Winterthur, 5. Oktober 2011 GGR-Nr. 2011/046



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Winterthur, 5. Oktober 2011 GGR-Nr. 2011/046 An den Grossen Gemeinderat W i n t e r t h u r Beantwortung der Interpellation betreffend Ladenöffnungszeiten im Detailhandel in Winterthur, eingereicht von Gemeinderätin S. Näf (SP) Am 18. April 2011 reichte Gemeinderätin Silvana Näf namens der SP-Fraktion mit 25 Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichnern folgende Interpellation ein: "Seit Ende 2010 verlängern die Betriebe im Detailhandel in Winterthur die Ladenöffnungszeiten; dies betrifft insbesondere die Grossverteiler. Als Beispiele können der Coop Grüze, welcher neu am Samstag bis 20 Uhr geöffnet hat, die Einkaufszentren Seen und Lokwerk, welche am Samstag neu bis 18 Uhr geöffnet haben und die Migros- und Coop-Filialen in Oberwinterthur, Töss und Wülflingen, welche ihre Ladenöffnungszeiten von Montag bis Freitag auf 20 Uhr verlängert haben, genannt werden. In der Altstadt (Untertor/Marktgasse und umliegende Gassen) präsentiert sich die Situation betreffend die Ladenöffnungszeiten im Moment uneinheitlich. Im Übrigen gelten für die Geschäfte im Bahnhof spezielle Vorschriften. Zudem muss das Verkaufspersonal immer wieder am Sonntag arbeiten und auch Nightshopping ist immer wieder ein Thema. Das Verkaufspersonal ist damit konfrontiert, dass die Ladenöffnungszeiten oft um eine weitere Stunde verlängert werden. Bei diesen Verlängerungen hat das Verkaufspersonal keine Mitsprache und es erhält keinerlei zusätzlichen Abgeltungen für diese Verschlechterungen. Es werden meist auch keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen. Das Verkaufspersonal sagt entschieden NEIN zu dieser Situation der permanenten Verlängerung der Ladenöffnungszeiten. 1400 Personen haben dies in einer Petition an den Stadtrat von Winterthur zum Ausdruck gebracht. Gemäss dem kantonalen Ruhetags- und Ladenöffnungsgesetz kann der Detailhandel die Öffnungszeiten selber festlegen. Gemäss Art. 7 dieses Gesetzes liegt der Vollzug bei den Gemeinden. Die Gemeinden dürfen die Öffnungszeiten bei Missständen einschränken. Mit der Verlängerung der Ladenöffnungszeiten wird der Konkurrenzkampf im Detailhandel auf dem Buckel des Verkaufspersonals ausgetragen. Dies ist missbräuchlich und schränkt das Privatleben und das soziale Leben der Betroffen massiv ein. Zudem haben diese Öffnungszeiten negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden im Detailhandel. Dazu stellen sich folgende Fragen: 1. Hat die Stadt ein Interesse an einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten? 2. Kann und will der Stadtrat im Rahmen der Bekämpfung von Missständen Massnahmen ergreifen, damit der Konkurrenzkampf im Detailhandel nicht mittels Verlängerung der Ladenöffnungszeiten auf dem Buckel des Verkaufspersonals ausgetragen wird? 3. Welche Auswirkungen haben längere Ladenöffnungszeiten auf den öffentlichen Raum? Braucht es eine erhöhte Polizeipräsenz? Wie hoch sind die zusätzlichen Kosten? 4. Welche zusätzlichen Kontrollen führt die Stadt bei einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten durch? Werden die Einhaltung der Pausen und der Arbeitszeit vermehrt kontrolliert? Wird der Zustand der Pausenräume und der Toiletten überprüft? 5. Welche Folgen hätte es für Winterthur, wenn die Ladenöffnungszeiten komplett liberalisiert und 7 mal 24 Stunden betragen würden, wie dies die kantonale Initiative der FDP verlangt? Wäre eine solche vollkommene Liberalisierung aus Sicht der Stadt zu begrüssen oder sollte dies vermieden werden?"

