Heidegger, Martin: Sein und Zeit

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Transkript:

Heidegger, Martin: Sein und Zeit Einleitung: Die Exposition der Frage nach dem Sinn von Sein Erstes Kapitel: Notwendigkeit, Struktur und Vorrang der Seinsfrage 1. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Wiederholung der Frage nach dem Sein. Heute halten wir die Frage nach dem Sinn von Sein für überflüssig, ja haben nicht einmal ein zureichendes Verständnis für die Frage. Vorurteile: 1. Sein sei der allgemeinste Begriff. Er ist kein Gattungsbetriff. 2. Sein ist nicht definierbar. Definieren macht hier auch keinen Sinn. 3. Sein ist der selbstverständlichste Begriff. Keineswegs. 2. Die formale Struktur der Frage nach dem Sein. Es gibt ein durchschnittliches und vages Seinsverständnis. Von diesem her wird gefragt. Das Gefragte ist das, was Seiendes als Seiendes bestimmt. Das Erfragte ist der Sinn von Sein. Das Befragte ist das Seiende selbst. Wir gehen von einem bestimmten Seienden aus, von dem, das wir je selbst sind, dieses Seiende nennen wir Dasein. Denn dieses hat zur Seinsfrage selbst einen (ausgezeichneten) Bezug. 3. Der ontologische Vorrang der Seinsfrage. Gegenwärtig gibt es eine Krisis in den Wissenschaften, aus der heraus ihr Niveau wachsen kann. Die Frage nach dem Sein aber muss und kann den positiven Wissenschaften vorauslaufen. 4. Der ontische Vorrang der Seinsfrage. Das Dasein ist vor anderem Sein ausgezeichnet: Es verhält sich zum Sein verstehend. Das Sein des Daseins heisst Existenz, das Verständnis seiner selbst existenziell, den die Existenz konstituierenden Strukturzusammenhang Existenzialität. Die Fundamentalontologie, aus der alle andern entspringen, muss in der existenzialen Analytik des Daseins gesucht werden. Denn das Dasein ist dasjenige Seiende, das sich zu Sein verhält. Zweites Kapitel: Die Doppelaufgabe in der Ausarbeitung der Seinsfrage. Die Methode der Untersuchung und ihr Aufriss 5. Die ontologische Analytik des Daseins als Freilegung des Horizontes für eine Interpretation des Sinnes von Sein überhaupt. Das Dasein ist onotlogisch das Fernste, weil wir das Sein tendenziell vom Seienden der Welt her verstehen. Der Sinn des Daseins ist die Zeitlichkeit; das wird aufzuzeigen sein. Die Zeit ist ja seit langem das ontische Kriterium zur Abgrenzung der Regionen des Seienden. Das Sein (nicht nur das Seiende) selbst (ist nicht nur Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 1 von 6

in der Zeit, sondern) hat einen zeitlichen Charakter. Das nennen wir seine temporale Bestimmtheit. 6. Die Tradition der Ontologie übergibt zwar etwas, verbirgt aber das Eigentliche des Seins. Dieses muss, in der Destruktion der Ontologie, sichtbar gemacht werden. Das Verfehlen der Seinsfrage wird insbesondere an Kant, Descartes und Aristoteles gezeigt. 7. Die phänomenologische Methode der Untersuchung. Phänomenologie ist ein Methodenbegriff. Ihre Maxime: zu den Sachen selbst! A. Der Begriff des Phänomens meint zuerst: Das Sich-an-ihm-selbst-zeigende, das Offenbare. Die Bedeutung Schein ist abgeleitet, auf jeden Fall heisst es nicht: blosse Erscheinung. B. Logos heisst zuerst: Rede. Sie macht das, was sie sagt, aus dem, worüber sie redet offenbar und dem andern zugänglich. Die Wahrheit des Logos bedeutet: Er nimmt das Verborgene aus seiner Verborgenheit und lässt es als Unverborgenes sehen, ent-deckt es. C. Der Vorbegriff der Phänomenologie bedeutet also: Das was sich zeigt, so wie es sich von ihm selbst her zeigt, von ihm selbst her sehen lassen. Das ist nur ein formaler, kein inhaltlicher Begriff. Der primäre Gegenstand der Phänomenologie ist das Sein des Seienden, denn dieses ist verdeckt, verstellt. Ontologie ist nur als Phänomenologie möglich. Das Verdeckte ist der Gegenbegriff zu Phänomen. Es wird sich zeigen: der methodische Sinn der phänomenologischen Deskription ist Auslegung. Sein ist transcendens schlechthin, phänomenologische Erkenntnis ist transzendendale Erkenntnis. Ja Philosophie ist im Grunde universale phänomenologische Ontologie. Der Pate: Husserl. 8. Der Aufriss der Abhandlung. (39f) Erster Teil: Die Interpretation des Daseins auf die Zeitlichkeit und die Explikation der Zeit als des transzendentalen Horizonts der Frage nach dem Sein Erster Abschnitt: Die vorbereitende Fundamentalanalyse des Daseins Erstes Kapitel: Die Exposition der Aufgabe einer vorbereitenden Analyse des Daseins 9. Das Thema der Analytik des Daseins. Das Wesen des Daseins ist Existenz, nicht Essenz und es ist immer je meines. Als je meines kann es eigentlich oder uneigentlich sein. Die Untersuchung geht allerdings vom uneigentlichen Sein vom Dasein in der alltäglichen Durchschnittlichkeit aus, Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 2 von 6

