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Schwangerschaft, Krankheit, Unfall & Co. aktuelle arbeitsrechtliche Fälle aus der Zahnarztpraxis Angela Hensch, Fachanwältin SAV Arbeitsrecht Bratschi Wiederkehr & Buob, St. Gallen 2
Themenübersicht Versicherungsleistungen und Krankenlohn bei Beendigung Arbeitsverhältnis Sonderschutzvorschriften für schwangere Frauen und stillende Mütter nach Arbeitsgesetz Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit 3
Versicherungsleistungen und Krankenlohn bei Beendigung Arbeitsverhältnis 4
Gesetzliche Grundlage Art. 324a OR 1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist. 2 Sind durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen. 3 Bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang zu entrichten. 4 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist. Lohnanspruch bleibt trotz fehlender Arbeitsleistung für beschränkte Zeit bestehen, wenn Arbeitnehmender unverschuldeter Weise aus Gründen, die in seiner Person liegen, an Arbeitsleistung verhindert ist 5
Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit Arbeitsverhinderung infolge Krankheit Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit Funktionsbezogen: Kann Arbeitnehmender vertraglich geschuldete Arbeitstätigkeit ausüben oder nicht? Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit Arbeitsleistung Vollständige oder teilweise Arbeitsunfähigkeit Unverschuldete Verhinderung Strenge Anforderung an Verschuldensbegriff; grobe Fahrlässigkeit im Sinne eines offensichtlichen Fehlverhaltens oder absichtliche Gesundheitsschädigung 6
Dauer Arbeitsverhältnis Arbeitsverhältnis, das bereits drei Monate gedauert hat (unbefristetes Arbeitsverhältnis) oder fest für mehr als drei Monate eingegangen wurde (befristetes Arbeitsverhältnis oder unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten) Lohnanspruch Anspruch auf vollen Lohn; wirtschaftlich so gestellt, wie wenn Arbeitnehmender gearbeitet hätte Neben Grundlohn auch Entschädigung für Naturallohn und Zulagen (Teuerungs-, Nacht-, Schicht- und Sozialzulagen); ( Lohnausfallprinzip ) geschuldet 7
Für eine beschränkte Zeit Lohnfortzahlungspflicht nur für beschränkte, nach Dienstjahren abgestufte Zeit Mit jedem Dienstjahr beginnt neue Periode; gilt nach h.a. auch wenn Arbeitsunfähigkeit Dienstjahr überdauert Zusammenrechnen verschiedener Absenzen aus gleichen oder verschiedenen Gründen Unterschiedliche Skalen; massgebend sollte Skala am Arbeitsort und nicht Skala am Ort des urteilenden Gerichts sein. Skala im Arbeitsvertrag vereinbaren Nach h.a. bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit Lohnminima (nicht bloss Zeitminima) geschuldet 8
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Krankentaggeldversicherung Art. 324a Abs. 4 OR erlaubt schriftliche Vereinbarung Krankentaggeldversicherung, die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebenden ersetzt (Ersatzlösung) Erforderlich ist Gleichwertigkeit Nach Gerichtspraxis ist Regelung gleichwertig, wenn: Leistungsdauer pro Fall 730 Tage abzüglich Wartefrist Mindestens 80% des Lohnes während dieser Zeit Maximal hälftige Prämientragung durch Arbeitnehmende Zulässigkeit von Karenztagen umstritten 10
Beendigung Arbeitsverhältnis Fehlende Koordination von Lohnfortzahlungspflicht nach Art. 324a OR und zeitlichem Kündigungsschutz nach Art. 336c Abs. 1 Bst. b OR: Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen [ ] b. während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 50 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen; Auslegungs-Praxis Bundesgericht: Lohnfortzahlungspflicht Arbeitgebender endet ohne gegenteilige Abrede mit Beendigung Arbeitsverhältnis Arbeitsvertraglich vorbehaltlos zugesicherte langfristige Versicherungsleistungen überdauern Vertragsende 11