- 2 - Der Stadtrat erteilt folgende Antwort: Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ist seit längerer Zeit immer wieder ein Thema, das kontrovers diskutiert wird und die Gemüter bewegt; zu unterschiedlich sind die jeweiligen Interessen von Gewerbetreibenden und Detailhandel einerseits sowie der Arbeitnehmenden anderseits. Mit Blick auf die sich gesamtgesellschaftlich verändernden Arbeits-, Lebens- und Konsumgewohnheiten der letzten Jahre ist es auf der einen Seite nachvollziehbar, dass die gesetzlich vorgegebenen Ladenöffnungszeiten von Gewerbe und Detailhandel als starr und den freien Markt einengend empfunden werden. Auf der anderen Seite ist indessen nicht von der Hand zu weisen, dass Arbeitnehmende, welche während dieser verlängerten Öffnungszeiten arbeiten müssen, dadurch zusätzlichen Einschränkungen und Belastungen ausgesetzt sind. Diesen Belastungen wird heute insoweit Rechnung getragen, als das Arbeitsgesetz (ArG; SR 822.11) die Nacht- und Sonntagsarbeit grundsätzlich verbietet. Für Arbeitnehmende derjenigen Branchen oder Betriebe, welche gestützt auf spezielle Bewilligungen nachts oder sonntags arbeiten müssen, sieht das ArG flankierende Massnahmen zu deren Schutz vor. Während im Bereich des Arbeitnehmerschutzes ausschliesslich bundesrechtliche Bestimmungen Anwendung finden, sind in Bezug auf die Ladenöffnungszeiten die Kantone berechtigt, selber Vorschriften zu erlassen. Im Kanton Zürich besteht dazu das Ruhetags- und Ladenöffnungsgesetz (RLG; LS 822.4), welches an Werktagen keine zeitlichen Beschränkungen der Öffnungszeiten von Detailhandelsbetrieben mehr vorsieht. Einzig an öffentlichen Ruhetagen sind die Detailhandelsgeschäfte geschlossen zu halten. Ausnahmen gelten beispielsweise für bestimmte Geschäfte in Zentren des öffentlichen Verkehrs. Diese Regelungen führen dazu, dass heute im Kanton Zürich Detailhandelsgeschäfte unter der Woche rund um die Uhr geöffnet haben dürfen; verboten ist aber grundsätzlich das Beschäftigen von Arbeitnehmenden in der Nacht (d.h. von 23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens). Dies bedeutet letztlich, dass im Kanton Zürich grundsätzlich nur Kleinbetriebe, die nachts keine Angestellten beschäftigen, unter der Woche rund um die Uhr offen halten dürfen. Derzeit sind zum Thema Ladenöffnungszeiten zwei politische Vorstösse hängig: Zum einen soll der Bundesrat mit der Motion von Nationalrat Markus Hutter vom 25. September 2009 aufgefordert werden, die bundesrechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass den Kantonen bei der Festlegung der Öffnungszeiten von Verkaufsstellen und Dienstleistungsbetrieben keine Schranken mehr im Wege stehen. Dabei soll zwar der Arbeitnehmerschutz aufrecht erhalten werden, gleichzeitig sollen Arbeitnehmende aber während der (kantonal eingeschränkten oder vollständig liberalisierten) Ladenöffnungszeiten beschäftigt werden dürfen. Der Bundesrat hat die Motion zur Ablehnung empfohlen, der Nationalrat hat sie jedoch am 14. April 2011 als Erstrat angenommen. Zum anderen ist auf kantonaler Ebene die Volksinitiative der FDP "Der Kunde ist König" hängig. Die Initianten wollen damit die Aufhebung derjenigen Bestimmung des RLG erreichen, welche heute einer vollständigen Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten noch entgegenstehen. Der Regierungsrat beantragt dem Kantonsrat in seiner Weisung vom 9. Februar 2011, die Initiative abzulehnen. Das Geschäft ist derzeit in der vorberatenden Kommission pendent. Zu beachten ist sodann, dass die Gemeinden, die im Kanton Zürich mit dem Vollzug der erwähnten Gesetze betraut sind, in diesen Bereichen keine eigenen Regelungen mehr erlassen können.