in der a priori die Struktur der Existenzialität liegt. Die Seinscharaktere des Daseins heissen Existenzialien (die des anderen Seienden Kategorien). Viertes Kapitel: Das in der Weltsein als Mit- und Selbstsein. Das Man 27. Das alltägliche Selbstsein und das Man. Das Dasein hat den Charakter des Abständigkeit. Wir leben dauernd in der Sorge um einen Unterschied gegen die Anderen. Das Wer, das die Anderen sind, ist nicht irgendein Anderer, auch nicht ihre Summe, sondern das Neutrum, das Man, das seine Diktatur entfaltet und die Durchschnittlichkeit hervorruft. Hier findet die Einebnung aller Seinsmöglichkeiten statt. Das Man nimmt dem Dasein die Verantwortlichkeit ab, entlastet es in seiner Alltäglichkeit. Das Man ist in der Unselbständigkeit und Uneigentlichkeit und ist dennoch das realste Subjekt, ist ein Existenzial. Das Dasein ist immer zunächst Man, und es ist dann in das Man zerstreut und muss sich erst finden. Das Dasein geht in der Welt auf und überspringt gerade dadurch das Weltphänomen, an dessen Stelle das innerweltlich Vorhandene tritt: die Dinge. Das eigentliche Selbstsein wäre dann eine existenzielle Modifikation des Man als eines wesenhaften Existenzials. Sechstes Kapitel: Die Sorge als Sein des Daseins 39. Die Frage nach der ursprünglichen Ganzheit des Strukturganzen des Daseins. Wie kann man existenzial-ontologisch die Ganzheit der aufgezeigten Strukturmomente bestimmen, die nicht einfach deren Zusammensetzung sein kann. Diese Ganzheit ist die Sorge. Sie muss im Zusammenhang mit Weltlichkeit, Zuhandenheit und Vorhandenheit (Realität) analysiert werden. 40. Die Grundbefindlichkeit der Angst als eine ausgezeichnete Erschlossenheit des Daseins. Das Aufgehen im Man ist eine Flucht des Daseins vor ihm selbst als eigentlichem Selbst-sein-können. In ihr wird das, wovor sie flieht, sichtbar. Allerdings muss Angst von Furcht unterschieden werden. Furcht hat einen konkreten innerweltlichen Gegenstand, während das Wovor der Angst das In-der-Welt-sein als solches ist: Das Bedrohende ist nirgends oder schon da. Die Angst wirft das Dasein vor sein Möglichsein, und das Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 3 von 6

