autobahn wurden geschlossen. Die Bewohner der thüringischen Grenzdörfer waren so eingeschüchtert, dass sie sich bei zufälligen Begegnungen mit Bundesbürgern an der Grenze in keine Unterhaltung eingelassen haben und mit keinem Wort und keiner Geste auf einen Gruß, selbst bei Verwandten, reagierten. 1974 wird Wildeck-Richelsdorf im Rahmen des überörtlichen Straßenbaus durch eine neue Autobahnauffahrt direkt an die Autobahn A4 angebunden und gleichzeitig unmittelbar mit Wildeck-Obersuhl verbunden. Von 1980 bis 1984 waren im Bereich der alten Straße Richelsdorf Untersuhl am Grenzzaun 1 Splitterminen SM 70 installiert. Am 01.05.1986 flüchtete ein Angehöriger der DDR-Grenztruppen durch den Wasserdurchlass mit Sperrgitter des Weihebaches in den Westen. 14.05.1989: Aufgebracht sind 700 Einwohner von Wildeck-Richelsdorf. Der Transitverkehr verläuft mitten durch den Ort. Um ihre Forderungen nach einem Ausbau der A4 Nachdruck zu verleihen, gingen die Bürger auf die Straße. 1989-1994: Willi Müller, Bürgermeister von Wildeck: Eine offizielle Grenzöffnung an der Grenze zwischen Wildeck-Richelsdorf und Untersuhl (Thüringen) in der Nähe der Roterainsmühle hat 1989 nicht stattgefunden.
Im Zuge der Beseitigung des Grenzzaunes 1 (Metallgitterzaun) im Frühjahr 1990 wurde das Tor im Zaun geöffnet und es bestand die Möglichkeit, nach Untersuhl zu fahren. Am 26. April 1990 hatte ich einen Ortstermin mit der Straßenbauverwaltung. Vorerst war wegen der provisorischen Streckenführung der A4 durch das Weihetal an Baumaßnahmen nicht zu denken. Erst im Oktober 1993 nach der Freigabe der Weihetalbrücke für den Autobahnverkehr, konnte diese Maßnahme angegangen werden. Bereits mit Schreiben vom 01.09.1992 forderte der Gemeindevorstand, im Zusammenhang mit der Brückenbaumaßnahme und der Schaffung der A4 Anschlussstelle Gerstungen/Untersuhl, die Straße Wildeck-Richelsdorf Untersuhl auszubauen. Zum einem, weil die Straße eine uralte Verkehrsverbindung zwischen Hessen und Thüringen darstellt, deren Bedeutung für den grenznahen Raum, aber auch als Querachse nach Sontra, Eschwege und Kassel nach wie vor von Bedeutung ist. Vor allem aber zur Entlastung der Ortsdurchfahrt Obersuhl war der Bau unbedingt erforderlich. Das hessische Verkehrs-ministerium lehnte den Ausbau unter Hinweis auf die A4 ab. Zusammen mit den Kreisverwaltungen Hersfeld und Eisenach sowie der Gemeinde Gerstungen schrieben wir an die zuständigen in Wiesbaden und Erfurt. Der hessische Landtagsabgeordnete Bernd Schleicher und Baudirektor Jürgen Süßer vom Straßenbauamt Bad Hersfeld setzen sich ebenfalls intensiv für den Erhalt und Ausbau der Straße ein. Im Mai 1994 ließ sich das hessische Verkehrsministerium überzeugen und stimmte dem Erhalt der Straße zu. Im Herbst 1994 wurde eine neue Straßendecke aufgezogen. Die notwendige Grunderneuerung mit Verbreiterung und ggf. mit Rad- und Fußweganlage steht leider noch aus.
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Pressebericht