SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/ Wahlperiode des Abgeordneten Thorsten Fürter (Bündnis 90/Die Grünen)

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SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/ 2085 17. Wahlperiode 2011-12-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Thorsten Fürter (Bündnis 90/Die Grünen) und Antwort der Landesregierung Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration Suizide und Todesfälle in den Justizvollzugsanstalten 1. Wie groß ist die Zahl der Inhaftierten, die seit dem Jahr 2008 bis heute in den Justizvollzugsanstalten des Landes einen Suizid bzw. Suizidversuch unternahmen (bitte aufgliedern nach den einzelnen Justizvollzuganstalten, Geschlecht, Alter und genauem Datum und Tötungsart)? Antwort zu Frage 1: Seit dem Jahr 2008 bis heute haben sich vier Gefangene in den Justizvollzugsanstalten des Landes Schleswig-Holstein suizidiert. JVA Geschlecht Alter Todestag Tötungsart Kiel männlich 43 25.05.2008 Erhängen Neumünster männlich 29 21.12.2008 Erhängen Neumünster männlich 66 05.10.2009 Erhängen Neumünster männlich 36 21.10.2011 Brand im Haftraum (Ermittlungen dauern an)

Drucksache 17/ 2085 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Seit dem Jahr 2008 bis heute haben 15 Gefangene in den Justizvollzugsanstalten des Landes Schleswig-Holstein einen Suizidversuch unternommen und konnten gerettet werden. JVA Geschlecht Alter Datum Methode Flensburg männlich 28 06.03.2008 Schnittverletzungen männlich 46 16.09.2010 Brand im Haftraum männlich 41 24.08.2011 Schnittverletzungen Lübeck männlich 47 29.09.2008 Erhängen männlich 41 24.12.2008 Schnittverletzungen männlich 29 25.09.2009 Schnittverletzungen männlich 32 11.07.2011 Schnittverletzungen Neumünster männlich 45 29.11.2008 Schnittverletzungen männlich 30 22.06.2009 Erhängen männlich 23 29.07.2009 Schnittverletzungen männlich 38 17.08.2009 Schnittverletzungen männlich 38 27.08.2009 Schnittverletzungen männlich 29 02.10.2009 Schnittverletzungen männlich 23 19.12.2009 Schnittverletzungen männlich 49 22.03.2011 Verschlucken von Gegenständen 2

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/ 2085 2. Zu wie vielen Todesfällen ist es seit dem Jahr 2008 bis heute in den Justizvollzugsanstalten des Landes insgesamt gekommen (bitte aufgliedern nach den einzelnen Justizvollzuganstalten, Geschlecht, Alter und genauem Datum)? Antwort zu Frage 2: Seit dem Jahr 2008 bis heute sind 11 Gefangene in den Justizvollzugsanstalten des Landes Schleswig-Holstein verstorben. JVA Geschlecht Alter Datum Itzehoe männlich 26 19.01.2011 Kiel männlich 43 25.05.2008 Lübeck männlich 43 23.07.2008 männlich 69 05.03.2009 männlich 51 27.04.2011 Neumünster männlich 29 21.12.2008 männlich 27 18.03.2009 männlich 66 05.10.2009 männlich 41 28.01.2010 männlich 35 05.12.2010 männlich 36 21.10.2011 3

Drucksache 17/ 2085 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 3. Welches waren jeweils die Todesursachen (etwa: Suizid, natürlicher Tod, Tod aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln, Einwirkung Dritter, Arbeitsunfall)? Antwort zu Frage 3: Von den 11 Gefangenen, die von 2008 bis heute in den Justizvollzugsanstalten des Landes Schleswig-Holstein verstorben sind, haben sich drei Gefangene durch Erhängen und ein Gefangener vermutlich durch einen selbst gelegten Brand suizidiert. Des Weiteren sind fünf Gefangene eines natürlichen Todes, ein Gefangener an einer Überdosis Methadon und ein weiterer Gefangener vermutlich an einer Intoxikation gestorben. JVA Geschlecht Alter Datum Todesart Itzehoe männlich 26 19.01.2011 Überdosis Methadon Kiel männlich 43 25.05.2008 Erhängen Lübeck männlich 43 23.07.2008 Natürlicher Tod männlich 69 05.03.2009 Natürlicher Tod männlich 51 27.04.2011 Natürlicher Tod Neumünster männlich 29 21.12.2008 Erhängen männlich 27 18.03.2009 Natürlicher Tod männlich 66 05.10.2009 Erhängen männlich 41 28.01.2010 Natürlicher Tod männlich 35 05.12.2010 Vermutlich Intoxikation (Ermittlungen dauern an) männlich 36 21.10.2011 Brand im Haftraum (Ermittlungen dauern an) 4

