Patentverletzung im Hinblick auf den 3D-Druck und Geschäftsführerhaftung

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Transkript:

Chemistry + Material Science Patentverletzung im Hinblick auf den 3D-Druck und Geschäftsführerhaftung Dr. Marc Gerauer Juli 2018 KRAUS & WEISERT GERMAN PATENT ATTORNEYS - EUROPEAN PATENT ATTORNEYS WWW.KRAUS-WEISERT.DE

1. Der 3D-Druck Der 3D-Druck ist eine der spektakulärsten technischen Entwicklungen der letzten Jahre, dessen Einsatz längst nicht mehr nur investitionsstarken Unternehmen vorbehalten ist. Mittlerweile liegen die Preise für Einsteigermodelle von 3D-Druckern im Bereich von Smartphones. Dabei ist 3D- Druck ein Oberbegriff für Verfahren zur Fertigung von dreidimensionalen Objekten. Typische Werkstoffe sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken oder Metalle. Gerade, wenn die Herstellungskosten eine untergeordnete Rolle spielen und die Zielsetzung ein individualisiertes Produkt sein soll, nimmt der 3D-Druck eine herausragende Stellung ein. Als Druckvorlagen dienen sogenannte Computer-Aided Design (CAD)-Dateien, die die entsprechenden Informationen zum Drucken enthalten. CAD-Dateien können unendlich vervielfältigt und im Internet verbreitet werden. Somit ist es möglich, 3D-Objekte an beliebigen Orten herstellen zu lassen, sofern ein geeignetes 3D-Drucksystem vorhanden ist. Daher kann ein Erzeugnis nach Bedarf vor Ort produziert werden. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass Automobilhersteller oder Zulieferer für Automobilhersteller CAD-Dateien ins Internet stellen, damit Werkstätten Ersatzteile oder Austauschteile mit verbesserten Eigenschaften vor Ort selbst oder bei örtlich angesiedelten Druckstationen ausdrucken lassen können. Ebenfalls denkbar sind Medizinprodukte, die speziell auf das menschliche Individuum zugeschnitten werden können, indem man beispielsweise bereits gespeicherte Daten aus der radiologischen Diagnostik verwendet. Aufgrund dessen kommt es zu neuen Herausforderungen für das Immaterialgüterrecht, insbesondere für das Patentrecht. Der reine Privatgebrauch des 3D-Drucks wird durch das Patentrecht nicht eingeschränkt. Im vorliegenden Aufsatz sollen die patentrechtlichen Aspekte im wirtschaftlichen Verkehr in Deutschland beleuchtet werden. 2. Haftung des Geschäftsführers Die Praxis zeigt, dass insbesondere mittelständische Unternehmen sich schwertun gewerbliche Schutzrechte zu erfassen. Doch gerade dieser Aspekt erscheint im Lichte neuester Rechtsprechung immer wichtiger. Für den Schaden aus einer Schutzrechtsverletzung haftet im Grundsatz das Unternehmen. Insbesondere dann, wenn es patentverletzende Produkte hergestellt bzw. vertrieben hat. Nach einer neueren Entscheidung des BGHs kann aber auch der Geschäftsführer bei einer Patentverletzung in Anspruch genommen werden. 1 Gegenstand dieser Entscheidung (im Folgenden BGH-Glasfaser II) waren Ansprüche aus einer Patentverletzung. Klägerin war die Inhaberin eines europäischen Patents mit Wirkung für Deutschland, welches die Verwendung von Glasfasern, die kein krebserregendes Potential aufweisen, betrifft. Die Beklagte war eine Firma, die Glasfaserprodukte an den Baustoffhandel in Deutschland vertreibt sowie deren Geschäftsführer. Autor: Dr. Marc Gerauer Patentanwalt und European Patent Attorney bei Kraus & Weisert Kontakt: gerauer@kraus-weisert.de In der Entscheidung BGH-Glasfaser II vertritt der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Meinung, dass eine Garantenstellung des Geschäftsführers auch dann besteht, wenn der Schutz von Rechten Dritter eine organisatorische Aufgabe ist, zu der zuallererst der gesetzliche Vertreter berufen ist. Die Haftung des Geschäftsführers erfolgt in diesen Fällen nicht aus einer Geschäftsführerstellung als solcher, sondern aus der von der Rechtsform des Unternehmens unabhängigen tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Beherrschung einer Gefahrenlage für absolut geschützte Rechte Dritter. 2 KRAUS & WEISERT 2

