Eigenschaften, Regulation und Funktion einer Hydrogenase im Wasserstoffmetabolismus der einzelligen Grünalge Scenedesmus obliquus



Ähnliche Dokumente
Lerntext Pflanzen 1. Was sind Pflanzen?

Oxidation und Reduktion Redoxreaktionen Blatt 1/5

Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen Lösung Übung 2

Zwischenablage (Bilder, Texte,...)

OECD Programme for International Student Assessment PISA Lösungen der Beispielaufgaben aus dem Mathematiktest. Deutschland

2.8 Grenzflächeneffekte

Wasserkraft früher und heute!

Katalysatoren - Chemische Partnervermittlung im virtuellen Labor

Band 2, Thema 3 Perpetual Preservation System Karbonathärte, Kraft des Wasserstoffs und Kohlendioxid Das KH, ph und CO2 Verhältnis.

Bundesverband Flachglas Großhandel Isolierglasherstellung Veredlung e.v. U g -Werte-Tabellen nach DIN EN 673. Flachglasbranche.

Kulturelle Evolution 12

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Bürgerhilfe Florstadt

2 Physikalische Eigenschaften von Fettsäuren: Löslichkeit, Dissoziationsverhalten, Phasenzustände

50. Mathematik-Olympiade 2. Stufe (Regionalrunde) Klasse Lösung 10 Punkte

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Solarenergie per Flugzeug bezahlbar und wetterunabhängig

Info: Blütenpflanzen. Narbe. Blütenkronblatt. Griffel. Staubblatt. Fruchtknoten. Kelchblatt

Insiderwissen Hintergrund

Mobile Intranet in Unternehmen

6 Schulungsmodul: Probenahme im Betrieb

Die reellen Lösungen der kubischen Gleichung

PCD Europe, Krefeld, Jan Auswertung von Haemoccult

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Grünes Wahlprogramm in leichter Sprache

APP-GFP/Fluoreszenzmikroskop. Aufnahmen neuronaler Zellen, mit freund. Genehmigung von Prof. Stefan Kins, TU Kaiserslautern

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

RADIX pro. Substrat/ Erde. Gut mischen! Wasser & Nährstoffe. Video-Tutorial

Soja-Lebensmittel - Quelle von hochwertigem Eiweiß

Einführung in die optische Nachrichtentechnik. Herstellung von Lichtwellenleitern (TECH)

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Behörde für Bildung und Sport Abitur 2008 Lehrermaterialien zum Leistungskurs Mathematik

Einführung in die Algebra

Deutschland-Check Nr. 34

Grundideen der Gentechnik

L10N-Manager 3. Netzwerktreffen der Hochschulübersetzer/i nnen Mannheim 10. Mai 2016

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Biochemisches Grundpraktikum. Elektrophoretische Trennung von Proteinen

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Arbeitsmarkteffekte von Umschulungen im Bereich der Altenpflege

Zusammenfassende Beurteilung der Unterrichtsbeispiele für Wirtschaft und Recht

Handbuch. NAFI Online-Spezial. Kunden- / Datenverwaltung. 1. Auflage. (Stand: )

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Kennlinienaufnahme elektronische Bauelemente

BROTTEIG. Um Brotteig zu machen, mischt ein Bäcker Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Nach dem

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Übungsblatt zu Säuren und Basen

1 Einleitung. 1.1 Motivation und Zielsetzung der Untersuchung

Johannes Gutenberg-Universität Mainz Fachbereich Biologie, Institut für Zoologie Leitung: Prof. Dr. Wolfrum Datum: 15. April 2005

Übung 5 : G = Wärmeflussdichte [Watt/m 2 ] c = spezifische Wärmekapazität k = Wärmeleitfähigkeit = *p*c = Wärmediffusität

Patienteninformation. Augenarzt-Check für den Verkehrsteilnehmer. Beeintr ächtigtes Sehvermögen eine unterschätzte Gefahr im Str aßenverkehr.

VIOSIL SQ FUSED SILICA (SYNTHETISCHES QUARZGLAS)

Kapitel 13: Laugen und Neutralisation

Der Leverage-Effekt wirkt sich unter verschiedenen Umständen auf die Eigenkapitalrendite aus.

Mean Time Between Failures (MTBF)

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

4. Quantitative Bestimmung von Eisen(II) durch Redoxtitration mit Kaliumpermanganat

Lineare Differentialgleichungen erster Ordnung erkennen

Physik 4, Übung 11, Prof. Förster

Markus Demary / Michael Voigtländer

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

Wird vom Korrektor ausgefüllt: Aufgabe Punkte

1) Welche Aussagen über die Hauptgruppenelemente im Periodensystem sind richtig?

Psychologie im Arbeitsschutz

1 Mathematische Grundlagen

1 Aufgabe: Absorption von Laserstrahlung

Erfolg im Verkauf durch Persönlichkeit! Potenzialanalyse, Training & Entwicklung für Vertriebsmitarbeiter!

Gelassenheit gewinnen 30 Bilder für ein starkes Selbst

Erneuerbare Energien 1 Posten 4, 1. Obergeschoss 5 Lehrerinformation

Bruttoreaktionen sagen nichts darüber aus, wie der Umsatz tatsächlich abläuft.

Instrumenten- Optik. Mikroskop

1 topologisches Sortieren

Info zum Zusammenhang von Auflösung und Genauigkeit

Zulassung nach MID (Measurement Instruments Directive)

Messung der Astronomischen Einheit nach Aristarch

Organische Chemie I Chemie am Inhaltsverzeichnis Lewisformeln von Kohlenstoffverbindungen korrekt zeichnen!... 2

GEVITAS Farben-Reaktionstest

8.2 Thermodynamische Gleichgewichte, insbesondere Gleichgewichte in Mehrkomponentensystemen Mechanisches und thermisches Gleichgewicht

Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen Lösung Übung 6

Sommerstagnation (Ökosystem See)

Strom in unserem Alltag

Das NEUE Leistungspaket der Sozialversicherung. Mehr Zahngesundheit für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Fragen und Antworten

Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?... Mutter geboren?...

4. BEZIEHUNGEN ZWISCHEN TABELLEN

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

1. Einleitung und Aufgabenstellung

6. Reaktionsgleichungen 6.1 Chemisches Reaktionsschema Wortschema Reaktionsschema Beispiel 1: Kupfer und Schwefel Vorzahlen

Protokoll des Versuches 7: Umwandlung von elektrischer Energie in Wärmeenergie

Selbst-Test zur Vorab-Einschätzung zum Vorkurs Chemie für Mediziner

Permanent Magnet Motor Konzept

Die Zukunft der Großstädte

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Elternzeit Was ist das?

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

Nina. bei der Hörgeräte-Akustikerin. Musterexemplar

Biochemisches Grundpraktikum

Michael Geisler Magnesium Sulfuricum - Epsomit Bittersalz

Nicht kopieren. Der neue Report von: Stefan Ploberger. 1. Ausgabe 2003

2 Aufbau der Arbeit und wissenschaftliche Problemstellung

Transkript:

Eigenschaften, Regulation und Funktion einer Hydrogenase im Wasserstoffmetabolismus der einzelligen Grünalge Scenedesmus obliquus von Röbbe Wünschiers H 2 2H + NAD + NADH TH NADPH NADP + FNR H 2 ase Fd NAD + FQR PQ Cyt b 6 f PQ NDH Stroma Membran PS II PS I Lumen H 2 O ½ O 2 + 2 H + PC

DISSERTATION zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) dem Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg vorgelegt von Röbbe Wünschiers geboren in Beirut/Libanon Vom Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg als Dissertation am 25. Juni 1999 angenommen. Erstgutachter: Professor Dr. Horst Senger, Universität Marburg Zweitgutachter: Professor Dr. Hartmut Follmann, Universität Kassel Tag der mündlichen Prüfung: 28. Juni 1999

by Verlag Görich & Weiershäuser GmbH, Marburg Dieses Werk ist insgesamt wie auch in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieses Werkes darf außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form fotokopiert, vervielfältigt, übersetzt, mikroverfilmt, optisch oder elektronisch gespeichert, verarbeitet und verbreitet werden. Druck: Görich & Weiershäuser GmbH, Marburg Printed in Germany ISBN 3-89703-286-4

Meinen Eltern in Dankbarkeit und Catherine in Liebe gewidmet.

