Verkürzter Vorbereitungsdienst für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt. Musterklausur mit dem Schwerpunkt. Strafrecht

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Transkript:

Verkürzter Vorbereitungsdienst für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt Bad Münstereifel, November 2018 Musterklausur mit dem Schwerpunkt Strafrecht Vorbemerkungen: 1. Der Aufgabentext besteht (ohne Deckblatt) aus 5 Blatt und ist vollständig durchnummeriert. 2. Die Lösungen sind unter Angabe der jeweiligen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen zu begründen, soweit sich nicht aus der jeweiligen Aufgabenstellung ausdrücklich etwas anderes ergibt. Zeit: Hilfsmittel: 135 Minuten Schönfelder, Deutsche Gesetze Die Serviceeinheit im Lande Nordrhein-Westfalen (SE NW) Taschenrechner

Sachverhalt I: Die Staatsanwaltschaft Aachen erhebt gegen den am 04.04.2003 geborenen Schüler Adrian Angenvoort, wohnhaft in Heinsberg-Dremmen, wegen eines am 20.01.2018 begangenen Diebstahls im besonders schweren Fall, Anklage bei dem zuständigen Amtsgericht Jugendrichter Heinsberg. Heinsberg gehört zum Landgerichtsbezirk Aachen. Nach Zustellung der Anklageschrift an Adrian Angenvoort bestellt sich Rechtsanwalt Dr. Reintz durch ordnungsgemäße, vollumfängliche Vollmacht (auch gem. 145 a II StPO), zum Verteidiger. Das Gericht bestimmt Hauptverhandlungstermin auf den 28.05.2018. Zu diesem Termin werden der Angeklagte, seine Eltern, Renate und Thomas Angenvoort, der Verteidiger sowie der Zeuge Helmut Meier geladen. Die Staatsanwaltschaft und die Jugendgerichtshilfe erhalten eine Terminsnachricht. Die Ladungen des Angeklagten, seiner Eltern und des Verteidigers erfolgen durch jeweils ordnungsgemäße Zustellung am 14.05.2018. Aus Versehen erhält der Verteidiger eine weitere Ladung am 25.05.2018. Im Termin am 28.05.2018 sind außer den Eltern des Angeklagten alle Beteiligten anwesend. Nach der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen erfolgt die Verurteilung des Angeklagten zu sechs Monaten Jugendstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung. Am 04.06.2018 legt der Vater des Angeklagten durch Einreichung eines Schriftsatzes auf der zuständigen Abteilung der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Heinsberg Berufung ein. Daraufhin wird das Urteil vom 28.05.2018 an die Eltern am 11.06.2018 zugestellt. Eine Berufungsbegründung erfolgt am 18.06.2018 durch den Vater zu Protokoll der Geschäftsstelle. Das Berufungsgericht beraumt Hauptverhandlungstermin auf den 30.07.2018 an, zu dem sämtliche Beteiligten ordnungsgemäß geladen werden. Zu diesem Hauptverhandlungstermin, der mit zeitlicher Verzögerung von zwei Stunden verspätet beginnt, erscheinen sämtliche Beteiligten einschließlich des Verteidigers. 1

Während einer Sitzungsunterbrechung, noch vor der Urteilsverkündung entfernt sich der Angeklagte aus wichtigem Grund, weil in der Schule eine Deutscharbeit ansteht, die der Angeklagte nicht versäumen darf. Die Staatsanwaltschaft hat der Abwesenheit zugestimmt. Diese ist damit ausreichend entschuldigt. Nach Abschluss der Beweisaufnahme wird die Berufung sodann vom Landgericht Aachen als unbegründet zurückgewiesen. Das Urteil wird dem Angeklagten am 18.08.2018 zugestellt. Gegen dieses Urteil legt der Angeklagte selbst schriftlich beim Berufungsgericht das statthafte Rechtsmittel ein. Dieser Schriftsatz geht beim Berufungsgericht am 21.08.2018 ein. Dieses vom Angeklagten eingelegte Rechtsmittel wird vom Landgericht Aachen am 10.09.2018 durch Beschluss als unzulässig verworfen. Aufgaben: 1. Wurde die Ladungsfrist des Verteidigers zum Termin vom 28.05.2018 gewahrt? (Anm.: Falls Sie zu dem Ergebnis kommen, dass diese nicht eingehalten wurde, ist davon auszugehen, dass der Verteidiger im Termin auf ihre Einhaltung verzichtet hat.) 2. Erfolgte die Berufungseinlegung durch den Vater Thomas Angenvoort am 04.06.2018 rechtzeitig? 3. Geben Sie kurz an, welche Frist das Gesetz für die Begründung der Berufung vorsieht und berechnen Sie diese. 4. Wer ist für die Protokollierung der Berufungsbegründung am 18.06.2018 funktionell zuständig? 5. Wann tritt hinsichtlich der Entscheidung vom 28.05.2018 Rechtskraft ein? (Bitte prüfen Sie ausführlich anhand des Rechtskraftschemas.) 2