Vor diesem Hintergrund obliegt dem gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft nach Ansicht des X. Senats regelmäßig eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Frage, wer den ihm obliegenden Pflichten, Patentverletzung zu vermeiden, nachgekommen ist. 3 Faktisch bedeutet dies eine Beweislastumkehr im Patentverletzungsverfahren, wonach der Patentinhaber die Umstände einer persönlichen Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters für die Verletzung gerade nicht darzulegen braucht. So führt der X. Senat aus, dass es regelmäßig keiner näheren Feststellung dazu bedarf, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft auf einem schuldhaften Fehlverhalten dieses gesetzlichen Vertreters beruht. 4 Somit lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Entscheidung BGH-Glasfasern II des X. Senats kein Vortrag des Klägers zur Haftung des Geschäftsführers verlangt. Es ist daher die Aufgabe des Organs, sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast gleichsam zu exkulpieren. Im Gegensatz dazu hat im Zuständigkeitsbereich des I. Senats der Kläger bei Wettbewerbsverstößen zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gegebenenfalls im Detail vorzutragen. Praxistipp: Ein Unternehmen muss deshalb vor Aufnahme einer der genannten Tätigkeiten prüfen, ob verwendete Erzeugnisse oder Verfahren in den Schutzbereich fremder Schutzrechte fallen. Eine solche Vorgehensweise hilft dem Geschäftsführer einer persönlichen Haftung im Patentrecht zu entgehen. 3. Rechtlicher Rahmen einer Patentverletzung im 3D-Druck Da gerade beim 3D-Druck mittlerweile die Anmeldezahlen für Patentanmeldungen in die Höhe schnellen, soll der vorliegende Artikel einige patentrechtliche Aspekte beleuchten. Generell können technische Verfahren und Erzeugnisse (wobei unter Erzeugnissen nicht nur ein einzelner Bestandteil, sondern auch mehrere Bestandteile verstanden werden) sowie deren Verwendung durch Patente geschützt werden. Der Schutz von reinen Herstellungsverfahren ist dagegen dem Gebrauchsmusterschutz verwehrt. Daher kann eine komplette 3D- Drucktechnologie mittels des Patentrechts optimal geschützt werden. Dabei setzt die Schutzfähigkeit voraus, dass eine Erfindung neben dem technischen Charakter neu und erfinderisch ist. Prinzipiell kann somit ein Erzeugnis des 3D-Drucks dem Patentschutz zugänglich sein, wenn eine Technizität vorliegt und es keine reine ästhetische Formschöpfung ist. Ebenfalls kann auch ein entsprechendes Herstellungsverfahren zu einem Erzeugnis, obwohl das Erzeugnis als solches bekannt ist, patentiert werden. 4. Wirkung des Patents Aktuell stehen in Deutschland für den Schutz von Erfindungen zwei Arten von Patenten zur Verfügung. Zum einen kann man eine Erfindung mittels eines deutschen Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt (deutsches Patent) schützen und zum anderen kann man ein Patent auf der Grundlage des Europäischen Patentübereinkommens beim Europäischen Patentamt erlangen (europäisches Patent). Das europäische Patent entfaltet dabei seine Wirkung für die entsprechend ausgewählten Staaten. KRAUS & WEISERT 3

Ein Patentinhaber eines deutschen Patents oder eines europäischen Patents mit Wirkung für Deutschland kann die gewerbliche Nutzung eines Erzeugnisses oder Verfahrens daher untersagen. Eine entsprechende Verletzung führt dazu, dass der Patentinhaber (bzw. der exklusive Lizenznehmer) gegen den Verletzer grundsätzlich folgende Ansprüche haben kann: Unterlassung der Benutzung des geschützten Patentgegenstands, Ersatz aller durch die durch Benutzung des geschützten Patentgegenstands eingetretenen und noch eintretenden Schäden (Schadensersatz), Auskunft unter anderem über die Herkunft und den Vertriebsweg geschützter Erzeugnisse sowie über die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer, als auch über die gewerblichen Abnehmer sowie über die Menge der hergestellten oder ausgelieferten Erzeugnisse, Rechnungslegung über die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit den Verletzungshandlungen, einschließlich einer detaillierten Gewinnrechnung, Vernichtung der im Eigentum oder im Besitz des Verletzers befindlichen geschützten Erzeugnisse, Rückruf geschützter Erzeugnisse oder deren endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen, öffentliche Bekanntmachung des Urteils. Prinzipiell wird im deutschen Patentrecht zwischen einer unmittelbaren und einer mittelbaren Patentverletzung unterschieden. i) Unmittelbare Patentverletzung Aufgrund von 9, Satz 1 PatG hat der Patentinhaber das Recht, die patentierte Erfindung zu benutzen. Gemäß 9 PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne seine Zustimmung 1. ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; 2. ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; 3. das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen. Aufgrund von Absatz 1 hat der Patentinhaber ein positives Benutzungsrecht auf ein Erzeugnis, so dass nur der Patentinhaber (bzw. auch der Lizenznehmer) dazu berechtigt ist, das Erzeugnis im Inland entsprechend zu benutzen. Hingegen gibt es bei Absatz 2 dahingehend eine Einschränkung, dass nur der Patentinhaber Rechte aufgrund seines Herstellungsverfahrens geltend machen kann. Wenn es beispielsweise ein anderes Herstellungsverfahren für dieses Erzeugnis gibt, dann leiten sich für den Patentinhaber keine Rechte ab, diese alternativen Verfahren zu verbieten. KRAUS & WEISERT 4