ABKÜRZUNGEN aqua bidest. bidestilliertes Wasser [a.u.] Relative Einheiten (arbitrary units) [Fe-S] Eisen-Schwefel-Cluster [S] Substratkonzentration µe Mikro-Einstein ADP Adenosin-5'-diphosphat AS Ammoniumsulfat ATP Adenosin-5'-triphosphat BCIP 5-Brom-4-chlor-3-indolylphosphat BSA Rinderserumalbumin (bovine serum albumin) Cys Cystein Cyt Cytochrom Cyt b 6 f Cytochrom b 6 f Komplex DBMIB 2,5-Dibrom-3-methyl-6-isopropyl-p-benzochinon DCMU 3-(3,4-Dichlorphenyl)-1,1'-dimethyl-Harnstoff DEAE Diethylaminoethyl DMF Dimethylformamid DTT 1,4-Dithiothreitol E 0 ' Standard-Redoxpotential bei ph 7,0 EDTA Ethylendiamintetraessigsäure ESR Elektronenspinresonanz-Spektroskopie F Grundfluoreszenz im Steady-State F 0 Fd F M ' FNR FQR FTIR G GSH GSSG Grundfluoreszenz im Dunkel Ferredoxin Maximale Fluoreszenz Ferredoxin-NAD + -Reduktase Ferredoxin-Plastochinon-Reduktase Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie Gauss Reduziertes Glutathion Oxidiertes Glutathion g x, g y, g z hν g-werte eines rhombischen ESR-Spektrums: g x < g y < g z Strahlungsenergie

H 2 ase HPLC IgG kda MV NADH/NAD + NADPH/NADP + NBT NDH OD Hydrogenase Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (high performance liquid chromatography) Immunglobulin G Kilo-Dalton Methylviologen Nikotinamid-adenin-dinukleotid (reduziert/oxidiert) Nikotinamid-adenin-dinukleotidphosphat (reduziert/oxidiert) 3,3'-(3,3'-Dimethoxy-4-biphenylen)-bis-[2-(p-nitrophenyl)-5-phenyl- 2H]-tetrazoliumchlorid (Nitro-blue-tetrazolium) NADH-Dehydrogenase Optische Dichte P680, P700, P840, P870 Photosynthetisches Reaktionszentrum PAGE PAM PC PCV PQ PSI PSII R f SDS TBS TEMED TH Tris TRXF U UV/VIS v/v w/v Polyacrylamid-Gelelektrophorese Puls-Amplituden-Modulation Plastocyanin Volumen dichtest gepackter Zellen (packed cell volume) Plastochinon Photosystem I Photosystem II Retentionszeit Natriumdodecylsulfat (sodium dodecyl sulfate) Tris-NaCl-Puffer (Tris-buffered-sodium) N,N,N',N'-Tetramethylethylendiamin Transhydrogenase 2-Amino-2-(hydroxymethyl)-1,3-propandiol Total-Reflexions-Röntgen-Fluoreszenz-Spektroskopie (totalreflection-x-ray fluorescence) Unit Ultraviolett/Weißlicht (ultraviolett/visible) Volumen/Volumen Gewicht/Volumen

INHALTSVERZEICHNIS 1. EINLEITUNG... 1 1.1. Hydrogenasen 1 1.1.1. Einteilung, Struktur und Mechanismus von Hydrogenasen 2 1.1.2. Physiologie prokaryontischer Hydrogenasen 6 1.1.3. Physiologie cyanobakterieller Hydrogenasen 7 1.1.4. Physiologie eukaryontischer Hydrogenasen 9 1.1.5. Wasserstoff-Metabolismus in Grünalgen 9 1.1.6. Hydrogenasen in der Grünalge S. obliquus 13 1.2. Photobiologischer Wasserstoff als Energiequelle 14 1.3. Weitere untersuchte Proteine, die mit der Hydrogenase aus S. obliquus im Zusammenhang stehen 16 1.3.1. Ferredoxine 16 1.3.2. Cytochrome 17 1.3.3. Thioredoxine 18 2. PROBLEMSTELLUNG... 19 3. MATERIAL UND METHODEN... 20 3.1. Untersuchter Organismus 20 3.2. Anzucht 20 3.3. Bestimmung der Bezugsparameter 21 3.3.1. PCV-Bestimmung 21 3.3.2. Proteinkonzentration 22 3.3.3. Ferredoxinkonzentration 22 3.3.4. Cytochrom c 6 -Konzentration 23 3.4. Polarographische Messung der Wasserstoff-Produktion 23 3.4.1. Das Meßsystem 23 3.4.2. Der Reaktionsansatz für die Messungen in vitro 25 3.4.3. Der Reaktionsansatz für die Messungen in vivo 26 3.4.4. Auswertung der Meßdaten 26 3.5. Photometrische Messung der Wasserstoff-Aufnahme 26 3.5.1. Reduktion von Methylviologen 27 3.5.2. Reduktion von NADP + 27

3.5.3. Inhibition durch Kohlenmonoxid oder Nitrit 27 3.6. Gaschromatographische Messung des Wasserstoffs 28 3.7. Anaerobe Anreicherung der NiFe-Hydrogenase 28 3.7.1. Ernte und Adaptation der Algen 28 3.7.2. Herstellung eines zellfreien Rohextraktes 29 3.7.3. Fraktionierte Ammioniumsulfat-Fällung 30 3.7.4. Säulenchromatographische Reinigungsschritte 30 3.8. Reinigung von Ferredoxin und Cytochrom c 6 32 3.8.1. Ankonzentrierung und Entsalzung der Überstände 32 3.8.2. Gelelektrophoretische Auftrennung 32 3.8.3. Rückgewinnung aus dem Gel 32 3.9. Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) von Proteinen 33 3.9.1. SDS-PAGE 33 3.9.2. Native PAGE 35 3.10. Anfärbung von Proteinen nach der Polyacrylamid-Gelelektrophorese 36 3.10.1. Färbung mit Coomassie-Blue 36 3.10.2. Silber-Färbung 36 3.11. Western Blotting 38 3.11.1. Transfer von Proteinen auf Nitrozellulose 38 3.11.2. Reversible Proteinfärbung auf Nitrozellulose 38 3.11.3. Inkubation mit einem spezifischen Antikörper 39 3.11.4. Nachweis der Antikörper-markierten Proteine 40 3.12. Spektroskopische Methoden 40 3.12.1. UV-/ VIS-Spektroskopie 40 3.12.2. Atomabsorptions-Spektroskopie 40 3.12.3. ESR-Spektroskopie 41 3.12.4. Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie 43 3.12.5. Messung der Chlorophyll a-fluoreszenzausbeute in vivo 44 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION... 47 4.1. Reinigung der NiFe-Hydrogenase 47 4.1.1. Atomabsorptionsspektroskopische Untersuchung des Eluates des Anionen-austauschers 49 4.1.2. Western-Blot Analyse der Reinigungsschritte 50 4.2. Charakterisierung der NiFe-Hydrogenase 52 4.2.1. Totalreflektions-Röntgenfluoreszenz-Spektroskopie 52 4.2.2. ESR-Spektroskopie 53

4.2.3. Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie 57 4.2.4. Reversible Inhibierung der Hydrogenaseaktivität durch Kohlenmonoxid, Nitrit und Sauerstoff 59 4.2.5. K m -Wert für Methylviologen und Wasserstoff 67 4.2.6. Reaktion mit Ferredoxin 69 4.3. Charakterisierung von Cytochrom c 6 72 4.3.1. Reinigung des Cytochroms c 6 73 4.3.2. UV/VIS-Spektroskopie 73 4.3.3. ESR-Spektroskopie 75 4.3.4. Bestimmung der Kristallfeldparameter 77 4.4. Einfluß von Thiolen auf die Aktivität der NiFe-Hydrogenase 80 4.4.1. Dithiothreitol 80 4.4.2. Glutathion 82 4.4.3. Thioredoxin 83 4.4.4. Wirkungsweise der Inhibition durch Thiole 85 4.5. Neue Aspekte zur Funktionen der NiFe-Hydrogenase beim anaeroben Wasserstoffmetabolismus 87 4.5.1. Beteiligung der Fd-NADP-Reduktase bei der Photoreduktion von CO 2 87 4.5.2. Die NiFe-Hydrogenase als Wasserstoffventil bei Licht-Dunkel-Übergängen 91 4.5.3. Hinweise für eine chloroplastidäre Fd-PQ-Reduktase und/oder einen NDH-Komplex 94 4.6. Entwicklung eines Modell-Bioreaktors 98 5. ZUSAMMENFASSUNG... 101 6. LITERATUR... 103 7. VERÖFFENTLICHUNGEN... 117 8. DANKSAGUNG... 118 9. LEBENSLAUF... 119

