Station 1 Analyse von strahleninduzierten DNA-Schäden durch Gel-Elektrophorese 1
I. Vorinformationen An der GSI wurde eine weltweit neuartige Krebstherapie mit Ionenstrahlen entwickelt. Dazu werden in mehreren hundert Meter langen Beschleunigern Kohlenstoff-Ionen auf bis zu 50 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann millimetergenau auf Tumore, hauptsächlich Kopftumore, geschossen. Die Therapie wird seit einigen Jahren an der GSI sehr erfolgreich eingesetzt. Voraussetzung dazu war jahrzehntelange Grundlagenforschung über die Wirkungsweise von Ionenstrahlen bzw. allgemein schweren, geladenen Teilchen auf biologische Zellen und insbesondere auf die DNA. In diesem Versuch können Sie die Schädigung von mit Röntgenstrahlen bestrahlten DNA- Proben mit der Methode der Gel-Elektrophorese untersuchen. Röntgenstrahlen haben zwar nicht dieselbe Wirkung wie Ionenstrahlen, ihre Wirkung auf das (Tumor)-Gewebe ist viel geringer, und die Schäden sind räumlich weiter verteilt, also nicht so lokalisiert wie bei den Ionenstrahlen. Trotzdem benutzt man in Forschungsexperimenten in der Medizinphysik oft Röntgenstrahlung um die Effekte dann mit Proben zu vergleichen, die mit Ionenstrahlung beschossen wurden. I.1. DNA DNA steht als Abkürzung für Desoxyribonukleinsäure (engl. Desoxyribonucleinacid). Es ist ein großes Molekül, das als Träger der Erbinformation einer Zelle dient. In menschlichen Zellen treten die DNA-Moleküle (verbunden mit Proteinen) als Chromosomen im Zellkern auf. In Bakterienzellen gibt es keinen echten Zellkern, aber einen zentralen Bereich, der einem Zellkern entspricht (das so genannte Kernäquivalent). Dort befinden sich die "Bakterienchromosomen" bzw. die chromosomale DNA. Zusätzlich treten in Bakterienzellen DNA-Moleküle auf, die sich außerhalb des Kernäquivalents frei im Zytoplasma bewegen. Diese werden Plasmide genannt. Die DNA steuert direkt oder indirekt alle Lebensvorgänge in jeder biologischen Zelle, auch in Krebszellen! Wenn die DNA so stark geschädigt wird, dass sie nicht mehr zu reparieren ist, ist das für eine Zelle tödlich. Das ist der Grund warum hohe Strahlendosen schädlich für Organismen sind, man aber andererseits Tumore damit abtöten kann. Das Prinzip der Informationsspeicherung in der DNA ist bei allen Lebewesen auf der Erde gleich, egal ob es sich um eine Pflanze, ein Tier, einen Menschen oder eine Bakterie handelt. Natürlich sind die Informationen, die die DNA bei jedem Lebewesen trägt, anders, aber die Art wie diese Informationen gespeichert werden, ist identisch.. Zu vergleichen ist das mit dem Prinzip der Informationsspeicherung auf einer Computerfestplatte. In jedem Computer ist das Prinzip, nach dem die Festplatte funktioniert, gleich. Trotzdem gibt es sehr verschiedene Festplatten und natürlich können auf jeder Festplatte ganz unterschiedliche Informationen gespeichert sein. Weil das Funktionsprinzip der DNA überall dasselbe ist, benutzt man zur Untersuchung von Schäden, die Hochenergiestrahlung auslöst, gerne Bakterienzellen. Sie sind in großer Zahl verfügbar und leicht zu vermehren. Untersucht man speziell die Plasmide aus den Bakterien (s. oben) ergibt sich noch ein weiterer Vorteil: Die Plasimd DNA nimmt je nach Schwere der Schädigung unterschiedliche Formen an, die leicht zu unterscheiden sind. 2
