Schulische Inklusion in Hamburg

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Transkript:

Schulische Inklusion in Hamburg Erfahrungen von Eltern von Kindern mit Trisomie 21 Zusammenfassung von Jenny Preiß Am 23.01.19 haben sich einige Eltern bei KIDS Hamburg e.v. getroffen, um sich über den Stand der schulischen Inklusion in Hamburg auszutauschen. Anlass war das von der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) neu gestartete Projekt Schwerpunktschulen stärken, mit dem sich die BSB erstmals qualitativen Herausforderungen des gemeinsamen Lernens stellen möchte. Die Hamburger Inklusionsquote ist trügerisch: die Zahl der SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen hat zugenommen, jedoch gibt es nicht mehr SchülerInnen mit Behinderung in diesen Schulen. Das kommt daher, dass zu den SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch SchülerInnen mit Förderbedarfen in den Bereichen Lernen, Sprache und emotionalsoziale Entwicklung (kurz LSE) gehören. Hier ist die Zahl der inklusiv beschulten Kinder tatsächlich gestiegen. Bei SchülerInnen mit den klassischen Behinderungen (die Förderschwerpunkte körperlich-motorische Entwicklung, geistige Entwicklung, Sehen, Hören und Autismus) ist jedoch das Gegenteil der Fall: die BSB verzeichnet hier bei einigen sogar einen Rückwärtstrend, also von der Inklusion wieder zurück in die speziellen Sonderschulen. Woran liegt das? Warum wechselten in den letzten 2 bis 3 Jahren verstärkt SchülerInnen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zurück in die Sonderschulen? Warum wählen Eltern trotz bestehender Schwerpunktschulen zur Einschulung doch wieder verstärkt die speziellen Sonderschulen an? Mit diesen Fragen trat die BSB an unseren Verein heran. Bei unserem Treffen am 23. Januar 2019 stellten wir zunächst fest, dass alle anwesenden Eltern Kinder mit Trisomie 21 in einer Hamburger Regelschule haben und somit leider gar keine Eltern teilnahmen, die ihr Kind auf einer speziellen Sonderschule angemeldet haben bzw. deren Kind gewechselt hat. Die Anwesenden vermuteten, dass sich Eltern nicht mehr rechtfertigen möchten, die Entscheidung für die Sonderschule häufig sehr schwer fiel, oftmals mit großer Enttäuschung verbunden ist und noch immer stark ambivalente Emotionen hervorruft. Alle Anwesenden haben mit ihren Kindern an ihren Schulen (Grund- und Stadtteilschulen) ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, sowohl sehr positive als auch sehr negative. Viele Eltern berichteten, dass ihre Kinder eigentlich nicht in das klassische deutsche Schulsystem passen, das darauf ausgerichtet ist, die Kinder möglichst funktionsfähig zu machen, damit sie irgendwann die wirtschaftlichen Interessen dieses Landes bedienen können. Kinder mit Down-Syndrom lassen sich nicht so gern in ein Korsett pressen oder gar konditionieren. Noch immer scheint der wichtigste Aspekt für eine gelungene Schulzeit für SchülerInnen mit Down-Syndrom darin zu liegen, die PädagogInnen zu finden, die

gut informiert sind, die offen, neugierig und empathisch sind, die Vielfalt zu schätzen wissen und die in der Lage sind, auch noch andere PädagogInnen mit ihrer Begeisterung mitzureißen. Dann kann es in einzelnen Klassen gelingen, was aber nicht automatisch bedeutet, dass es in der Parallelklasse auch gelingt. Immer wieder wird von den Eltern berichtet, dass ein Gelingen oder Misslingen des gemeinsamen Lernens von einzelnen PädagogInnen abhängt. Die Frage, ob das Kind gern zur Schule geht ist für viele wichtig, jedoch erwarten Eltern heute mehr. Sie wünschen sich, dass ihr Kind Lesen und Schreiben lernt, so wie es in vielen anderen Ländern schon lange üblich und selbstverständlich ist. Sie wünschen sich, dass die inklusive Schule ihr Kind auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet, nicht auf die Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Viele Eltern fragen sich, ob sich die Bildung und Förderung von Kindern mit Trisomie 21 in den letzten 10 Jahren in Hamburg überhaupt weiterentwickelt hat? Auch haben Eltern oft mit sehr jungen LehrerInnen zu tun, die ihrem Kind mit Down-Syndrom völlig hilflos gegenüber stehen. Hier scheint es an vielen Schulen gar keinen Wissenstransfer aus den langjährigen Erfahrungen in den I-Klassen gegeben zu haben. Im Folgenden sollen die von den Eltern als besonders wichtig für Kinder mit Trisomie 21 in der Inklusion angesehenen Punkte zusammengefasst werden: Beratung Der Erstkontakt mit dem Thema Schule ist für viele Eltern die Kita/Vorschule, der Jugendpsychiatrische Dienst, die TherapeutInnen, die wohnortnahe Schule, das ReBBZ und/oder die Wahlschule. Überall ist leider noch immer die Tendenz zur Beratung in Richtung spezielle Sonderschule: Wir glauben, ihr Kind ist dort besser aufgehoben. Es gibt jedoch auch einige Ausnahmen. Schulen sagen zu oft ganz offen, ihre Schule sei keine Schule für ein Kind mit Down- Syndrom. Oft wird gesagt, dass sie das Kind aufnehmen, aber zu wenig Personal haben und dann x und y nicht leisten können, was die Eltern stark verunsichert. Auch ist vielen Eltern nicht klar, wann Rückstellungswünsche bei Kindern mit Trisomie 21 bewilligt werden und wann nicht. Es scheint hier willkürlich entschieden zu werden. Testung vor Einschulung Tests zur Feststellung des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung sind wie viele Tests für Kinder mit Down-Syndrom völlig ungeeignet. Die Kinder werden hier als dumm dargestellt, es fehlt ein Nachteilsausgleich. Oft müssen die Kinder in unbekannten Räumen mit fremden PädagogInnen Aufgaben lösen, die sie nicht verstehen können. Die Tests sind nicht ergebnisoffen und werden mit dem Ziel durchgeführt, den zuvor vermuteten Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zu bestätigen. Eltern werden gezwungen, den Test zu machen, weil ihnen sonst