1. EINLEITUNG 1.1. Hydrogenasen Bei seinen Untersuchungen zu Gärungsprozessen im Flußschlamm entdeckte der deutsche Biochemiker Hoppe-Seyler Ende des 19. Jahrhunderts erstmals, daß Bakterien molekularen Wasserstoff aufnehmen und abgeben. Seitdem wurde der Wasserstoffmetabolismus bei Mikroorganismen eingehender untersucht (HARDEN, 1901; PAKES & JOLLYMAN, 1901). Im Jahre 1931 wurde der Name "Hydrogenase" für das an diesen Prozessen beteiligte Enzym geprägt (STEPHENSON & STICKLAND, 1931) und in den darauffolgenden Jahren in einer Reihe von Bakterien (ADAMS et al., 1981), Algen (GAFFRON, 1939a, b; KESSLER, 1974; BOICHENKO & HOFFMANN, 1994; SCHULZ, 1996), Trichomonaden (JOHNSON et al., 1990; PAYNE et al., 1993) und Ciliaten (AKHMANOVA et al., 1998) nachgewiesen. Auch bei einigen, Pilzen (YARLETT et al., 1986), Moosen (BEN-AMOTZ et al., 1975) und höheren Pflanzen (RENWICK et al., 1964; TORRES et al., 1986) konnte Hydrogenaseaktivität gemessen werden, jedoch sind diese Ergebnisse wegen der möglichen Kontaminierung mit Bakterien umstritten. Das Enzym Hydrogenase katalysiert sowohl die oxidative Spaltung von molekularem Wasserstoff zu Protonen und Elektronen als auch die reduktive Bildung von Wasserstoff aus Protonen: Hydrogenase H 2H 2e 2 + - + In vivo katalysieren Hydrogenasen meist nur eine Richtung der Reaktion. Obwohl Hydrogenasen die chemisch denkbar einfachste reversible Oxidation von Wasserstoff zu Protonen katalysieren, handelt es sich bei ihnen um eine eher heterogene Klasse von Enzymen, die sich hinsichtlich ihrer molekularen Massen, Zusammensetzung ihrer Untereinheiten, Spezifität gegenüber unterschiedlichen physiologischen Elektronendonatoren und -akzeptoren, Metallgehalt, Cofaktoren, spezifischen Aktivitäten und Empfindlichkeit gegenüber molekularem Sauerstoff erheblich unterscheiden. Gemeinsam haben die Hydrogenasen jedoch, daß es sich bei ihnen um [Fe-S]-Proteine handelt. Eine Ausnahme stellt die wasserstoffbildende Methylentetrahydromethanopterin-Dehydrogenase in methanogenen Archaebakterien dar, die kein Metall enthält (ZIRNGIBL et al., 1992). Eine Vielzahl verschiedener Hydrogenasen sind bislang von prokaryontischen Mikroorganismen näher charakterisiert worden (VOORDOUW, 1992; HAHN & KÜCK; 1994, BOICHENKO & HOFFMANN; 1994, APPEL & SCHULZ, 1998), dagegen bislang nur 5-1-

Hydrogenasen eukaryontischer Organismen (SCHNACKENBERG et al., 1993; HAPPE & NABER, 1993; BUI & JOHNSON, 1996; AKHMANOVA et al., 1998; UENO et al., 1999). 1.1.1. Einteilung, Struktur und Mechanismus von Hydrogenasen Die Hydrogenasen prokaryontischer Organismen sind seit vielen Jahren Gegenstand der Forschung. Sie sind hinsichtlich ihrer katalytischen Eigenschaften und ihrer Struktur z.t. gut charakterisiert (zur Übersicht: ADAMS et al., 1981; ADAMS 1990; PRZYBYLA et al., 1992; VOORDOUW, 1992; FRIEDRICH & SCHWARTZ, 1993; WU & MANDRAND, 1993; HAHN & KÜCK, 1994; VIGNAIS & TOUSSAINT, 1994; VAN DER SPEK et al., 1996; FREY, 1998; CAMMACK, 1999). Im folgenden sind die bekannten Hydrogenasen nach dem Metallgehalt in ihrem aktiven Zentrum gegliedert. 1.1.1.1. Fe-Hydrogenasen Im aktiven Zentrum dieser Hydrogenasen finden sich nur Eisenionen und säurelabiler anorganischer Schwefel in Form von Sulfid. Alle Hydrogenasen dieses Typs sind extrem sauerstoffempfindlich, weisen in vitro die höchsten Aktivitäten auf und enthalten mindestens ein [4Fe-4S]-Cluster vom Ferredoxintyp. Sie werden auch als "Fe-only"-Hydrogenasen bezeichnet. Es handelt es sich bei ihnen meist um monomere, cytoplasmatische Enzyme, die überwiegend in strikt anaeroben Bakterien die Entwicklung von Wasserstoff zur Oxidation von Reduktionsäquivalenten im Zuge ihres fermentativen Stoffwechsels ermöglichen (ADAMS, 1990; Klemme, 1991). Aber auch in der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii (HAPPE et al., 1994), sowie in den Trichomonaden Trichomonas vaginalis (PAYNE et al., 1993) und dem Ciliaten Nyctotherus ovalis (AKHMANOVA et al., 1998) wurden Fe- Hydrogenasen identifiziert. In der Grünalge S. obliquus konnte auf molekularbiologischer Ebene eine Fe-Hydrogenase nachgewiesen werden (SCHULZ et al., 1998), jedoch liegen derzeit keine Hinweise für das exprimierte Protein vor. Erst im vergangenen Jahr konnten die Kristallstrukturen der Fe-Hydrogenase aus Clostridium pasteurianum (PETERS et al., 1998) und Desulfovibrio desulfuricans (NICOLET et al., 1999) aufgeklärt werden. Die Strukturen lassen sowohl Kanäle für Protonen als auch für Wasserstoff erkennen, die das aktive Zentrum mit der Proteinoberfläche verbinden. Der Elektronenaustausch findet über [4Fe-4S]-Cluster statt. Das aktive Zentrum besteht aus einem sogenannten H-Cluster (Abbildung 1). Dieses setzt sich aus 6 Eisenatomen zusammen, von denen 4 in einem [4Fe-4S]-Cluster arrangiert sind. Die beiden "freien" Eisenatome haben -2-

jeweils ein Kohlenmonoxid- und ein Cyanidmolekül als Liganden (PIERIK et al., 1998). Zudem haben diese Eisenatome bei D. desulfuricans die Schwefelatome eines Propan-1,3- dithiolats und ein nicht eindeutig identifiziertes Molekül X als gemeinsame Liganden. Bei der Fe-Hydrogenase aus C. pasteurianum sind diese gemeinsamen Liganden zwei Sulfide und ein Kohlenmonoxid. Trotz dieser detailierten Kenntnis der Struktur des aktiven Zentrums bei Fe- Hydrogenasen ist über den katalytischen Mechanismus noch wenig bekannt. Cys 378 S A) O C C N Fe Cys 382 S S Fe X Fe S S S Fe Fe S C O C N Fe S S S Cys 234 Cys 179 B) H 2 O O C X Fe Cys 503 S S Fe S C O N C C O C N Abbildung 1: Schematische Darstellung der Struktur der aktiven Zentren (H-Cluster) der Fe- Hydrogenasen aus A) Desulfovibrio desulfuricans (NICOLET et al., 1999) und B) Clostridium pasteurianum (PETERS et al., 1998). Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde in B) das [4Fe-4S]-Cluster nicht eingezeichnet. X=OH - oder H 2 O. 1.1.1.2. NiFe-Hydrogenasen Bis heute sind erst 4 Enzyme bekannt, die Nickel in ihrem aktiven Zentrum enthalten: Ureasen, Methyl-Cofaktor-M Reduktasen, Kohlenmonoxid-Dehydrogenasen und NiFe- Hydrogenasen. Im aktiven Zentrum der NiFe-Hydrogenasen finden sich neben Eisen-Ionen und säurelabilem anorganischem Schwefel auch Nickel-Ionen, wie erstmals von GRAF & THAUER (1981) nachgewiesen werden konnte. Es handelt sich dabei meist um membrangebundene Hydrogenasen, die in den unterschiedlichsten aeroben, anaeroben und photosynthetisierenden Bakteriengruppen vorkommen. -3-

Alle membrangebundenen und die meisten löslichen NiFe-Hydrogenasen bestehen mindestens aus einer großen und einer kleinen Untereinheit mit Molekulargewichten von jeweils 49 bis 86 bzw. von 15 bis 45 kda. Die große Untereinheit dient dabei der Bindung des Nickels und der Wasserstoffaktivierung, während die kleine Untereinheit [Fe-S]-Cluster für den Elektronentransport enthält (Abbildung 2) (PRZYBYLA et al., 1992; CAMMACK, 1995; FREY, 1998). Durch Röntgenstrukturanalyse konnte die Struktur von 2 NiFe-Hydrogenase aus der Gattung Desulfovibrio bestimmt werden (VOLBEDA et al., 1995; MONTET et al., 1997). Danach ist das aktive Zentrum in der großen Untereinheit heterobinuklear und enthält neben Nickel noch ein Eisenatom (FONTECILLA-CAMPS, 1996). Abbildung 3 zeigt den Aufbau des aktiven Zentrums. Das Nickelatom ist über vier Cysteine quadrat-pyramidal koordiniert. Zwei davon dienen als Brückenliganden zwischen Nickel und Eisen, woraus ein Metall-Metall Abstand von 2,8 Angström resultiert. Das Eisen ist oktaedrisch gebunden. Die drei diatomaren Liganden konnten als 2 Cyanide und ein Kohlenmonoxidmolekül identifiziert werden (FONTECILLA-CAMPS, 1996; VAN DER SPEK et al., 1996; HAPPE et al., 1997; PIERIK et al., 1999). H 2 Wasserstoffkanal Cys - S S Fe S Cys - S Fe S - Cys Fe S e - S S Cys - S Fe S - Cys Fe S S Fe S - Cys Mobiler Elektronenakzeptor bzw. -donator S Fe S - Cys (Aktives Zentrum) e - e - S S - Cys Fe Cys - S Fe S Cys - S Fe S Protonenkanal S Fe S - Cys H + Große Untereinheit Kleine Untereinheit Abbildung 2: Schematische Darstellung der NiFe-Hydrogenase aus Desulfovibrio gigas nach der von VOLBEDA et al. (1995) aufgelösten Kristallstruktur. Das [3Fe-4S]-Cluster ist wahrscheinlich nicht am Elektronentransfer beteiligt (FREY, 1998) (verändert nach WÜNSCHIERS & SCHULZ, 1998). -4-

