DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN
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- Ingeborg Berger
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1 Vf. 22-IV-95 DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES FREISTAATES SACHSEN IM NAMEN DES VOLKES In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Frau B. Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen durch den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Thomas Pfeiffer, die Richterin Heide Boysen-Tilly und die Richter Klaus Budewig, Ulrich Hagenloch, Alfred Graf von Keyserlingk, Hans Dietrich Knoth, Hans v. Mangoldt, Siegfried Reich und Hans-Heinrich Trute am 12. Dezember 1996 für Recht erkannt: Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
2 2 Gründe: Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die in einem Strafverfahren ergangenen Beschlüsse des Landgerichts Zwickau und des Oberlandesgerichts Dresden. I. 1. Das Amtsgericht Aue setzte mit Strafbefehl vom 24. März 1995 gegen die Beschwerdeführerin wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 60,- DM fest. Der Festsetzung der Tagessatzhöhe lag eine Schätzung der Einkommensverhältnisse zugrunde. Gegen den Strafbefehl legte die Beschwerdeführerin einen auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch ein. Das Amtsgericht Aue verurteilte daraufhin in der Hauptverhandlung vom 26. Mai 1995 die Beschwerdeführerin wegen der vorbezeichneten Straftat zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 45,- DM und erlegte ihr die Kosten des Verfahrens auf. In dem über die Hauptverhandlung gefertigten Protokoll ist vermerkt, daß die Beschwerdeführerin zum Rechtsmittelverzicht... keine Erklärung... abgibt". Gegen die Entscheidung über die Kosten legte die Beschwerdeführerin mit einem am 20. Juni 1995 bei dem Amtsgericht Aue eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung gab sie an, es habe weder der Beamte des Polizeidienstes bei ihrer Vernehmung sie zu ihren Einkommensverhältnissen befragt, noch habe sie gewußt, daß es auf diese bei der Bemessung einer Geldstrafe ankomme. Ihre notwendigen Auslagen habe nach 473 Abs.3 StPO die Staatskasse zu tragen, da ihr auf die Höhe der Tagessätze beschränkter Einspruch gegen den Strafbefehl Erfolg gehabt habe. Das Landgericht Zwickau wies die sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 7. August 1995 (2 Qs 202 / 95) als unzulässig zurück, weil die Frist von einer Woche nach 311 StPO nicht gewahrt worden sei. Der Beschluß wurde der Beschwerdeführerin am 15. August 1995 formlos mitgeteilt. Gegen den Beschluß des Landgerichts legte sie mit der Begründung außerordentliche Beschwerde ein, die sofortige Beschwerde sei bereits in der Hauptverhandlung vom 26. Mai 1995 mündlich erhoben worden. Das Oberlandesgericht Dresden verwarf mit Beschluß vom 19. September 1995 (1 Ws 388 / 95) diese Beschwerde als unzulässig. Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts unterlägen nach 310 StPO nur dann der weiteren Beschwerde, wenn sie Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen, was hier nicht der Fall
3 3 sei. Im übrigen führte das Gericht aus, daß der Einspruch gegen einen Strafbefehl kein Rechtsmittel im Sinne des 473 StPO sei. Der Beschluß wurde der Beschwerdeführerin am 23. September 1995 formlos mitgeteilt. 2. Mit ihrer am 23. Oktober 1995 beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die gegen die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts gerichtet ist, rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art.15 und 18 Abs.1 SächsVerf. Sie hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig, da sie zuvor nach 27 Abs.2 Satz 1 Sächs- VerfGHG den Rechtsweg habe erschöpfen und dazu auch eine außerordentliche Beschwerde habe einlegen müssen. Zu Unrecht habe das Oberlandesgericht diese als weitere Beschwerde im Sinne des 310 StPO gewertet. Zur Begründetheit der Verfassungsbeschwerde trägt die Beschwerdeführerin vor, daß der Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen der mit ihm verbundenen Rechtswirkung der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein Rechtsmittel nach 473 StPO darstelle. Jedenfalls sei diese Vorschrift auf ihn entsprechend anwendbar. Die Aufrechterhaltung der Kostenentscheidung des Amtsgerichts durch die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verstoße damit sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art.18 Abs.l SächsVerf) als auch gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art.15 SächsVerf). Die Grundrechtsverletzung folge auch daraus, daß das Landgericht die Wahrung der Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde und das Oberlandesgericht den Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde verkannt habe. II. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Verfassungsgerichtshof ist zu dieser Überzeugung einstimmig gelangt; er trifft die Entscheidung durch Beschluß nach 10 SächsVerfGHG i.v.m. 24 BVerfGG. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Aufrechterhaltung der Kostenentscheidung des Amtsgerichts durch die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletze sie in ihren Grundrechten aus Art.15 und 18 Abs.1 SächsVerf, fehlt ihr die von 27 Abs.1 SächsVerfGHG
4 4 vorausgesetzte Beschwerdebefugnis. Ein Grundrechtsverstoß ist insoweit von vornherein ausgeschlossen, weil mit den angegriffenen Beschlüssen die von ihr eingelegten Rechtsbehelfe der sofortigen und der außerordentlichen Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen wurden und damit weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht eine auf die Rechtmäßigkeit der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung bezogene Sachentscheidung getroffen haben. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts selbst ist hingegen nicht zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde erhoben worden. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, das Landgericht habe die Einhaltung der Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde und das Oberlandesgericht den Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde verkannt, genügt das Vorbringen nicht dem Begründungserfordernis aus 28 SächsVerfGHG. Für die nach dieser Bestimmung nötige Begründung der Verfassungsbeschwerde reicht es nicht aus, eine Verletzung von Grundrechten pauschal zu behaupten. Es obliegt dem Beschwerdeführer vielmehr, substantiiert darzulegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll. Dabei muß die ursächliche Verknüpfung zwischen dem beanstandeten Verhalten des Hoheitsträgers und dem geltend gemachten Rechtsnachteil nachvollziehbar sein. Der Beschwerdeführer muß hinreichend deutlich und plausibel die Möglichkeit einer Verletzung bestimmter Grundrechte durch die beanstandete Handlung oder Unterlassung vortragen (st. Rspr. des SächsVerfGH, zuletzt Beschluß vom , Vf. 19-IV-96). Substantiierte Ausführungen, aus denen sich die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten gerade durch die Zurückweisung der Rechtsbehelfe als unzulässig ergeben könnte, enthält das Beschwerdevorbringen nicht. Weder benennt die Beschwerdeführerin Normen der Sächsischen Verfassung noch umschreibt sie Grundrechte, die ihre Rüge stützen könnten, ihrem Inhalt nach. Ihr pauschales Vorbringen wird dem gesetzlichen Begründungserfordernis nicht gerecht. III. Da die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg hat, kann offenbleiben, ob und inwieweit der Verfassungsgerichtshof befugt ist, Akte der Landesstaatsgewalt auf ihre Vereinbarkeit mit Landesgrundrechten zu überprüfen, wenn sie auf der Anwendung von Bundesrecht beruhen (dazu SächsVerfGH, NJW 1996, 1736).
5 5 IV. Die Entscheidung ergeht kostenfrei ( 16 Abs. 1 SächsVerfGHG). gez. Pfeiffer gez. Boysen-Tilly gez. Budewig gez. Hagenloch gez. Graf von Keyserlingk gez. Knoth gez. v. Mangoldt gez. Reich gez. Trute
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