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16.11.2011 Gericht Asylgerichtshof Entscheidungsdatum 16.11.2011 Geschäftszahl C4 414331-1/2010 Spruch C4 414.331-1/2010/7E IM NAMEN DER REPUBLIK! Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Schlaffer als Vorsitzenden und die Richterin Mag. van Best- Obregon als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. VR China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.07.2010, FZ. 09 15.395-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.11.2011 zu Recht erkannt: Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß 3 Abs 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgf, (AsylG) der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Text Entscheidungsgründe: Der Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin ist die VR China. Am 11.12.2009 hat sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 05.07.2010, FZ. 09 15.395-BAL, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status der Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies sie gemäß 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die VR China aus (Spruchpunkt III.). Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht berufen. Am 10.11.2011 fand beim Asylgerichtshof eine mündliche Verhandlung statt. Der Asylgerichtshof hat erwogen: Folgender Sachverhalt wird festgestellt: Die Beschwerdeführerin ist chinesische Staatsangehörige, stammt aus der autonomen Region Tibet und gehört der Volksgruppe der Tibeter an. Am XXXX kamen ca. 20 Personen, darunter auch die Beschwerdeführerin, zusammen, um der bei den Unruhen in Tibet ums Leben gekommenen Menschen zu gedenken. Im Anschluss an diese Gebetsveranstaltung begannen einige Leute aus dieser Gruppe zu demonstrieren. Nachdem sie alle gemeinsam Richtung XXXX marschiert waren, tauchten plötzlich zwei chinesische Sicherheitsbeamten auf. Es wurde ein Mann namens XXXX festgenommen. Es kamen in der Folge auch noch weitere Sicherheitsbeamte, worauf die Demonstrationsteilnehmer in alle Richtungen flüchteten. Die Beschwerdeführerin flüchtete gemeinsam mit ihrer Freundin XXXX zu ihrer gemeinsamen Freundin namens XXXX. Die Freundin der Beschwerdeführerin ging zu www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 7

ihrer Mutter und erzählte ihr, was geschehen war. Die Mutter der Beschwerdeführerin meinte, dass es für die Beschwerdeführerin sicherer wäre, wenn sie bei ihrer Freundin übernachtet. Am Tag darauf besuchte ihre Mutter die Beschwerdeführerin bei der Freundin. Sie sagte der Beschwerdeführerin, dass die Polizei bei ihnen zu Hause gewesen sei und nach der Beschwerdeführerin gefragt habe. Sie riet ihr deshalb, die Gegend zu verlassen, um nicht den chinesischen Sicherheitsbehörden in die Hände zu fallen. Die Beschwerdeführerin verließ daraufhin am XXXX ihre Heimat. Im Bundesgebiet hat die Beschwerdeführerin einige Deutschkurse absolviert und bemüht sich gegenwärtig um einen Hauptschulabschluss. Sie setzt sich im Bundesgebiet für die Rechte der Tibeter in China ein. Sie nahm deswegen an Kundgebungen teil, um der Weltöffentlichkeit die Problematik betreffend Tibet näher zu bringen. Dabei hat sie auch an einem Hungerstreik in XXXX teilgenommen, um ihre Solidarität hinsichtlich der derzeit in Tibet stattfindenden Selbstverbrennungen zu bekunden. Die Beschwerdeführerin spricht mittlerweile gut Deutsch und bemüht sich um eine Integration im Bundesgebiet. Zur aktuellen Menschenrechtssituation in Tibet: Tibet (Xizang) wurde im Oktober 1950 von Chinesischen Truppen besetzt. Im März 1959 wurde ein bewaffneter Widerstand tibetischer Truppen durch die Chinesen niedergeschlagen. Der Dalai Lama floh mit etwa 100.000 Unterstützern nach Dharamsala in Nord-Indien. Wo eine Exilregierung gegründet wurde. Die Chinesen beendeten die ehemalige Dominanz der buddhistischen Mönche (Lamas) und zerstörten viele Klöster. [UK-Home Office, Country of Origin Information Report 2009, vom 08.01.