- 3 - Zu den einzelnen Fragen: Zur Frage 1: "Hat die Stadt ein Interesse an einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten?" Das kantonale Recht berechtigt den Detailhandel, im Rahmen der bundesrechtlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen die Ladenöffnungszeiten an Werktagen selber zu bestimmen. Mit dem RLG verfügt der Kanton Zürich über ein liberal geprägtes Ladenöffnungsgesetz, welches den Gemeinden keinen Spielraum für eigene Bestimmungen lässt. Stadtrat und Grosser Gemeinderat haben somit keine rechtliche Handhabe, um regulatorisch auf die Gestaltung der Ladenöffnungszeiten Einfluss zu nehmen. Dem Stadtrat ist es jedoch ein wichtiges Anliegen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das ArG grundsätzlich vor Nacht- und Sonntagsarbeit geschützt werden eine generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ist deshalb aus seiner Sicht nicht erwünscht. Eine Sonderstellung nehmen jedoch Tankstellen, Bahnhöfe und Flughäfen ein. Dabei handelt es sich um Schlüsselinfrastrukturen unserer immer mobiler werdenden Gesellschaft; Menschen, die im rund um die Uhr herrschenden Reiseverkehr unterwegs sind, haben ein legitimes Bedürfnis, bei Bedarf auch in der Nacht und am Sonntag einkaufen zu können. Einer Aufhebung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots in diesem eng begrenzten Rahmen, wie sie derzeit auf Bundesebene diskutiert wird, steht der Stadtrat daher grundsätzlich positiv gegenüber. Er erhofft sich davon auch, dass der im urbanen Umfeld seit Jahren zunehmende Druck in Richtung genereller Nacht- und Sonntagsarbeit abnehmen wird. Zur Frage 2: "Kann und will der Stadtrat im Rahmen der Bekämpfung von Missständen Massnahmen ergreifen, damit der Konkurrenzkampf im Detailhandel nicht mittels Verlängerung der Ladenöffnungszeiten auf dem Buckel des Verkaufspersonals ausgetragen wird?" Das RLG überträgt den Gemeinden lediglich den Gesetzesvollzug. Im Rahmen dieses Vollzugsauftrages sind die städtischen Behörden darum bemüht, nachhaltig gegen allfällige Widerhandlungen oder Missbräuche vorzugehen. Auch wenn der Stadtrat Verständnis für die aus Sicht der Interpellantin unbefriedigende rechtliche Situation hat, ist er nicht befugt, weiter gehende Massnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmenden zu erlassen, müssten diese doch als klar widerrechtliche Eingriffe in den freien Wettbewerb unter den Marktteilnehmenden qualifiziert werden. Insbesondere hat der Stadtrat wie bereits dargelegt keine rechtlichen Möglichkeiten, die Ladenöffnungszeiten zu diesem Zweck einzuschränken. Der von der Interpellantin angesprochene 7 Abs. 2 RLG, wonach die Gemeinden bei Missständen die Ladenöffnungszeiten einschränken können, ist auf diese Konstellation nicht anwendbar: Diese Bestimmung ist ausdrücklich nur in Einzelfällen anzuwenden, zu welchen nach der Meinung des Gesetzgebers beispielsweise Nachtruhestörungen zu zählen sind (vgl. dazu die Weisung des Regierungsrates zum RLG, ABl 423); allfällige Sanktionen oder Einschränkungen aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes müssten sich auf das ArG abstützen. Die weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten, so unbefriedigend und belastend sie für die betroffenen Arbeitnehmenden auch sein mag, stellt somit keinen Missstand im Sinne von 7 Abs. 2 RLG dar. Der Stadtrat kann demzufolge gestützt auf diese Bestimmung eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten nicht verhindern.

