Akute Notfälle bei der Dialyse Urämiebedingte Notfallsituationen Überwässerung Die Überwässerung ist ein typisches Symptom der terminalen Niereninsuffizienz. Klinisch finden sich Knöchelödeme, Pleuraergüsse, Ascites, im schlimmsten Falle kommt es zum Lungenödem. Patienten mit kardialen Begleiterkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, ein Lungenödem bei Niereninsuffizienz zu entwicklen. Häufig kommt es bei Überwässerung zu einem Anstieg des arteriellen Blutdrucks (Ausnahme schwere Herzinsuffizienz). An Symptomen werden Kurzatmigkeit, paroxysmale nächtliche Dyspnoe und sichtbare Ödemeinlagerungen beklagt. Typische klinische Zeichen sind Gewichtszunahme, Blutdruckanstieg, generalisierte Ödeme und feuchte RGs über den basalen Lungenabschnitten. Auskultationsbefunde über der Lunge können bei Dialysepatienten komplett fehlen, da sich hier manchmal ein streng interstitielles Lungenödem, eine sog. Fluid lung (Rö-Thorax: weiße Lunge, klinisch kein pathologischer Auskultationsbefund), entwickelt. Therapie: Blutdruck- /Vorlastsenkung, Lasix nur bei signifikanter Restdiurese sinnvoll. Dialysebehandlung mit Ultrafiltration bei vital bedrohlichen Zuständen. Hyperkaliämie Gesamtkaliumgehalt des Körpers ca. 3.000 mval/l, davon über 80 % intrazellulär. Tägliche Ausscheidung 50 100 mval. Maximale Exkretionskapazität der Niere 200 mmol bei akuter, 350 mmol bei chronischer Belastung. Bei kaliumarmer Kost (10 15 mval Kalium/die) entsteht während der ersten Tage eine negative Kaliumbilanz, später ein Abfall der renalen Exkretion auf Werte um 3 5 mval/die. Die zelluläre Kaliumaufnahme wird durch Katecholamine, Insulin und Alkalose gesteigert. Umgekehrt tritt Kalium bei Azidose und hoher Serumosmolarität aus den Zellen aus. Aldosteron fördert Kaliumausscheidung in der Niere und im Kolon. Anstieg des Serumkaliums kann deshalb prinzipiell durch Störung der Kaliumverteilung sowie durch Störung der Kaliumbilanz (Änderung der renalen Ausscheidung) bedingt sein. Bei Dialysepatienten ist die Hyperkaliämie in der Regel entweder durch Diätfehler oder durch inadäquate Kaliumelimination im Rahmen der Dialysebehandlung (meisten auf dem Boden Fistelstenosen) bedingt.
Symptome 1) Neuromuskulär: Muskelschwäche, besonders an unteren Extremitäten (Depolarisation der Zellmembran mit Abnahme des Ruhemembran-potentials), Gliederschwere, distal beginnende Parästhesien. 2) Kardiovaskulär: EKG-Veränderungen bei Kaliumwerten von 6 mmol/l in 30 %, bei 7,5 mmmol/l in 100 %: Kirchturm-T, Verlängerung des PQ-Intervalls, Verbreiterung der QRS-Komplexe sowie (präfinal) ventrikuläre Tachykardie und Kammerflimmern. Hypokalzämie, Azidose und Hyponatriämie wirken additiv. Bei fehlenden EKG- Veränderungen an Hämolyse, Thrombozytose oder Leukozytose (Leukämie) denken. Maßnahmen bei Hyperkaliämie 1) Maßnahmen zur Umverteilung von Kalium von extra- nach intrazellulär: 500 ml 10 %ige Glukoselösung + 10 I.E. Alt-Insulin (1 I.E. Insulin / 5 g Glukose), Wirkungsbeginn nach 10 Min., Wirkungsdauer 4 6 Std. 40 ml 8,4%iges Natriumbikarbonat über 5 Min. i.v., Wirkungseintritt nach ca. 10 Min. 2-3 Hübe eines ß2-Mimetikums (z.b. Berotec), Wirkungseintritt anch ca. 10 min 2) Kalium-eliminierende Maßnahmen: Furosemid i.v. (bei renaler Residualfunktion) Kationenaustauscher in Natrium- oder Kalziumphase. 1 g Kationenaustauscher bindet etwa 1 mmol Kalium. Diese Bindung findet vorwiegend im Dickdarm statt, deshalb rektale Applikation als Einlauf oraler Gabe vorzuziehen (Klysma: 50 g/200 ml Flüssigkeit mit Verweilzeit von mindestens 30, besser 60 Min.). Danach Reinigungseinlauf. Hämodialyse bei schlechter oder fehlender Nierenfunktion bzw. bei sehr hohen Kaliumwerten anstreben. 3) Aufhebung des Hyperkaliämieeffektes an der Zellmembran: 20 ml 10 %ige Kalziumlösung i.v. über 2 Min., Wirkungsdauer ca. 30 Min. 4) Nach Korrektur der Hyperkaliämie Ursachenforschung betreiben: Einschränkung der diätetischen Kaliumzufuhr