Vertragsgestaltung Zwischen Lohnfortzahlung Arbeitgebender (z.b. 100% Lohn während 30 Tagen) und Leistungen Krankentaggeldversicherung klar unterscheiden Wesentliche Eckpunkte Ersatzlösung schriftlich vereinbaren Ersatz für gesetzliche Regelung Prämientragung Wartefrist Dauer und Höhe der Lohnfortzahlung durch Arbeitgebenden Leistungen und Dauer der Krankentaggeldversicherung Auszahlung durch Arbeitgebenden oder Versicherung 12
Leistungen Krankenversicherung an jeweils gültige Versicherungsbedingungen knüpfen Vereinbarung, wonach Krankenlohnzahlung Arbeitgebender mit Ablauf Kündigungsfrist endet, vorbehältlich allfälliger Taggelder Krankentaggeldversicherung über Austrittstermin hinaus 13
Fall 1: Unklare Formulierung im Personalreglement Zahn Fit AG Das Reglement der Zahn Fit AG enthielt folgende Regelung zum Krankenlohn und zu den Versicherungsleistungen: 14.4 Die Zahn Fit AG hat für alle Mitarbeitenden eine kollektive Salärversicherung abgeschlossen. 14.5 Die Prämien an die Versicherung gehen zu Lasten der Zahn Fit AG. 14.6 Bei ärztlich ausgewiesener Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit erhalten die Mitarbeitenden während 730 Kalendertagen nach Beginn der Krankheit 100% des Lohnes. 14.7 [ ] 14.8 Verlässt der Mitarbeitende die Zahn Fit AG, erlischt die Salärversicherung. Sie kann jedoch als Einzelversicherung auf eigene Rechnung weitergeführt werden [ ]. 14
Dr. Müller kündigte das Arbeitsverhältnis auf den 31. Oktober 2012. Ab 31. Juli 2012 war er krankheitshalber arbeitsunfähig. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlte ihm die Zahn Fit AG den vollen Lohn, obwohl sie lediglich eine Krankentaggeldversicherung für 80% des Lohnes abgeschlossen hatte, in die Dr. Müller nach seinem Ausscheiden übertreten konnte. Ab November 2012 richtete ihm die Versicherung 80% des Lohnes in Form von Taggeldern aus. Dr. Müller machte gegen die Zahn Fit AG die Differenz zwischen den Versicherungsleistungen und 100% des Lohnes für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit im Totalbetrag von CHF 23 473.40 geltend. Er begründete seine Forderung im Wesentlichen damit, die Zahn Fit AG habe es unterlassen, ihn vertragskonform zu versichern. 15
Wurde die Klage von Dr. Müller vom Bundesgericht geschützt? Dr. Müller durfte nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass er auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den vollen Lohn erhält. Das Bundesgericht schützte die Klage von Dr. Müller vollumfänglich. 16
Sonderschutzvorschriften für schwangere Frauen und stillende Mütter nach Arbeitsgesetz 17
Massgebende Bestimmungen Schutz von berufstätigen Schwangeren, Wöchnerinnen und stillenden Mütter umfasst zwei Ebenen: Gesundheitsschutz bei bestimmten Aufgaben und Tätigkeiten Besonderheiten bei Arbeits- und Ruhezeiten Art. 35, Art. 35a, Art. 35b ArG, Art. 60 bis Art. 65 ArGV 1, MSV, Art. 34 ArGV 3 Art. 342 Abs. 2 OR ( Rezeptionsklausel ) Noch nicht ratifiziert: IAO-Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz; Änderung von Art. 35a Abs. 2 ArG 18
Zeit vor Niederkunft 19
Einverständnis zur Beschäftigung und Arbeitsabsenzen Beschäftigung von Schwangeren nur mit Einverständnis (Art. 35a Abs. 1 ArG) Wegbleiben auf blosse Anzeige hin (Art. 35a Abs. 2 ArG) Möglichkeit, Beschäftigungsgrad ohne Zustimmung Arbeitgebender herabzusetzen Kein Lohnfortzahlungsanspruch bei Wahrnehmung Abwesenheitsrecht 20