Der Vergleich mit Ni-Modell-Verbindungen sowie spektroskopische Daten (K-Kanten- Röntgenabsorptionsspektroskopie) lassen vermuten, daß das Nickel als Ni(I)-Ion vorliegt und während des Reaktionzyklus seinen Redoxzustand nicht ändert, wohingegen das Eisen redoxaktiv ist (FONTECILLA-CAMPS, 1996). Das Nickel wäre demnach nur zur Polarisierung des Wasserstoffs notwendig. A) B) O N C Cys 533 C S S Cys 530 X Fe Ni Cys 490 S Ni Se Cys 487 N C S S Cys 65 S S Cys 65 Cys 68 Cys 68 Abbildung 3: Schematischer Aufbau des aktiven Zentrums A) der NiFe-Hydrogenase aus Desulfovibrio gigas nach der von VOLBEDA et al. (1995) aufgelösten Kristallstruktur und B) der NiFeSe-Hydrogenase Desulfomicrobium baculatum nach GARCIN et al. (1999). X steht für das gebundene Hydridion. In B) sind nur die Liganden um das Ni-Atom eingezeichnet. 1.1.1.3. NiFeSe-Hydrogenasen Neben Eisen-Ionen, Nickel-Ionen und säurelabilem Schwefel konnte Selen im aktiven Zentrum von Hydrogenasen nachgewiesen werden. Dieser Enzymtyp findet sich in sulfatreduzierenden (RIEDER et al., 1984; TEIXEIRA et al., 1986, 1987) und methanogenen Bakterien (YAMAZAKI, 1982; SORGENFREI et al., 1993). Sie können als eine Untergruppe der NiFe-Hydrogenasen angesehen werden. Ein Nickel koordinierendes Cystein (Abbildung 3) wird in diesen Enzymen durch Selenocystein substituiert, bei dem der Schwefel durch Selen ersetzt ist (GARCIN et al., 1999). Die Funktion des Selens als Ligand des Nickels im aktiven Zentrum dieser Hydrogenasen ist noch nicht geklärt. Selen und Schwefel haben ähnlich chemische Eigenschaften und es ist bereits von anderen pro- und eukaryontischen Enzymen wie der Glutathion-Peroxidase (CHAMBERS et al., 1986) und der Formiat-Dehydrogenase (AXLEY et al., 1991) bekannt, daß Selen als Ligand von Metallzentren an Redoxreaktionen beteiligt ist. Als mögliche Funktion des Selens in Hydrogenasen wird eine Modulation der katalytischen Aktivität diskutiert (MARGANIAN-GLODMAN & MASCHARAK, 1995). -5-

1.1.1.4. Metallfreie Hydrogenasen Aus dem Archaebakterium Methanobacterium thermoautotrophicum konnte neben 3 unterschiedlichen NiFe-Hydrogenasen (KUNKEL et al., 1998) auch ein metallfreies, wasserstoffumsetzendes Enzym isoliert und charakterisiert werden (ZIRNGIBL et al., 1990, 1992, KLEIN et al., 1995; Hartmann et al., 1996; Afting et al., 1998). Es handelt sich dabei um die wasserstoffbildenden Methylentetrahydromethanopterin-Dehydrogenase. Es wird jedoch noch kontrovers diskutiert, ob es sich bei diesem Enzym um eine Hydrogenase im engeren Sinne handelt. So wird wahrscheinlich nicht der Wasserstoff selbst, sondern das Substrat duch das Enzym aktiviert. 1.1.2. Physiologie prokaryontischer Hydrogenasen Hydrogenasen erfüllen in zahlreichen prokaryontischen Organismen mit Wasserstoffmetabolismus wichtige Funktionen im Energiehaushalt (zur Übersicht: ADAMS et al., 1981). Bei einer Vielzahl fermentativer Bakterien findet der Wasserstoffmetabolismus nur unter Sauerstoffausschluß statt. In solchen obligat oder fakultativ anaeroben Bakterien werden die in fermentativen Stoffwechselprozessen anfallenden Reduktionsäquivalente durch Oxidation regeneriert, wobei die Elektronen im letzten Schritt durch Hydrogenasen auf Protonen als alleinige Elektronenakzeptoren übertragen werden. Beispiele hierfür sind Arten der Gattungen Clostridium und Escherichia. Andererseits erlaubt eine Aufnahme und durch die Hydrogenase katalysierte Oxidation die Nutzung von molekularem Wasserstoff als alleinige Elektronenquelle zur Reduktion der terminalen Elektronenakzeptoren wie z.b. Sulfat, Nitrat, Kohlendioxid oder Fumarat (z.b. Desulfovibrio, Pseudomonas und Methanobacterium). Dabei tragen die meist membrangebundenen Hydrogenasen durch die Bildung eines Protonengradienten zur ATP- Produktion bei. Eine Besonderheit stellt hierbei der Wasserstoffkreislauf in sulfatreduzierenden Bakterien dar (Desulfovibrio). Hier wird im Cytosol z.b. Lactat oxidiert und die Elektronen durch eine cytosolische Hydrogenase auf Protonen übertragen. Der entstehende Wasserstoff diffundiert durch die Cytoplasmamembran in das Periplasma, wo er durch eine periplasmatische Hydrogenase oxidiert wird. Die Elektronen werden über ein Cytochrom c 3 zurück ins Cytoplasma transferiert, wo sie zur Sulfatreduzierung zur Verfügung stehen. Es entsteht also ein Protonengradient über der Membran, wobei jedoch im Gegensatz zum chemiosmotischen Mechanismus nach MITCHELL (1961) nicht Protonen, sondern Elektronen durch die Membran transportiert werden (ODUM & PECK, 1981). -6-

Aber auch in obligat aeroben Knallgasbakterien (z.b. Alcaligenes), die in Anwesenheit von Wasserstoff als alleiniger Energiequelle und Kohlendioxid als alleiniger Kohlenstoffquelle wachsen, erlaubt die Oxidation von molekularem Wasserstoff und die Elektronenübertragung auf den terminalen Elektronenakzeptor Sauerstoff die Erzeugung von ATP durch Elektronentransportkettenphosphorylierung. In diesen Organismen erfolgt eine direkte Reduktion von NAD + mit Wasserstoff zu NADH in einer durch die Hydrogenase katalysierten Reaktion. Die Versorgung der Organismen mit ATP und NADH, die in assimilatorischen Stoffwechselvorgängen verwendet werden können, findet also letztlich allein durch die Oxidation von molekularem Wasserstoff statt. Auch in phototrophen Bakterien (z.b. Rhodopseudomonas, Chlorobium) wurden Hydrogenasen gefunden (BOICHENKO & HOFFMANN, 1994). Durch sie kann Wasserstoff neben Schwefelwasserstoff und organischen Substraten als Elektronendonator fungieren. Die Produktion von Wasserstoff ist bei ihnen jedoch immer an Fermentationen oder Nitrogenasereaktionen gebunden. Eine Photowasserstoffbildung konnte bei phototrophen Bakterien noch nicht beobachtet werden (BOICHENKO & HOFFMANN, 1994), obwohl das Redoxpotential des ersten stabilen Elektronenakzeptors bei Grünen Schwefelbakterien theoretisch ausreichen würde, um Protonen mittels einer Hydrogenase zu reduzieren (Abbildung 4). 1.1.3. Physiologie cyanobakterieller Hydrogenasen Wegen ihrer unter Prokaryonten einzigartigen oxygenen Photosynthese mit zwei aufeinanderfolgenden Photosystemen, und als größte photosynthetische Prokaryontengruppe sollen die Cyanobakterien hier gesondert betrachtet werden. Neben einer an die stickstoffreduzierende Nitrogenase funktionell verknüpfte Wasserstoffbildung (HAYSTEAD et al., 1970; BENEMANN & WEARE, 1974a) wurden bei Cyanobakterien zwei Hydrogenasen gefunden (HOUCHINS, 1984; KENTEMICH et al., 1990). -7-