wichtige Ressourcen für die Förderung ihrer Kinder verwehrt werden. Hier werden keine Potentiale gesucht, sondern Defizite festgestellt. Viele Eltern von Kindern mit Trisomie 21 erleben diese Testung ausgesprochen negativ. Verbindlichkeit / Routine / Ganztag Diese grundlegenden Voraussetzungen für einen gelingenden Schulbesuch fehlen sehr oft. Ständig wechselnde Bezugspersonen, Stundenausfall, Aufteilung in andere Klassen und unklare Zuständigkeiten überfordern Kinder mit Down-Syndrom. Die Schulen scheinen gut aufgestellt, wenn sie weiter Integration machen und die Ressourcen in einzelnen Klassen bündeln. Insbesondere an weiterführenden Schulen fehlt aber die Verlässlichkeit. Eltern müssen viel Energie investieren, damit die Abläufe funktionieren. Ferienbetreuung, Schulbegleitung, Ausflüge, Praktika KoordinatorInnen als Ansprechpartner fehlen. Häufig müssen das Eltern selbst übernehmen und können deshalb nicht arbeiten gehen. Hier ist unglaublich viel Engagement von Eltern gefordert. Stadtteilschulen (STS) mit verschiedenen Standorten sind meist problematisch für SchülerInnen mit Down-Syndrom. Zum Beispiel findet an vielen Schulen auch das Mittagessen oder der Sportunterricht an einem anderen Standort statt. Kinder mit Trisomie 21 brauchen für diesen Wechsel meist länger. Auch die Nachmittagsbetreuung an STS ist oft nicht selbstverständlich, Eltern müssen oft die Betreuung einfordern externe Anbieter sind häufig überfordert und/oder unstrukturiert. Achtsamkeit in Pausenzeiten, beim Mittagessen, in Freistunden (z.b. in Konfliktsituationen) fehlt auch zu oft. Es ist wieder keiner zuständig. Abhängigkeit von einzelnen PädagogInnen Glück oder Pech, kein Selbstverständnis Die Vorbildrolle der Schulleitung, ALLE Kinder willkommen zu heißen und alle PädagogInnen der Schule darin zu unterstützen, fehlt oft. Gemeinsames Lernen funktioniert nur dann, wenn die Lehrer engagiert sind und eine entsprechende Haltung zeigen, meinen viele Eltern. Eltern berichten auch, dass PädagogInnen nur selten wissen, wann sie auf das Kind mit DS in der Gruppe Rücksicht nehmen sollten, wann sie es unterstützen sollten und wann die Kinder selbständig agieren müssen. (FSJ-ler können diese Grenze erst recht nicht ziehen und machen oft die Kinder unselbständig.) Viele Eltern finden es schade, dass sie fast ausschließlich Kontakt zu Sonderpädagogen haben, die scheinbar alles machen. Eltern haben leider keinen Kontakt zu den FachlehrerInnen, obwohl sie hohen Bedarf an Austausch über den Fachunterricht haben, weil Kinder oft wenig oder nichts von der Schule erzählen (können). Auch Lernentwicklungsgespräche brauchen mehr Zeit, die häufig nicht mit einkalkuliert wird.