I.2. Plasmide zur Untersuchung von Strahlenschäden DNA-Moleküle sind als Doppelhelix aufgebaut. Strahlung kann bewirken, dass ein Strang oder beide Stränge zerstört werden. Das nennt man einen Einzel oder einen Doppelstrangbruch. Die Abbildung 1 verdeutlicht diese Begriffe: Abbildung 1:Einzel und Doppelstrangbruch Wie erwähnt nimmt die Plasmid - DNA unterschiedliche Formen ein, je nachdem ob ein Einzel- oder ein Doppelstrangbruch vorliegt. Bei völlig ungeschädigter DNA ist die Form nochmal anders. Diese unterschiedlichen Formen sind in Abbildung 2 dargestellt. Im ungeschädigten Zustand ist die Doppelhelix geschlossen und in sich verdrillt ( supercoiled -Form). Bei einem Einzelstrangbruch hebt sich die Verdrillung auf und die DNA nimmt die Form einer offenen großen Schlinge an ("offenkettige"- oder "nicked circle"-form). Bei einem Doppelstrangbruch wird das Plasmid zu einem langen Strang ( lineare Form ). Abbildung 2: Die verschiedenen Formen der Plasmid-DNA. 3
II. Worum geht es in dem Versuch? Der Sinn des Versuches besteht darin, dass Sie acht unterschiedlich stark bestrahlte Plasmid - DNA Proben erhalten werden, die Sie daraufhin untersuchen sollen, wie stark die Proben in Abhängigkeit von der Strahlenmenge, der sie ausgesetzt waren, geschädigt sind. Die Proben sind mit Dosen zwischen 0 und 750 Gray (Gy) bestrahlt. Das Gray ist die Einheit der Energiedosis bei ionisierender Strahlung und steht für Joule/kg. Eine Dosis von einem Gy bedeutet also, dass ein kg der bestrahlten Materie mit einem Joule Strahlungsenergie beschossen wurde. Um die Schädigungen zu bestimmen, greifen Sie auf die unterschiedlichen Formen, die die DNA bei Schädigungen einnimmt, zurück. Wenn oben gesagt wurde, dass man diese verschiedenen Formen der Plasmid DNA leicht unterscheiden kann, so heißt das natürlich noch lange nicht, dass man dies mit dem bloßen Auge könnte. Sie haben es immer noch mit (wenn auch sehr großen) Molekülen zu tun. Sie werden deshalb zu einer besonderen Methoden greifen müssen: der Gelelektrophorese. Eine Gelelektrophorese hat immer den Sinn unterschiedliche Moleküle oder Moleküle mit verschiedenen geometrischen Formen, die sich in einem Gemisch befinden, zu trennen. Dies geschieht auf folgende Art und Weise: Zunächst wird ein Gel hergestellt (sie werden das während des Versuchs selbst tun). In dieses Gel wird das aufzutrennende Gemisch, in unserem Fall die bestrahlten DNA Proben, eingebracht. Danach wird eine elektrisch Spannung an das Gel angelegt und die Moleküle des Gemisches beginnen durch das Gel zu wandern. Das geht natürlich nur wenn sie geladen sind, sonst funktioniert das ganze Verfahren nicht. Die DNA Moleküle sind aber in dem Versuch (und auch in der Natur) geladen, es handelt sich also streng genommen um sehr große Molekül Ionen. Diese sind negativ geladen und wandern deshalb auf den positiven Pol der Spannungsquelle zu. Die Moleküle aus denen das Gel besteht wirken dabei wie ein molekulares Sieb durch das die DNA Moleküle hindurch müssen. Und hierbei liegt nun der eigentliche Sinn der Methode. Je nachdem ob die DNA- Moleküle ungeschädigt sind (supercoiled), einen Einzelstrangbruch (nicked circle) oder einen Doppelstrangbruch (linear) aufweisen, wandern sie unterschiedlich schnell durch dieses molekulare Sieb, weil sie mehr oder weniger stark dabei behindert werden. Die suepercoiled Form ist am schnellsten, die nicked circle Form am langsamsten. In einer Probe, die mit einer bestimmten Strahlungsdosis bestrahlt wurde, werden alle drei Formen in unterschiedlicher Menge auftreten. Diese werden sich während der Elektrophorese auftrennen. Am Ende des Verfahrens haben sich für jede der acht Proben zwei oder drei Bereiche (sie werden Banden genannt) gebildet, in denen die DNA konzentriert ist. Man kann sie dann den drei Formen zuordnen (wie gesagt: Die supercoiled Form ist am schnellsten, kommt also am weitesten). Schematisch dargestellt wird das so aussehen: Abbildung 3: Schematische Darstellung der DNA Banden im Gel 4