R E D O XP O TE N TI A L -1,20 V -1,00 V -0,80 V -0,60 V -0,40 V -0,20 V 0,00 V 0,20 V 0,40 V 0,60 V 0,80 V 1,00 V h v P 840 * P 700 * e - e - P P 680 * 870* e - Fd Fd +2e - e - 2H + H 2 Q B Q B P 840 e - Grüne Bakterien P 870 e - e - P 700 Purpur-Bakterien Photosystem I H 2H+ P 680 2 O + + 1/2 O 2 e - 2e - Photosystem II Abbildung 4: Theoretische Möglichkeit von photosynthetischen Mikroorganismen Wasserstoff zu produzieren. Q B (Chinon) bzw. Fd (Ferredoxin) bezeichnen die ersten stabilen und mobilen Elektronenakzeptoren der Photosysteme (verändert nach WÜNSCHIERS et al., 1998). Die y-achse bezeichnet das Standard-Redoxpotential. Die eine vermittelt die Aufnahme des durch die Nitrogenase-Reaktion entstandenen molekularen Wasserstoffs (BENEMANN & WEARE, 1974b). Diese uptake-hydrogenase kommt daher in stickstoffixierenden Cyanobakterien vor. Wahrscheinlich wird der Wasserstoff wie in Knallgasbakterien auf Sauerstoff übertragen, wodurch die Inaktivierung der Nitrogenase durch Sauerstoff unterbunden wird. Die zweite Hydrogenase kommt auch bei nichtstickstoffixierenden Cyanobakterien vor und katalysiert sowohl die Aufnahme als auch die Entwicklung von molekularem Wasserstoff (HOUCHINS & BURRIS, 1981). Sie wird auch als bidirektionale oder reversible Hydrogenase bezeichnet und ist funktionell nicht an die Fixierung von Stickstoff gebunden (APPEL & SCHULZ, 1998). Es wird vermutet, daß die reversible Hydrogenase funktionell an den NADH-Dehydrogenase Komplex der Atmungskette gekoppelt ist (SCHMITZ & BOTHE, 1996; APPEL & SCHULZ, 1996, 1998), die bei Cyanobakterien mit den Komplexen des Photosyntheseapparates auf einer Membran liegt. APPEL & SCHULZ (1998) diskutieren eine mögliche Funktion dieser NiFe-Hydrogenase bei der Regulation der Photosynthese. Erst kürzlich konnte bei dem Cyanobakterium Oscillatoria -8-

chalybea massenspektrometrisch eine sehr geringe lichtabhängige Wasserstoffproduktion gemessen werden (ABDEL-BASSET & BADER, 1997). Möglicherweise stellen die cyanobakteriellen Hydrogenasen ein phylogenetisches Bindeglied zwischen den bisher behandelten prokaryontischen Hydrogenasen und den Hydrogenasen eukaryontischer Grünalgen dar. 1.1.4. Physiologie eukaryontischer Hydrogenasen Im Gegensatz zu den sowohl biochemisch als auch genetisch eingehend untersuchten und charakterisierten Hydrogenasen aus prokaryontischen Organismen, ist bisher über Hydrogenasen in Eukaryonten nur wenig bekannt (zur Übersicht: BOICHENKO & HOFFMANN, 1994; HAHN & KÜCK, 1994; SCHULZ, 1996). Vor über 50 Jahren entdeckte GAFFRON (GAFFRON, 1939a, b, 1940; GAFFRON & RUBIN, 1942), daß einige Grünalgen unter bestimmten Bedingungen molekularen Wasserstoff aufnehmen bzw. entwickeln können. In den nachfolgenden Jahren konnten in einer Vielzahl von Algenspezies, hauptsächlich der Klassen Chlorophyceae, Euglenophyceae, Phaeophyceae und Rhodophyceae Hydrogenaseaktivitäten nachgewiesen werden (KESSLER, 1974; BOICHENKO & HOFFMANN, 1994). Außer in Algen konnte der Metabolismus von Wasserstoff bislang nur in einigen Trichomonaden und Ciliaten (LINDMARK & MÜLLER, 1973, LINDMARK et al., 1975; AKHMANOVA et al., 1998) und in anaeroben Pilzen (YARLETT et al., 1986) sicher nachgewiesen werden. Diese Organismen besitzen an Stelle von Mitochondrien Hydrogenosomen, in denen Pyruvat oder Malat zu Acetat, CO 2 und H 2 abgebaut wird. Eine aus dem Pilz Neocallimastix sp. L2 gereinigte Hydrogenase scheint vom NiFeSe-Typ zu sein (MARVIN-SIKKEMA et al., 1993). Hydrogenase-Aktivitäten sind bisher außerdem noch von Moosen (BEN-AMOTZ et al., 1975) und Gerste (TORRES et al., 1986) berichtet worden. Es gibt hierüber jedoch keine biochemischen Daten. Auch konnte nicht zweifelsfrei gezeigt werden, ob die Hydrogenaseaktivitäten nicht auf bakterielle Kontaminationen zurückzuführen sind. 1.1.5. Wasserstoff-Metabolismus in Grünalgen Die Enzymaktivitäten der Hydrogenasen treten erst nach einer mehr oder weniger langen Dunkelinkubation der Algen unter anaeroben Bedingungen (anaerobe Adaptation) auf, wobei die Länge dieser anaeroben Adaptationsperiode von dem verwendeten Organismus abhängt (BISHOP, 1966; WARD, 1970a, b; KESSLER, 1974; BEN-AMOTZ, 1979). Die durch Hydrogen- -9-

asen vermittelten Reaktionen können in lichtabhängige und lichtunabhängige Reaktionen unterteilt werden. Unter anaeroben Bedingungen findet eine lichtabhängige CO 2 -Fixierung statt, wobei anders als bei der photosynthetischen CO 2 -Fixierung molekularer Wasserstoff als Reduktionsmittel genutzt wird. Dieser Vorgang wurde "Photoreduktion von CO 2 " genannt und ist in Abbildung 5 (oben) dargestellt (GAFFRON 1939b, 1944). Die Photoreduktion setzt die Anwesenheit von CO 2 und Wasserstoff, der in hohen Konzentrationen vorliegen muß, voraus. Werden die Algen dagegen unter anaeroben Bedingungen in Abwesenheit von Wasserstoff gehalten, so reagieren die Zellen bei Belichtung mit einer Wasserstoffentwicklung, der sogenannten "Photowasserstoffbildung" (Abbildung 5 (unten)) (GAFFRON & RUBIN, 1942). Da Grünalgen keinen Nitrogenase-Komplex besitzen, werden diese Reaktionen allein durch Hydrogenasen katalysiert. Bis zum Beginn dieser Arbeit bestand noch keine Klarheit darüber, ob sowohl die lichtabhängige Wasserstoffaufnahme als auch die lichtabhängigen Wasserstoffproduktion in Scenedesmus von einer oder zwei Hydrogenasen bewerkstelligt werden (FRANCIS, 1989). Neben der lichtabhängigen Photoreduktion von CO 2 und Photowasserstoffbildung ist in Grünalgen auch eine lichtunabhängige H 2 -Aufnahme und H 2 -Produktion möglich. Die Reaktionsumsätze der Dunkelreaktionen stellen allerdings nur einen verschwindend geringen Prozentsatz der lichtabhängigen Reaktionen dar (SCHULZ, 1996). 1.1.5.1. Photoreduktion von CO 2 Bei der Photoreduktion von CO 2 nehmen die anaerob adaptierten Zellen in einer CO 2 /H 2 - haltigen Atmosphäre beide Gase im Verhältnis 1:2 auf. Die Photoreduktion ist DCMUinsensitiv (nur Photosystem I ist beteiligt) und kann nur bei geringen Lichtintensitäten beobachtet werden. Bei höheren Lichtintensitäten führt vermutlich der durch die Photosynthese gebildete Sauerstoff zum Verlust der Hydrogenaseaktivität. Daher kann die Rate der Photoreduktion durch DCMU und damit durch Ausschalten von Photosystem II und der O 2 -Produktion bei höheren Lichtintensitäten gesteigert werden. Auch Mutanten von Scenedesmus, denen das Photosystem II fehlt, zeigen normale Raten der Photoreduktion (GAFFRON, 1944; BISHOP & GAFFRON, 1962; GINGRAS et al., 1963; BISHOP et al., 1977). Die Photoreduktion kann durch Entkoppler der chloroplastidären Phosphorylierung gehemmt werden (GAFFRON, 1944; GINGRAS et al., 1963), da keine Energie meht in Form von ATP, die zur CO 2 -Fixierung benötigt wird, nachgeliefert werden kann. -10-

H 2 2 H + HYDROGENASE hv PQ 2 e - Cyt b f 6 ADP 2 e - Fd hv 2 e - NADPH ATP PS I PS II CO 2 Calvin- Zyklus Kohlenhydrate 4 H + 4 e - Fd 4 e - HYDROGENASE 2 H 2 hv PQ Cyt b f 6 ADP ATP 4 e - PS I hv PS II 2 H 2 O 4H + +O 2 4 e - fermentativer Abbau organischer Kohlenstoffverbindungen Abbildung 5: Schematische Darstellung der bisherigen Vorstellungen über die Elektronenflüsse bei der Photoreduktion von CO 2 (oben) und der Photowasserstoffbildung (unten) (verändert nach WÜNSCHIERS & SCHULZ, 1998). Erläuterungen im Text. -11-

