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www.verdi-gute-arbeit.de Mobile Arbeit und Mitbestimmung Andreas König, ver.di-bundesverwaltung, Innovation und Gute Arbeit, Verbundprojekt prentimo
Handlungshilfe zum Thema Gefährdungsbeurteilung www.verdi-gute-arbeit.de Bisher:
Mobile Arbeit und Mitbestimmung Handlungs- und Gestaltungsfelder www.verdi-gute-arbeit.de für Betriebsräte (BR), Arbeitsgestaltung Gesundheitsförderung Kompetenzentwicklung
Mitbestimmung bei Gesundheitsschutz und Prävention! Regelungsbereich Technische Innovation und IKT-Systeme: für alle Systeme, die Beschäftigtendaten verarbeiten, bei Einführung und Anwendung. Allgemein: vor der Einführung die Gefährdungsbeurteilung ( 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz- ArbSchG, auch 3 Abs. 3 BetrSichV) und die Technikfolgenabschätzung nutzen.* *Im Arbeitsschutzausschuss ASA darauf dringen, dass ein geordnetes Verfahren für die Einführung technischer Innovationen entwickelt wird: mit vorrausschauender Gefährdungsbeurteilung nach 5 ArbSchG, frühzeitigen Unterweisungen, Schulungen, (Qualifizierung) und BETEILIGUNG der Beschäftigten. Alternativ und ergänzend: möglich sind Betriebsvereinbarungen hierzu. 5
Die Risiken für die Beschäftigten beziehen sich auf den Gesundheitsschutz (menschengerechte Arbeitsgestaltung) den Schutz des Persönlichkeitsrechts und der informationellen Selbstbestimmung (Recht auf Datenschutz). Rationalisierungsschutz und Mangelhafte Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten 6
Arbeitsgestaltung BetrVG DATENSCHUTZ www.verdi-gute-arbeit.de 87 Abs. 1, Nr. 6 BetrVG: Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht für die Beschäftigten im Betrieb ( die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern)
Arbeitsgestaltung BetrVG Wer darf Mobil arbeiten? Eine Regelung über Voraussetzungen, Auswahl, Beendigung etc. ist eine Auswahlrichtlinie i.s. von 95 Abs. 1 und 2. Wie wird die Arbeitszeit geregelt? Die Verteilung der Arbeitszeit und Durchführung und Erfassung der Arbeitszeit zuhause unterliegt der Mitbestimmung nach 87 Absatz 1, Nr. 2 und 3 BetrVG (Gestaltungsfreiheit sichern - keine starren Zeiten - feste Erreichbarkeitszeiten ausmachen; bspw. nicht mehr als 2-3 Std. tgl.) 8
Arbeitsgestaltung durch Rechtsprechung BetrVG Die Entscheidung über Home-Office ist eine Versetzung i.s. von 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Vereinbarung in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, wonach die einem Arbeitnehmer erlaubte Telearbeit ( Homeoffice ) ohne Abwägung der Arbeitnehmerinteressen einseitig vom Arbeitgeber aufgekündigt werden kann, unwirksam ist. Es liege insoweit eine Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des 106 Satz 1 GewO gemäß 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.v.m. 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. Sie ist auch deshalb unwirksam, weil es sich bei der Kündigung der Tele-Arbeit um eine Versetzung im Sinne des 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG handele. Der Arbeitgeber habe hierzu nicht die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates (vgl. 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) eingeholt. Auf diese Unwirksamkeit kann sich auch der Arbeitnehmer (und nicht nur der Betriebsrat) berufen. LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.09.2014, Az. 12 Sa 505/14) 9
Arbeitsgestaltung BetrVG Qualifizierung/Berufsbildung/Unterweisung 96 98 betriebliche Berufsbildung: (wichtig für Erlangung/Erhaltung Leistungsfähigkeit/Kompetenzen) 96 (Pflicht zur) Förderung der Berufsbildung 97 Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung Abs.1 : Beratung 97 Abs. 2: Mitbestimmung 98 Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. 10
Arbeitsgestaltung BetrVG Dienstreisen und Mitbestimmung www.verdi-gute-arbeit.de Dienstreise ist Arbeitszeit - wenn sie in die Normalarbeitszeit fällt - wenn auf der Reise gearbeitet wird Mitbestimmung nach 87 Absatz 1, Nr. 2 und 3 BetrVG erstreckt sich auch auf Reisezeit, wenn dabei üblicherweise gearbeitet wird oder wenn damit maßgeblich in private Zeit eingegriffen wird (z.b. Reisebeginn am freien Tag, überlange Reisezeiten etc.) Dienstreise ist eine Versetzung i.s. von 95 Abs. 3 BetrVG - wenn sie zu erheblichen Belastungen führt, selbst wenn es sich um eine kurze Dienstreise handelt - wenn Dienstreisen für ein und dieselbe Person sich häufen BR kann in einer BV Dienstreisen Regeln zur zeitlichen Durchführung und zum Zeitausgleich verlangen BR kann in einer Auswahlrichtlinie nach 95 Abs. 1 und 2 BetrVG Regeln darüber verlangen wer, wie oft reisen muss (lebensphasengerechte Dienstreiseplanung)
