Workshop Mehr finanzielle Mittel für mehr Qualität in Angeboten der frühen Kindheit aber wie?

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Transkript:

Workshop Mehr finanzielle Mittel für mehr Qualität in Angeboten der frühen Kindheit aber wie? 6. November 2018, Frauenfeld Protokoll Grusswort von Thomas Jaun, Präsident Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz Angebote der vorschulischen Bildung, Betreuung und Erziehung sollen nicht nur Privatsache sein, sondern brauchen einen Beitrag des Gemeinwesens. Jedoch fehlen gesetzliche Grundlagen für Investitionen in die frühe Kindheit. Das Wissen über die Wirksamkeit der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung ist in der Politik noch nicht verankert und hat keine genügende Priorität. Angebote und Projekte im Frühbereich müssen koordiniert werden, dafür braucht es Strategien und das Engagement der Kantone und Gemeinden. Es braucht aber auch das bottom-up - Engagement der Fachpersonen. Das Unterziel 4.2 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung besagt, dass bis 2030 sicherzustellen ist, dass alle Mädchen und Jungen Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Erziehung, Betreuung und Vorschulbildung erhalten, damit sie auf die Grundschule vorbereitet sind. Die Schweiz ist noch nicht so weit. Referat Grundlagen für den Qualitätsausbau Janine Rüdisüli, kibesuisse Vgl. Power-Point-Präsentation in der Beilage Viele Faktoren bestimmen die Qualität in Angeboten der frühen Kindheit. - Prozessqualität wird bestimmt durch die Interaktionen zwischen der Fachperson und dem Kind/seinen Eltern. - Strukturqualität wird bestimmt durch die Rahmenbedingungen, z.b. den Betreuungsschlüssel, Infrastruktur, Öffnungszeiten, Ausbildungsniveau der Fachpersonen. - Orientierungsqualität wird reflektiert durch die Überzeugungen des Fachpersonals (Erziehungsziele, pädagogische Grundhaltungen). Alle Qualitätsfaktoren hängen auf vielfache Weise zusammen: Ein guter Betreuungsschlüssel bestimmt nicht nur die Strukturqualität, sondern verbessert auch die Prozessqualität. Bei der Forderung nach Qualitätsausbau muss präzisiert werden, welche Qualität gemeint ist. Verschiedene Anspruchsgruppen (Behörden, Fachpersonen, Eltern) sprechen oft nicht von derselben Qualität, dabei wäre ein gemeinsames Qualitätsverständnis sehr wichtig. Für gute Grundlagen für den Qualitätsausbau braucht es Engagement auf verschiedenen Ebenen: Kanton, Gemeinde, private Akteure. Der Kanton steuert aber oft nur minimal und die Umsetzung der Angebote durch Gemeinden und private Institutionen erfolgt sehr unterschiedlich. Jedes Angebot kann auch ohne zusätzliche Investitionen seine Qualität ausbauen: z.b. an Teamsitzungen auf die Bedeutung der Fachperson-Kind-Interaktion hinweisen, unterstützende Materialien in Anspruch nehmen (z.b. Leitlinien von kibesuisse, Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung), etc. Qualitätsfortschritte sollen gegen aussen sichtbar gemacht werden (gegenüber Eltern, Gemeinde). Das steigert die Attraktivität des Angebots, wodurch weitere Qualitätsfortschritte möglich werden. Seite 1 von 7

