Geographische Informationstechnologie Oliver Bender & Doreen Jens, Universität Bamberg BLOCK 1: 04.-06.05.2001 1.1 GIS-Einführung GIS-Definitionen GIS: Informationssystem geo oder geographisch "...a GIS is anything which displays geographic information..." (MAGUIRE 1999) "A GIS is a powerful set of tools for collecting, storing, retrieving at will, transforming and displaying spatial data from the real world." (BURROUGH P. A. & R. A. McDONNELL 1998) Ein Geo-Informationssystem ist ein rechnergestütztes System, das aus Hardware, Software, Daten und den Anwendungen besteht. Mit ihm können raum-bezogene Daten digital erfaßt und redigiert, gespeichert und reorganisiert, modelliert und analysiert sowie alphanumerisch und graphisch präsentiert werden. (BILL, R. & D. FRITSCH 1994) Workflow-Modell Erfassung - -Verwaltung - Abfrage und Analyse - Präsentation Warum GIS? Vor- und Nachteile von GIS GIS - Verwandtschaft und Konkurrenz Geographie Geodäsie - Vermessungswesen Kartographie Fernerkundung Statistik - Datenbanken Mathematik, Informatik, Computerwissenschaften ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- analoge Kartenproduktion Kartographie- und CAD-programme Datenbank-, Statistikprogramme GIS-Komponenten (1-4) 1 Hardware 2 Software GIS-Browser GIS-Programme Komponententechnologie und OPEN-GIS 3 Daten "Bits" Metadaten Daten als Informationsträger Sachdaten Geodaten - Geometrie - Topologie 4 Organisation und Personal GIS-Geschichte GIS - Info-Ressourcen (1-3)
1.2 GIS-Anwendungsbeispiele Management natürlicher Ressourcen Geoökologie - http://www.stmk.gv.at/land/gis/default_atlas_umwelt.htm Naturschutz/Artenschutz Umweltinformationssysteme - http://www.wien.gv.at/ma22/messstat.htm Regional- und Landesplanung Kommunale Informationssysteme Leitungs- und Transportnetzwerke Business Geographics 1.3 Geodaten und Modellierung Modell und Objekt Modell Entität Symbol Objekte! Objekttypen Objekteigenschaften: Identifier - Lage - Attribute Attributwerte in Skalen eingeordnet Vektormodell (1/2) "All geographical data can be reduced to three basic topological concepts - the point, the line and the area." (Burrough, 1986) Vektor = Koordinatentupel (x,y) (x,y,z), die unterschiedliche räumliche Dimensionen aufspannen Punkte Linien Flächen Attributisierung über Schlüsselnummern CAD! Geometrie "! Schlüssel "!Attribute " DB [GIS] Vektor-Datenstrukturen (1) Spaghetti-Daten: topologische Datenstrukturen: Netzwerktopologie! Knoten und Kanten Polygontopologie! Flächen durch Verweise auf Liniensegmente aufgebaut (ArcInfo) Laufzeit-Topologie: topologische Beziehungen erst zur Laufzeit "on-the-fly" von Software ermittelt ArcView-Shapefile (Laufzeit-Topologie).shp! shapefile! Hauptdatei mit der Objektgeometrie.shx! index file! Index der Objektgeometrie, erlaubt als "Schlüssel" direkten Zugang zu den Einträgen im Shapefile.sbx und.sbn! spatial index of the features! hier werden bei räumlichen Abfragen topologische Beziehungen analysiert und gespeichert, keine permanente Verwaltung.dbf! dbase-attributdatei Komplexe Objekte durch Kombination anderer Objekte gebildet: Vorteile: geometrische Grundbausteine beliebig oft in unterschiedlichem Kontext verwendet deren Änderungen sofort in allen darauf aufbauenden Objekten reflektiert Übung: Vektor-Polygontopologie (1)
