Eingangsbemerkung Die Thematik Telefonwerbung wurde in den vergangenen Monaten auf Basis des UWG aus dem Jahre 2004 diskutiert, wobei einige unten ausgeführten Punkte auch mit Wettbewerbsrecht und dem Fernabsatzrecht Berührung haben. Das CCF vertritt die Position, dass die jetzige Gesetzeslage noch nicht ausreichend ausgeschöpft ist, begrüßt aber Nachjustierungen und gemeinsame Anstrengungen zur kundenfreundlichen Regelung der aufgetretenen Probleme, die unten näher beschrieben werden. Bei derzeit 22 Millionen Calls pro Tag sind zwei Drittel im Inbound (also vom Kunden initiiert) und ein Drittel im Outbound (ausgehende Anrufe Business to Business und Business to Customer). Von den Outbound- Calls sind nach anerkannten Schätzungen die Mehrheit bspw. Rückrufe auf Anforderung, Vertragsabwicklung oder Mahnungen und lediglich 15 Prozent so genannte Werbeanrufe. Von diesen Angebotsanrufen ist wiederum nur ein Bruchteil unlauter, die restlichen Call Center halten sich an die gesetzlichen Auflagen und orientieren sich an branchenüblichen Qualitätsstandards. Die Branche bietet zum Jahresende 2007 für 420.000 Menschen einen Arbeitsplatz, je nach Bundesland wird 2008 mit bis zu 9 % Wachstum gerechnet. Das Call Center Forum Deutschland e.v. hat einstimmig auf seiner Frühjahrsversammlung im Mai 2007 den Ehrenkodex samt Umsetzungsvorhaben als Grundlage seiner Verbandsarbeit angenommen. Der Ehrenkodex umfasst die drei Gebiete Kundenumgang, Wettbewerbsverhalten sowie Arbeitnehmerauflagen und geht damit über bestehende gesetzliche Grundlagen hinaus. Der Kommunikationskanal Telefon wird von Kunden wesentlich mehr wahrgenommen als schriftliche Angebote von Unternehmen und spiegelt damit die Entwicklung der Dienstleistungsgesellschaft sowie den technischen Fortschritt wider. Call Center Arbeitsplätze sind zumeist nach neuesten technischen Möglichkeiten und ergonomischen Anforderungen ausgestattet. I. Verbot der Unterdrückung der Rufnummernanzeige Per Telefon werbetreibende Unternehmen sollten verpflichtet werden, die Rufnummer des werbetreibenden Unternehmens, nicht jedoch des ausführenden Call Centers zu übermitteln. Bei unlauteren Werbemaßnahmen könnte somit der Initiator, bei dem auch die Gewinne anfallen, vereinfacht ermittelt und belangt werden. Das Call Center ist im Regelfall nur ausführendes Medium. Darüber hinaus könnten Rückrufe besser zugeordnet werden, da Call Center im Regelfall mehrere Kunden mit verschiedenen Segmenten betreuen. Die Unterlassung der Übermittlung muss zur besseren Durchsetzung Bußgeldbewehrt sein. Es müssen jedoch Ausnahmen für Bereiche normiert werden, die einem besonderen Vertraulichkeitsschutz unterliegen (Bankwesen, Rechtsberatung, soziale/kirchliche Einrichtungen mit besonderen Beratungsfunktionen, usw.). 1
II. Auskunftsanspruch über die Identität werbetreibender Unternehmen Darüber hinaus sollte unabhängig von der bisherigen Rechtslage ein Anspruch der Verbraucher normiert werden, von einem Call Center Auskunft über die Identität des werbetreibenden Unternehmens zu erhalten. Dies hilft dem Call Center für den Fall, dass die Vereinbarung zwischen Call Center und werbetreibenden Unternehmen eine Klausel zur Verschwiegenheit beinhaltet und/oder aus technischen Gründen nur eine Rufnummer (die des Call Center) übermittelt werden kann. III. Bußgeldbewehrung von Verstößen gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG Das CCF steht einer Bußgeldbewehrung von Verstößen gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG neutral bis ablehnend gegenüber, da diese nur redliche Unternehmen mit gelegentlichen Ausrutschern treffen wird. Bereits der Erlass eines Bußgeldbescheides dürfte sich als problematisch herausstellen, da aus rechtsstaatlichen Gründen jede Einzeltat zu benennen ist. Bei einer rechtswidrigen Outbound-Aktion wären somit mehrere hundert bis tausende Fälle zu konkretisieren. Schwarze