Energiesparen durch Gangeinhausung Alles nur heiße Luft? Martin Dörrich, Produktmanagement RimatriX, Rittal, Herborn Kerstin Ginsberg, PR-Referentin IT, Rittal, Herborn Wer Energiesparen im Rechenzentrum hört, denkt an Mehrkern-Prozessoren und Blade-Server. Alles richtig, aber mindestens genauso effizient, wenn nicht sogar wirkungsvoller, sind einfache bauliche Änderungen wie eine Gangeinhausung. Strategisch platzierte Wände und Deckenelemente können die Klimatechnik im zweistelligen Bereich entlasten. Wo früher einfache Serverräume ausreichten, muss es heute ein Rechenzentrum sein. Die beständig wachsende Nachfrage nach IT-Diensten im Unternehmen füllt Reihe um Reihe mit Serverschränken. Die Server selbst werden immer leistungsfähiger und konzentrieren mehr Rechenleistung denn je in einen einzigen Serverschrank. Dabei entsteht Verlustwärme, eine ganze Menge sogar. Je nachdem, ob konventionelle oder Blade-Server genutzt werden, kann ein Serverrack heute bis zu 30 kw Abwärme erzeugen, die durch entsprechende Kühltechnik irgendwie aus dem Rechenzentrum geleitet werden muss. Leider wird diese, für die Energieeffizienz so wichtige Funktion, oft tatsächlich nur irgendwie umgesetzt. Viele Rechenzentren sind baulich auf dem Stand ihrer ursprünglichen Inbetriebnahme. Die Klimatechnik war für die ursprüngliche Wärmelast berechnet worden und müht sich nun mehr schlecht als recht, am Rande ihrer Leistungsfähigkeit, mit den erheblich höheren Anforderungen ab. Luftvermischung als Problembereich Selbst in vielen Rechenzentren, die in den letzten Jahren entstanden sind, wurde die Kühlung der Serverschränke meist nur als notwendiges Übel gesehen und rein über die aktive Kühlung durch Klimageräte abgehandelt. Das funktioniert zwar, ist aber bei Weitem nicht die optimale Lösung. Das Problem ist die Mischung von Kalt- und Warmluft in den Schrankreihen, der sogenannte Luftkurzschluss. Die Schrankreihen in heutigen Rechenzentren sind daher fast immer nach dem Prinzip Kalt- und Warmgang angeordnet. Die Vorderseiten der Racks stehen sich in einer Gasse direkt gegenüber, während die Rückseiten der Racks einen parallelen Gang dazu bilden. Bei der Umluftkühlung wird die, durch Kühlanlagen wie z. B. Computer Room Airconditioning-Units (CRACs), gekühlte Luft von unten durch einen gelochten Doppelboden an die Vorderseite der Schränke, den Kaltgang, geblasen. Hindernisse im Doppelboden wie Kabel und Streben bremsen den Luftstrom und erfordern einen höheren Einblasdruck, bevor die Luft den Kaltgang erreicht.