Sachverhalt II: In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Schöffengericht Duisburg werden Mesut Mutlu und Linda Lambertz wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall angeklagt. Weiterhin wird Mesut Mutlu, der zurzeit wegen einer anderen Tat eine 9-monatige Freiheitsstrafe verbüßt, auch wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr angeklagt. Von der Polizei wird eine Rechnung zu den Akten gereicht, laut der sie für die Untersuchung der Blutprobe zur Trunkenheit im Verkehr des Beschuldigten Mutlu an das Institut für Rechtsmedizin in Duisburg insgesamt 130,-- gezahlt hat. Das Gericht beraumt einen Hauptverhandlungstermin an, zu dem sowohl die Angeklagten, als auch die Zeugen Allers und Bernhard zum gemeinschaftlichen Diebstahl in einem besonders schweren Fall und der Zeuge Celik zur Trunkenheit im Verkehr ordnungsgemäß geladen werden. Zum Hauptverhandlungstermin erscheinen alle Beteiligten. Nach der Vernehmung erhalten die Zeugen Auslagenersatz aus der Staatskasse wie folgt: a) Allers: 60,--, b) Bernhard: 40,-- und c) Celik: 50,--. Sodann wird ein Fortsetzungstermin auf eine Woche später anberaumt, zu dem die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft mündlich geladen werden. Auf Antrag des Angeklagten Mutlu wird zu diesem Termin ferner ein Sachverständiger geladen, um das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin in der Trunkenheitssache zu erläutern. Im Fortsetzungstermin wird nach Abschluss der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten das folgende Urteil verkündet: Der Angeklagte Mutlu wird wegen des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr unter Einbeziehung der bereits rechtskräftig gegen ihn erkannten Freiheitsstrafe von neun Monaten (wegen der er in Haft sitzt) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Seine Fahrerlaubnis wird entzogen, der 3

Führerschein wird eingezogen und es wird eine Sperre zur Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren angeordnet. Die Angeklagte Lambertz wird wegen des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 40,-- verurteilt. Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gegen das Urteil legen Mesut Mutlu und Linda Lambertz jeweils vollumfänglich Berufung ein. Die Berufung des Mesut Mutlu wird durch Beschluss des Gerichts des ersten Rechtszugs kostenpflichtig als unzulässig (verspätet) verworfen. Nach Eingang der Berufungsbegründung von Linda Lambertz beraumt das Berufungsgericht einen Hauptverhandlungstermin an, zu dem die Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und der Zeuge Erkmen, der von Linda Lambertz benannt wurde, ordnungsgemäß geladen werden. Zum Hauptverhandlungstermin erscheinen alle Beteiligten. Der Zeuge Erkmen wird vernommen und erhält als Entschädigung 70,00 aus der Staatskasse ausgezahlt. Im Anschluss an die Hauptverhandlung verkündet das Gericht folgendes Urteil: Auf die Berufung der Linda Lambertz wird das erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert, als die Angeklagte wegen des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall nunmehr nur noch 150 Tagessätze à 30,00 zu zahlen hat. Die Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, jedoch mit der Maßgabe, dass sich die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren um 1/3 ermäßigt. Weitere Rechtsmittel werden nicht eingelegt. Anmerkung: Der Sachverständige hat für die Erläuterung des Gutachtens 350,-- aus der Staatskasse ausgezahlt bekommen. 4

Aufgabe: 6. Bitte berechnen Sie die entstandenen Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) unter Angabe der für den Kostenansatz zuständigen Behörde, des Zeitpunktes des Kostenansatzes, der gesetzlichen Bestimmungen, des Kostenschuldners und der Einforderungsart. Außer den im Sachverhalt aufgeführten Auslagen sind keine weiteren Auslagen zu berücksichtigen. 5