- 4 - Zur Frage 3: "Welche Auswirkungen haben längere Ladenöffnungszeiten auf den öffentlichen Raum? Braucht es eine erhöhte Polizeipräsenz? Wie hoch sind die zusätzlichen Kosten?" Empirische Daten zur Frage, ob die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten des Detailhandels in den letzten Jahren erkennbare Auswirkungen auf den öffentlichen Raum hat, sind dem Stadtrat nicht bekannt. Nach der Einschätzung der Stadtpolizei Winterthur konnten damit keine konkreten Sicherheitsdefizite oder anderweitige Entwicklungen in Verbindung gebracht werden, welche eine erhöhte Polizeipräsenz erfordert hätten. Vielmehr ist zu vermuten, dass die längeren Ladenöffnungszeiten im Rahmen der allgemeinen Tendenz hin zu einer 24-Stunden-Gesellschaft unter Sicherheitsgesichtspunkten nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Jedoch unterstützen längere Ladenöffnungszeiten den Trend in Richtung 24- Stunden-Gesellschaft. Zur Frage 4: "Welche zusätzlichen Kontrollen führt die Stadt bei einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten durch? Werden die Einhaltung der Pausen und der Arbeitszeit vermehrt kontrolliert? Wird der Zustand der Pausenräume und der Toiletten überprüft?" Alle Betriebe, die Arbeitnehmende beschäftigen, werden im Rahmen der regelmässigen Kontrollen sowie vor einer Neueröffnung durch das Arbeitsinspektorat eingehend kontrolliert. Neben der Einhaltung der Arbeitszeiten und der Gewährleistung der Arbeitssicherheit gilt die besondere Aufmerksamkeit der Inspektoren dem Gesundheitsschutz. So werden insbesondere Pausen- oder Aufenthaltsräume, Garderoben und sanitäre Einrichtungen besonders sorgfältig geprüft. Werden anlässlich der Kontrollen Verstösse festgestellt, haben die fehlbaren Betriebe die Missstände zu beheben, was mittels Nachkontrollen verifiziert wird. Kommen die Betriebe den behördlichen Aufforderungen nicht nach, werden die verantwortlichen Personen zur Anzeige gebracht. Erfreulicherweise geben die Detailhandelsbetriebe in der Stadt Winterthur diesbezüglich kaum Anlass für Beanstandungen; der mit verlängerten Öffnungszeiten einher gehende Mehraufwand dürfte sich damit in engen Grenzen halten. Stellt die Gewerbepolizei aufgrund von Ausnahmebestimmungen einzelnen Betrieben eine Bewilligung für Nacht- oder Sonntagsarbeit aus, kontrolliert sie auch die Einhaltung der Bewilligung und der damit verbundenen Auflagen. Zur Frage 5: "Welche Folgen hätte es für Winterthur, wenn die Ladenöffnungszeiten komplett liberalisiert und 7 mal 24 Stunden betragen würden, wie dies die kantonale Initiative der FDP verlangt? Wäre eine solche vollkommene Liberalisierung aus Sicht der Stadt zu begrüssen oder sollte dies vermieden werden?" Es ist davon auszugehen, dass eine vollständige Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten im RLG für sich allein für Winterthur keine grösseren Folgen haben würde. Einerseits bestünden bei einer Annahme der Initiative nach wie vor die Schranken des übergeordneten ArG, welches die Nacht- und Sonntagsarbeit grundsätzlich verbietet und über welches sich das RLG nicht mit einer liberaleren Regelung hinweg setzen kann. Ausser Familienbetrieben, welche in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen auf Angestellte verzichten können und somit nicht dem ArG unterstellt sind, wäre es den Betrieben nicht möglich, ohne Verstoss gegen das Arbeitsgesetz ihre Geschäfte länger offen zu halten. Anderseits ist davon auszugehen, dass selbst wenn die Beschränkungen im ArG einmal wegfallen sollten bei weitem nicht jeder Detailhandelsbetrieb unter wirtschaftlichen Aspekten ein Interesse daran hat, rund um die Uhr oder auch sonntags offen zu halten. Für eine detailliertere Stellungnahme zu den allfälligen Folgen weiter liberalisierter Ladenöffnungszeiten ist es nach der Auffassung des

- 5 - Stadtrates im heutigen Zeitpunkt angesichts der vorerwähnten, nach wie vor hängigen politischen Vorstösse noch zu früh. Die Berichterstattung im Grossen Gemeinderat ist dem Vorsteher des Departements Sicherheit und Umwelt übertragen. Vor dem Stadtrat Der Stadtpräsident: E. Wohlwend Der Stadtschreiber: A. Frauenfelder