Der Absatz 3 öffnet die Möglichkeit eines Importverbotes von Produkten, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurden. ii) Mittelbare Patentverletzung Wenn hingegen ein wesentlicher Teil von einem Dritten in unberechtigter Weise benutzt wird, kommt eine sogenannte mittelbare Patentverletzung in Betracht. Mittels der mittelbaren Patentverletzung soll es dem Patentinhaber möglich sein, seine Rechte bereits im Vorfeld einer drohenden unmittelbaren Patentverletzung durchzusetzen. So kann er beispielsweise gegen einen Lieferanten vorgehen und muss somit nicht an die nachgeschalteten Empfänger herantreten. Klassische Beispiele sind: Angebot und Lieferung einer Vorrichtung, mit der ein patentgeschütztes Verfahren ausgeübt werden kann; 5 Angebot und Lieferung eines Vorrichtungsteils, welches mit weiteren Vorrichtungsteilen zu der patentgeschützten Gesamtkombination zusammengefügt werden kann; 5 Angebot und Lieferung einer Maschine, mit der ein patentgeschützter Gegenstand hergestellt werden kann. 5 Bei den ersten beiden Varianten kann es sogar im Einzelfall zu einer unmittelbaren Patentverletzung kommen. 5 Hier kommt es gerade für die erforderliche CAD-Datei bei einer mittelbaren Patentverletzung zu verschiedenen Fallkonstellationen. Bei einer mittelbaren Patentverletzung ist das Herstellen und der Besitz des wesentlichen Mittels erlaubt. 6 Untersagt sind jedem Dritten das Anbieten und das Liefern bestimmter Mittel. Somit kann beispielsweise ein Hochladen einer CAD-Datei (Anbieten) oder das Weiterleiten an Einzelne (Liefern) eine mittelbare Patentverletzung darstellen, wenn die Datei als wesentliches Mittel angesehen wird. 7 Bis jetzt war die Frage, ob elektronische Daten als wesentliches Mittel betrachtet werden können, umstritten. Es zeigt sich jedoch eine gewisse Tendenz in der Rechtsprechung, dass Software als solche als Mittel angesehen wird. So hat das OLG München für eine CAD-Datei Eigenschaften eines Mittels zur Steuerung eines Fräsverfahrens angenommen. 8 Es bleibt abzuwarten, ob eine CAD-Software sich dann auch auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, wenn ausschließlich ein Erzeugnis geschützt wird und es somit nicht unbedingt Eingang in den Patentanspruch finden kann. Bereits jetzt wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass so eine Ansicht vertretbar sei. 9 KRAUS & WEISERT 5

Praxistipp: Hier wäre es ratsam, ein Patent so zu gestalten, dass die Ansprüche in Bezug auf eine CAD-Datei nehmen bzw. entsprechende Verfahrensschritte umfassen. Dies würde es ermöglichen, potentielle Verletzer leichter festzumachen. Ebenfalls sollte ein Unternehmen darauf achten, wie es mit CAD-Dateien umgeht. Die Einrichtung von Digital-Rights-Management-Systemen (DRM) könnte eine Möglichkeit darstellen. 1 BGH X ZR 30/14 Glasfasern II 2 BGH X ZR 30/40 (Tz. 113) Glasfasern II 3 BGH X ZR 30/14 (Tz. 119 und 120) Glasfasern II 4 BGH X ZR 30/14 (Tz. 118) Glasfasern II 5 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Auflage, Kapitel A, Rn. 302-306 6 BGH GRUR 2006, 750 [BGH 22.11.2005 X ZR 79/04] Extracoronales Getriebe 7 siehe hierzu: Blanke-Roeser, GRUR 2017, 467 (479) 8 siehe hierzu: Graf Ballestrem, Mitt. 2016/358 mit Verweis auf OLG München Urt. vom 19.05.2011, 6 U 2347/05 9 Graf Ballestrem, Mitt. 2016/358 Kraus & Weisert Thomas-Wimmer-Ring 15 80539 München Germany Tel.: +49-89-2 90 60-0 Fax: +49-89-2 90 60-111 office@kraus-weisert.de KRAUS & WEISERT 6