Will eine Institution Unterstützung von der Gemeinde, so muss sie zuerst definieren, in welche Form von Qualität sie investieren will, wie sie dies erreichen will und wieso dies nötig ist. Dafür braucht es inhaltliche Argumente (z.b. positiver Effekt qualitativ hochstehender Angebote auf die Entwicklung des Kindes) sowie Zahlen und Fakten (z.b. wie viel ein Kita-Platz kostet, wieviel FaBes es pro Gruppe braucht für Mindestqualität). Vergleichszahlen stellt z.b. kibesuisse zur Verfügung. Heute muss man oft mit der Mindestqualität argumentieren, denn bereits die Kosten für Mindestqualität werden von Behörden/Eltern teils als übertrieben empfunden. Darum braucht es eine Sensibilisierung für die effektiven Kosten qualitativ guter familienergänzender Betreuung. Referat Grundlagen von erfolgreichem Lobbying Reto Wiesli, polsan Büro für Politikanalyse und -beratung Vgl. Power-Point-Präsentation in der Beilage Lobbying ist, wenn man bei EntscheidungsträgerInnen für sein Anliegen wirbt. Um Lobbying zu betreiben, muss man zuerst definieren: - Was ist mein Interesse, welches Produkt will ich verkaufen? - In welchem Politikbereich befinden sich die EntscheidungsträgerInnen, an die ich mich wenden muss (unterscheidet sich je nach Kanton, Gemeinde, Bundesebene)? - Was sind die Akteurskonstellationen (an wen muss ich mich wenden, wer sind meine Partner und wer ist meine Konkurrenz)? - Wie ist der Bereich, in dem ich ein Anliegen habe, reguliert? Was muss sich ändern, damit ich mein Ziel erreiche? Bevor man an EntscheidungsträgerInnen herantritt, muss das eigene Anliegen analysiert werden, z.b. mittels SWOT Analyse: Was sind die Stärken/Schwächen, wo gibt es Gelegenheiten/Risiken? - Stärken: Die Fachpersonen kennen die Problematik (z.b. ungenügende Qualität in Angeboten der frühen Kindheit) und sind von ihrem Anliegen überzeugt. - Schwächen: Dem Anliegen wird politisch keine Priorität eingeräumt und der Problemdruck wird oft nicht erkannt. Es gibt vergleichsweise wenig Unterstützung und Ressourcen. - Gelegenheiten/Chancen: Z.B. Wahljahre, wenn PolitikerInnen nach neuen Themen suchen, um sich zu profilieren. Das Thema Vereinbarkeit von Familie/Beruf ist z.b. zurzeit sehr aktuell. - Risiken: Misserfolge; man kann seinem Anliegen trotz Bemühung kein Gehör verschaffen. Der politische Zyklus: Der politische Prozess ist ein kontinuierlicher Kreislauf. Dadurch ergeben sich immer wieder neue Chancen, um sein Anliegen einzubringen. 1. Ein gesellschaftliches Problem wird erkannt und in die politische Debatte eingebracht. 2. Die Politik ist mit dem Problem konfrontiert und prüft Handlungsoptionen. 3. Die Politik entscheidet, ob/wie sie handeln will. 4. Hat sich die Politik entschieden, zu handeln, so wird dies umgesetzt: Es werden neue Gesetze geschaffen, Subventionen gesprochen, etc. 5. Nach einer gewissen Zeit wird evaluiert, was das politische Handeln genützt hat. 6. In der Regel wird mit der Evaluation weiterer Handlungsbedarf erkannt und es beginnt ein neuer Input in den politischen Prozess. Wird ein Problem als gelöst angesehen, schafft dies Platz für neue Themen auf der politischen Agenda und der Kreislauf startet erneut. Seite 2 von 7

