Lernwerkstatt Schülerlabor Chemie Experimentiermappe zum Thema Titrationen Friedrich-Schiller-Universität Jena Arbeitsgruppe Chemiedidaktik August-Bebel-Straße 6-8 07743 Jena Fonds der Chemischen Industrie
Übersicht der Versucche Alkalimetrische Bestimmung von Phosphorsäure in Cola 3 Bestimmung der titrierbaren Gesamtsäure im Wein 4 Iodometrische Bestimmung der freien und der gesamten schwefligen Säure 5 Komplexometrische Bestimmung der Gesamthärte von Wasser 7 Konduktometrische Titration von Bariumhydroxidlösung mit Schwefelsäure (Leitfähigkeitstitration) 8
Alkalimetrische Bestimmung von Phosphorsäure in Cola Fachliche Grundlagen: Mehrprotonige Säuren können stufenweise titriert werden, wenn sich die pks-werte der einzelnen Dissoziationsstufen um mehr als 4 Einheiten unterscheiden. Für die Phosphorsäure ist diese Bedingung erfüllt: H 3 PO 4 - + H 2 O H 2 PO 4 + H 3 O +, pk s1 = 1,96 - H 2 PO 4 2- + H 2 O HPO 4 + H 3 O +, pk s2 = 6,81 2- HPO 4 3- + H 2 O PO 4 + H 3 O +, pk s3 = 12,32 Sind die aus der 1. Dissoziationsstufe stammenden H 3 O + -Ionen mit der Natronlauge umgesetzt, liegt das amphotere H 2 PO - 4 -Ion vor und der ph-wert der Lösung am 1. Äquivalenzpunkt ergibt sich zu ph = (1,96 + 6,81) : 2 = 4,4. 2- Am 2. Äquivalenzpunkt liegt das amphotere Ion HPO 4 vor. Der ph-wert der Lösung berechnet sich zu ph = (6,81 + 12,32) : 2 = 9,6 Der Äquivalenzpunkt der 3 Dissoziationsstufe liegt im stark alkalischen Gebiet und ist durch eine Titration im wässrigen Medium nicht mehr exakt erfassbar. Geräte und Chemikalien: - Bürette - Vollpipette 50 ml, Pipettierball - Erlenmeyerkolben oder Becherglas - ph-meter - Magnetrührer und Rührfisch - Natronlauge (0,1 mol/l) - Cola-Getränk Durch Aufkochen entfernt man den Kohlenstoffdioxid-Gehalt aus etwa 200 ml des Cola- Getränks. Mit der Pipette werden 50 ml der abgekühlten Cola in das Becherglas übertragen. Das Becherglas mit Rührfisch und ph-messgerät wird nun auf den Magnetrührer gestellt. Achtung! Das ph-meter darf durch den Rührfisch nicht beschädigt werden! Dann wird unter Rühren Natronlauge zugegeben (in 0,5 ml-schritten) und die Messwerte (zugegebenes Volumen Natronlauge und zugehöriger ph-wert) werden laufend notiert. Wiederholen Sie den Versuch einmal! Zeichnen Sie die Titrationskurve (x-achse: Volumen Natronlauge; y-achse: ph-wert)! Berechnen Sie den Gehalt von Phosphorsäure in 1 l des Cola-Getränks!
