Erbvertrag. Rechtsnatur Vertragliche Verfügung von Todes wegen, die der Erblasser mit einem Dritten schließt; erbrechtlicher

Ähnliche Dokumente
Abschnitt 4. Erbvertrag. Überblick: 2274 Persönlicher Abschluss Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen.

Zivilrecht V (Erbrecht) Gewillkürte Erbfolge VI Erbvertrag

Zivilrecht V (Erbrecht) Pflichtteilsrecht und Erbverzicht

Examinatorium Erbrecht. Titz/Zott. Fall 1 Gesetzliche Erbfolge. Hinweis: Verhältnis von gewillkürter und gesetzlicher Erbfolge

Zivilrecht V (Erbrecht) Gewillkürte Erbfolge VI Erbvertrag / Pflichtteilsrecht und Erbverzicht

Wichtig: Der Voraus wird gesetzlich wie ein Vermächtnis behandelt (siehe Kapitel 7 Das Vermächtnis ).

28. November 2007 "Testamente und deren Gestaltung"

Dieter Leipold. Erbrecht. Ein Lehrbuch mit Fällen und. 18., neubeardeitete" Auflage. Mohr Siebeck

Fall 3: Guter Rat ist teuer

Abschnitt 2. Rechtliche Stellung des Erben. Titel 1. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, Fürsorge des Nachlassgerichts

beck-shop.de Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis. Vorwort. Literaturverzeichnis. Teil 1. Familienrecht 1

Erbrecht. Ein Lehrbuch. von. Theodor Kipp t. Dreizehnte Bearbeitung. von. Helmut Coing

Erbrecht WS 2018/2019


INHALTSVERZEICHNIS. Begriff und gesellschaftliche Funktion des Erbrechts

Pflichtteilsrecht / Erbvertrag. Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

PD Dr. Daniel Effer-Uhe. Erbrecht

2. Das Erbrecht des Ehegatten

12 Was unbedingt zu beachten ist 12 Individuelle Entscheidungssituation 16 Aufstellung eines Vermögens verzeichnisses

Monika Fink-Plücker Fachanwältin für Erbrecht Fachanwältin für Familienrecht

Karl-Heinz Gursky. Erbrecht. 5., neu bearbeitete Auflage. C.F.Müller Verlag Heidelberg

14. Oktober 2016 Erbrecht und Zugewinngemeinschaft Wann sich die Ausschlagung des Erbes für den Ehepartner lohnt

Zivilrecht V (Erbrecht) Gewillkürte Erbfolge V Gemeinschaftliches Testament

Prof. Dr. Thomas Rüfner

Familien- und Erbrecht

Inhaltsverzeichnis. eichnis. Einleitung Gesetzliche Erbfolge ( VII. Vorwort...

Die Reform des Erbrechts zum

Erbengemeinschaft. Rechtsnatur

Gesetzliche Erbfolge und Verfügungen von Todes wegen. 1. Einführung. Das Bürgerliche Gesetzbuch bietet im Erbrecht 2 Varianten von Erbmöglichkeiten:

Sabine Magnus Wilma Gustav W M+ (W) M. Claudia Sebastian Michael Traute 1/2 Gertrud W (M) M W W

Wiederholung und Vertiefung Erbrecht

Vorwort. Steuerforum 2011 Dr. Christ / Dr. von Elsner

Richtig vererben unter Ehegatten

Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

Zivilrecht V (Erbrecht) Gesetzliche Erbfolge

Testament und Berliner Testament

PD Dr. Daniel Effer-Uhe. Erbrecht

Testamente. 1. Gesetzliche Regelungen. a) gesetzliche Erbfolge

Prüfe dein Wissen: PdW 6. BGB. Erbrecht. von Prof. Dr. Dr. h.c. Wilfried Schlüter. 9., überarbeitete und ergänzte Auflage

Zivilrecht V (Erbrecht) Gesetzliche Erbfolge

Absicherung durch Testament, Erbvertrag oder Schenkung

Letzter Wille als neuer Anfang Die Testaments - Spende Dr. Thomas Curdt LL.M. (Cambridge)