Rastermodell (1/2) tesselation: Gitterpunkte - Rasterfläche regelmäßige Zelleinteilung: Quadrat, Rechteck, Dreieck, Sechseck Sachinfo - Zuordnung des Wertes zur Zelle Geometrieinfo räumlich-geometrisches Referenzsystem implizit Datentyp: binäre Raster: 4, 8, 16, 32 bit Rasterstruktur Matrix, versch. Scan-Orders Lauflängencodierung Quadtrees reversibel vs. irreversibel Mehrkanalbilddaten BIP (band interleaved by pixel) BIL (band interleaved by line) BSQ (band sequential) 3D-Raster mit Voxeln (3D-Pixel = Block) - Kompression durch Octtree-Adressierung Hybride Datenmodelle derzeit in Softwareprodukten erst ansatzweise realisiert! Raster- vs. Vektormodell RASTER Raum-Perspektive disaggregierend (zerlegend) Bild-orientiert algorithmisch einfacher Geometrie impliziert in Abfolge der Bildelemente ein Attribut impliziert Kontinua (Modellierung durch regelmäßige Punkteraster) an kartesischem Koordinatensystem orientierte, neutrale Erhebung (Zufallsstichprobe) Fernerkundungsdaten Raster-Erhebungstechniken (Planquadrate, Hektarraster) v.a. kleinmaßstäbige Darstellungen, in der physischen Geographie VEKTOR Objekt-Perspektive aggregierend (aufbauend) Abstraktions-orientiert strukturell mächtiger explizite Modellierung beliebig viele Attribute angehängt Diskreta an realen Objekten (z.b. Gebäude, Parzellen) orientierte Erhebung administrative Grenzen Zonierung für sonstige sozialräumliche Daten v.a. großmaßstäbige Darstellungen und in der Kulturgeographie Layer- vs. Objektmodell (1/2) Layermodell Objektorientiertes Datenmodell ANSI-SPARC Schema schrittweise Abstraktion vom konzeptuellen Modell der realen Welt bis zum physischen Datenmodell in der EDV American National Standards Institute, Standards' Planning and Requirement Comittee standardisierte Methodologie zum Entwurf komplexer Informationssysteme mehrere Modellierungsphasen von jeweils fortschreitender Abstraktion schrittweiser Übergang von realer Welt auf ein computergerechtes Modell externes Modell - konzeptuelles Modell - logisches Modell - physisches Modell
1.4 Oberflächenmodelle Oberflächenmodelle (surface models) Oberflächenarten: direkt und überall beobachtbar -> Geländeoberflächen punktuell zu beobachten -> geologische Schichten, Grundwasser, Druckverteilung thematische Oberflächen -> Niederschlagssummen Oberflächendarstellung: Stützpunkte listenartig beschrieben Bsp. Digitales Geländemodell (DGM) -> wird mit einem digitalen Höhenmodell (DHM) beschrieben - sowohl regelmäßig als auch unregelmäßig verteilte Punkte Regelmäßige Raster (GRID) jeder Zelle genau 1 Höhenwert (Z-Wert) zugeordnet Datenerfassung : Meßpunkte meist unregelmäßig verteilt -> durch Interpolation in regelmäßige Rasterstruktur überführt werden markante Meßpunkte oft nicht im Modell dargestellt TIN (Triangulated Irregular Network) / Aufbau eines TIN Punkte in Abhängigkeit von der Geländecharakteristik unregelmäßig verteilt Triangulierung - Deiecksnetz generiert Delaunay-Triangulation: Datenstruktur und verwendete Algorithmen komplexer als beim Raster Vergleich Raster - TIN 2.1 Räumliche Bezugssysteme Koordinatensysteme Spezifikationen eines RBS beinhaltet Festlegungen zur verwendeten Projektion, zum geometrischen Modell, zu den Maßeinheiten Lokale / Globale Bezugssysteme: Typen von Koordinatensystemen Polarkoordinaten Kartesische Koordinatensysteme Krummlinige (kurvilineare) Koordinaten: Achsenanordnung rechtshändig - linkshändig Geographische Koordinaten Ziel: eindeutige Festlegung jedes Punktes der Erdoberfläche Sphärische Koordinaten: Koordinaten-Referenz-Systeme geodätisch / lokal homogen / zusammengesetzt Dimension Systemtyp Reihenfolge und Anordnung der Achsen Maßeinheiten