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten, vom 28.01.2009] Seither steht Tibet unter der Kontrolle Pekings, das bis heute das Ziel seiner Integration in das "Mutterland" verfolgt, mit allen Konsequenzen für die Kultur und Religion Tibets. In ganz China leben heute rund 5.4 Millionen Tibeterinnen und Tibeter, womit sie 0.44 % der Bevölkerung des Landes ausmachen. Knapp die Hälfte von ihnen lebt in der "Autonomen Region Tibet" (TAR). Der Rest des ursprünglichen Tibets wurde auf vier chinesische Provinzen aufgeteilt. Diese traditionell von Tibetern bewohnten Gebiete wurden zu "Autonomen Präfekturen" und "Autonomen Bezirken" erklärt. Offiziell sind damit, neben der TAR, auch der größte Teil der Provinz Qinghai und Teile der Provinzen Gansu, Sichuan und Yunnan tibetisch. In der TAR leben laut den aktuellsten offiziellen Zahlen aus dem Jahr 2000 2.7 Millionen Menschen: Über 90 % davon seien Tibeter, 6 % Han-Chinesen, der Rest Angehörige der Hui, Moinba, Lhoba, Naxi, Nu und Drung. Es ist aufgrund der staatlich unterstützten, massiven Einwanderung von Han- Chinesen in den letzten Jahren jedoch davon auszugehen, dass sich das Verhältnis bis heute zu Ungunsten der Tibeter verändert hat. [UK-Home Office, Country of Origin Information Report 2009, vom 08.01.2010; Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10.07.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten, vom 28.01.2009] Unter dem Eindruck der März-Unruhen 2008 hat China die Kontrolle über Tibet verschärft.die Region wurde nach Ausbruch der Unruhen weitgehend abgeriegelt. Tibeter können das Land kaum noch verlassen und auch ihre Bewegungsfreiheit innerhalb Tibets wurde eingeschränkt.beobachter sprechen von einer deutlichen Politik- Änderung der chinesischen Regierung gegenüber Tibet. Berichte und Gerüchte über rechtlich fragwürdige Festnahmen, harte Verurteilungen und eine systematische Behinderung des Informationsflusses aus den tibetischen Gebieten sind heute alltäglich. Mit harter Hand und einer starken Präsenz von Volksbefreiungsarmee, bewaffneter Volkspolizei und Angehörigen des Büros für öffentliche Sicherheit versucht die Regierung in Peking, ein Wiederaufflackern der Unruhen vom März 2008 schon im Keim zu ersticken. Die "International Campaign for Tibet" wirft ihr zudem vor, mit Desinformation und Propaganda ein Aufflammen von chinesischem Nationalismus und von Feindseligkeiten gegenüber den Tibetern in Folge der Unruhen mit verursacht zu haben. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 7

28.01.2009] Meinungsfreiheit: Handlungen, die von der Regierung als Sympathiebekundungen für den Dalai Lama oder ein unabhängiges Tibet gewertet werden, führen in der Regel zur Verhaftung. Dazu gehören das Skandieren des Slogans "Free Tibet", das Zeigen der tibetischen Flagge oder das auf sich Tragen einer Abbildung des Dalai Lama. Auch Minderjährige werden für solche Handlungen inhaftiert und misshandelt. Die Proteste, die im März 2008 ihren Anfang nahmen, wurden im gesamten Berichtsjahr 2009 in kleinerem Maßstab fortgesetzt. Ebenso kam es immer wieder zu neuen Festnahmen und Inhaftierungen. Zwei Tibeter wurden wegen mutmaßlich begangener Straftaten während der Unruhen im März 2008 hingerichtet. 28.01.2009; Amnesty International, Report 2009, vom 27.05.2010] Religionsfreiheit: Art. 36 der Verfassung unterscheidet zwischen der garantierten Glaubensfreiheit und der Freiheit "normaler" Religionsausübung, die "öffentliche Ordnung, Gesundheit der Bürger und das staatliche Erziehungssystem nicht beeinträchtigen darf". Sämtliche religiöse Aktivitäten wie die Abhaltung von Gottesdiensten, der Besuch von Kirchen oder Moscheen und der Bau von Gotteshäusern unterliegen staatlicher Kontrolle und der Genehmigungspflicht. Diese Aktivitäten dürfen nicht der Regierungspolitik in anderen Bereichen zuwiderlaufen, wie z.b. den ebenfalls in der Verfassung