heisst vor die Freiheit. Zugleich vereinzelt sie das Dasein, diesem wird es unheimlich. Dieses Un-zuhause ist ein existenzial-ontologische ursprüngliches Phänomen. Die Vereinzelung holt das Dasein aus dem Verfallen zurück und macht im Uneigentlichsein und Eigentlichsein als Möglichkeiten offenbar. 41. Das Sein des Daseins als Sorge. Wie lässt sich die Strukturganzheit des Daseins fassen? Wir nennen sie Sorge und sie besagt: Das Sein des Daseins bedeutet ein Sich-vorgweg-schon-sein-(in-der-Welt-)als-Sein bei (innerweltlich begegnendem Seienden). Sie ist zugleich die existenzialontologische Bedingung der Möglichkeit des Freiseins für eigentliche existenzielle Möglichkeiten. Die Struktur der Sorge liegt apriorisch schon vor oder in jeder faktischen Verhaltung. Solche Verhaltungen können sein: Leben im Man (Ausblendung des Möglichen), Wünschen (Nachhängen der Möglichkeiten), Drang (unfreie Sorge), Hang (gebundene Sorge). 42. Die Bewährung der existenzialen Interpretation des Daseins als Sorge aus der vorontologischen Selbstauslegung des Daseins. Die Momente der Sorge spiegelt sich in einer alten Fabel des Hygius. Zweiter Abschnitt: Dasein und Zeitlichkeit 45. Das Ergebnis der vorbereitenden Fundamentalanalyse des Daseins und die Aufgabe einer ursprünglichen existenzialen Interpretation dieses Seienden. Rekapitulation des Gewonnenen. Bisher wurde nur das alltägliche Dasein analysiert. Diese Analyse blieb doppelt beschränkt: Sie war nicht ursprünglich, und sei hat nicht das Ganze des Daseins im Visier, sondern eben nur das uneigentliche. Der Mangel kann nur behoben werden, wenn ein existenzialer Begriff des Todes gewonnen, das Sein zum Tode verständlich gemacht, das eigentliche Seinkönnen als im Gewissen-habenwollen gezeigt und der ursprüngliche ontologische Grund der Existenzialität des Daseins, die Zeitlichkeit, freigelegt wird. Diese Analyse der Zeitlichkeit wird zugleich rückläufig wieder auf die Existenzialien des ersten Abschnitts, also auf das uneigentliche Dasein, bezogen werden Erstes Kapitel: Das mögliche Ganzsein des Daseins und das Sein zum Tode 46. Die scheinbare Unmöglichkeit einer ontologischen Erfassung Bestimmung des daseinsmässigen Ganzseins. Wie kann das Ganzsein des Daseins Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 4 von 6

erfasst werde, wenn seine Grundverfassung doch in der ständigen Unabgeschlossenheit liegt? 47. Die Erfahrbarkeit des Todes der Anderen und die Erfassungsmöglichkeit eines ganzen Daseins. Wir erfahren zwar nie den eigenen Tod, wohl aber den der Anderen. Das Ende des Daseins ist zugleich der Anfang dieses Seienden als blosses Vorhandenes. Allerdings erfahren wir den Tod der Anderen nicht, wir sind bloss dabei. Wenn auch die Vertretbarkeit des Daseins in vielem zentral ist, beim Tod ist sie unmöglich. Erfahren könnten wir nur unseren eigenen Tod. 48. Ausstand, Ende und Ganzheit. Zum Dasein gehört immer, dass es noch nicht zum Ende gekommen ist. Ist dieses Noch-nicht ein Ausstand (wie bei einer Schuld)? Der Vergleich mit der Schuld und der reifenden Frucht zeigt: Das Dasein ist immer schon sein Noch-nicht. Der Tod ist auch nicht einfach ein Aufhören, kein Zu-Ende-sein des Daseins, sondern ein Sein zum Ende dieses Seienden. Das Dasein übernimmt den Tod als eine weise zu sein, sobald es ist. 49. Die Abgrenzung der existenzialen Analyse des Todes gegenüber möglichen anderen Interpretationen des Phänomens. Biologisch oder psychologisch oder theologisch könnte man den Tod als Ableben bezeichnen. Diesem Verständnis ist aber die existenzial-ontologische Interpretation vorgelagert, ohne damit auch schon eine Stellungnahme zum Tod zu implizieren. 50. Die Vorzeichnung der existenzial-ontologischen Struktur des Todes. Das Ende steht dem Dasein bevor, der Tod ist ein Bevorstand. Und zwar ist er sein äusserstes Noch-nicht. Das Dasein wir in diesen ausgezeichneten Bevorstand geworfen, sobald es ist. Das heisst in die Angst; sie ist die Angst vor dem Tod und zugleich die Angst vor dem eigensten, unbezüglichen und unüberholbaren Seinkönnen. Das Dasein stirbt faktisch, solange es existiert. 51. Das Sein zum Tode und die Alltäglichkeit des Daseins. Das Gerede des Man offenbart schon diese Struktur und verdeckt sie zugleich: Man stirbt am Ende auch einmal, aber zunächst bleibt man unbetroffen. So wird der Tod zum Vorkommnis reduziert, mit dem ich nichts zu tun habe. Das Man lässt den Mut zur Angst vor dem Tode nicht aufkommen. Dadurch beruhigt und entfremdet es das Dasein. Das ist Flucht, Ausweichen vor dem Tod. 52. Das alltägliche Sein zum Ende und der volle existenziale Begriff des Todes. Der Tod ist gewiss in einer andern Weise als alle Gewissheit dem Seienden und den formalen Gegenständen gegenüber. Das Man kennt die Gewissheit des Todes, aber weicht dem Gewisssein aus. Verdeckt wird dabei seine Unbestimmtheit, dass er jeden Augenblick möglich ist, d.h. sein Möglichkeitscharakter. Seiend zum Tode dagegen, stirbt das Dasein faktisch, und zwar ständig bis zu seinem Ableben. Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 5 von 6