Um eine Lobbying-Strategie (s. Folie) umzusetzen, muss man Wissen über die zuständigen EntscheidungsträgerInnen haben. Schwierig ist es, die Wertvorstellungen und das persönliche Wissen eines Entscheidungsträgers zum Thema zu kennen. Gezielte und gut vorbereitete persönliche Gespräche mit der Zielperson sind daher zentral und das effektivste Lobbying-Instrument. Referat Erfolgreiches Lobbying für Angebote der frühen Kindheit in der Ostschweiz Maya Mulle, Netzwerk Bildung und Familie Vgl. Power-Point-Präsentation in der Beilage Lobbying ist immer persönlich und baut auf Glaubwürdigkeit auf. Erfolgsreiches Lobbying kann bewirken, dass EntscheidungsträgerInnen auf einen zukommen, wenn sie eine Fachperson zum Thema brauchen. Mit persönlichem Einsatz kann man seine Ziele trotz Ressourcenknappheit erreichen. Gerade auf Gemeindeebene zahlt sich persönliches Engagement, freiwillige Arbeit in Vereinen etc. aus (z.b. Protokoll schreiben an Sitzungen). Das eigene Wissen sowie die Vernetzung werden so auch gefördert. Die wichtigen Akteure zu kennen und sich mit ihnen zu vernetzen ist zentral. An Anlässen ist die Teilnehmerliste das wichtigste Instrument, um gezielt auf die Personen zugehen zu können, mit denen man in Kontakt treten will. Selektives Zuhören : Stets darauf achten, ob / dass das eigene Anliegen thematisiert wird. Wird z.b. an einer Veranstaltung zum Frühbereich nur von Kitas und nicht von Spielgruppen gesprochen, sollte man gezielt nachfragen: Was ist mit den Spielgruppen? LobbyistInnen müssen die kritischen Fragen zum eigenen Anliegen und die guten Antworten darauf kennen. Auch auf Killerphrasen (z.b. Wir brauchen keine Angebote im Frühbereich ) muss man mit passender Argumentation reagieren können. Informationen und Argumente sollten positiv formuliert werden, z.b. nicht Wir haben nur wenig Mitglieder, sondern Wir haben X Mitglieder und es kommen laufend mehr dazu. Um für das Lobbying eine gute Argumentation aufzubauen, muss man sich in die Position der EntscheidungsträgerInnen versetzen und sich fragen, welchen Mehrwert das eigene Angebot der Gemeinde bringt und welche positiven Auswirkungen es auf die Gemeinde / die Bevölkerung hat. - Was braucht die Gemeinde? Was wissen sie von uns? Welches Image haben sie von uns? - Wie kann die Gemeinde dazu beitragen, dass wir den gewünschten Mehrwert bieten können? - Aktivitäten in der frühen Kindheit sind Teil der Kinder- und Jugendhilfe und Familienpolitik Zusammenfassung der Gruppen-Arbeiten und Diskussion im Plenum: Vgl. Fotoprotokoll der Gruppenarbeiten am Ende des Protokolls Zusammenfassung Gruppe 1 (Moderation: Reto Wiesli): Es wurden verschiedene Beispiele besprochen. Bei allen stellte sich die Beziehungsqualität zwischen dem Akteur (z.b. Verein) und der Gemeinde als zentral heraus: Kennt man z.b. den Gemeindepräsidenten oder sonstige EntscheidungsträgerInnen, öffnet das dem eigenen Anliegen Türen. In den besprochenen Beispielen zeigte sich, dass die Gemeinde dort, wo man gute Beziehungen zu EntscheidungsträgerInnen pflegte, eher bereit war, Ressourcen zu investieren, bis hin zur Defizitgarantie. Wo noch keine Beziehungen bestehen, ist man nicht so weit. Es ist darum wichtig, Seite 3 von 7

dass die Vereine sich aktiv Beziehungen verschaffen, z.b. auch kommunale PolitikerInnen im eigenen Vorstand engagieren. Der in dieser Gruppe vertretene Kanton (Thurgau) ist aus Sicht der Institutionen eher zurückhaltend und betont die Gemeindeautonomie, wenn es um Angebote im Frühbereich geht. Es besteht aber auch die andere Sichtweise, dass der Kanton Thurgau sehr vernetzend und unterstützend unterwegs ist. Beim Kanton sind verschiedene Stellen für den Frühbereich zuständig, die Koordination könnte noch verbessert werden. Es gibt verschiedene gesetzliche Grundlagen für verschiedene Angebote. Die Akteure im Kanton vernetzen sich aber auch immer mehr, was eine wichtige Grundlage für Lobbying ist. Es besteht keine gute Übersicht, was für Angebote es überhaupt im Kanton gibt. Das Kantonsparlament hat dazu aber nun eine Bestandesaufnahme gefordert. Zusammenfassung Gruppe 2 (Moderation: Maya Mulle): Angebote der Kinderbetreuung (z.b. Kitas), Angebote der Frühen Förderung (z.b. Spielgruppen) und weitere Angebote der Familienstärkung und -beratung (z.b. MVB) sollten kooperieren und sich koordinieren statt konkurrenzieren. In der Argumentation gegenüber Behörden muss man vom Kind ausgehen und aufzeigen: Alle diese Angebote leisten einen Beitrag zum gesunden Aufwachsen der Kinder und zur Unterstützung der Familien. Dass zwischen den verschiedenen Angeboten kein einheitliches Qualitätsverständnis herrscht, ist ein Problem. Denn das gemeinsame Qualitätsverständnis wäre die zentrale Grundlage für Kooperation und Koordination im Frühbereich. Mit dem Fokus auf Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit wird oft nur noch vom Kita- Ausbau geredet. Tagesfamilien als ebenfalls wichtige Form der familienergänzenden Kinderbetreuung und Spielgruppen, die einen Beitrag zur frühen Förderung und auch Betreuung leisten, dürfen nicht vergessen gehen. Das Kind sollte immer im Zentrum stehen. Das Einstehen für den eigenen Berufsstand steht dem aber nicht entgegen: Wenn Fachpersonen im Frühbereich gestärkt werden und mehr Anerkennung erhalten, nützt das letztlich auch dem Kind. Gemeinden sagen oft als Totschlag-Argument, es stünden nicht genügen Ressourcen zur Verfügung, um im Frühbereich aktiv zu werden. Dem kann entgegengehalten werden, dass Gemeinden sich interkommunal vernetzen und gemeinsam Angebote schaffen sollen. Zusammenfassung Gruppe 3 (Moderation: Anna Frey): Ein Problem ist, dass Anbieter die Hürden, um etwas bei Behörden zu beantragen, oft als hoch empfinden. Zum Teil sind die administrativen Anforderungen, um z.b. Finanzierungs-Gesuche einzureichen, tatsächlich hoch, v.a. beim Bund oder den Kantonen. Im Falle von Spielgruppen bestehen dadurch, dass diese Angebote meist gar nicht reglementiert sind, noch grössere Hürden bei der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Anbietern. Dann kann es z.b. auch geschehen, dass Träger dieser Angebote öffentliche Gelder nicht beantragen, obwohl diese zur Verfügung stehen. Vertrauensbildende Massnahmen zwischen der Basis und Behörden sind daher sehr wichtig. Bei Angeboten wie Kitas, für die es einen stärkeren gesetzlichen Rahmen gibt, besteht meist auch eine Form der etablierten Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Behörden. Beispiel Kita Wyfelde: Die Verantwortlichen setzen sich zurzeit für mehr Ressourcen von der Gemeinde ein und sind zuversichtlich. Erfolgsfaktoren aus ihrer Sicht: den Problemdruck bei Tarifer- Seite 4 von 7