Schafe werden im Regelfall Rechtsmittel gegen einen entsprechenden Bußgeldbescheid einlegen, worüber dann ein Gericht zu entscheiden hat. Die Bewertung von mehreren hundert bis tausenden Einzeltaten dürfte eine amtsgerichtliche Abteilung über geraume Zeit vollständig auslasten, da für jeden Einzelfall die Problematik des (Nicht-) Bestehens einer Einwilligung unter wettbewerbs-, zivilrechtlichen- und datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu erörtern sein dürfte. Gleiches gilt für die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Datenbeschaffung (inkl. Einwilligung) im Verhältnis zwischen Call Center und werbetreibenden Unternehmen. Dabei ist die Höhe des Bußgeldes in den Rahmen der Wertigkeiten des bestehenden Ordnungswidrigkeitenrechts zu integrieren. Da ein einfaches Telefonat im Unrechtsgehalt hinter dem Parken auf einem Gehweg mit Behinderung zurückstehen dürfte, kann das Bußgeld unabhängig von einem vorgegebenen Rahmen maximal 30,00 pro Einzelfall betragen. IV. Vertragsrechtliche Ansätze Nichtigkeits-, Anfechtungs- und Bestätigungsansatz werden vom CCF als verwirrend und systemwidrig abgelehnt. Die ersten beiden würden es dem Verbraucher verwehren, das werbetreibende Unternehmen aus einem ihm vorteilhaften und von ihm gewünschten Vertrag in Anspruch zu nehmen, weil dieser aufgrund eines Verstoßes gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG unheilbar unwirksam wäre. Der Bestätigungsgrundsatz führt zu einem Wertungswiderspruch. Wird der Verbraucher durch das werbetreibende Unternehmen getäuscht oder in sonstiger Weise benachteiligt, ist der Vertrag wirksam und lediglich anfechtbar, bzw. widerrufbar. Geht der Verbraucher ein für sich vorteilhaftes Geschäft unter Verstoß gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ein, wäre der Vertrag schwebend unwirksam. Will der Verbraucher ein Unternehmen 2
aus telefonisch geschlossenen Verträgen, z. B. im Versicherungs- oder Lotteriebereich in Anspruch nehmen, ist zu befürchten, dass sich schwarze Schafe dann auf die schwebende Unwirksamkeit berufen. Gleiches könnte in Fällen geschehen, in denen im Rahmen von Gewährleistungsfällen hohe Folgeschäden entstanden sind. Für den Zugang der schriftlichen Bestätigung wäre der Verbraucher beweispflichtig. Dies führt also zu einer größeren Benachteiligung des Verbrauchers als die bisherige Regelung. Ausgehend von einem mündigen Bürger bietet allein die Erweiterung des bestehenden Widerrufsrechts eine systemkonforme und verbraucherfreundliche Lösung. Die bisher geltenden Ausnahmen, insbesondere für die Bereiche des Glücksspiels, des Vertriebs von Zeitungen und Zeitschriften, sowie des Telekommunikationsbereichs sollten bei Verstößen gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG aufgehoben werden. Damit stünde dem Verbraucher ein einheitliches Instrumentarium zur Verfügung und er müsste sich nicht zwischen Anfechtung, Kündigung, Widerruf oder der Frage, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist, entscheiden. V. Weitere Maßnahmen Aus der aktuellen FORSA-Umfrage ergibt sich, dass die oben genannten Ausnahmen im Widerrufsrecht das größte Belästigungspotential hervorrufen. Auf einen Bereich hat die staatliche Hand direkten Einfluss. Die Bundesländer sind Betreiber der staatlichen Lotterien. Diese sollten durch eine schnelle Umsetzung des geplanten Glücksspiel-/Lotterie-Staatsvertrages oder durch Einwirkung auf die staatlichen Lotterien den telefonischen Outbound-Vertrieb entsprechender Produkte anderweitig regeln, bspw. durch Verbot der Vergabe von Aufträgen auf reiner Provisionsbasis. Verstöße gegen 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG im Bereich von Call Centern stellen regelmäßig einen Verstoß gegen die Vorschriften des BDSG dar. Diese sind mit Bußgeldern bedroht. Teilweise sind sogar die strafrechtlichen Vorschriften des BDSG tangiert. Hier sollte das bestehende Vollzugsdefizit durch entsprechende Maßnahmen und Weisungen der Bundesländer behoben werden. Gleiches gilt für den Bereich der Verhängung von Ordnungsgeldern im Rahmen zivilrechtlicher Ordnungsmittelverfahren. Auch hier besteht ein Vollzugsdefizit im Verantwortungsbereich der Bundesländer. Der Gewinnabschöpfungsanspruch aus 10 UWG ist zu stärken. Dies hat durch die Erweiterung auf Fälle der groben Fahrlässigkeit zu erfolgen. 3