Mobile Arbeit und Mitbestimmung www.verdi-gute-arbeit.de Handlungs- und Gestaltungsfelder für Betriebsräte (BR), Arbeitsgestaltung Gesundheitsförderung Kompetenzentwicklung
GESUNDHEITSFÖRDERUNG Arbeits- und Gesundheitsschutz Beratungsrechte - Zusammenarbeit BetrVG BetrVG 89 Abs. 4, ASiG 11 Teilnahmerecht des Betriebsrates am Arbeitsschutzausschuss und/oder Besprechungen mit den Sicherheitsbeauftragten BetrVG 89 Abs. 1, Verpflichtung zur Unterstützung der Behörden und Berufsgenossenschaften www.verdi-gute-arbeit.de Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) 9 Abs.1 Verpflichtung der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit zur Zusammenarbeit, Information und Beratung BetrVG 88 Freiwillige Betriebsvereinbarungen zur Regelung zusätzlicher Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen
GESUNDHEITSFÖRDERUNG Arbeits- und Gesundheitsschutz Informations- und Beratungsrechte www.verdi-gute-arbeit.de Ergeben sich sich aus 80 Abs. 1 Nr.1 BetrVG. Überwachung der Einhaltung von Gesetzen usw. (Technik: Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV), ArbeitsstättenVO, ArbSchG, novellierte BetriebssicherheitsVO f. d. Gebrauch von Arbeitsmitteln. 90 (2) BetrVG; Informations- und Beratungsrecht bei Neu- und Umbauten, geplanten neuen technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsplätzen HILFREICH wg. unbestimmter Rechtsbegriffe : 80 (1) Abs.2 BetrVG: Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Möglichkeit zur Konkretisierung in Bven. Achtung! So rechtzeitig, dass eigene Vorschläge möglich sind!
Informations- und Beratungsrechte 89 Abs. 2 BetrVG Information und Beratung des Betriebsrates durch den Arbeitgeber und die zuständigen Behörden und Berufsgenossenschaften 89 Abs.5 und 6 BetrVG Aushändigung von Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, Unfallanzeige Beratung wegen zu komplexer Materie: Auskunftspersonen und Sachverständige einsetzen! 80 Abs.2 Satz 3 BetrVG : interne Auskunftspersonen hinzuziehen. Erfreulich: BR kann von ihm bestimmte Personen i.s.d. 80 Abs.2 Satz 3 BetrVG in Abwesenheit des Arbeitgebers befragen. (BAG 201.2015 1 ABR 25/13). 80 Abs.3 BetrVG, ( 44 Abs. 1 BPersVG) externe Sachverständige hinzuziehen,- vorher Klärung der Kosten! Quelle: Kiesche, Ruchhöft, Wilke; Gute Arbeit, Heft 9/16, S. 28-32, BUND-Verlag) 15
GESUNDHEITSFÖRDERUNG Arbeits- und Gesundheitsschutz Mitbestimmungsrechte 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG Mitbestimmung bei Regelungen zur Unfallverhütung und des Gesundheitsschutzes im Rahmen der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen und Vorschriften 97 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG Mitbestimmung bei Regelungen zur Arbeitszeit/Pausen www.verdi-gute-arbeit.de 91 BetrVG Korrigierende Mitbestimmung zur Abwendung, Milderung, Ausgleich von Nachteilen bei Änderung von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen, Arbeitsumgebung bei Verstoß gegen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse und besonderer Belastung 99 BetrVG Mitbestimmung personelle Einzelmaßnahmen bei Ernennung Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt, Sicherheitsbeauftragte als Arbeitnehmer/-innen
Möglichkeiten der Einflussnahme bei präventiven Maßnahmen Arbeitsrecht ist lebendig! Ein weiteres Beispiel: www.verdi-gute-arbeit.de 87 Abs. 1 Nr. 7 Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (Mitbestimmung) Landesarbeitsgericht Nürnberg: Beschluss vom 09.12.2015 4 TaBV 13/14 Einerseits greift das Mitbestimmungsrecht nur, soweit überhaupt Rahmenvorschriften des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes bestehen, die dem Arbeitgeber einen Ermessensspielraum einräumen, innerhalb dessen der geeignete Weg zum Erreichen des Ziels ausgewählt werden kann. Andererseits folgt aus der Formulierung "im Rahmen", dass sich die Mitbestimmungsrechte auf die Konkretisierung, nicht aber auf die Anhebung des Schutzniveaus der Rahmenvorschriften erstrecken.