53. Existenzialer Entwurf eines eigentlichen Seins zum Tode. Eigentliches Sein zum Tode heisst: nicht ausweichen, nicht fliehen, nicht umdeuten. Das heisst nicht: auf seine Verwirklichung aus sein oder ihn erwarten, sondern vorlaufen in die Möglichkeit, nämlich die Unmöglichkeit der Existenz überhaupt. Das Vorlaufen ist Verstehen des eigensten äussersten Seinkönnens, der eigentlichen Existenz. Es vereinzelt das Dasein radikal. So kann es sein ganzes Dasein, sein ganzes Seinkönnen existenziell vorwegnehmen. Die Gewissheit des Todes ist eine ganz andere: Das Dasein öffnet sich für eie aus seinem Da selbst entspringende ständige Bedrohung. Das Sein zum Tode ist wesenhaft Angst, ist Freiheit zum Tode. Ist das nicht eine Zumutung? Gibt es für ein solches Seinkönnen ein Zeugnis? Drittes Kapitel: Das eigentliche Ganzseinkönnen des Daseins und die Zeitlichkeit als der ontologische Sinn der Sorge 65. Die Zeitlichkeit als der ontologische Sinn der Sorge. Sinn ist das, worin sich die Verstehbarkeit von etwas hält, ohne dass es selbst ausdrücklich thematisch in den Blick kommt. Sinn ist das Woraufhin des primären Entwurfs. Etwas hat Sinn, wenn es in seinem Sein zugänglich geworden ist. Der Sinn des Daseins ist das sich verstehende Dasein. Die Kunft, in der das Dasein zu seinem eigensten Seinkönnen auf sich zukommt, die Zukunft, ist das ursprüngliche Phänomen. Aber dieses Vorlaufen ist immer schon ein Zurückkommen auf die eigene Gewesenheit. Und beide sind nur möglich in einem Gegenwärtigen des Seienden. Die Zeitlichkeit, die Einheit dieser Strukturmerkmale ist der Sinn der Sorge. Sie ist abzugrenzen gegen den vulgären Zeitbegriff, der Zeit versteht als objektive Zeit, als Zeit, die weitergeht, wenn ich tot bin etc. Die Zeitlichkeit ist ursprünglicher. Sie ist die ursprüngliche Einheit der Sorgestruktur. Obwohl die Zukunft primär ist, bilden die drei Aspekte der Zeitlichkeit, Zukunft Gewesenheit und Gegenwärtigen eine untrennbare Einheit. Wir nennen die drei Phänomene Ekstasen der Zeitlichkeit. Diese Zeitlichkeit ermöglicht erst die Struktur der Sorge, das Geworfen sein in den Tod, die Existenz. Sie besagt auch Endlichkeit, und die Vorstellung, dass die Zeit weitergeht, wenn ich tot bin, ist nicht falsch, aber eine aus der ursprünglichen phänomenalen Zeitlichkeit abgeleitete Zeitvorstellung. Egger Unternehmensberatung Zusammenfassung zentraler Passagen von Martin Heidegger.docx: Sein und Zeit Seite 6 von 6