verankerten Grundsätzen der Familienplanung. Sie dürfen die staatliche Einheit nicht in Frage stellen und müssen von ausländischer Einflussnahme unabhängig sein (Nicht- Anerkennung der religiösen Autorität des Papstes). Die Einfuhr von Print- und Bildmaterialien religiösen Inhalts ist auf den Eigenbedarf beschränkt. Die im März 2005 in Kraft getretene "Verordnung zum Religionswesen" schützt "normale" religiöse Aktivitäten und zementiert den staatlichen Führungsanspruch in Fragen religiöser Selbstverwaltung. Des Weiteren betont sie die Zurückweisung ausländischen Einflusses auf chinesische Glaubensgemeinschaften. Alle religiöse Gruppierungen müssen sich beim Staatlichen Amt für Religiöse Angelegenheiten registrieren lassen und sich einer der folgenden offiziell anerkannten Kirchen unterordnen: _ Vereinigung der Buddhisten Chinas, _ Chinesische Taoistenvereinigung, _ Islamische Gesellschaft Chinas, _ Patriotische Vereinigung der chinesischen Katholiken, _ Chinesisches Christliches Patriotisches Komitee der "Drei-Selbst-Bewegung" und _ Chinesischer Christlicher Verein/Christenrat. [Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10.07.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten, vom 28.01.2009] Situation für Tibeter: Die Religionsfreiheit ist in schwerwiegendem Maße eingeschränkt und nur innerhalb der offiziell kontrollierten "patriotischen" religiösen Vereinigungen gewährleistet. Tibetische Buddhisten dürfen den Dalai Lama nicht verehren. Die Unterdrückung der Religionsfreiheit in den tibetischen Gebieten hat in den letzten Jahren zugenommen. Religiöse Orte und Zeremonien werden noch strenger überwacht als bereits zuvor. www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 7

28.01.2009; Österreichische Botschaft, Asylländerbericht, vom 01.02.2010] Polizei/Gefängnisse: In Polizeihaft wie in Gefängnissen für verurteilte Gefangene wird systematisch gefoltert. Das UNO-Komitee gegen Folter stellte fest, dass es in China zu einer hohen Zahl von Todesfällen in Polizeihaft kommt und diese Fälle nicht untersucht werden. Die deutsche Organisation "Tibet News" berichtete unlängst von der Praxis, durch Folter und Misshandlungen dem Tode nahe stehende Häftlinge zu entlassen, um die Verantwortung für deren Tod nicht übernehmen zu müssen. Internationale Menschenrechtsorganisationen meldeten einen Anstieg der Zahl tibetischer politischer Gefangener im Vorfeld brisanter historischer Daten wie des 50. Jahrestags des niedergeschlagenen Aufstands der Tibeter, der zur Flucht des Dalai Lama ins Exil geführt hatte. Die Behörden blockierten die Kommunikationskanäle aus der Region und in sie hinein und verhinderten eine Einschätzung der dortigen Menschenrechtslage durch unabhängige Beobachter. Die Rechte von Tibetern auf freie Meinungsäußerung, Religions-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit waren nach wie vor massiven Einschränkungen unterworfen. Die chinesischen Behörden vertraten ihre außenpolitische Linie in Bezug auf die Tibetfrage mit zunehmender Bestimmtheit. So äußerten chinesische Behördenvertreter öffentlich die Bereitschaft, wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen gegen Staaten zu verhängen, die als Unterstützer des Dalai Lama und tibetischer Belange angesehen werden. 28.01.2009; Amnesty International, Report 2009, vom 27.05.2010] Ausübung und Bewahrung der tibetischen Kultur: Seit den letzten großen Unruhen im Jahre 1989 versuchte die chinesische Regierung, die Unabhängigkeitsbestrebungen neben direkter Repression vor allem mittels Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Region und einer direkten Einflussnahme auf den tibetischen Buddhismus zu bekämpfen. Wie die teils gewaltsamen Proteste vom März 2008 gezeigt haben, scheint diese Strategie gescheitert. Einen großen Beitrag zur Modernisierung sollte die 2006 eröffnete Zugverbindung zwischen Godmud und Lhasa leisten. Die Regierung hat