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/ 2085 4. In wie vielen Fällen ist es im Zusammenhang mit Todesfällen seit dem Jahr 2008 zu Ermittlungsverfahren gegen Landesbedienstete gekommen? Antwort zu Frage 4: Aufgrund eines Todesfalles sind Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung oder der unterlassenen Hilfeleistung gegen insgesamt 6 Bedienstete eingeleitet worden. Nach Abschluss der Ermittlungen sind diese Verfahren nach 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Weitere Ermittlungsverfahren sind nicht eingeleitet worden. 5. Welche konkreten Maßnahmen werden zur Verhinderung von Suiziden in den Vollzugsanstalten des Landes generell und insbesondere bei der Aufnahme von Häftlingen ergriffen? Antwort zu Frage 5: Die konkreten Maßnahmen, welche zur Verhinderung von Suiziden in den Justizvollzugsanstalten des Landes Schleswig-Holstein getroffen werden, unterscheiden sich nicht danach, ob sich die Suizidgefahr während des Aufnahmeverfahrens oder im Laufe der Vollstreckung ergibt. Generell während der gesamten Haftzeit und insbesondere im Rahmen der Aufnahme der Gefangenen wird eingeschätzt, ob Suizidgefahr besteht. Bezüglich der Kriterien wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Die Art der Unterbringung und die Intensität der Sicherungsmaßnahmen sind abhängig von dem Grad der Gefährdung. Entsprechend des Gefährdungsgrades können gemäß 88 StVollzG folgende konkrete Maßnahmen angeordnet werden: 1. Unterbringung in einem normalen Haftraum, einem Beobachtungshaftraum oder einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und unverzügliche Vorstellung bei einer Ärztin oder einem Arzt. 2. Beobachtung bei Tag und Nacht, je nach Lage mit abgeschirmter Dauerbeleuchtung, in Zeitabständen von 15, 30 oder 60 Minuten. 3. Entzug oder Vorenthaltung von Gegenständen oder Bekleidungsstücken, die als Hilfsmittel für einen Suizidversuch geeignet sind, wie beispielsweise Gürtel, Schnürsenkel, stabiles Besteck, Feuerzeug, Rasierklingen. 5

Drucksache 17/ 2085 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 4. Fixierung des Gefangenen auf dem sogenannten Fesselbett bei gleichzeitiger ständiger und unmittelbarer Überwachung durch einen Bediensteten (Sitzwache). 5. Gespräche mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern. 6. Gespräche mit der Vollzugsabteilungsleitung und den Vollzugsbediensteten. 7. Gespräche mit Psychologinnen und Psychologen. 8. Bei Bedarf Rauchen unter Aufsicht, Telefonate mit Angehörigen und Sonderbesuch unter Aufsicht. 6. Existieren besondere Beobachtungsstationen oder -zellen? Wenn ja: In welchen Anstalten und in welcher Anzahl? Was unterscheidet diese von gewöhnlichen Zellen? Antwort zu Frage 6: Im Justizvollzug in Schleswig-Holstein gibt es keine besonderen Beobachtungsstationen. Mit Ausnahme der Jugendarrestanstalt verfügt jede Vollzugsanstalt über die notwendige Anzahl von Hafträumen, in welche suizidale Gefangene so sicher wie möglich untergebracht werden. Bei suizidgefährdeten Arrestanten der Jugendarrestanstalt ordnet die Vollstreckungsleiterin in der Regel nach Rücksprache mit dem Anstaltsarzt die Unterbrechung der Arrestvollstreckung an, so dass dort ein besonders ausgestatteter Haftraum entbehrlich ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des 88 StVollzG dürfen gegen Gefangene besondere Sicherungsmaßnahmen wie die Beobachtung, der Entzug von Gegenständen oder die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände angeordnet werden. Dabei ist die Beobachtung möglichst schonend durchzuführen, um die Gefangenen nicht zusätzlich zu belasten und den beabsichtigten Erfolg der Sicherungsmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Unterbringung ist abhängig von dem Grad der Gefährdung. Latent suizidgefährdete Gefangene können in einen normalen Haftraum verlegt werden unter Herausnahme von gefährdenden Gegenständen, sofern dieser Haftraum mit einer Beobachtungsklappe (Kostklappe) und zu dimmender Beleuchtung ausgestattet ist, oder sie werden in einen Beobachtungshaftraum verlegt. Mittelschwer gefährdete Gefangene werden in einem Beobachtungshaftraum untergebracht und hochgradig suizidgefährdete in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände. Insgesamt gibt es 24 Beobachtunghafträume, davon 1 in der JVA Flensburg, 1 in der JVA Itzehoe, 2 in der JVA Kiel, 1 in der AHE Rendsburg, 4 in der JVA Neumünster, 2 im Frauenvollzug der JVA Lübeck, 11 im Männervollzug der JVA 6