Abhängig von baulichen Gegebenheiten Alternativ kann die kühle Luft auch durch einen Einlass zwischen den einzelnen Serverschränken zugeführt werden, dieses Verfahren nennt man Reihenkühlung. Weil keine Hindernisse den Luftstrom bremsen, gibt es fast keine Druckverluste, die Gesamteffizienz liegt höher, zudem wird ein Doppelboden nicht benötigt. Ob Umluft- oder Reihenkühlung zum Einsatz kommt, hängt zum einen von den baulichen Gegebenheiten ab und von der thermischen Last pro Serverrack. In der Regel sind nicht mehr als 6 kw Abwärme pro Schrank mit einer Umluftkühlung machbar. Bei höheren Leistungsdichten muss folglich eine Reihenkühlung genutzt werden. Egal wie die kalte Luft in den Kaltgang gelangt, die Server saugen die gekühlte Luft ein und stoßen sie, nun auf die Ablufttemperatur erhitzt, an ihrer Rückseite wieder in den sogenannten Warmgang aus. Die warme Luft steigt nach oben, wo sie mit an der Decke angeordneten Luftführungen wieder den Kühlsystemen zugeführt wird, wo der Kreislauf erneut startet. Serverschränke sind Standardbauteile mit einer Gesamthöhe von zwei Metern und bieten auf 42 Höheneinheiten (186,69 mm) Platz für IT-Equipment. Somit ist ein typischer Serverschrank normalerweise um einiges niedriger als die Deckenhöhe. Dadurch entsteht ein Zwischenraum, in dem die warme ausgeblasene Luft von der Rückseite der Racks nach vorne, zu den Ansaugöffnungen der Server, gelangen kann. Kalte und warme Luft vermischen sich, das Resultat ist eine höhere Grundtemperatur der Luft, die von den Serversystemen eingesaugt wird. Durch diese Rückkopplung sinkt zwangsläufig die Effizienz des gesamten Kühlsystems mit negativen Folgen für Betriebskosten Kosten und die Kühlleistung im Rechenzentrum. Gangeinhausung wirksam gegen Rezirkulation Bei der Planung von Rechenzentren wurde diese Rezirkulation viel zu oft außer Acht gelassen. Noch heute werden Kühlleistungen mit theoretischen Werten berechnet, die sich in der Praxis durch die Vermischung von Kalt- und Warmluft nicht erreichen lassen. Im besten Fall wird die notwendige Kühlleistung bei der Inbetriebnahme des Rechenzentrums erreicht, es bleibt aber kaum oder kein Spielraum mehr für die Skalierung beim Ausbau der Rechenkapazität. Dabei sind durch einfache mechanische Hilfsmittel gerade im Bereich der Kühlung hohe Effizienzgewinne möglich. Mittlerweile entdecken immer mehr Unternehmen die Vorteile der Gangeinhausung oder Gangeinhausung für sich. Durch die konstruktive Abdeckung von Türen, Gangwänden und Decken werden Kalt- und Warmluft sauber getrennt. Weil sich die Luftströme nicht vermischen können, steigt die Effizienz des Kühlsystems enorm an, mit positiven Folgen für den Energieverbrauch und die Leistungsreserven der Klimatechnik. Übrigens erwähnen Kunden meist noch einen angenehmen Nebeneffekt: Durch die Gangeinhausung sinkt auch der Lärmpegel im übrigen Betriebsraum deutlich ab. Seite 2
Kundenwunsch ist entscheidend Bei der Gangeinhausung werden die Ansaug- und Ausblaseseiten der Racks mit verschiedenen Materialien voneinander getrennt. Zur Decke hin ausgerichtet kommen meist transparente Plattenmaterialien zum Einsatz, weil die Lichtbänder der Raumbeleuchtung über den Abdeckungen hängen. Die Seitenwände können aus Blech oder Kunststoff bestehen, mit entsprechenden Türsystemen für den Zugang zur Schrankreihe. Je nach Kundenwunsch sind von einer einfachen Tür mit Klinke über Schwingtüren und Folienklappen bis hin zur elektronisch gesteuerten Schiebetür alle Varianten möglich. Fast immer sollen große Glasflächen integriert sein, um die Kontrolle und Übersicht der Server zu ermöglichen. Natürlich spielt auch die Brandlast eine große Rolle, üblicherweise werden mindestens Anforderungen nach DIN 4101/B1 (schwer entflammbar) gestellt. CO2- Löschanlagen haben keine Schwierigkeiten mit der