Inhaltsübersicht. Vorwort Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Mustertexte

Annahme und Ausschlagung der Erbschaft / Gesetzliche Erbfolge (1) Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

Informationen zum Erbrecht. Informationen zum Erbrecht. Rechtsanwältin Dr. Schröder

Gesetzliche Erbfolge (2)/ Testamentarische Erbfolge (1) Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

Erbschaftsteuer und Unternehmensnachfolge. JProf. Dr. Katrin Haußmann

Großer Pflichtteil & kleiner Pflichtteil: die Unterschiede

Erben und Vererben. Vortrag am Die Heilsarmee in Deutschland

Examinatorium Zivilrecht Erbrecht Wintersemester 2016/2017. Fall 1: Kurzes Glück. Christian Eder.

Inhaltsverzeichnis. Einleitung Erster Teil: Gesetzliche Erbfolge ( ) VII

Fall 4: Familienbande

Der Erbvertrag. 1. Allgemeines zum Erbvertrag

Erbfolge. gewillkürte. gesetzliche. Erbfolge. Erbfolge. Bürgerliches Gesetzbuch

Das gemeinschaftliche Testament und der Erbvertrag

Richtig Erben und Vererben Was ist rechtlich zu beachten?

Inhaltsübersicht. Vorwort...5. Abkürzungsverzeichnis Literaturhinweise Sachenrecht...19

Schneider und Beer. Rechtsanwalt und Notar

Zivilrecht V (Erbrecht) Rechtsgeschäfte unter Lebenden auf den Todesfall

Aktualisierungsdienst Bundesrecht

Teil III: Unternehmensnachfolge von Todes wegen A. Grundlagen des Erbrechts

BERLINER TESTAMENT FLUCH ODER SEGEN?

Stephanie Hrubesch-Millauer. Prof. Dr. iur., Rechtsanwältin Professorin an der Universität Bern. Erbrecht DIKE

Berliner Testament und gemeinschaftliches Testament von Ehepaaren

Richtig vererben unter Ehegatten

Handout zum Vortrag. "Geerbt: Was nun?! Ratgeber für Erben und Hinterbliebene" am 20. September 2013 in Groß-Gerau. Dr.

Erbrecht. Von DR. RAINER FRANK o. Professor an der Universität Freiburg/Brsg.

Zivilrecht V (Erbrecht) Gewillkürte Erbfolge IV Auslegung und Umdeutung des Testaments, Unwirksamkeit und Anfechtbarkeit von Testamenten (2)

Vorwort Inhaltsübersicht. 1. Kapitel Die Erbfolge 1. I. Die gesetzliche Erbfolge 3

Ehevertrag. Geben Sie den Ort der beabsichtigen Eheschließung ein (z.b. Hamburg).

Erbrecht unter Ehegatten

Inhaltsverzeichnis. Abkürzungsverzeichnis... Literaturverzeichnis Einleitung I. Erbrecht und sozialer Wandel... 1

Repetitorium Familien- und Erbrecht. testamentarische Erbfolge

Familienrecht Vorlesung 8. Familienrecht

Zivilrecht V (Erbrecht) Erbenhaftung; Mehrheit von Erben; Erbengemeinschaft

kammergericht Wie errichte ich ein Testament?

Stephanie Hrubesch-Millauer. Prof. Dr. iur., Rechtsanwältin Professorin an der Universität Bern. Erbrecht

Erbunwürdigkeit, Vermächtnisunwürdigkeit, Pflichtteilsunwürdigkeit, 2339 ff. BGB

Allgemeine Ehewirkungen (3) / Eheliches Güterrecht (1) Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

Zivilrecht V (Erbrecht) Gewillkürte Erbfolge III Inhalt des Testaments (2)

PD Dr. Daniel Effer-Uhe. Erbrecht

Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Ein Leitfaden

Grundprinzipien des Erbrechts. Privaterbfolge Testierfreiheit Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge Parentelsystem Repräsentations- und Gradualsystem

Inhalt. Wie Sie Ihre persönliche Erbfolge optimal regeln 29 Testament oder Erbvertrag? 30 So errichten Sie Ihr Testament 35

Grundrisse des Rechts. Erbrecht. von Prof. Dr. Rainer Frank, Prof. Dr. Tobias Helms. 5. Auflage

Verwandte 3. Ordnung. dem Erblasser Tochter Sohn Adoptivkind Enkelin (von Sohn und Tochter) Enkel (von Sohn und Tochter) dem Erblasser

Das Recht für Paare in Deutschland

Kapitel 17. Der Erbschein

Erbe, Erbschaft, Testament Oder: Wie gestalte ich sinnvoll meinen letzten Willen?