Ebenso ist die Photoreduktion durch DMBIB hemmbar, was auf eine Beteiligung des Plastochinon-Pools im Elektronentransportweg bei der Photoreduktion hinweist. Wie in der Abbildung 5 (oben) dargetellt, wird bisher davon ausgegangen, daß die Elektronen der Wasserstoffoxidation direkt auf Plastochinon übertragen werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein alternativer Reaktionsweg vorgeschlagen. 1.1.5.2. Photowasserstoff-Produktion Der Mechanismus der lichtabhängigen Wasserstoffproduktion in Grünalgen ist seit der Entdeckung dieser Reaktion durch GAFFRON & RUBIN (1942) kontrovers diskutiert worden und letztlich noch nicht vollständig aufgeklärt. Aus der Lichtabhängigkeit dieser Reaktion vermutete schon GAFFRON einen Zusammenhang zwischen Photosynthese und Photowasserstoffbildung, was durch den Einsatz von Hemmstoffen der Photosynthese oder an Mutanten bestätigt werden konnte (BISHOP, 1966; BISHOP & SENGER, 1971; KESSLER, 1974; BISHOP et al., 1977; POW & KRASNA, 1979; RANDT & SENGER, 1985). In Organismen wie Chlamydomonas, Chlorella und Scenedesmus laufen die Sauerstoffund Wasserstoffentwicklung bei schwacher Lichteinstrahlung simultan ab. Sie sind in einem gewissen Umfang DCMU-sensitiv, was auf eine Beteiligung des Photosystems II am Elektronennachschub für die lichtabhängige Wasserstoffproduktion hinweist. Dafür sprechen auch Untersuchungen mit Mangan-defizienten Kulturen und Versuche mit Mutanten, denen das Photosystem II fehlt (BISHOP & GAFFRON, 1963; KESSLER, 1974; BISHOP et al., 1977). Ein weiterer Hinweis dafür konnte durch Untersuchungen an der lichtabhängig ergrünenden Pigmentmutante C-2A von Scenedesmus erhalten werden (RANDT & SENGER, 1985; RANDT et al., 1985). Andererseits konnte in den gleichen Organismen eine DCMU-insensitive Wasserstoffentwicklung bei einem gleichzeitigen CO 2 -Ausstoß beobachtet werden. In Anwesenheit von Inhibitoren des Photosystems II und an den oben erwähnten Mutanten ließ sich die DCMU-insensitive Wasserstoffproduktion durch Glukosegabe steigern (KALTWASSER et al., 1969; BISHOP & SENGER, 1971). In diesem Fall könnten Elektronen aus Reduktionsäquivalenten des fermentativen Stoffwechsels durch die Hydrogenase in den Plastochinon-Pool und über Photosystem I in den Endteil der Elektronentransportkette des Chloroplasten eingeschleust werden (Abbildung 5 (unten)). Dagegen wird die lichtabhängige Wasserstoffproduktion durch Blockieren des Elektronentransports durch DBMIB nahezu vollständig unterbunden, was ebenfalls auf ein Einspeisen der Elektronen in den Plastochinon-Pool hinweist. Durch den Einsatz von Mutanten, die kein Photosystem I -12-

besitzen, konnte gezeigt werden, daß dieses zur lichtabhängigen Photowasserstoffproduktion unerläßlich ist, da diese Zellen unter keinen Umständen Photowasserstoffbildung zeigten (BISHOP et al., 1977). Entkoppler der chloroplastidären Phosphorylierung, die nach der anaeroben Adaptation zugegeben wurden, zeigten bei der Photowasserstoffbildung keinen Effekt (HEALEY, 1970; BEN-AMOTZ, 1979; LIEN & SAN PIETRO, 1981). Daraus kann man schließen, daß hier im Gegensatz zu der lichtunabhängigen Wasserstoffproduktion keine Energie in Form von ATP zur Wasserstoffproduktion benötigt wird. Da reduziertes Methylviologen mit einem Standard-Redoxpotential von E 0 ' = -446 mv in vitro als Elektronendonator der Wasserstoffproduktion eingesetzt werden kann, ist eine Lokalisation des Enzyms in vivo auf einer entsprechenden Potentialstufe, wahrscheinlich nahe dem Ferredoxin (E 0 ' = -440 mv), zu erwarten (GRAY & GEST, 1965; SCHLEGEL & SCHNEIDER, 1978; BEN-AMOTZ, 1979). Dieser Sachverhalt wird in dieser Arbeit detailiert behandelt werden. Die Herkunft der zur Wasserstoffbildung benötigten Protonen ist noch nicht endgültig geklärt. Hierfür sind zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen: Zum einen kann der Wasserstoff durch die Reduktion von Protonen mittels einer reduzierten Komponente (z.b. NADPH) gebildet werden (BISHOP et al., 1977; BEN-AMOTZ, 1979). Zum anderen können, analog zur Arbeitsweise der Hydrogenasen in vitro, die Protonen aus dem Medium (in vivo dem Chloroplasten-Stroma) stammen (HEALEY, 1970; MITSUI & KUMAZAWA, 1977). In beiden Fällen ist die Quelle der Protonen aber letztlich die Wasserspaltung. Die zur Reduktion der Protonen benötigten Elektronen werden aus der Elektronentransportkette der Chloroplasten entnommen. Über die Bedeutung der Photowasserstoff-Produktion bei Grünalgen liegen bisher noch keine fundierten Daten vor. In dieser Arbeit wird eine mögliche Funktion der Hydrogenase bei der Regulation der Photosynthese nach Dunkel-Licht-Übergängen unter anaeroben Bedingungen diskutiert. 1.1.6. Hydrogenasen in der Grünalge S. obliquus Unter den Grünalgen wurde in den vergangenen Jahrzehnten neben der Hydrogenase von Scenedesmus hauptsächlich die Hydrogenase von Chlamydomonas physiologisch untersucht (ABELES, 1964; ERBES et al., 1979; ROESSLER & LIEN, 1982; ROESSLER & LIEN, 1984a, b, c; HAPPE et al., 1994). Auf dem proteinchemischen Gebiet wurden bislang die Hydrogenasen -13-

von S. obliquus (SCHNACKENBERG et al., 1993), Chlamydomonas reinhardtii (HAPPE & NABER, 1993) und von Chlorococcum littorale (UENO et al., 1999) bis zur Homogenität gereinigt. Interessanterweise scheint es sich dabei um sehr unterschiedliche Enzyme zu handeln. So wird für Chlamydomonas von einer monomeren, Ni-freien Hydrogenase mit einem Molekulargewicht von 48 kda berichtet (HAPPE et al., 1994), während Scenedesmus eine Hydrogenase aus mindestens zwei Untereinheiten mit Molekulargewichten von 36 und 55 kda enthält, die wahrscheinlich Ni-haltig ist (SCHNACKENBERG et al., 1993; ZINN et al., 1994). Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit bestätigt werden. Wie bereits von FRANCIS (1989) vermutet, konnte in S. obliquus eine weitere Hydrogenase, vom Fe-Typ molekularbiologisch durch PCR-Technik und cdna-klonierung nachgewiesen werden (SCHULZ et al., 1998). Noch ist aber nicht bekannt, ob und unter welchen Bedingungen dieses Enzym exprimiert wird. Die Hydrogenase aus Chlorococcum besteht aus einem 55 kda großen Protein, dessen Metallgehalt noch nicht untersucht wurde (UENO et al., 1999). Inaktivierungs- und Reaktivierungsversuche an einer Hydrogenase aus S. obliquus ergaben bislang, daß Sauerstoff das Enzym irreversibel inaktiviert (URBIG et al., 1993). Im zellfreien Extrakt erfolgt die Inaktivierung durch Sauerstoff jedoch etwa um den Faktor 2 langsamer als in vivo, woraus auf die Präsenz eines die Inaktivierung regulierenden Faktors geschlossen wurde. Tatsächlich konnte im Rahmen meiner Diplomarbeit gezeigt werden, daß die Hydrogenase konstitutiv vorliegt und nicht erst bei der Adaptation gebildet wird. Dies unterstützt die These, wonach die Hydrogenaseaktivität durch andere Komponenten reguliert werden muß. In dieser Arbeit wird sowohl die Inaktivierung der Hydrogenase durch Sauerstoff, als auch deren Regulation neu beleuchtet. 1.2. Photobiologischer Wasserstoff als Energiequelle Die einzige praktisch unerschöpfliche Energiequelle auf der Erde ist die Sonne. Die auf die Erde treffende Energiemenge (im Mittel 350 J s -1 m -2 ) ist etwa 10.000x so groß wie der derzeitige Weltenergiebedarf. Stünde ein Solarenergiesystem mit einem Wirkungsgrad von nur 5% zur Verfügung, so würde eine Fläche von rund einem Zehntel der Sahara ausreichen, um den Weltenergiebedarf durch Sonnenenergie zu decken. Für die Nutzung ist allerdings das grundsätzliche Problem der tages- und jahreszeitlichen Fluktuation zu lösen. Hierzu ist die Speicherung und der Transport von photobiologisch produziertem Wasserstoff gut geeignet, da er den höchsten spezifischen Energiegehalt mit 142 MJ/kg besitzt. Außerdem wird bei der -14-