jedoch eingestanden, dass mit dem Bau der Bahnlinie entstandene Probleme im Zusammenhang mit den Unruhen vom März 2008 stehen könnten. In der offiziellen chinesischen Presse wurde im Dezember 2007 auch die Annahme bestätigt, dass die Bahnlinie eine wichtige Option für den Truppentransport der Volksarmee in die TAR darstelle. Im September 2008 lief ein zweimonatiges Ultimatum an tibetische Parteimitglieder aus, in welchem diese aufgefordert wurden, ihre Kinder von Schulen der Exilregierung in Indien zurückzurufen. Tibetische Kinder werden mit den Fragen konfrontiert, ob sie eine solche Schule besucht und ob sie etwas davon glauben, was sie dort gelernt haben, wie die offizielle Parteizeitung "Tibet Daily" berichtete. Tausende von Kindern wurden in den letzten Jahrzehnten über den Himalaya nach Indien geschickt, um den Dalai Lama zu treffen und eine Ausbildung gemäß ihrer tibetischen Tradition zu erhalten, was innerhalb Tibets heute nicht mehr möglich ist. Diesen Fluchtbewegungen setzte die chinesische Regierung im Zuge der Abriegelung Tibets im letzten Jahr praktisch ein Ende: Der Vertreter des Dalai Lama in der Schweiz, Tseten Samdup Chhoekyapa, sagte im November 2008, dass seit den Unruhen im März nur gerade 15 Tibeter das Empfangszentrum in Kathmandu, Nepal, erreicht hätten. 28.01.2009; Exilregierung: Am 29. April 1959 bildete der Dalai Lama in Mussoorie im Norden Indiens die Tibetische Regierung im Exil und stellte somit den Fortbestand der Regierung des freien Tibets wieder her. Er nannte diese "Central Tibetan Administration" (CTA). Im Mai 1960 zog die Exilregierung nach Dharamsala, im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh, um. Die CTA wird von den Tibeterinnen und Tibetern inner- und außerhalb Tibets als die einzige legitime Regierung anerkannt. Zunehmend wird sie auch weltweit von Parlamenten als die legitime Regierung wirkliche Vertretung des tibetischen Volkes akzeptiert. Von Anfang an hat die CTA sich um die Rehabilitierung tibetischer Flüchtlinge und der Wiederherstellung der Freiheit Tibets gekümmert. Die Erziehung und Ausbildung der heranwachsenden Generation standen auf der obersten Liste des Programms der Rehabilitierung. www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 7

Zur Vorbereitung eines zukünftigen Tibets beschloss die CTA gleichzeitig, mit der modernen Demokratie zu experimentieren. Am 2. September 1960 wurde das Tibetische Exilparlament gegründet. Damals war es als Kommission der Tibetischen Volksabgeordneten bekannt. Später wurde der Name in die Versammlung der Tibetischen Volksabgeordneten geändert. 1990 kündigte der Dalai Lama einen weiteren Schritt der Demokratisierung an. Die Versammlung der Tibetischen Volksabgeordneten wurde auf 46 Mitglieder erhöht. Die Versammlung wurde ermächtigt, den Kashag bzw. den Ministerrat zu wählen. Zugleich wurde der Ministerrat diesem tibetischen Exilparlament gegenüber verantwortlich gemacht. Außerdem wurde auch die Judikative, bekannt als die höchste Gerichtskommission, institutionalisiert. Die Versammlung der Tibetischen Abgeordneten erließ das Grundgesetz der Tibeterinnen und Tibeter im Exil unter dem Titel "Die Verfassungsurkunde der Tibeterinnen und Tibeter im Exil". Heute funktioniert die CTA wie eine wirkliche Regierung. Sie führt alle Departements und besitzt alle Merkmale einer freien demokratischen Regierung. [Tibetbüro - Genf, Geschichte/Hintergrund, vom 15.07.2010] Versorgungslage: Der Lebensstandard in Tibet hat sich zwar durch massive Finanztransfers der Zentralregierung erheblich verbessert, doch liegt die Lebenserwartung nach wie vor unter, die Kindersterblichkeit über dem Landesdurchschnitt. Echte Einflussmöglichkeiten auf die Politik werden ihnen kaum eingeräumt: Obwohl die Tibeter in der TAR Xizang (Tibet) im Vergleich zu den Han-Chinesen die Mehrheit bilden, sind Schlüsselpositionen überwiegend mit Han-Chinesen besetzt. Die individuelle