Fazit Betriebsvereinbarungen sind das beste Mittel Erzwingung von Betriebsvereinbarungen ist oft möglich (u.a. 77 BetrVG) und notfalls Einigungsstelle anrufen. Immer prüfen ob neben 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG zusätzlich 87 Abs.1 Ordnung und Verhalten, 87 Abs.1 Nr. Lage der Arbeitszeit und vor allem 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG Gesundheitsschutz - etwa mit einer Initiative zur (ganzheitlichen) Gefährdungsbeurteilung- als Mitbestimmungsrecht zu nutzen sind. Nach der Gefährdungsbeurteilung ist die Wirksamkeitskontrolle der getroffenen Maßnahmen rechtlich vorgeschrieben! Hilfen holen: externe Sachverständige hinzuziehen Beratung durch Gewerkschaften holen: betriebliche Akteure kollektiv, Mitglieder individuell 18
ver.di online- Handlungshilfe zum Thema Gefährdungsbeurteilung Gefährdungsbeurteilung: Zentrales Element des Gesundheitsschutzes www.verdi-gute-arbeit.de www.verdi-gefährdungsbeurteilung.de
Wandzeitungsbefragung www.verdi-gute-arbeit.de Zeigt im Kern die Ansatzpunkte der ver.di Initiative Gute Arbeit: 1. Beschäftigte beurteilen Ihre Arbeitsbedingungen 2. Beteiligung der Beschäftigen im ganzen Prozess Kommunikationsmittel 3. Deutet auf einzelne Handlungsfelder hin
Mobile Arbeit und Mitbestimmung für Handlungs- und Gestaltungsfelder Betriebsräte (BR), www.verdi-gute-arbeit.de Arbeitsgestaltung Gesundheitsförderung Kompetenzentwicklung
Aufgabe für die Mitbestimmung: Vermeidung von Selbstgefährdung als Bestandteil einer gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung Für die Analyse, Bewertung und Gestaltung mobil-flexibler Arbeit die Bewältigungsstrategien der Beschäftigten und ihre gesundheitlichen Auswirkungen erheben (durch Verwendung der Fragen und Systematik des Index Gute Arbeit des DGB im Rahmen von Gefährdungsanalysen) Selbstverständliche Beachtung bei Verhandlungen zu Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. 22
Kontinuierliche Qualifizierungsarbeit im Betrieb fordern ( 96-98 BetrVG) Überlastungs-/Gefährdungsanzeigen organisieren Schulung im Haftungsrecht mit GUV-Fakulta durchführen. Das gibt Rechtssicherheit und mindert psychische Belastung durch Ängste (nicht zu wissen was einem drohen kann) 23
THEMA: Indirekte Steuerung und interessierte Selbstgefährdung Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten Rechte, die Beschäftigte haben, nützen für sich genommen wenig, wenn die Kolleginnen und Kollegen im Team nicht in der Lage sind, sie wahrzunehmen. Die Aufklärung über indirekte Steuerung ist also eine notwendige Voraussetzung des Widerstands gegen die persönlichen und betrieblichen Auswirkungen. Die Kolleginnen und Kollegen werden lernen müssen, zwischen ihrer produktiven Kraft und deren Instrumentalisierung zur Steigerung der Profitabilität unterscheiden zu können, auch wenn sie in der betrieblichen Praxis als ein und dasselbe erscheinen. Eine Grundvoraussetzung ist dafür die Auseinandersetzung mit der Verselbständigung der Gruppendynamik im Team. 24
Aufgabe für die Mitbestimmung: Also gilt es, die Mobilitätskompetenzen individuell und kollektiv zu entwickeln Aktive Gestaltung von Mobilität (individuelle Kompetenzen), Beratungsangebote von ver.di für die Beschäftigten (Coaching, Seminare) Selbstorganisation, Zeitmanagement Grenzziehungskompetenz, Fähigkeit zur Selbstsorge Schaffung von Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Mobilität (kollektiv) für Interessenvertretungen Bspw: in Mobilitätswerkstätten: gemeinsames Lernen im Umgang und Gestaltung neuer Steuerungsmethoden ( indirekte Steuerung) bei mobiler Arbeit 25
Fazit Gestaltung der Arbeitsbedingungen aktiv wahrnehmen! Die Rechte www.verdi-gute-arbeit.de sind da. Sie müssen rechtzeitig wahrgenommen werden! Informations-, Initiativ- und Mitbestimmungsrechte nach Betriebsverfassungsgesetz ermöglichen das Mitgestalten und bieten einen großen Handlungsspielraum, Aber: Die betriebliche Arena nicht überfrachten! Besser sind durch Tarifvertrag gesicherte Regelungen,- Vielen Dank!