Schottung. Die Einströmdüsen befinden sich innerhalb der Abschottung, wenn das Gas im Fall eines Brandes einströmt, kann sich zwar ein Überdruck bilden, der aber über entsprechende Entlastungsklappen in der Deckenabschottung abgebaut wird. Funktional und ansprechend In älteren Rechenzentren sind die Rackreihen oftmals nicht homogen, sodass unterschiedliche Höhen und Tiefen ausgeglichen werden müssen. Auch die Gangbreite ist variabel sowie bauliche Rahmenbedingungen wie Säulen, Rohrleitungen oder ähnliche feste Konstruktionselemente. In so einem Fall nimmt der Anbieter bei einem Vor-Ort Termin das Aufmaß und fertigt die notwendigen Elemente nach Maß. Am einfachsten lässt sich eine Gangeinhausung bei relativ neuen Rechenzentren einplanen oder nachrüsten, in denen alle Racks vom gleichen Hersteller stammen. Dann sind auch, wie bei der Rittal RimatriX Produktfamilie perfekt zugeschnittene Standardlösungen verfügbar. Meist wird jedoch individuell angepasst, keine einfache Aufgabe in einer empfindlichen Umgebung. Was im Detail eingesetzt wird, hängt von mehreren Faktoren ab, nicht alle haben einen technischen Hintergrund. So suchen manche Kunden eine besonders schnelle und preisgünstige Lösung. In so einem Fall bieten sich transparente Plastikvorhänge oder Planen an. Dieser Baustoff hilft auch, um sehr große Raumhöhen abzudecken. Bei Rechenzentren von Hosting- Unternehmen, die Kundenverkehr in den Betriebsräumen ermöglichen müssen, ist dagegen der Designfaktor nicht unerheblich. Es soll nicht nur funktional, sondern auch ansprechend sein, mit entsprechenden Wünschen an die optische Gestaltung. Isoliert sind die Trennwände fast nie, das macht bei den relativ geringen Temperaturunterschieden zwischen Innen und Außen keinen Sinn und wäre bei den transparenten Deckenflächen ohnehin nur schwer zu realisieren. Sonderlösungen in einem Rechenzentrum verlangen vom ausführenden Unternehmen viel branchenspezifische Erfahrung. Verständlicherweise sehen Firmen Baumaßnahmen in nächster Nähe der kritischen IT-Infrastruktur sehr skeptisch. Ein Seite 3
Anbieter, der sich auf den Bereich Rechenzentren spezialisiert hat, kann natürlich mit einem gewissen Vertrauensvorschuss rechnen. Für die Gangeinhausung im Rechenzentrum ist ein Systemlieferant gefragt, der sich mit den Racks und der Kühlung gleichermaßen auskennt sowie die Stromversorgung per USV beherrscht und Messsysteme wie PDUs samt Monitoring und Software liefern kann. Trennung von Kalt- und Warmluft möglich Von Gangeinhausung spricht man, weil sowohl der Kaltgang als auch die Ausgangsseite, also der Warmgang, abgetrennt werden können. In der Regel nutzen Firmen die Kaltgang- Variante, schon allein deshalb, weil der Serverhersteller die Zuluft-Temperatur spezifiziert und es daher notwendig ist, diese Luftströmung zu kontrollieren. In Ausnahmen ist aber auch die Warmgang-Einhausung sinnvoll sein. Der Fall tritt beispielsweise ein, wenn in einem großen Rechenzentrum, das nur über den Doppelboden per Umluft gekühlt wird, einige Seite 4
Serverracks extrem hohe Wärmelasten erzeugen. Diese sehr heiße Abwärme muss von den Umluftkühlern ferngehalten werden, und das lässt sich sehr effizient und schnell mit einer Abschottung des Warmgangs erreichen. Natürlich ist für diese Abluft ein separates Kühlsystem vorzusehen. Saubere Trennung bestmögliche Einstellung Im Endeffekt geht es bei der Gangeinhausung darum, warme und kalte Luft sauber zu trennen und so die Betriebstemperatur der Server bestmöglich einzustellen. Wichtig ist die so genannte Wohlfühltemperatur der Server, sie ist nach Hersteller und Umgebung unterschiedlich. Die Standard-Organisation American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE) empfiehlt Werte zwischen 18 und 27 Grad, in der Praxis wird auf 20 bis 25 Grad eingeregelt. Um an den Ansaugöffnungen der Server 18 Grad zu erhalten, muss die Luft mit einer Vorlauftemperatur von etwa 15 Grad erzeugt werden. Diese Vorlauftemperatur ist entscheidend für den Wirkungsgrad des Kühlkreislaufs. Je höher man die Vorlauftemperatur wählt, desto geringer ist die aufgewendete Kühlleistung der Aggregate. 