Energiefreisetzung durch eine geregelte Knallgasreaktion in z.b. Brennstoffzellen nur Wasser als Endprodukt frei. Die derzeit dominierende Technik zur Solarwasserstoffgewinnung ist die Photovoltaik. Hierbei wird durch solar erzeugten Strom Wasser elektrolytisch in molekularen Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Einer großtechnischen Nutzung stehen gegenwärtig die hohen Kosten für die Produktion entsprechender Anlagen im Wege. Für die biologische Wasserstoffgewinnung kommen prinzipiell drei Stoffwechselprozesse in Frage: 1) Gärung: aus organischen Verbindungen werden bei gärenden Bakterien H 2, CO 2 und oxidierte organische Verbindungen gebildet, wobei die Energie aus der organischen Verbindung selbst stammt 2) anoxygene Photosynthese: aus organischen Substraten oder reduzierten Schwefelverbindungen werden bei phototrophen Bakterien unter Verwendung der Sonnenenergie H 2 und CO 2 oder oxidierte Schwefelverbindungen gebildet 3) oxygene Photosynthese: aus Wasser werden bei Cyanobakterien hauptsächlich durch die Nitrogenase und bei Grünalgen ausschließlich durch die Hydrogenase unter Verwendung der Sonnenenergie letztlich H 2 und O 2 gebildet In bezug auf die Nutzung der Endprodukte zur Energiegewinnung ist die oxygene Photosynthese den anderen Stoffwechselprozessen deutlich überlegen. Nur dieser Prozess stellt ein zyklisches System dar, bei dem die Nutzung des Produktes (Wasserstoff) wieder das Substrat (Wasser) freisetzt. Weiterhin wird die zur Wasserspaltung aufgewandte Energie dem Sonnenlicht entnommen. Obwohl es Cyanobakterienmutanten ohne eine "uptake"-hydrogenase gibt, der gesamte durch die Nitrogenase gebildete Wasserstoff also frei wird, ist deren Wasserstoffbildungsaktivität den Grünalgen etwa um den Faktor 10 unterlegen (BOICHENKO & HOFFMANN, 1994). Um das Potential der Photowasserstoffbildung durch Grünalgen nutzen zu können, ist es zunächst notwendig die Mechanismen der Sauerstoffhemmung der Hydrogenasen sowie deren Induktion zu verstehen. Hierzu sind sowohl weitere molekularbiologische als auch proteinbzw. enzymchemische Untersuchungen des Hydrogenasesystems unerläßlich. -15-

1.3. Weitere untersuchte Proteine, die mit der Hydrogenase aus S. obliquus im Zusammenhang stehen Im folgenden sollen kurz drei Proteinklassen vorgestellt werden, die im Rahmen dieser Arbeit eingehender untersucht wurden. Ferredoxine und Cytochrome stellen dabei häufige Elektronendonatoren bzw. -akzeptoren dar, während Thioredoxin ein Redoxmodulator ist. 1.3.1. Ferredoxine Ferredoxine sind typische "non-heme" Fe-Proteine. Ihr Molekulargewicht liegt zwischen 6 und 25 kda. Sie sind an einer Reihe biologischer Reduktions-Oxidations-Prozesse beteiligt, wobei einzelne Elektronen zwischen den Redoxpartnern vermittelt werden. Ihr Standard- Redoxpotential kann zwischen -500 und +350 mv liegen. Das Standard-Redoxpotential des Ferredoxins von S. obliquus liegt bei -385 mv (CAMMACK et al., 1977). Als prosthetische Gruppe tragen sie [Fe-S]-Cluster, die meist über Cysteine koordinativ gebunden sind. Nach der Art und Anzahl ihrer [Fe-S]-Cluster lassen sich die Ferredoxine in 5 Klassen einteilen: [2Fe-2S]-, [3Fe-4S]-, [4Fe-4S]-, [3Fe-4S]-[4Fe-4S]- und 2[4Fe-4S]-Ferredoxine (AONO et al., 1995). Das Redoxpotential der [Fe-S]-Cluster ist von seiner Struktur und der Proteinumgebung abhängig. Einige typische chemische und spektroskopische Daten für die drei häufigsten Ferredoxin-Typen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Tabelle 1: Charakteristische chemische und spektroskopische Daten der drei häufigsten Ferredoxin-Typen (verändert nach LIPPARD & BERG, 1995). Typ Cluster Oxidationszustand 2Fe 3Fe 4Fe [2Fe-2S] [3Fe-4S] [4Fe-4S] formale Wertigkeit -16- ESR g-werte (Temp.) λ max [nm] oxid. 2Fe 3+ keine 325; 420; 465 red. 1Fe 3+ 1,89; 1,95; 2,05 1Fe 2+ (< 100 K) Absorption um 50% reduziert oxid. 3Fe 3+ 1,97; 2,00; 2,02 305; 415; 455 (< 20 K) red. 2Fe 3+ 1Fe 2+ keine 425 oxid. 3Fe 3+ 2,04; 2,04; 2,12 1Fe 2+ 325; 385; 450 (< 100 K) Zwischenform 2Fe 3+ 2Fe 2+ keine 305; 390 red. 1Fe 3+ 1,88; 1,92; 2,06 3Fe 2+ uncharakteristisch (< 20 K)

Während 2Fe-Ferredoxine typischerweise bei Eukaryonten vorkommen und den Verzweigungspunkt am Ende der photosynthetischen Elektronentransportkette bilden, sind 3Fe- und 4Fe-Ferredoxine bei Prokaryonten zu finden. Sie sind hier an einer Vielzahl von Reaktionen beteiligt. Bei vielen Bakterien ist Ferredoxin der natürliche Elektronendonator für die durch Fe-Hydrogenasen katalysierte Wasserstoffproduktion. Im Verlaufe dieser Arbeit wurde der funktionelle Zusammenhang zwischen der Hydrogenase aus S. obliquus und Ferredoxin untersucht. 1.3.2. Cytochrome Cytochrome sind Hämoproteine und tragen Eisenporphyrine als redoxaktives Zentrum. Sie kommen in allen aeroben und vielen anaeroben Organismen vor. Cytochrome sind im wesentlichen an der Atmungskette sowie der photosynthetischen Elektronentransportkette, aber auch an einer Reihe weiterer biologischer Redoxprozesse beteiligt. Sie lassen sich in drei Hauptgruppen aufteilen, die in Tabelle 2 aufgeführt sind. Cytochrome des b- und c-typs konnten bei einer Reihe prokaryontischer Organismen als natürliche Elektronendonatoren bzw. -akzeptoren von Hydrogenasen nachgewiesen werden (BIANCO et al., 1992; HEIDEN et al., 1993; STEUBER et al., 1994; VERHAGEN et al., 1994). Dabei kann es sich um lösliche wie auch um membrangebundene Komponenten handeln. Tabelle 2: Charakteristika der Cytochrom-Hauptgruppen (Daten aus: YAMANAKA, 1988). Gruppe axiale Liganden des Häms α-peak Hämbindung Cytochrom a 2 x Histidin 587-607 koordinativ Cytochrom b 2 x Histidin 554-563 koordinativ Cytochrom c Histidin und Methionin 549-558 kovalent In einigen Algen und Cyanobakterien ersetzten Cytochrome vom Typ c 6 (früher Cyt. c 553 oder lösliches Cyt. f genannt) das Plastocyanin bei Kupfermangel. Teilweise kommen auch beide Elektronenmediatoren parallel vor (DAVIS et al., 1980). -17-

1.3.3. Thioredoxine Thioredoxine bilden eine Familie von kleinen Proteinen, die ubiquitär vorkommen (SCHEIBE, 1994, 1996; FOLLMANN & HÄBERLEIN, 1996; RUELLAND & MIGINIAC-MASLOW, 1999). Sie sind sehr hitzestabil und haben ein Molekulargewicht von etwa 12 kda. Das aktive Zentrum besteht aus zwei exponierten Cysteinresten, die reversibel zwischen der reduzierten Form (-SH) und einer intramolekularen Disulfidform (-S-S-) wechseln können. Thioredoxin reguliert in vielen Zelltypen die Aktivität von Enzymen durch eine Dithiol-Disulfid- Austauschreaktion. Meist bewirkt die Reduktion des Zielenzymes seine Aktivierung. Eine weitere Funktion der Thioredoxine ist die Beteiligung bei der Reduktion von Ribonukleotiden zu 2 -Desoxyribonukleotiden bei der DNA-Synthese. Hier wirkt es als Wasserstoffdonor für die Ribonukleotidreduktasen. Die Regeneration von Thioredoxin-S 2 erfolgt generell durch NADPH oder reduziertes Ferredoxin über das Flavoprotein Thioredoxinreduktase. In Pflanzen gibt es die meisten verschiedenen Thioredoxine und thioredoxin-abhängigen Enzyme. Über die Ferredoxin-Thioredoxin-Reduktase wird das Thioredoxin reduziert. Durch die Ferredoxinabhängigkeit spiegelt der Redoxzustand des Thioredoxinpools die Photosyntheseaktivität wider. Deshalb aktiviert es im reduzierten Zustand viele Enzyme, die an "Dunkelreaktionen" der Photosynthese (z.b. Calvin-Zyklus) beteiligt sind. Bislang ist in Pflanzen nur von der Glukose-6-phosphat-Dehydrogenase des oxidativen Pentosephosphatweges bekannt, daß sie durch reduziertes Thioredoxin inhibiert wird. Über die molekularen Wirkmechanismen ist bisher nicht viel bekannt. Als gesichert gilt, daß das Zielenzym exponierte Schwefelfunktionen tragen muß, die entweder zur Katalyse selbst notwendig sind oder deren Reduktion eine Konformationsänderung bewirken. Für S. obliquus wurden bisher vier Thioredoxine beschrieben (LANGLOTZ et al., 1986a, b; LANGLOTZ & FOLLMANN, 1987). PAPEN et al. (1986) konnten eine Aktivierung der uptake, nicht jedoch der reversiblen NiFe-Hydrogenase aus dem Cyanobakterium Anabaena PCC 7119 mit homologem, reduziertem Thioredoxin feststellen. Bei der NiFe-Hydrogenase aus Desulfovibrio gigas war keine Thioredoxinabhängigkeit meßbar (FERNANDEZ et al., 1985). Im Rahmen meiner Diplomarbeit konnte ich zeigen, daß Thioredoxin aus Escherichia coli die Hydrogenase aus S. obliquus inhibiert. Dieser Effekt wurde in dieser Arbeit weiter untersucht. -18-