Herzlich Willkommen. zum Vortrag: Vererben und Erben in der Patchworkfamilie. Freitag:

Familienrecht Erbrecht

Universität zu Köln Rechtswissenschaftliche Fakultät

Transkript:

Erbvertrag Rechtsnatur Vertragliche Verfügung von Todes wegen, die der Erblasser mit einem Dritten schließt; erbrechtlicher Vertrag sui generis. Inhalt - Erblasser oder Erblasser und Vertragspartner treffen Verfügungen von Todes wegen (sog. zweiseitiger oder gemeinschaftlicher Erbvertrag, 2278 I) - Erbvertrag kann einseitige Verfügungen enthalten, muss aber wenigstens eine vertragsgemäße, also bindende Verfügung (Erbeinsetzung, Vermächtnis oder Auflage, 2278 II) enthalten Voraussetzungen - unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Erblassers ( 2275 I) - aber: beschränkt geschäftsfähiger Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten und Zustimmung des gesetzlichen Vertreters einen Erbvertrag schließen ( 2275 II) - Erblasser kann Erbvertrag nur persönlich errichten ( 2274) - Errichtung nur zur Niederschrift eines Notars möglich ( 2276 I) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragspartner (wobei Erblasser persönlich anwesend sein muss)

Aufhebung vertragsmäßiger Verfügungen im Erbvertrag Einverständliche Aufhebung - jederzeit durch neuen Vertrag ( 2290 I 1) - neuer Vertrag bedarf derselben Form wie ErbV ( 2290 IV) - Aufhebung nach Tod von Erblasser oder Vertragspartner nicht möglich ( 2290 I 2) - Vermächtnis/Auflage können durch Testament und notarielle Zustimmung des V- Partners aufgehoben werden ( 2291) Rücktritt vom Erbvertrag - Erblasser kann zurücktreten, wenn er sich Rücktritt vorbehalten hat ( 2293) - Verfehlungen des Bedachten, die zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen ( 2333 ff.), geben Rücktrittsrecht ( 2294) - Rücktritt möglich bei Aufhebung der Gegenverpflichtung i.s.d. 2295 ff. Anfechtung des Erbvertrags - Erblasser ist wegen bindender Wirkung des Erbvertrags anfechtungsberechtigt ( 2281 i.v.m. 2078 f.) - Dritte sind anfechtungsberechtigt, wenn ihnen der Wegfall der Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde, allerdings erst nach dem Erbfall ( 2080, s.a. 2285) Aufgrund der bindenden Wirkung sind vertragsmäßige Verfügungen nicht widerruflich (= keine Anwendbarkeit der 2253 ff. BGB)

Rechtsstellung des vorläufigen Erben Begriff Vorläufiger Erbe ist derjenige, der die Erbschaft noch ausschlagen kann bzw. nach Ausschlagung gemäß 1959 BGB dem späteren Erben nach den Regeln der GoA berechtigt und verpflichtet ist. Verfügungen des vorläufigen Erben Der vorläufige Erbe kann mit Anfall der Erbschaft über Nachlassgegenstände verfügen. Mit Ausschlagung (rückwirkend, 1953 I) sind Verfügungen solche eines Nichtberechtigten. allgemeine Regeln über gutgläubigen Erwerb nach h.m. trotz Rückwirkung der Ausschlagung (vgl. 857) kein Abhandenkommen i.s.d. 935, da vorläufiger Erbe bei Veräußerung tatsächlicher, berechtigter Besitzer war Nachlassverbindlichkeiten Vorläufiger Erbe ist Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten ( 1967), aber: Ansprüche gegen den Nachlass können erst ab Annahme der Erbschaft gerichtlich geltend gemacht werden ( 1958) Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs gegen den Nachlass ist bis zur Annahme der Erbschaft nur in Nachlass, nicht in das Eigenvermögen des Erben zulässig ( 778 I ZPO) Verhältnis zum späteren (endgültigen) Erbe Es gelten die Vorschriften der GoA ( 1959 I)

