2. Wie viel Platz bieten die JVA für Häftlinge (bitte untergliedern nach JVA)?

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Transkript:

Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 4633 14. 08. 2018 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner fraktionslos und Antwort des Ministeriums der Justiz und für Europa Auskunft über die Justizvollzugsanstalten (JVA) in Baden-Württemberg Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele JVA gibt es in Baden-Württemberg (bitte aufzählen)? 2. Wie viel Platz bieten die JVA für Häftlinge (bitte untergliedern nach JVA)? 3. Wie ist die Auslastung der JVA (bitte untergliedern nach JVA, Häftlingszahlen und Untersuchungshäftlingen)? 4. Wie hoch ist die Zahl der Häftlinge in den JVA (bitte unterteilt nach JVA und Untersuchungshäftlingen sowie Häftlingen, die eine Haftstrafe von unter und über drei Jahren haben)? 5. Wie sanierungsbedürftig sind die JVA in Baden-Württemberg? 6. Welche Maßnahmen würden zu mehr Effizienz in der Resozialisierung führen? 7. Was gedenkt sie zu tun, um die Sprachbarrieren aufzuheben? 8. Wie stellt sie sicher, dass bei Untersuchungshäftlingen der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch unter Haftbedingungen weitestgehend gewahrt bleibt? 14. 08. 2018 Dr. Fiechtner fraktionslos Eingegangen: 14. 08. 2018 / Ausgegeben: 26. 09. 2018 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

Begründung Viele deutsche Haftanstalten sind voll. Teils wird geprüft, ob ausländische Bürger ihre Strafe im Ausland verbüßen können. Eine moderne Resozialisierung und Hafterlassung sollen die Gefängnisse entlasten. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die Situation in den JVA in Baden-Württemberg beleuchtet werden. Antwort Mit Schreiben vom 4. September 2018 Nr. 4400/0725 beantwortet das Ministe - rium der Justiz und für Europa im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele JVA gibt es in Baden-Württemberg (bitte aufzählen)? Das Land verfügt derzeit über 17 Justizvollzugsanstalten mit 18 Außenstellen. Hinzukommen das Justizvollzugskrankenhaus, die Sozialtherapeutische Anstalt sowie zwei Jugendarrestanstalten. Die einzelnen Anstalten und ihre jeweiligen Außenstellen ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: 2

Legende: 2. Wie viel Platz bieten die JVA für Häftlinge (bitte untergliedern nach JVA)? Die festgesetzte Belegungsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten des Landes betrug zum Stichtag 31. Juli 2018 insgesamt 7.580 Haftplätze. Von diesen Haftplätzen waren im Juli 2018 aufgrund kurzfristiger, kleinerer Sanierungsmaßnahmen 75 Haft - plätze nicht belegbar. Die Verteilung dieser Haftplätze auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle (die Hauptanstalten sind jeweils in Fettdruck hervorgehoben): = offener Vollzug = geschlossener Vollzug 3

3. Wie ist die Auslastung der JVA (bitte untergliedern nach JVA, Häftlingszahlen und Untersuchungshäftlingen)? Die Belegung der Justizvollzugsanstalten des Landes zum Stichtag 31. Juli 2018 mit Gefangenen insgesamt sowie mit Untersuchungsgefangenen ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle (die Hauptanstalten sind jeweils in Fettdruck angegeben): 4