Überprüfung der Dialysefistel, ob ein sog. Kleiner Kreislauf vorliegt Hyperkaliämie-induzierenden Medikamenten (Spironolacton, ACE- Hemmer etc.) Hypertensive Krise Der Hypertonus bei terminaler Niereninsuffizienz beruht in hohem Maße auf einer Expansion des Kochsalz- und Wasserbestandes. Eine adäquate Kontrolle des Blutdrucks ist häufig schwierig und kann eine antihypertensive Mehrfachtherapie erfordern. Krisenhafte Blutdruckanstiege sollten primär stationär behandelt werden. Initial kann es dabei notwendig sein, blutdrucksenkende Medikamente (Ebrantil, Nitroglyzerin) intravenös zu verabreichen. Bei therapierefraktärem Hypertonus und Volumenüberladung kann auch eine extrakorporale Ultrafiltration zum Volumenentzug als antihypertensive Maßnahme ins Auge gefaßt werden. Perikarderguß Ein Perikarderguß bei terminaler Niereninsuffizienz und bei Dialysepatienten ist heute eine seltene Komplikation. Der Erguß selbst ist häufig hämorrhagisch und kann durchaus eine Perikardtamponade verursachen. Die urämische Perikarditis gehört heutzutage zu den seltenen Komplikationen bei terminaler Niereninsuffizienz. In erster Linie deshalb, weil die Dialyse heute vor der Manifestation eines urämischen Vollbildes begonnen wird. Bei unzureichend dialysierten Patienten kann es allerdings auch unter laufender Dialysetherapie zu einer urämischen Perikarditis mit Ergußbildung kommen. Als Therapie der Wahl gilt hierbei die tägliche Hämodialyse mit dem Ziel, eine möglichst hohe Dialysedosis und ein möglichst niedriges Trockengewicht zuerreichen. Besteht Tamponadesymptomatik, ist primär eine Entlastung mittels Perikardpunktion anzustreben. Dialysebedingte Notfallsituationen Hypotonie
Der akute Blutdruckabfall im Rahmen der Hämodialysebehandlung ist wahrscheinlich die häufigste Komplikation bei dieser extrakorporalen Therapiemaßnahme. Besonders ältere Patienten, Diabetiker, Patienten mit antihypertensiver Medikation und Patienten mit hohem Flüssigkeitsentzug sind von dieser Komplikation bedroht. Therapeutisch helfen in vielen Fällen einfache Maßnahmen, wie Kopftieflagerung und Volumengabe. Im schlimmsten Falle können Reanimationsmaßnahmen erfoderlich werden. Neben einem intravasalen Volumenmangel infolge einer zu hohen Ultrafiltrationsrate können auch Störungen des Herzrhythmus, Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion, Perikardtamponade und Herzklappenvitium ursächlich für eine Dialyse-assoziierte Hypotonie verantwortlich sein. Bei der Verwendung von Acetat als Puffersubstanz in der Dialysierflüssigkeit kann es bei Verwendung großer Membranoberflächen zu einer Akkumulation von Acetat mit peripherer Vasodilatation und konsekutivem Blutdruckabfall kommen. In den meisten Dialysen wird heute Bicarbonat-haltige Dialysierflüssigkeit eingesetzt, so daß diese Ursache zunehmend in den Hintergrund getreten ist. Infektionen, Sepsis Bei bakterieller Kontamination des Dialysats kann es zur Einschwemmung von Endobzw. Exotoxinen über die Dialysemembran in den Blutkreislauf des Patienten kommen, was zu einer pyrogenen Reaktion mit Schüttelfrost und Fieber führen kann. Hierbei treten aber keine intakten Mikroorganismen in den Blutkreislauf über. Fieberreaktionen an der Dialyse können natürlich auch auf einer bakteriellen Infektion, in erster Linie des Gefäßzugangs (Vorhofkatheter, Goretex-Prothese oder Ciminofistel) beruhen. Insbesondere bei der Verwendung von Dauerkathetern ist die Gefahr einer Bakteriämie relativ groß. Hierbei kann es neben der Gefahr einer Sepsis auch zur Endokarditis kommen. Shuntkomplikationen Die ateriovenöse Fistel als permanenter Dialysezugang ist mit einer Reihe von typischen Komplikationen assoziiert: Am häufigsten ist der thrombotische Verschluß der Fistel. Ursächlich besteht hier in der Regel eine Stenose, die entweder chirurgisch oder interventionell-radiologisch angegangen werden sollte. Die Revision einer thrombosierten Dialysefistel ist normalerweise kein notfallmäßiger Eingriff, kann
aber in Fällen, wenn ein überbrückender temporärer Gefäßzugang vermieden werden soll, relativ dringlich durchgeführt werden. Blutungen treten in der Regel nach Ziehen der Punktionsnadeln am Ende der Dialyse bei noch bestehender Restantikoagulation auf. Im Prinzip können solche Blutungen durch Kompression meist problemlos gestillt werden. Kommt es zu einer späten Blutung aus einem Punktionskanal (nach 12 bis 24 Stunden), besteht der dringende Verdacht auf das Vorliegen eines Fistelinfekts mit Wiederöffnung des Punktionskanals. Die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr, die Verantwortung liegt ausschließlich bei den behandelnden Ärztinnen und Ärzten