Erbrecht des überlebenden Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft * Konstellationen Keine Verfügung von Todes wegen = gesetzliche Erbfolge Testamentarische Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer größer als Hälfte des erhöhten Erbteils (großer Pflichtteil Testamentarische Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer Kleiner als Hälfte des erhöhten Erbteils (großer Pflichtteil) Ausschlagung bei gesetzlicher Erbfolge oder testamentarischer Zuwendung * Für den überlebenden Lebenspartner gelten insoweit die 10, 6 S. 2 LPartG i.v.m. 1371 ff. BGB

Zugewinnausgleich Ausschlagung Ausgangslage Zugewinngemeinschaft; überlebender Ehegatte schlägt testamentarisch Zugewandtes oder gesetzlichen Erbteil aus = überlebender Ehegatte wird weder Erbe noch Vermächtnisnehmer Rechtliche Stellung kleiner Pflichtteil, d.h. Hälfte des gesetzlich nicht erhöhten Erbteils ( 1931 I, II) gemäß 1371 III, II, 2307 I 1 tatsächlicher Ausgleich des Zugewinns ( 1373 ff.) gemäß 1371 III, II

Zugewinngemeinschaft Enterbung Ausgangslage Zugewinngemeinschaft; Ausschluss von Erbfolge durch Testament oder Erbvertrag Rechtliche Stellung kleiner Pflichtteil ( 2303 II), d.h. die Hälfte des nicht erhöhten Erbteils, 1931 I, II Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns ( 1373 ff.) gemäß 1371 II (tatsächlicher Zugewinnausgleich) Wahlrecht des überlebenden Ehegatten? Kann überlebender Ehegatte anstelle kleinen Pflichtteils + tatsächlichen Zugewinnausgleichs den großen Pflichtteil, d.h. Hälfte des gemäß 1931 III, 1371 I erhöhten Erbteils verlangen? h.m. (-), kein Wahlrecht ansonsten Einschränkung der Testierfreiheit des Erblassers; dieser soll die Möglichkeit haben, durch Enterbung den pauschalierten Zugewinnausgleich ( 1371 I) auszuschließen

Zugewinngemeinschaft gesetzliche Erbfolge Ausgangslage Zugewinngemeinschaft; Verstorbener traf keine Verfügung von Todes wegen Rechtliche Stellung Erbteil des überlebenden Ehegatten bestimmt sich danach, neben welchen Verwandten er erbt ( 1931 I, II): ¼ neben Verwandten der 1. Ordnung ½ neben Verwandten der 2. Ordnung und Großeltern ganze Erbschaft neben anderen Verwandten Gesetzlicher Erbteil des überlebenden Ehegatten (s.o.) erhöht sich um ¼, und zwar unabhängig davon, ob die Ehegatten im Einzelfall einen Zugewinn erzielt haben ( 1371 I, pauschalierter Zugewinnausgleich)

Zugewinngemeinschaft letztwillige Zuwendung Ausgangslage Zugewinngemeinschaft; Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer, wobei Zuwendung größer oder kleiner sein kann als die Hälfte des gesetzlich erhöhten Erbteils. Rechtliche Stellung Zuwendung größer als großer Pflichtteil: zugewendetes Erbe / Vermächtnis (-) 1371 I (-), da gesetzliche Erbfolge vorausgesetzt 1371 II (-), da Enterbung vorausgesetzt Zuwendung kleiner als großer Pflichtteil zugewendetes Erbe / Vermächtnis Zusatzpflichtteil ( 2305, 2307) bis zur Hälfte des erhöhten Erbteils ( 1931 III, 1371 I = großer Pflichtteil) (-), siehe oben