15 Grad, wie sie bei Systemen von Rittal genutzt wird, bietet eine enorme Einsparung gegenüber den sonst branchenüblichen 12 Grad. Dann muss aber definitiv sichergestellt sei, dass am Lufteingang der Server auch tatsächlich die gewünschte Vorlauftemperatur anliegt. Reduzierter Stromverbrauch Ohne Gangeinhausung ist das nur für Teilbereiche des Serverschranks möglich. Direkt am Ausgang des Luftstroms herrscht noch die gewünschte Temperatur, je weiter entfernt die Server von diesem Punkt stehen, desto stärker steigt die Temperatur durch Rezirkulation an. Es entstehen Wärmenester, die kaum von kühler Luft erreicht werden und starke Abweichungen über den gesamten Gang mit den Serverschränken. Nur eine Gangeinhausung erlaubt es dem Anwender, die korrekte Wohlfühltemperatur der Server über eine größere Fläche zu gewährleisten. Beispielsweise hatte ein Kunde Temperaturabweichungen von knapp 10 Grad in seinem Gang mit den Serverschränken. Eingeblasen wurde mit 15 Grad, direkt am nächsten Rack waren es noch 17 Grad, weiter oben stieg diese Temperatur schon auf 24 Grad. Nach der Gangeinhausung durch Rittal sank diese Differenz auf 3 Grad, was Einsparungen beim Stromverbrauch der Klimageräte von 36 Prozent nach sich zog. Nicht immer kann man nach einer Gangeinhausung solche überzeugenden Werte präsentieren. In vielen Unternehmen werden die Effizienzwerte für die Kühlsysteme nicht ermittelt oder gehen in der Gesamt-PuE (Power Usage Effectiveness- Kennzahl) des Rechenzentrums auf. Entsprechende Messgeräte und Zähler an den einzelnen Verbrauchern wurden früher nicht eingebaut, erst seitdem das Thema Energieeffizienz stärker in das Bewusstsein der Anwender rückt, sind solche Seite 5
Kontrollmechanismen im Rechenzentrum auf dem Vormarsch. Doch physikalisch sind die Einsparungen in jedem Fall belegbar und meist auch durch die reduzierte Stromaufnahme der gesamten Versorgungssysteme des Rechenzentrums nachvollziehbar. Vertrauenswürdiger Partner gefragt Die Vorteile und der relativ geringe Aufwand haben für ein hohes Interesse an dieser simplen Form der Effizienzerhöhung gesorgt. Weil das Rechenzentrum ein neuralgischer Punkt im Unternehmen ist, stellen die Kunden aber hohe Ansprüche an den Anbieter. Mit Recht, ein Ausfall wichtiger Serversysteme kann enorme Kosten verursachen und das Image einer Firma massiv schädigen, zum Beispiel wenn der Online-Shop nicht mehr oder nur sehr langsam erreichbar ist. Dazu kommt, dass die Abschottung allein noch nicht ausreicht, auch das bestehende Kühlsystem muss an die neuen Vorgaben angepasst werden. Gefragt ist also ein Systemlieferant, der sich mit den Racks und der Kühlung gleichermaßen auskennt sowie die Stromversorgung per USV beherrscht und Messsysteme wie PDUs samt Monitoring und Software liefern kann. So ist es kein Problem, eine automatisch öffnende Tür mit Näherungsschalter in die Abschottung einzubauen. Diese Tür mit Sensoren an das Überwachungssystem des Rechenzentrums anzubinden, stellt hingegen eine ganz andere Herausforderung dar. Neubauten sind hinsichtlich der Anforderungen meist beherrschbar, bestehende Anlagen erfordern hingegen aufwendige und komplexe Anpassungen. Gefragt ist ein Ansprechpartner, der das Komplettsystem verantwortet und für den Kunden da ist. Seite 6
Kerstin Ginsberg ist PR-Referentin IT bei Rittal in Herborn. Unternehmenskommunikation Kerstin Ginsberg Tel.: 02772/505-1328 Fax: 02772/505-2537 E-Mail: ginsberg.k@rittal.de Auf dem Stützelberg 35745 Herborn www.rittal.de Seite 7