Bestimmung der titrierbaren Gesamtsäure im Wein Geräte/Chemikalien: - Bürette, Bürettenständer - Becherglas - Messzylinder - Weißwein (25 ml) - 1/3 M Natronlauge (etwa 50 ml) - Phenolphthalein Zur Bestimmung der Gesamtsäure werden 25 ml Wein mit 3-4 Tropfen Phenolphthalein versetzt und mit 1/3 M Natronlauge bis zum Farbumschlag titriert. Auswertung: Der Farbumschlag erfolgt von farblos zu rosa. Im Handel erhältliche Weine enthalten neben Weinsäure auch Äpfelsäure, Milchsäure Bernsteinsäure und schweflige Säure. Es ist sehr schwierig, den Gehalt der chemisch sehr ähnlichen Säuren getrennt zu ermitteln, so dass man lediglich die titrierbare Gesamtsäure ermittelt und diese dann in Weinsäureäquivalent angibt. C NaOH = 1/3 mol/l = 1/3000 mol/ml 1 ml NaOH = 1/3000 mol OH - = 1/3000 mol H + n[h + ]=n[oh - ] = ½ * 1/3000 mol Weinsäure (2-protonige Säure) = 150 * ½ * 1/3000 g Weinsäure M[Weinsäure] = 150 g/mol = 1/40 g Weinsäure auf 1 l Wein 40 * 1/40 g = 1 g Weinsäure (eingesetzt waren 0,25 l = 1/40 l) 1 ml NaOH entspricht 1 g Weinsäure in 1 l Wein. Beispiel: Untersucht wurden ein trockener Weißwein (Müller-Thurgau) ein trockener Rotwein (Chianti, vorher entfärbt) und ein Apfelwein. Wein V(NaOH) in ml Weinsäuregehalt in g/l Apfelwein 5,8 5,8 Weißwein (Müller-Thurgau) 6,3 6,3 Rotwein (Chianti) 7,3 7,3
Iodometrische Bestimmung der freien und der gesamten schwefligen Säure Fachliche Grundlagen: Im Wein kommt die schweflige Säure frei und an verschiedene Inhaltsstoffe gebunden vor. Freie und gebundene Anteile zusammen ergeben die gesamte schweflige Säure. - Als freie schweflige Säure wird erfasst: SO 2, H 2 SO 3, HSO 3 und SO 2-3. Die gebräuchlichste Bestimmungsmethode ist die iodometrische Titration. Hierbei wird Iodlösung von schwefliger Säure zu Iodid reduziert, welches von Stärkelösung nicht mehr blau gefärbt wird. Bei dieser Methode werden allerdings auch andere Iod-verbrauchende Stoffe (Reduktone) miterfasst. Der ermittelte Wert fällt also möglicherweise zu hoch aus. Das ist vor allem dann zu beachten, wenn dem Wein Ascorbinsäure zugesetzt wurde. Da man den Umschlagpunkt der lod-stärke-reaktion bei tiefgefärbten Weinen schlecht erkennen kann, erfolgt diese Bestimmung zweckmäßigerweise an einem Weißwein. Die Verwendung von geklärtem Rotwein ist zwar auch möglich, liefert aber sehr ungenaue Werte, da bei der Klärung auch an phenolische Inhaltsstoffe gebundene schwefelige Säure (bzw. deren Säurereste) verloren geht. Geräte/Chemikalien: 2 Bechergläser (250 ml) Bürette, Bürettenständer Messpipette (50 ml) Messzylinder (50 ml) Weißwein (100 ml) 5 N Schwefelsäure (20 ml) 2 M Natronlauge (25 ml) Iodid-Iodat-Lösung, c(i 2 )= 0,005 mol/l (etwa 50 ml) 1 %ige Stärkelösung (2 ml) Teil 1: Bestimmung der freien schwefligen Säure: Es werden 50 ml Wein mit 20 ml 5 N Schwefelsäure angesäuert und mit 1 ml Stärkelösung versetzt. Anschließend wird mit 0,05 M Iodid-Iodat-Lösung titriert, bis eine anhaltende Blaufärbung eintritt. Teil 2: Bestimmung der gesamten schwefligen Säure: Für die Bestimmung der gesamten schwefligen Säure muss zunächst der im Wein enthaltene gebundene Anteil abgespalten werden. Dies wird erreicht, indem man zu 50 ml Wein 25 ml 2 N Natronlauge zugibt. Der Wein wird danach 15 Minuten stehen gelassen, bis er eine goldgelbe Farbe angenommen hat. Jetzt wird analog zu Teil 1 verfahren.