Religionsausübung buddhistischer Laien ist in Tibet weitgehend gewährleistet, dagegen unterliegt der Lamaismus strukturellen Restriktionen. Diese bestehen z.b. in der Verhinderung von Klosterbeitritten vor Vollendung des 18. Lebensjahres und in der Beschränkung der Anzahl von Mönchen und Nonnen auf das "für die normale religiöse Versorgung der Bevölkerung erforderliche Maß" (laut Weißbuch Tibet 2009 sind das ca. 46.000 Mönche und Nonnen, sowie 6.000 Novizen). Mönche und Nonnen müssen regelmäßig "sozialistische Schulungskampagnen" durchlaufen. Bilder des Dalai Lama dürfen - öffentlich - nicht gezeigt werden. Der Privatbesitz solcher Bilder ist nach offiziellen Angaben erlaubt. Dennoch berichten Menschenrechtsorganisationen von aus diesem Grund verhängten Haftstrafen. Den offiziellen Besuchern religiöser Institutionen ist eine - wenngleich kontrollierte - Religionsausübung möglich. Ähnlich wie in Xinjiang geht die Regierung gegen vermeintlich separatistische Kräfte in Tibet mit besonderer Härte vor. Insgesamt sind laut der glaubhaften Datenbank des Congressional Executive Committee on China der USA 2.828 Tibeter als politische Häftlinge inhaftiert. Die jüngsten prominenten Fälle waren die Verurteilung im Dezember 2009 von Dhondup Wangchen zu sechs Jahren Haft (Regisseur, der Interviews mit über 100 Tibetern zur Darstellung ihrer Lebenssituation durchführte und verfilmte) und die Verurteilung des Buddhistischen Geistlichen Phurbu Rinpoche zu achteinhalb Jahren Haft wegen "Illegalem Besitz von Waffen und Munition". Nach glaubwürdigen Berichten von Nichtregierungsorganisationen wie International Campaign for Tibet, Human Rights Watch u.a. fliehen weiterhin jedes Jahr mehrere tausend Tibeter aus religiösen Gründen über die Grenze nach Nepal und weiter nach Indien. Nicht alle erreichen ihr Ziel, denn die chinesischen Behörden versuchen die illegalen Grenzgänger von ihrem Vorhaben abzuhalten. Dem im Exil lebenden Dalai Lama wird von Peking weiterhin vorgehalten, unter dem Deckmantel der Verfolgung religiöser Ziele die Unabhängigkeit Tibets zu betreiben. Die Zentralregierung beansprucht mit der "Verwaltungsmaßnahme für die Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus" vom 1. September 2007 auch außerhalb der Tibetischen Autonomen Region das alleinige Recht, über die Einsetzung buddhistischer Würdenträger (tulku bzw. "lebende Buddhas") zu entscheiden. Nachdem die Beschränkungen des tibetischen Buddhismus zu Beginn des Jahres 2008 einen neuen Höhepunkt erreicht hatten, kam es zu einer Reihe von Protesten in der Region. Beginnend mit einem Marsch von schätzungsweise 300 Mönchen aus dem Kloster Depung am 10. März 2008 in Lhasa, verbreiteten sich die Proteste schnell über die gesamte autonome Region und auch in Gegenden außerhalb Tibets. Die Demonstranten forderten vor allem Religionsfreiheit, die Unabhängigkeit Tibets, die Freilassung des Panchen Lama und die Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet. Die chinesische Regierung machte den Dalai Lama für die Ausschreitungen verantwortlich. Im Frühjahr 2009 kam es erneut zu einigen örtlich begrenzten Unruhen, die jedoch mit den Märzereignissen von 2008 nicht vergleichbar waren. Die verstärkte Präsenz chinesischer Sicherheitskräfte in Tibet dauert unverändert an. [Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10.07.2010] Rückkehr: Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die deutsche Botschaft in Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen, allein weil sie einen Asylantrag gestellt haben, politisch oder www.ris.bka.gv.at Seite 5 von 7