Im Versuch selbst müssen Sie die DNA - Banden nach der Elektrophorese noch anfärben, denn sie sind nicht sofort sichtbar. Dies wird aber wie vieles andere, was hier nur angeschnitten worden ist in einer ausführlichen Anleitung am Arbeitsplatz genau erklärt. Letztlich werden sie noch eine genaue Auswertung vornehmen, welcher prozentuale Anteil an DNA bei einer bestimmten Strahlendosis welche der oben genannten Formen angenommen hat. Dazu wird das Gel mit den angefärbten DNA Banden eingescannt und mit einem Programm ausgewertet, das die Menge an DNA in den einzelnen Banden ermitteln kann. Die Ergebnisse sollen dann in Excel dargestellt werden, wobei der prozentuale Anteil der ungeschädigten DNA (fakultativ zusätzlich auch der nicked circle - oder linearen Form) gegen die Strahlungsdosis, mit der die betreffende Probe bestrahlt wurde, dargestellt wird. Machen Sie sich aus diesem Grund schon im Vorfeld damit vertraut, wie Sie in Excel ein Diagramm aus einer Datenreihe erstellen können. III. Fragen zum Text Sie sollten nach der gründlichen Lektüre dieser Übersicht folgende Fragen evtl. unter Zuhilfenahme Ihres Schulbuches sicher beantworten können: 1.) Welche Aufgabe hat die DNA in einer Zelle und warum ist es für eine Zelle tödlich wenn ihre DNA irreparabel geschädigt wird? 2.) Auf welche Art und Weise ist ionisierende Strahlung in der Lage die DNA zu schädigen? 3.) Die Gelelektrophorese ist eine Methode zur Trennung von Stoffgemischen wie oben erklärt wurde. Erklären Sie, wie es dazu kommt, dass in den acht DNA Proben, die Sie erhalten, eine jeweils unterschiedliche Zusammensetzung an supercoiled, nicked circle, und linearer DNA enthalten ist. 4.) Verschaffen Sie sich mit einem Buch (oder im Internet) einen Eindruck von der Größe der Einheit Gray. Wieviel Gray sind für einen Menschen tödlich? 5
Antworten zu den Fragen: Zu 1.) Die DNA speichert die Erbinformationen unter anderem indem sie die Bauanleitungen für alle Proteine trägt, die die Zelle benötigt. Eine irreperable Beschädigung dieser Bauanleitungen führt zum Totalausfall der Proteine, da diese nicht mehr produziert werden können. Die Zelle stirbt. Zu 2.) Ionisierende Strahlung hat genügend Energie um die chemischen Bindungen, die die der DNA zusammenhalten, zu spalten bzw. Moleküle zu ionisieren. Dadurch entstehen unter anderem Schäden wie die in der Anleitung beschriebenen Einzel bzw. Doppelstrangbrüche. Zu 3.) Die Proben sind unterschiedlich stark bestrahlt worden. Es ist zu erwarten, dass in der Probe, die der höchsten Strahlendosis ausgesetzt war, die meisten Doppelstrangbrüche Vorkommen. Dennoch werden nicht alle Moleküle Doppelstrangbrüche aufweisen. Ein Teil wird auch nur Einzelstrangbrüche haben oder sogar noch ungeschädigt sein. In den anderen Proben ist diese Zusammensetzung aufgrund der unterschiedlichen Strahlendosis, der sie ausgesetzt waren, anders. Zu 4.) Ein Gray bedeutet 1 Joule/Kilogramm. Bestrahlt man einen Menschen von 75 kg Masse mit einer Strahlungsenergie von insgesamt 75 Joule (über den gesamten Körper verteilt), so erhält jedes Kilogramm im Durchschnitt eine Joule Energie. Der mensch bekommt also eine Strahlendosis von einem Gray ab. Das scheint zunächst nicht viel zu sein. Diese Energie wirkt aber direkt durch Bindungsspaltung auf atomarer/molekularer Ebene (s. Nr 2.). Deshalb ist eine Dosis von einem Gray schon sehr hoch. Die letale Dosis für 50% der bestrahlten Personen im Zeitraum von 30 Tagen liegt bei 5 7 Gray (Ganzkörperdosis). 6