2. PROBLEMSTELLUNG Obwohl der Wasserstoffmetabolismus bei Grünalgen bereits seit gut 6 Jahrzehnten untersucht wird, gibt es noch keine eindeutige Meinung über dessen Funktion. Während die Hydrogenasen noch heute bei vielen Bakterien essentieller Bestandteil des Stoffwechsels sind, scheinen sie bei Algen keine lebensnotwendige Rolle mehr zu spielen. So überwiegt gegenwärtig die Aufassung, daß es sich um ein phylogenetisches Relikt von den evolutionären Vorläufern der Algen handelt. Erstaunlich war deshalb der Befund, daß die NiFe-Hydrogenase in Scenedesmus obliquus konstitutiv exprimiert wird, unabhängig davon, ob die Algen anaerob adaptiert sind oder nicht. Zudem kann auch bei aeroben Zellen eine sehr schwache Hydrogenaseaktivität gemessen werden (HAPPE & NABER, 1993). Vor diesem Hintergrund war es das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Funktion des Wasserstoffmetabolismus bei der Grünalge S. obliquus zu untersuchen. Insbesondere wurde der Frage nachgegangen, ob, ähnlich wie bei Cyanobakterien vermutet (APPEL & SCHULZ, 1998), die Hydrogenase eine Funktion bei der Regulation der photosynthetischen Elektronenflüsse unter anaeroben Bedingungen hat. Voraussetzung für diese Untersuchungen war die Kenntnis der biochemischen Charakteristika des Enzyms. Bis dahin lagen kaum biochemische Daten eukaryontischer Hydrogenasen vor. Daher werden in dieser Arbeit zunächst diese, besonders im Hinblick auf natürliche Redoxpartner und die Regulation der Hydrogenase, besprochen werden. Erst während des Verlaufs dieser Arbeit wurde bekannt, daß in S. obliquus 2 Hydrogenasen, eine Fe- und eine NiFe-Hydrogenase, kodiert werden. Für die Diskussion der biochemischen Ergebnisse war es deshalb von Bedeutung sicherzustellen, welche der beiden Hydrogenasen untersucht wurde. Der Beurteilung, daß es sich bei den biochemischen und physiologischen Untersuchungen um die NiFe-Hydrogenase handelt, wurde daher große Aufmerksamkeit geschenkt. Die weltweit betriebene Erforschung insbesondere der Wasserstoffproduktion durch Mikroorganismen, erhält ihren Antrieb nicht zuletzt durch das Bestreben, biologisch produzierten Wasserstoff einer zukünftigen Wasserstoff-Energiewirtschaft zugute kommen zu lassen. Dem wird in einem eigenen Kapitel zur Entwicklung eines Modell-Bioreaktors Rechnung getragen. -19-

3. MATERIAL UND METHODEN 3.1. Untersuchter Organismus Alle Untersuchungen zu dieser Arbeit wurden an dem Wildtyp der einzelligen, eukaryontischen Grünalge S. obliquus durchgeführt (Stamm D3; GAFFRON, 1939a). Sie wird taxonomisch der Familie Scenedesmaceae der Ordnung Chlorococcales (= Protococcales) zugeordnet und kommt nahezu ubiquitär in β-mesosaproben Süßgewässern, d.h. in sauberen Teichen, Seen oder Flüssen, vor (UHERKOVICH, 1966). Scenedesmus vermehrt sich vegetativ durch die Bildung von Autosporen. Eine sexuelle Fortpflanzung wurde bislang nur unter Streßbedingungen, z.b. Stickstoffmangel, beobachtet. Dabei kann es zur Ausbildung von Zoiden kommen, welche untereinander kopulieren können (TRAINOR & BURG, 1965). Unter natürlichen Bedingungen bildet Scenedesmus Coenobien aus, deren Entwicklung in rasch wachsenden Kulturen oft ausbleibt. Die Zellen sind elliptisch bis spindelförmig und etwa 10 µm lang; in Kultur dagegen, besonders bei starkem Schütteln, sind die Zellen meist Rotationsellipsoide. Der größte Teil der Zelle ist von einem irregulär geformten Chloroplasten erfüllt. Die Zellwand enthält neben den Hauptkomponenten Cellulose und Pektin das Polycarotenoid Sporopollenin, welches zu einer hohen mechanischen Stabilität beiträgt (SHAW, 1970; PICKETT-HEAPS, 1975). Aufgrund ihrer guten Kultivierbarkeit (BEYERINCK, 1890), unter Zugabe von Glukose auch unter mixo- oder heterotrophen Bedingungen, ist Scendesmus schon seit dem letzten Jahrhundert Objekt physiologischer Untersuchungen. 3.2. Anzucht Algen-Stammkulturen wurden heterotroph im Dunkeln in 500 ml Erlenmeyerkolben mit 250 ml heterotrophem Nährmedium angezogen. Die Erlenmeyerkolben befanden sich in einem Standardinkubator (Typ G 25, New Brunswick Scientific Co. Inc., New Brunswick, New Jersey, USA) bei einer Schüttelgeschwindigkeit von 150 U/min und einer Temperatur von 30 C. Heterotrophe Kulturen wurden in 5 l Kulturflaschen mit 4.500 ml heterotrophem Nährmedium oder in 25 l Plastikkanistern mit 20 l heterotrophem Nährmedium angezogen. Diese standen in einem auf 30 C beheiztem Kulturraum und wurden mittels einer -20-

Membranpumpe, der ein Sterilfilter (0,2 µm Sterilfilter, Schleicher & Schüll, Dassel) vorgeschaltet war, durchlüftet. Das Animpfen erfolgte steril in einer Cleanbench mit 150 ml (5 l Kulturflaschen) bzw. 600 ml (20 l Plastikkanister) einer Algen-Stammkultur. Autotrophe Kulturen wurden in einem Lichtthermostaten (Kniese, Marburg) bei 28 C und Weißlicht einer Intensität von 20 W/m 2 ( 100 µe m -2 s -1 ) in Kulturröhren mit 3,7 cm Durchmesser und 250 ml autotrophem Nährmedium angezogen. Dabei wurde das Medium ständig mit Luft, angereichert mit 2% (v/v) CO 2, durchperlt. Als autotrophes Nährmedium diente die Stammlösung nach KESSLER et al. (1957), in der von BISHOP & SENGER (1971) optimierten Zusammensetzung, dem 0,1% (v/v) Spurenelementlösung A 5 nach KRATZ & MEYERS (1955) zugesetzt waren. Das heterotrophe Kulturmedium enthielt zusätzlich 0,5% (w/v) Glukose und 0,25% (w/v) Hefeextrakt (BISHOP & WONG, 1971). Autotrophes Nährmedium für S. obliquus (Endkonzentrationen) KNO 3 8 mm H 3 BO 3 45 µm NaCl 8 mm MnCl. 2 4H 2 O 0,08 µm Na 2 HPO 4. 2H2 O 1 mm ZnSO 4. 7H 2 O 0,7 µm NaH 2 PO. 4 2H 2 O 3 mm CuSO. 4 5H 2 O 0,3 µm CaCl. 2 2H 2 O 1 mm MoO 3 0,1 µm MgSO. 4 7H 2 O 100 µm Fe 2 (SO 4 ). 3 6H 2 O 7,5 µm Na-Citrat. 2H 2 O 550 µm Nach 3-4 Tagen Wachstum wurden die Algen wie in Abschnitt 3.7.1 beschrieben geerntet. 3.3. Bestimmung der Bezugsparameter 3.3.1. PCV-Bestimmung Zur Bestimmung des Volumens dichtest gepackter Zellen (= packed cell volume, PCV) wurde ein Aliquot von 1 ml Algensuspension in einem Hämatokritröhrchen 10 min bei 1.500 g (3.000 U/min) in einer Tischzentrifuge (Labofuge II, Heraeus Christ, -21-