Eltern haben auch den Eindruck, dass LehrerInnen oft nur in einzelnen Schuljahren denken und nicht in die gesamte 10-Jahre-Schulzeit, weshalb sämtliche Übergänge (von der Grund- zur weiterführenden Schule, von Klassenstufen zu Klassenstufen, von Schule zu Ausbildung) häufig problematisch erlebt werden. Auch berichten viele Eltern, dass LehrerInnen ihnen nicht zuhören. Eltern berichten auch, dass bei vielen PädagogInnen das Verständnis für die besondere Belastungssituation in den Familien fehlt. Zudem meinen die Eltern, dass LehrerInnen zu wenig methodisch-didaktische Ideen haben, um Lernstoff auch mal anders aufzubereiten, es fehlt ihnen die Vorstellung, dass es gehen kann. Viele Eltern meinen auch, dass LehrerInnen nicht auf dem aktuellen Stand der Fördermöglichkeiten sind, dass viele gute existierende Unterrichtsmaterialien oft nicht bekannt sind. Eltern müssen nachmittags nacharbeiten und die im Unterricht fehlende Förderung ihrer Kinder zuhause nachholen. Schließlich erleben viele Eltern, dass ihre Kinder mit Trisomie 21 von den FachlehrerInnen sofort zum Sonderpädagogen rausgeschickt werden, wenn sie stören, bevor die LehrerInnen überhaupt versuchen damit in der Klasse umzugehen. FSJ-ler ungeeignet Wichtige Kontinuität und Verlässlichkeit fehlt bei den häufig sehr jungen und jährlich wechselnden FSJ-lern. Pädagogisch nicht qualifizierte Kräfte sind als SchulbegleiterInnen für Kinder mit Down-Syndrom auch aufgrund ihres häufig sozial-emotional herausfordernden Verhaltens nicht geeignet. Häufig sind sie keine unsichtbaren Begleiter/Helfer, sondern machen die Arbeit/Aufgaben der Kinder einfach selbst. Sie können meist nicht einschätzen, wann sie wie und warum als Unterstützung gebraucht werden. Sie sind meist zu jung, um mit Konflikten adäquat umzugehen oder Gruppensituationen pädagogisch einschätzen zu können. Manchmal werden sie von Eltern sogar als Mauer zwischen dem eigenen Kind und den MitschülerInnen erlebt. Therapie / Pflege / Psychische Gesundheit Es fehlt an einem verbindlichen therapeutischen Angebot an Regelschulen für Kinder mit Down Syndrom, insbesondere in den Bereichen Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie. Eltern müssen Therapien oft nach der Schule organisieren. Vielen Eltern von Kindern mit Down Syndrom wird vor der Einschulung gesagt, dass ihre Kinder nur von der Schule aufgenommen werden, wenn es mit dem Schulbeginn selbstständig zur Toilette gehen kann.viele Kinder mit Trisomie 21 schaffen das mit 6 oder 7 Jahren noch nicht, lernen das etwas später.

In der weiterführenden Schule kommt es häufig zu Überforderungssituationen bzw. zu Frusterlebnissen bei Jugendlichen mit Trisomie 21, die manchmal z.b. erneutes Einnässen, Rückzug oder Aggressionen zur Folge haben. Auch hier fühlt sich meist niemand zuständig weder pflegerisch noch pädagogisch oder psychologisch. Eltern fühlen sich in solchen Situationen oft völlig allein gelassen und verunsichert. Förderplan Viele Eltern sind sehr unzufrieden mit den Förderplänen ihrer Kinder. Sie wollen in die Förderplanung mit einbezogen werden. Sie haben oft das Gefühl, der Förderplan wird nicht für das Kind, sondern nur für die Beantragung der Schulbegleitung erstellt. Förderplangespräche müssen meist von Eltern erst mühselig eingefordert werden. Ein Widerspruch ist für viele Eltern, dass ihre Kinder eine Schulpflicht haben, die Schule aber keine Verpflichtung gegenüber den SchülerInnen mit Trisomie 21 hat. Warum wechseln SchülerInnen mit Down-Syndrom in die spezielle Sonderschule? Zu den bereits oben aufgeführten Punkten wurden bei Email-Befragungen über KIDS Hamburg e.v. noch folgende Punkte ergänzt: Es gibt kleinere Klassen und beständigere Bezugspersonen in den Sonderschulen, die Kinder sind weniger kaputt am Abend und der Alltag ist etwas entspannter. Zudem wird von Eltern berichtet, dass zum großen Teil ihre Kinder mit Down- Syndrom in der Regelschule zwar akzeptiert und auch gemocht wurden, aber keine echten Freundschaften entstanden sind und die Kinder Außenseiter blieben. Gleichzeitig wird jedoch auch berichtet, dass nach dem Wechsel an eine spezielle Sonderschule dort viele Kinder mit schweren Behinderungen sind und die eigenen Kinder mit Down-Syndrom plötzlich in der Schule auf Sprache weitestgehend verzichten, weil auch MitschülerInnen wenig oder gar nicht sprechen. Einige Eltern berichten auch, dass der tägliche Schulweg zur speziellen Sonderschule (im Vergleich zur nahe gelegenen Schwerpunktschule) nun sehr weit ist und auch eine Belastung für das Kind darstellt. Das Fazit der meisten Wechsler ist: es gibt hier und dort Vor- und Nachteile.