Auswertung: Bestimmung der freien schwefligen Säure 1. Bildung von Iod aus Iodid und Iodat im sauren Milieu: Oxidation: 5 I - 5/2 I 2 + 5 e - Reduktion: IO - 3 + 5 e - + 6 H + ½ I 2 + 3 H 2 O Gesamt: IO - 3 + 5 I - + 6 H + 3 I 2 + 3 H 2 O 2. Reduktion des zuvor gebildeten Iod und Oxidation der schwefligen Säure zu Sulfat: Oxidation: HSO - 3 + H 2 O SO 2-4 + 3 H + + 2 e - Reduktion: I 2 + 2 e - 2 I - Gesamt: I 2 + HSO - 3 + H 2 O 2 I - + SO 2-4 + 3 H + C[I 2 ]= 0,005 mol/l = 5/10 6 mol/ml 1 ml Iodid-Iodat-Lösung = 5/10 6 mol I 2 = 5/10 6 - mol HSO 3 n[i 2 ]=n[hso - 3 ] = 81 * 5/10 6 mol M[HSO - 3 ] = 81 g/mol = 0,405 mg schweflige Säure auf 1 l Wein 20*0,405 mg = 8,1mg schweflige Säure (eingesetzt waren 0,05l = 1/20l) 1 ml zugegebene Iodid-Iodat-Lösung entspricht 8,1 mg schweflige Säure in 1 l Wein. Bestimmung der gesamten schwefligen Säure Mit Hilfe der Natronlauge wurde zunächst der zuvor noch gebundene Anteil der schwefligen Säure abgespalten, danach wurde völlig analog Teil 1 die Konzentration der gesamten schwefligen Säure bestimmt (Berechnung siehe Teil 1). Beispiel: Bei der durchgeführten Bestimmung im ersten Teil wurden 2,9 ml Iodid-Iodat-Lösung verbraucht, das entspricht einem Gehalt an freier schwefliger Säure von 2,9 * 8,1 mg/l = 23,5 mg/l Wein. Im zweiten Teil des Versuches wurden 6,9 ml Iodid-Iodat-Lösung verbraucht, entsprechend wurde ein Gesamtgehalt an schwefliger Säure von 6,9 * 8,1 mg/l = 55,9 mg/l 56 mg/l Wein ermittelt.
Komplexometrische Bestimmung der Gesamthärte von Wasser Fachliche Grundlagen: Unter der Gesamthärte von Wassers versteht man dessen Gehalt an Calcium- und Magnesium-Ionen. Diese Erdalkali-Ionen führen zur Bildung von Kesselstein. Darüber hinaus bilden sie schwerlösliche Niederschläge mit Seifen, wodurch deren Waschwirkung verloren geht. Die Gesamthärte kann durch komplexometrische Titration bestimmt werden. Dabei bilden die Metall-Ionen stabile stöchiometrische Komplexe mit einem mehrzähnigen Liganden, EDTA. Bei dem Verfahren wird die Menge des zugesetzten Liganden bestimmt. Zur Indikation des Äquivalenzpunktes wird der komplexometrische Indikator Erio T, selbst ein Komplexbildner, eingesetzt. Die Komplexe des Indikators mit dem Metall-Ion weisen eine geringere Stabilität als die des EDTAs auf. Dadurch reagiert das EDTA bei der Titration zunächst mit freien Metallionen und entzieht, wenn diese aufgebraucht sind, den schwächeren Indikatorkomplexen das Metall-Ion. Der freie Indikator besitzt eine andere Farbe als der Metall-Indikatorkomplex, wodurch der Äquivalenzpunkt optisch erkennbar wird. Geräte und Chemikalien: - Bürette (25 ml), Stativmaterial - Erlenmeyerkolben (500 ml) - Messzylinder (10 ml, 250 ml) - Spatel - Pinzette - ph-indikatorpapier - Indikatorverreibung: 1,0 g Erio T mit 100 g NaCl - EDTA-Maßlösung (c = 0,010 mol/l) - Pufferlösung ph =10 - Leitungswasser Füllen Sie die Bürette mit EDTA-Maßlösung. Geben Sie mit Hilfe des Messzylinders 250 ml Leitungswasser in den Erlenmeyerkolben. Die Lösung wird auf einen ph-wert von 10 eingestellt. Dazu geben Sie zunächst 7 ml Pufferlösung in den Erlenmeyerkolben und schwenken die Lösung um. Bestimmen Sie nun mit Hilfe des ph-indikatorpapiers den ph-wert. Sollte ph < 10 sein, geben Sie wenige Milliliter Pufferlösung hinzu und messen dann erneut den ph-wert. Versetzen Sie die Lösung im Erlenmeyerkolben nun mit einer kleinen Spatelspitze Erio T- Indikatorverreibung (etwa 100 mg) und schwenken Sie den Kolben, bis sich der Indikator aufgelöst und die Lösung violett gefärbt hat. Zu dieser Lösung gibt man nun tropfenweise EDTA-Lösung aus der Bürette bis zum erreichen des