höhungen aufzeigen und selbstbewusst auftreten: Thematisieren, wie viel ein Kita-Platz effektiv kostet. Wenn die Gemeinde nicht unterstützt, wird es auf die Eltern überwälzt, was auch nicht im Sinne der Gemeinde ist. Eine gute Vernetzung zu den EntscheidungsträgerInnen ist zentral. Die verschiedenen Angebote im Frühbereich ergänzen sich, sind aber betreffend Regulierung und Ressourcen-Ausstattung sehr unterschiedlich unterwegs. Zusammenfassung Gruppe 4 (Moderation: Patricia Buser): Z.B. Projekt Mix und Max ( Frühe Förderung, Bewegung und Bildung ): Wichtig ist, die eigenen Argumente zu schärfen, um besser lobbyieren zu können und den Gemeinden den konkreten Nutzen eines Angebots aufzeigen zu können. Z.B. trägt das Projekt Mix und Max zur Gesundheitsförderung, Prävention, frühkindlichen Bildung und sozialen Integration bei. Es hilft auch, in der Gemeinde-Verwaltung Multiplikatoren zu haben, die für das Angebot einstehen. Für die Argumentation gegenüber Gemeinden sollte man selbst eine Standortbestimmung der Gemeinde machen: Welche Angebote gibt es und wo sind die Lücken? Dann sollte man aufzeigen können, wie das eigene Angebot dazu beiträgt, Lücken zu schliessen, Kinder zu erreichen, die sonst nicht erreicht werden und damit auch hilft, dass alle Kinder mit optimalen Voraussetzungen in den Kindergarten eintreten. Behörden messen heute dem Schulbereich oft mehr Bedeutung zu als dem Vorschulbereich. Darum muss auch aufgezeigt werden, dass Investitionen in den Vorschulbereich langfristig positive Auswirkungen haben auch auf die spätere Schulbildung. Schlussfolgerungen: Der Frühbereich ist von einer hohen Dynamik begleitet, was sowohl für die Gemeinden und Kantone als auch die Anbieter selbst eine Herausforderung ist. Es gibt eine Vielzahl von Strukturen und Angeboten mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Anliegen. Vernetzung findet bereits im grossen Umfang statt; jedoch ist es für Anbieter nicht immer einfach, das eigene Angebot in diesem Netzwerk zu positionieren. Die verschiedenen Berufsfelder im Frühbereich müssen sich koordinieren und, wo sinnvoll, Partnerschaften eingehen, um für Anliegen zu lobbyieren. Das Wohl und die Entwicklung des Kindes rücken in der Diskussion manchmal in den Hintergrund. Es bleibt aber das wichtigste Argument für Investitionen in den Qualitätsausbau im Frühbereich. Seite 5 von 7

Anhang: Fotoprotokoll zu den Gruppendiskussionen: Gruppe 1: Gruppe 2: Seite 6 von 7

Gruppe 3: Gruppe 4: Seite 7 von 7