Erdmodell und Referenzsysteme physikalisches Erdmodell mathematisches Erdmodell geodätische Referenzmodelle Ellipsoide Ausgangspunkt -> Geodätisches Datum World Geodetic System aus dem Jahr 1984 (WGS84) Kartenprojektionen (1) Abbildungsflächen Kegel, Zylinder, Azimutalebenen Lagerung: normal, transversal, schief Koinzidenz mit der Erdoberfläche: tangential, sekant, polysuperfizial Kartenprojektionen (2) Verzerrungseigenschaften winkeltreue Projektionen Merkator-Projektion (normaler Zylinder) Gauß-Krüger (transversale Merkatorprojektion) Lambertsche konforme Kegelprojektion flächentreue Projektionen Alberts flächentreuer Kegelentwurf Lambergts flächentreuer Kegelentwurf Mollweide längentreue Projektionen Cassini, Cassini-Soldner Anwendungen (1/2) Gauß-Krüger-Projektion UTM-Projektion Schiefe Merkatorabbildung Wechsel von Koordinatensystemen Konversion Transformation Ähnlichkeitstransformation (Helmerttransformation) Affintransformation Polynominale Transformation RBS und GIS Erstellen und Speichern des Raumbezuges - Geokodierung - Georeferenzierung Übung: Koordinatentransformation http://home.t-online.de/home/bernd.scherer/koord.htm Umprojektion eines Datenbestandes von UTM in Gauss-Krüger-Koordinaten
2.2 Primärdatenerfassung Datenerfassung für GIS Datenerfassung Primärerfassung Sekundärerfassung Datenübertragung Aspekte von GIS-Daten Erfassungsarten im Vergleich Terrestrische Vermessung (1) Horizontal-/Lagemessung Winkel- und Distanzmessung Triangulation - Trilateration Festpunktnetz (TP) der Landesvermessung Terrestrische Vermessung (2) Vertikal- oder Höhenmessung Nivellement mit Nivelliergerät, Meßlatten Höhenfestpunktnetz Bezugsfläche NN Global Positioning System (1-6) Einführung Messungsprinzip) Trilateration über 3 Satelliten) "Pseudo-Zufallscode" Pseudo-Range - vierte Messung Systemkomponenten Systemgenauigkeit C/A-Code ~ 100m, P-Code ~ 20m (95% Wahrscheinlichkeit) Einflüsse auf Genauigkeit DGPS Referenzstation auf bekanntem Punkt RTK (Realtime Kinematik) GPS-Referenzstation (RTK-Dienste) Empfängertypen DGPS-Dienste Fernerkundung (1) elektromagnetische Strahlung spektrale "Signatur" Plattformen: (Senkrecht)-Luftbilder, Satellitenbilder Aufnahmesysteme: photographische Systeme - Scannersysteme - Radarsysteme Fernerkundung (2) Auflösung der FE-Daten spektral räumlich radiometrisch zeitlich
Fernerkundung (3) 1 Verifikation Übernahme in systemspezifische Formate 2 Georeferenzierung Rekonstruktion von Objektkoordinaten - Probleme, z.b. Zentralprojektion Paßpunkt-Transformation Monoplotting Orthofotoherstellung 3 Klassifizierung - thematische Auswertung 2.3 Sekundärdatenerfassung Raster-Erfassung (1) Raster-Erfassung - primär - sekundär Scanner-Technologie (opto-elektronische Abtastgeräte) Geometrische Auflösung Radiometrische Auflösung Binärisierung (1bit = 2 Wertstufen) Raster-Erfassung - Übung 1 Scan-Auflösung World-File (z.b. *.tfw) Datei im ASCII-Format mit 6 Parametern für die Georeferenzierung z.b. eines Bildes, z.b.: 20.17541308822119 0.00000000000000 0.00000000000000-20.17541308822119 424178.11472601280548 4313415.90726399607956 Namen wie Bilddatei (mit einem angehängten "w" an