Legende: = offener Vollzug = geschlossener Vollzug 5

Aufgrund der Sommerferien waren die Jugendarrestanstalten Göppingen und Rastatt am 31. Juli 2018 geschlossen. 4. Wie hoch ist die Zahl der Häftlinge in den JVA (bitte unterteilt nach JVA und Untersuchungshäftlingen sowie Häftlingen, die eine Haftstrafe von unter und über drei Jahren haben)? Die Zahl der Gefangenen und Untersuchungsgefangenen in den Justizvollzugseinrichtungen des Landes zum Stichtag 31. Juli 2018 ergibt sich aus der vorstehenden Antwort auf die Frage 3. Eine fortlaufende statistische Erfassung, welches Strafmaß die in den Justizvollzugsanstalten des Landes untergebrachten Strafgefangenen insgesamt zu verbüßen haben, erfolgt nicht. Einmal jährlich zum Stichtag 31. März wird jeweils die Gesamtzahl der im Land inhaftierten Strafgefangenen mit einer voraussichtlichen restlichen Vollzugsdauer von bis zu zwei Jahren und von über zwei Jahren ermittelt. Zum Stichtag 31. März 2017 befanden sich 3.457 Strafgefangene mit einer restlichen Vollzugsdauer von bis zu zwei Jahren und 1.918 Strafgefangene mit einer restlichen Vollzugsdauer von über zwei Jahren in den Justizvollzugsanstalten des Landes. Für den Stichtag 6

31. März 2018 werden diese Daten derzeit noch ausgewertet. Über die Anzahl der Gefangenen mit einer restlichen Vollzugsdauer von unter bzw. über drei Jahren findet keine statistische Erhebung statt. 5. Wie sanierungsbedürftig sind die JVA in Baden-Württemberg? Der Gebäudebestand der Justizvollzugsanstalten Baden-Württembergs reicht von Gebäuden aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, beispielsweise in den Justizvollzugsanstalten Rottenburg und Bruchsal, bis hin zu Neubauten wie den 2017 fertiggestellten Unterkunftsgebäuden in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart. Dementsprechend heterogen stellen sich die Gebäudesubstanz und der technische Zustand der Gebäude dar. Grundsätzlich wird durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg laufend der notwendige Bauunterhalt erledigt. Zudem werden derzeit große Sanierungsmaßnahmen in verschiedenen Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Mittelfristig steht eine Reihe von weiteren Sanierungsmaßnahmen an, die nach Dringlichkeit priorisiert werden und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten abzuarbeiten sind. Der Sanierungsbedarf betrifft vor allem die sog. Alt-Anstalten. 6. Welche Maßnahmen würden zu mehr Effizienz in der Resozialisierung führen? Gemäß 1 Buch 3 des Gesetzbuchs über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (JVollzGB III) sollen die Gefangenen im Vollzug der Freiheitsstrafe fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Diese Zielvorgabe stellt einen verbindlichen Maßstab für die Vollzugsorganisa - tion und deren Personalstruktur dar; an ihr hat sich die Gestaltung der Behandlungsprozesse zu orientieren. Der Gedanke der (Re-)Sozialisierung gründet auf der Vorstellung, dass die Kriminalität, die zu Freiheitsstrafen führt, auf einem Mangel an Sozialisation beruht, welcher im Strafvollzug behoben werden soll. Zahlreiche Gefangene haben in ihrem bisherigen Leben einen Sozialisationsprozess nicht oder nur unvollständig durchlaufen, weshalb häufig Ziel des Strafvollzuges das Bemühen um ein Nachholen der Sozialisation, eine Ersatz-Sozialisa - tion, ist. Dies berücksichtigend, müssen die sozialen und sonstigen Fertigkeiten, die einem Leben ohne Straftaten in Freiheit dienlich sein können, im Vollzug eingeübt oder wiedererlangt werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei Aus- und Weiterbildungs- sowie Therapie- und Beschäftigungsangebote im Vollzug, deren Erfolg von der Mitwirkung der Gefangenen abhängt. Der Resozialisierung dienen auch die sog. Vollzugslockerungen und Verlegungen in den offenen Vollzug. Sie geben den später zu Entlassenden schon während der Haftzeit die Gelegenheit, am Leben außerhalb der Justizvollzugsanstalt teilzunehmen. Eine besonders effiziente Möglichkeit hierzu ist die Aufnahme einer Arbeit oder die Teilnahme an einer Ausbildungsmaßnahme außerhalb der Justizvollzugsanstalt. Es sollte auch grund - sätzlich darauf geachtet werden, dass der Kontakt der Gefangenen zu ihren Angehörigen insbesondere ihren minderjährigen Kindern aufrecht erhalten bleibt. Schließlich muss in jeder Justizvollzugsanstalt ein Übergangsmanagement vorhanden sein, das in Kooperation mit staatlichen Stellen (etwa Agentur für Arbeit, Jobcenter, Bewährungshilfe) sowie mit freien Trägern (etwa freie Straffälligen - hilfe, Drogenhilfe) die Gefangenen auf die Entlassung vorbereitet und sie an - schließend in Freiheit begleitet. In den letzten Jahren sind in Baden-Württemberg erfolgreiche Strukturen gewachsen, die eine intensive und funktionierende Kooperation und Vernetzung zwischen dem Justizvollzug, der Bewährungshilfe und der freien Straffälligenhilfe ermöglichen. Auch wurden wegweisende landesweite Resozialisierungsprojekte (etwa das Nachsorgeprojekt Chance und die Schuldnerberatung in Haft) auf den Weg gebracht. Um die Zusammenarbeit mit weiteren am Wiedereingliederungsprozess beteiligten Behörden zu verbessern, wurde am 12. Dezember 2016 die Kooperationsvereinbarung über die Integration von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in Baden-Württemberg mit dem Sozial- und dem Wirtschaftsministerium, der Re- 7

gionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, dem Städtetag, dem Landkreistag, dem Kommunalverband für Jugend und Soziales, den drei im Netzwerk Straffälligenhilfe zusammengeschlossenen Straffälligenverbänden und der Liga der freien Wohlfahrtspflege abgeschlossen. Ziel dieser Vereinbarung ist es, dass möglichst vielen Entlassenen der Übergang in eine neue Existenz gelingt und dadurch das Risiko erneuter Straffälligkeit sinkt. Insbesondere sollen zum Zeitpunkt der Entlassung die anschließende Unterkunft gesichert, eine Anlaufstelle zur beruflichen Integration bestimmt und die Frage etwaiger Ansprüche auf Sozialleistungen geklärt sein. Hierzu haben die Kooperationspartner in jeder Einrichtung insbesondere feste Ansprechpartner für die Resozialisierungsaufgabe benannt. 7. Was gedenkt sie zu tun, um die Sprachbarrieren aufzuheben? Das Ministerium der Justiz und für Europa und die Justizvollzugsanstalten haben insbesondere folgende Maßnahmen ergriffen, um Verständigungsprobleme mit fremdsprachigen Gefangenen zu überwinden: Das Aus- und Fortbildungsangebot für Vollzugsbedienstete, die täglich mit den Gefangenen bzw. auch deren Angehörigen in Kontakt und Kommunikation stehen, wurde um ein Sprachtraining für Englisch und Französisch erweitert. Auch werden den Gefangenen in vielen Justizvollzugsanstalten Deutsch- und Integra - tionssprachkurse angeboten, um ihnen zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu vermitteln. Zur Unterstützung der Kommunikation mit fremdsprachigen Gefangenen hat die Justizvollzugsanstalt Karlsruhe ein OhneWörterBuch konzipiert, das auf Piktogrammen, Bildern und Bildabfolgen beruht. Es soll als Verständigungshilfe bei Problemen im Vollzugsalltag dienen und wurde allen Justizvollzugsanstalten zur Verfügung gestellt. Ein im Handel angebotenes Übersetzungsgerät wurde in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg getestet. Die Übersetzungsqualität ist jedoch für vollzugliche Zwecke ungenügend. Im Vollzugsalltag haben sich auch Dolmetscherleistungen durch sprachkundige Mitgefangene durchaus als hilfreich erwiesen. Sobald eine korrekte, rechtssichere Übersetzung für vollzugliche Entscheidungen unverzichtbar oder eine Preisgabe personenbezogener Daten damit verbunden ist, sind Dolmetscherleistungen durch Mitgefangene jedoch ausgeschlossen. Die Justizvollzugsanstalten nehmen daher z. B. im Rahmen der Vollzugsplanung sowie der Überwachung von Besuchen und des Schriftwechsels der Gefangenen seit jeher auch Dolmetscher- und Übersetzer-Dienste in Anspruch. Konventionelle Dolmetscherdienste sind in der Regel jedoch nicht innerhalb kürzester Frist, sondern erst mit längerer Vorlaufzeit verfügbar. Deshalb können mit ihnen die Verständigungsprobleme gerade in den besonders kritischen Bereichen der medizinischen Versorgung und der Einschätzung psychischer und vollzuglicher Risikofaktoren nicht verlässlich gelöst werden, da es sich in den genannten Fällen in der Regel um Eilfälle handelt. Der Begriff Eilfall bedeutet, dass die Verständigungsprobleme sehr kurzfristig auftreten und auch innerhalb kürzester Frist gelöst werden müssen. Zur Schließung dieser Versorgungslücke bei Eilfällen hat das Ministerium der Justiz und für Europa im Frühjahr 2017 kurz - fristig die organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen geschaffen, um den Zugang zu einem damals neu auf den deutschen Markt gekommenen Videodolmetscherdienst in der Vollzugspraxis zu erproben. Dieser Videodolmetscherdienst stellt den Justizvollzugsanstalten mit sehr kurzer Vorlaufzeit in der Regel innerhalb weniger Minuten nach der Beauftragung einen Dolmetscher per Videokonferenz zur Verfügung. Nach der erfolgreichen Erprobungsphase ist seit März 2018 für alle Justizvollzugsanstalten der Zugang zum Videodolmetscherdienst möglich. Diese Möglichkeit wird von den Justizvollzugsanstalten intensiv genutzt. Die positiven Erfahrungen aus der Testphase haben sich auch im flächendeckenden Betrieb bestätigt. Aus den vorliegenden Rückmeldung der Justizvollzugsanstalten lässt sich das Fazit ziehen, dass es dem Ministerium der Justiz und für Europa durch die Einführung des Videodolmetschens gelungen ist, die Versorgungslücke, die einst bei nicht planbarem, kurzfristigem Bedarf an Dolmetscherleistungen bestand, zu schließen. 8