Äquivalenzpunktes. Hinweis: Am Äquivalenzpunktes erfolgt ein Farbumschlag von violett nach blau. Das zugesetzte Volumen an EDTA-Lösung wird bestimmt. Wiederholen Sie den Versuch ein- bis zweimal. Auswertung: Vervollständigen Sie die folgende Wortgleichung: Am Äquivalenzpunkt gilt: Mg-Erio T + EDTA violett Der Mittelwert der Messergebnisse wird bestimmt und aus dem verbrauchten Volumen an EDTA wird die Konzentration (mmol/l) an Magnesium- und Calcium-Ionen im Leitungswasser berechnet. (EDTA wird sowohl mit Magnesium- als auch mit Calcium-Ionen im Stoffmengenverhältnis 1:1 umgesetzt.) Berechnen Sie die Gesamthärte des Wassers! (Es gilt: c(ca 2+ + Mg 2+ ) = 1 mmol/l =ˆ 5,6 dh [Grad deutscher Härte])
Konduktometrische Titration von Bariumhydroxidlösung mit Schwefelsäure (Leitfähigkeitstitration) Fachliche Grundlagen: Neben dem Wechsel der Indikatorfarbe oder der sprunghaften Änderung des ph-wertes ist die elektrische Leitfähigkeit eine weitere Möglichkeit, den Äquivalenzpunkt bei einer maßanalytischen Titration anzuzeigen. Hält man Elektrodenabstand, Temperatur und angelegte Spannung konstant, kann der Leitwert G (der reziproke Wert des Widerstandes; Einheit: Siemens S = 1/Ω) graphisch über den Verbrauch an Maßlösung abgetragen werden. Dabei erhält man Geraden, die sich im Äquivalenzpunkt schneiden. Die Messpunkte in unmittelbarer Nähe des Äquivalenzpunktes weichen oft von diesen Geraden ab. Im Gegensatz zu anderen Methoden ist es hier also nicht notwendig, den Titrationsendpunkt genau zu erfassen, sondern er wird durch Extrapolation ermittelt. Hierzu zeichnet man ein Leitwert-Titriervolumen-Diagramm und verlängert beide Kurvenäste bis zum Schnittpunkt. Die konduktometrische Titration wird angewendet, wenn bei der Reaktion wenig dissoziierte oder schwer lösliche Verbindungen entstehen. Sie liefert auch dann exakte Ergebnisse, wenn Indikatoren nicht anwendbar sind, z.b. in farbigen oder trüben Lösungen. Bei der Titration von Bariumhydroxidlösung mit Schwefelsäure handelt es sich um eine Säure-Base-Titration. Am Äquivalenzpunkt liegen undissoziierte Produkte vor, d.h. die Leitfähigkeit nimmt bis zum Äquivalenzpunkt ab. Nach Überschreiten des Neutralpunktes findet keine Reaktion mehr statt, es steigt lediglich die Gesamtkonzentration an Ionen, die Leitfähigkeit nimmt zu. Wasserstoff- und Hydroxid-Ionen besitzen eine größere Leitfähigkeit als Metall- oder Säurerest-Ionen. Deshalb haben Säuren und Basen im Vergleich zu Salzlösungen eine wesentlich höhere Leitfähigkeit. Geräte und Chemikalien: - Elektrode zur Leitfähigkeitsmessung - Spannungsquelle - Bürette - Messpipette 20 ml - Becherglas - Magnetrührer und Rührfisch - Bariumhydroxidlösung unbekannter Konzentration (im 100ml Maßkolben) - Schwefelsäure (c = 0,2 mol/l) - Universalindikator Es sind 20 ml der Bariumhydroxid-Lösung in das Becherglas abzupipettieren und mit destilliertem Wasser auf 100 ml Lösung zu verdünnen. (Man färbt mit Indikatorlösung an.)die Leitfähigkeitselektrode muss ganz eintauchen. Es ist darauf zu achten, dass die Elektrode durch den Rührfisch nicht beschädigt wird. Dann wird unter Rühren Schwefelsäure zugegeben (in 0,5 ml-schritten) und die Messwerte werden laufend notiert. Um den Äquivalenzpunkt durch Extrapolation bestimmen zu können, muss deutlich über den Äquivalenzpunkt hinaus titriert werden. Aus dem Volumen an Schwefelsäure kann die Masse an Bariumhydroxid, die im 100 ml- Maßkolben vorgelegen hat, bestimmt werden. Der Versuch ist mindestens einmal zu wiederholen. Literatur: Jander; Blasius. Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum. S. Hirzel Verlag. Stuttgart.1990