strafrechtlich verfolgt werden. Laut dem UNHCR-Büro sind keine besonderen Probleme bei einer Rückkehr und Asylantragstellung zu erwarten, sofern kein Verdacht auf oppositionelle Betätigung vorliegt. Angehörige der uigurischen und tibetischen Minderheit unterliegen allerdings einer genaueren Überprüfung durch die Behörden. Oppositionelle Betätigung im Ausland kann zu Problemen führen, wenn die Behörden der Ansicht sind, dass "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit" (etwa Verrat von Staatsgeheimnissen) begangen wurden. Alle Maßnahmen der chinesischen Regierung gegen so genannte "illegale religiöse und politische Gruppierungen" sind als Staatsgeheimnis eingestuft. Wer versucht, das Ausland darüber zu informieren, hat Grund zur Befürchtung mit einer Anklage wegen Verrats von Staatsgeheimnissen belangt zu werden. [Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10.07.2010; Österreichische Botschaft, Asylländerbericht, vom 01.02.2010] Die Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung: Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin beruhen auf ihren diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Verfahren. Die Aussagen des Beschwerdeführers blieben im Wesentlichen frei von Widersprüchen, sie erweckte im Zuge der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof den Eindruck, dass sie den von ihr geschilderten Sachverhalt auch tatsächlich erlebt hat. Zudem lässt sich der Sachverhalt mit den allgemeinen Feststellungen betreffend Tibet durchwegs in Einklang bringen. Soweit das Bundesasylamt der Beschwerdeführerin keinen Glauben schenkte, so ist dem entgegen zu halten, dass sich das Bundesasylamt diesbezüglich bloß auf Mutmaßungen stützte, die jedoch eine derartige Würdigung nicht zu tragen vermögen. Vielmehr ergab das Vorbringen der Beschwerdeführerin ein in sich stimmiges Bild. Die Beschwerdeführerin vermochte auch plausibel zu erklären, weswegen sie vor ihrer Flucht bei ihrer Freundin verblieb, indem sie darlegte, dass sie diesbezüglich den Rat ihrer Mutter befolgte. Betreffend die Deutschkenntnisse konnte sich der Senat im Zuge der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof ein Bild machen und wurden diese durch Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen dokumentiert. Die Teilnahme an Demonstrationen und exilpolitischen Tätigkeiten wurden durch die Vorlage von Fotos ebenfalls dokumentiert, sodass daran keine Zweifel bestehen blieben Die Feststellungen zur allgemeinen Situation in Tibet ergeben sich aus den Beilagen zum Verhandlungsprotokoll, denen nicht entgegengetreten wurde und besteht auch sonst kein Zweifel an der Richtigkeit des Inhaltes dieser Berichte. Rechtlich ergibt sich Folgendes: Gemäß 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I 4/2008 idgf (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das www.ris.bka.gv.at Seite 6 von 7

Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention wohl begründet ist. Im Hinblick auf die aktuelle Lage in der VR China, insbesondere in der autonomen Region Tibet, ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin, die bereits in das Visier der Behörden in ihrer Heimat geraten ist, die zudem exilpolitisch tätig ist und mehrfach für die Rechte der Tibeter demonstriert hat, im Falle ihrer Rückkehr in die VR China von den Behörden verfolgt würde. Den Feststellungen lässt sich auch entnehmen, dass die Beschwerdeführerin diesfalls Eingriffe in ihre körperliche Integrität zu befürchten hätte, die auch von ihrer Eingriffsintensität her asylerheblich sind. Es ist sohin glaubhaft, dass der Beschwerdeführerin in der VR China Verfolgung aus Gründen ihrer politischen und religiösen Gesinnung in Zusammenhalt mit ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tibeter droht, und liegt auch keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vor, sowie besteht kein Anhaltspunkt, dass für die Beschwerdeführerin eine inländische Fluchtalternative offen stünde. Dem Antrag der Beschwerdeführerin ist daher stattzugeben; ihr gemäß 3 AsylG der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen und dies gemäß 3 Abs. 5 mit der Feststellung zu verbinden, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. www.ris.bka.gv.at Seite 7 von 7