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/ 2085 Lübeck und 2 in der Jugendanstalt Schleswig. Des Weiteren gibt es 11 besonders gesicherte Hafträume ohne gefährdende Gegenstände, davon 1 in der JVA Flensburg, 1 in der JVA Kiel, 1 in der AHE Rendsburg, 3 in der JVA Neumünster, 1 im Frauenvollzug der JVA Lübeck, 3 im Männervollzug der JVA Lübeck und 1 in der Jugendanstalt Schleswig. Hafträume, die für eine Unterbringung von latent bis hochgradig suizidalen Gefangenen geeignet sind, unterscheiden sich von normalen Hafträumen im Wesentlichen durch die Lage und Ausstattung. Während normale Hafträume innerhalb einer Abteilung angeordnet sind, befinden sich die besonders gesicherten Hafträume außerhalb der Abteilung, aber gut erreichbar durch Bedienstete. Normale Hafträume sind mit frei beweglichem Mobiliar ausgestattet wie Bett, Tisch, Stuhl, Schrank und Regal für die persönliche Habe (Bücher, CDs, Elektrogeräte wie Kaffeemaschine und Fernseher, Putzmittel, Hygieneartikel, Wäsche, Kleidung) sowie mit festem Mobiliar (Handwaschbecken, Toilette aus Keramik, Rufanlage). Dagegen sind Beobachtungshafträume in der Ausstattung reduziert. Das Mobiliar ist, soweit vorhanden, fest installiert, das Bett ist gemauert und mit einer Auflage belegt. Waschbecken und Toilette sind aus Nirostastahl gefertigt. Die Fenster mit durchschlagsicherem Glas sind mangels Griffes nur durch die Bediensteten zu öffnen. Mithilfe von Sichtfenstern oder Kostklappen ist es möglich, in den Haftraum hineinzuschauen. Die Beleuchtung ist zu dimmen, damit eine Beobachtung auch nachts möglich ist, der Gefangene aber so wenig wie möglich belastet wird. In dem Haftraum befindet sich entweder ein verkleideter Heizkörper oder eine Fußbodenheizung. Steckdosen, scharfe Kanten und Rohre sind nicht vorhanden. Wie in einem normalen Haftraum ist eine Rufanlage installiert. Die Ausstattung von besonders gesicherten Hafträumen ist im Vergleich zu den Beobachtungshafträumen noch weiter reduziert. Es gibt zu jedem besonders gesicherten Haftraum einen Vorraum und zwei Eingangstüren. Der Haftraum ist entweder lediglich mit einer Matratze oder einem Fesselbett und einer sogenannten französischen Toilette ausgestattet. In den Wänden oder Türen befinden sich Sichtfenster. Der Haftraum wird über den Fußboden beheizt. Es gibt eine separate Be- und Entlüftung. Einige der Hafträume sind kameraüberwacht. Eine Rufanlage ist vorhanden. 7