8. Wie stellt sie sicher, dass bei Untersuchungshäftlingen der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch unter Haftbedingungen weitestgehend gewahrt bleibt? Da Untersuchungsgefangene noch nicht rechtskräftig zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe verurteilt sind, sondern die Freiheitsentziehung als Sonderopfer dulden müssen, dürfen sie allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden. Der Unschuldsvermutung trägt das in Buch 1 des Gesetzbuchs über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (JVollzGB I) normierte Trennungsgebot Rechnung. Danach wird die Untersuchungshaft gemäß 3 Abs. 2 JVollzGB I in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen. Nach 4 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB I sollen Untersuchungsgefangene soweit möglich auch sonst von anderen Gefangenen, etwa bei der Arbeit oder während der Freizeit, getrennt gehalten werden. Hiervon darf jedoch mit ihrer Zustimmung abgewichen werden. Die Gestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft ist in Buch 2 des Gesetzbuchs über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (JVollzGB II) geregelt. 2 Abs. 1 JVollzGB II stellt ausdrücklich klar, dass Untersuchungsgefangene als unschuldig gelten und dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung die gesamte Gestaltung der Untersuchungshaft beherrscht. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen gemäß 2 Abs. 1 JVollzGB II nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Justizvollzugsanstalt unerlässlich sind. Im Gegensatz zu Strafgefangenen sind Untersuchungsgefangene gemäß 34 Abs. 1 JVollzGB II nicht zur Arbeit verpflichtet. Anders als Strafgefangene müssen Untersuchungsgefangene gem. 10 Abs. 1 JVollzGB II grundsätzlich auch keine Anstaltskleidung tragen, sondern dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen. Wolf Minister der Justiz und für Europa 9