die Dateiendung). SALZBURG.TIFF! SALZBURG.TIFFW SALZBURG.TIF! SALZBURG.TFW; SALZBURG.JPG! SALZBURG.JGW Raster-Erfassung - Übung 2 Rektifikation gescannter Karte ArcView Extensions: ImageGeoReferenzing Tool Anpassen Luftbild Extensions: Spatial Analyst, Warp (Samples Extension) Vektor-Digitalisierung (1-4) Tisch-Digitalisieren Kalibrieren des Koordinatensystems Brett auf Karte (Landeskoordinaten, freie Koordinaten) mind. 4 Paßpunkte (je nach angewandter Transformation) RMS-Fehler (root mean square) Richtwert >= 0,2 mm Meßlupe (Induktionsschleife in feinem Drahtkreuz! Strom) - stream mode point mode Bildschirm-Digitalisieren Digitalisier-Taktik Doppellinien gekrümmte Linien Snapping Fehlerbereinigung
Fehlertypen Linienfehler Topologie-Fehler Randabgleich-Fehler Randabgleich-Taktik Digitalisier-Anleitung Projekt-Dokumentation Übung - Vektor-Digitalisierung Digitalisierung Flurkarte (Gemarkung Zochenreuth) Zweck: Rekonstruktion des Katasters (Eigentums- und Nutzungsverhältnisse etc.) Zweck: Datenbankanbindung, Analysen (Overlay, Verschneidung, Flächenberechnung) Übung - ArcView-Anleitung (1/2) Datenübernahme und Voreinstellungen: View\Add Theme: Data Source Type! Image! User\ba5gi6\geländepraktikum\kk_5000\... View\New Theme: Type! Polygon; Name für den shape-file! s.o. Legend Editor [zum Digitalisieren]: Outline! 1 oder 2; Color Foreground! transparent View\Properties: Map + Distance Units! meters File\Save Project as [beim Sichern auf Diskette.apr UND.shp/.shx/.dbf... Dateien!!!] Digitalisieren: Tool-Leiste: Scale [zum Digitalisieren] ca. 1:1.500 "! Genauigkeitsanspruch für Kartierung!! Theme\Properties\Editing: Snapping! alle ankreuzen, tolerance 2m Theme\Start Editing (aktives Thema!) Tool-Leiste: Draw Polygon bzw. Draw Append Polygon (Zeichenreihenfolge nicht von außen nach innen!) Interactive Snapping mit rechter Maustaste! Snap to Vertex Panning mit rechter Maustaste Tool-Leiste: Vertex Edit! Verschieben, Einfügen und Löschen von Vertices Codieren (in der Tabelle): Theme\Table (dbf-file) Table\Start Editing Edit\Add Field! 1. Name: Code, Type: Number, Dec.-Places; 2. Name: Area, Type: Number, Dec.-Places: 2; 3. Name: Nutz, Type: String [Values: A, G, W, V, M) [bei aktivem Feld Code:] Tool-Leiste: Select! Ausfüllen der Codes (Flächen im View jeweils markieren) Berechnen [Anzahl und Größe der Flächen der Nutzungsarten]: [bei aktiver Tabelle, aktivem Feld Area, Select None:] Calculate! Area = [Shape].ReturnArea Button-Leiste: Query Builder! Selektieren aller Flächen eines Typs (Code) Button-Leiste: Summarize! Field Area; Summarize by sum; Add[Sum_Area] Sichern: Theme\Save edits bzw. File\Save Project Karte erstellen: Legend Editor Legend Type! Unique Value; Values Field! Code; Farbzuweisungen über Palette Raster-Vektor-Konversion (1) Umsetzung thematischer Rasterdaten Vektorisierung Rasterbild Vektorisierung Binärbilder: Punkte - Linien - Flächen Technik / Ablauf vollautomatische Stapelverarbeitung (Batch-Vektorisierung) interaktiv gesteuerte halbautomatische Vektorisierung Software: z.b. ArcScan, R2V, Mapscan Reversibilität nicht eindeutig!
Automatische Vektorisierung UserExtension für ArcView R2V-Programme: kostenlose Demos im Internet vorhanden umfangreiche Vor- und Nachbearbeitung Vektor-Raster-Konversion Definition Raster-Bezugssystem Zuordnungsregeln Probleme: binäre Raster wertdifferenzierte Raster