VI. Selbstregulierung der Branche und Aufklärung der Verbraucher Die Call Center Branche sieht aus eigenem wirtschaftlichem Interesse sowie aus der Not der zu Unrecht stigmatisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die schnelle Notwendigkeit zu handeln. Auch die Bundesregierung plant mit der einheitlichen Rufnummer 115 eine Serviceleistung, die auf Call Center Know-how basiert und in Behörden sowie Kommunen existieren ebenfalls Call Center. Die Call Center aus der Wirtschaft wollen die Ursachen der Imageprobleme angehen und benötigen hier neben dem Selbstregulierungsansatz die ideelle und wirtschaftliche Unterstützung der Bundesregierung zur Verbraucheraufklärung. VI. a. Informationsportal und die Beschwerdestelle des CCF Das CCF plant ein Informations- und Beschwerdeportal für Verbraucher. Derzeit haben Verbraucher für die verschiedenen Verstöße auch unterschiedliche Ansprechpartner, was für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist. So ist für bspw. Rufnummernmissbrauch die Bundesnetzagentur zuständig, für Vertragsprobleme die Verbraucherzentralen und für Wettbewerbsverstöße die Wettbewerbszentrale. Darüber hinaus bieten Länder und Bund Informationen an. Um effektiv Beschwerden und Aktionen zu bündeln, ist für den Bürger ein Internetportal notwendig. Dort soll neben Informationen zu den Verbraucherrechten und Mustervorlagen auch die Gelegenheit gegeben sein, in einem standardisierten Formular Beschwerden einzugeben. Im Nachgang werden die Meldungen sortiert, in einer Datenbank verwaltet und ggf. in zwei- oder dreigleisigen Rechtsverfahren (bei Koppelung von unterschiedlichen Verstößen) bearbeitet. So können in Zusammenarbeit von Bundesregierung, Ländern, Behörden und Verbänden Telefonwerbungsverstöße effektiv verfolgen und auch den derzeitigen Streuverlust von Beschwerden aufgrund der verschiedenen Stellen und Zuständigkeiten verhindern. Zusätzlich soll es beim Portal auch eine Anlaufstelle für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben, die in ihren Firmen keinen Betriebsrat haben oder in keiner gewerkschaftlichen Vertretung organisiert sind. Eine Gewerkschaft hat dafür bereits die Zusammenarbeit bestätigt. VI. b. Selbstregulierung Der Ehrenkodex des Call Center Forums Deutschland e. V. soll in der Herbsttagung im November 2007 als verpflichtender Satzungsanteil aufgenommen werden. Das heißt, alle Mitglieder des größten Branchenverbandes, der ca. 140.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sich zählt, verpflichten sich auf Einhaltung des Ehrenkodex der bewusst nicht Verhaltenskodex heißt. 4
Darüber hinaus können sich Nichtmitglieder auf einer Whitelist mit Gütesiegel akkreditieren, die wirtschaftlich lauteres Handeln nachweist. Bei Verstoß werden CCF-Mitglieder abgemahnt und ggf. aus dem Verband ausgeschlossen, auf der Whitelist stehende Unternehmen müssen mit Geldstrafen und ggf. Streichung auf der Liste sowie Veröffentlichung rechnen. Die bereits geschaffenen und staatlich anerkannten Ausbildungsberufe ermöglichen eine hohe Professionalisierungsrate. Der Ausbildungsberuf Kauffrau/Kaufmann für Dialogmarketing (drei Jahre) sowie Servicefachkraft für Dialogmarketing (zwei Jahre) wird sehr gut angenommen. Des Weiteren existieren bereits Zertifizierungen (für Personen) mit staatlich anerkannten Stellen wie TÜV Nord und Hanseatische Zertifizierungsagentur (HZA), die für Qualität innerhalb der Branche sorgen. 5