Drucksache 17/ 2085 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 7. Anhand welcher konkreten Kriterien wird die Suzidgefährdung von Häftlingen aller Haftarten beurteilt (generell und insbesondere im Rahmen des Aufnahmeverfahrens)? Welche Kriterien müssen Häftlinge erfüllen, um in Beobachtungsstationen bzw. -zellen aufgenommen zu werden? Antwort zu Frage 7: Die Suizidprophylaxe hat einen hohen Stellenwert im Justizvollzug. Aus diesem Grund werden die Kriterien, die für die Bewertung einer Suizidgefahr von Bedeutung sind, im Rahmen der Ausbildung und auch während der Praxis regelmäßig erörtert. Bei der Einschätzung über eine Suizidgefahr handelt es sich um eine Prognose, die in der Regel auf den Beobachtungen mehrerer Personen basiert und sich auf eine Vielzahl von konkreten Kriterien stützt. Im Einzelnen: 1. Aussagen des Gefangenen Die Gefangenen werden unmittelbar nach der Aufnahme in einer Justizvollzugsanstalt dazu befragt, wie es ihnen geht, ob Angehörige zu benachrichtigen oder zu versorgen sind, ob unverzüglich seitens der Justiz bestimmte Maßnahmen einzuleiten sind, um dem Gefangenen wenigstens die größte Sorge um die Familie zu nehmen und ihn möglichst nicht über die allgemeine Belastung durch die Inhaftierung hinaus zu beunruhigen. Es werden auch Fragen nach Erkrankungen und Suizidgedanken gestellt. 2. Verhaltensbeobachtungen Die Bediensteten aller Laufbahnen haben die Aufgabe, das Verhalten von Gefangenen zu beobachten und Schlüsse daraus zu ziehen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Zeit der Aufnahme, aber auch der Urteilsverkündung, der Begutachtung, der ersten Lockerungen und der Entlassung gerichtet. Verhaltensweisen wie Weinerlichkeit, Abbruch aller Sozialkontakte, Kostverweigerung, Nicht-Teilnahme am Aufschluss oder an der Freistunde, kein Kontakt zu Mitgefangenen, Interesselosigkeit an der weiteren Vollzugsplanung, fehlende Arbeitsmotivation, allgemeiner Rückzug und In-sich-gekehrt- Sein finden besondere Beachtung. 3. Aussagen von Seelsorgern, Anstaltsärzten und Therapeuten Die Einschätzungen von Seelsorgern, Ärzten und Therapeuten, die im Einklang mit der Schweigepflicht an die Vollzugabteilungsleitungen weitergegeben werden dürfen, haben einen besonderen Stellenwert. 4. Auswertung der Unterlagen Direkt nach der Aufnahme werden der Haftbefehl oder das Aufnahmeersuchen auf Hinweise, die auf eine Suizidgefahr hindeuten können, sorgfältig durchgelesen. Auch in der Folge wird dem Aspekt Suizidgefahr besondere 8

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/ 2085 Bedeutung zugemessen. Bei der Durcharbeitung der Urteile, Gutachten, Stellungnahmen der Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Gerichtshilfe, der Schreiben von Rechtsanwälten, der Gefangenenpersonalakten und ggf. der Vorakten wird geprüft, ob Suizidversuche in der Vergangenheit durchgeführt worden sind, ob die Familie mit Suiziden oder Suizidversuchen belastet ist und ob psychische Erkrankungen bekannt sind. 5. Aussagen von externen Personen Anhaltspunkte für eine Suizidgefahr ergeben sich auch aus den Äußerungen der Polizeibediensteten, die einen Gefangenen vorführen, durch Aussagen von Richterinnen und Richtern, den Verteidigerinnen und Verteidigern, Betreuungspersonen, Angehörigen und allen Personen, die fundierte Aussagen zu dem Gefangenen machen können. Es kommt immer wieder vor, dass Angehörige oder sonstige Personen im Anschluss an einen Besuch die Anstalt über Äußerungen informieren, die auf Suizidgedanken hinweisen. 6. Aufnahmeverfahren, Behandlungsuntersuchung und psychologische Eingangsdiagnostik Im Rahmen dieser Verfahren nach 5 7 StVollzG werden die Gefangenen explizit nach einer aktuellen Suizidgefahr befragt, nach vorherigen Suizidversuchen und nach den Zukunftsperspektiven insbesondere im Hinblick auf Familie, Arbeit, Ausbildung, Freizeit, Therapie und Gesundheit. Die Bediensteten aller Laufbahnen sind verpflichtet, das Verhalten zu beobachten und zu bewerten. 7. Soziales Umfeld des Gefangenen Bedeutsam für eine Einschätzung sind schwerwiegende Ereignisse im sozialen Umfeld des Gefangenen wie Todesfälle naher Angehöriger, Scheidungen und schwere Erkrankungen. 8. Verhandlungsstand Besondere Aufmerksamkeit wird auch dem Prozessverlauf gegeben. Es kann von Bedeutung sein, wenn nahe stehende Personen als Zeugen aussagen mussten, Gutachten vorgestellt wurden und vor allem die Urteilsverkündung erfolgt. Grundsätzlich können neben denjenigen Gefangenen, bei denen eine Suizidgefahr gesehen wird, auch andere Gefangenen in einem Beobachtungsraum untergebracht werden. Dabei handelt es sich um Gefangene, bei denen aufgrund von Entzugserscheinungen auch ohne Suizidalität eine Selbstgefährdung vorliegen kann, um Gefangene mit starken Verhaltensauffälligkeiten auf der Abteilung (z.b.: Sinneswahrnehmungen ohne physikalische Reizgrundlage bei Auftreten eines schizophrenen Schubs) und um Gefangene, bei denen die Gefahr der Gewalttätigkeit gegen Personen oder Sachen oder eine erhöhte Fluchtgefahr besteht. 9