Verbot oder Beschränkung von gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten sowie Abend- und Nachtarbeit Gefährliche und beschwerliche Arbeiten Beschäftigung nur so, dass Gesundheit von Schwangeren und Kind nicht gefährdet ist (Art. 35 Abs. 1 ArG) Verbot von oder Massnahmen bei objektiv beschwerlichen und gefährlichen Arbeiten (Art. 35 Abs. 2 ArG) Auflistung von beschwerlichen und gefährlichen Arbeiten in Art. 62 Abs. 3 ArGV 1 und Beurteilungskriterien in MSV Risikobeurteilung (Art. 62 Abs. 1 ArGV 1) 21
Abend- und Nachtarbeit Bis acht Wochen vor Niederkunft auf Wunsch Tagesarbeit statt Abend- und Nachtarbeit (Art. 35b Abs. 1 ArG) Ab 8. Woche vor Niederkunft Verbot von Abend- und Nachtarbeit (Art. 35a Abs. 4 ArG) Berufung auf Art. 35b ArG jederzeit möglich 22
Ersatzarbeit und Lohnanspruch Pflicht zum Anbieten gleichwertiger Ersatzarbeit ohne Gesundheitsrisiko bei objektiv gefährlicher oder beschwerlicher Arbeit (Art. 35 Abs. 3 ArG) Auf Wunsch Arbeitnehmerin ab acht Wochen vor Niederkunft immer Angebot von gleichwertiger Tagesarbeit statt Abend- und Nachtarbeit (Art. 35b Abs. 2 ArG) Lohnzahlungspflicht von 80%, falls Angebot von gleichwertiger Ersatz- bzw. Tagesarbeit nicht möglich (Art. 35 Abs. 3, Art. 35b Abs. 2 ArG) 23
Individuelle Arbeitsbefreiung Anspruch auf Arbeitsbefreiung bei subjektiv als beschwerlich empfundener Arbeit (Art. 64 Abs. 1 ArGV 1) Kein Anspruch nach Art. 35 Abs. 3 ArG Allenfalls Anspruch nach Art. 324a Abs. 3 OR auf Lohnfortzahlung, da Arbeitsverhinderung 24
Ruhemöglichkeit Geeignete Bedingungen zum Hinlegen und Ausruhen (Art. 34 ArGV 3) Beschränkung Arbeitszeit Keine Verlängerung vereinbarter Arbeitszeit und max. Arbeitszeit von neun Stunden pro Tag (Art. 60 Abs. 1 ArGV 1) Falls vertraglich mehr als neun Stunden geschuldet, schwangerschaftsbedingte Arbeitsverhinderung im Umfang der Mehrstunden Lohnfortzahlungsanspruch nach Art. 324a Abs. 3 OR 25
Beschäftigungserleichterung bei hauptsächlich stehender Tätigkeit Ab viertem Schwangerschaftsmonat Anspruch auf tägliche Ruhezeit von 12 Stunden und zusätzliche Kurzpausen von 10 Minuten nach jeder zweiten Stunde (Art. 61 Abs. 1 ArGV 1) nach seco Wegleitung: zusätzliche Kurzpausen bezahlt Ab sechstem Schwangerschaftsmonat stehende Tätigkeiten auf insgesamt vier Stunden pro Tag beschränkt (Art. 61 Abs. 2 ArGV 1) Zuweisung von gleichwertiger Ersatzarbeit anstelle von stehender Tätigkeit über vier Stunden, falls nicht möglich, Lohnanspruch von 80% für Ausfallzeit 26
Zeit nach Niederkunft 27
Zwingendes Beschäftigungsverbot von acht Wochen Wöchnerin darf während acht Wochen nach Niederkunft nicht beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 3 ArG) Begriff Niederkunft nach Art. 23 EOV Beschäftigungsverbot absolut zwingend Recht auf Nichtbeschäftigung von 9. bis 16. Woche nach Niederkunft Arbeitsgesetzliches Abwesenheitsrecht von 9. bis 16. Woche nach Niederkunft (Art. 35a Abs. 3 ArG) Pflicht zur Arbeitsaufnahme am 1. Tag der 17. Woche nach Niederkunft, ausser Mutter stillt (Art. 35a Abs. 1 ArG) 28
Abend- und Nachtarbeit Zwischen 8. und 16. Woche nach Niederkunft, auf Wunsch Mutter Anspruch auf Zuweisung gleichwertiger Tagesarbeit, sonst Bezahlung 80% Lohn (Art. 35b ArG) Verringerte Leistungsfähigkeit Falls während ersten Monaten nach Entbindung keine volle Leistungsfähigkeit, keine Zuweisung von Leistungsfähigkeit übersteigenden Arbeiten (Art. 64 Abs. 2 ArGV 1) Allenfalls Lohnfortzahlungsanspruch nach Art. 324a OR, da subjektives Leistungshindernis 29
Stillzeit 30
Recht auf Nichtbeschäftigung während Stillzeit Einverständnis zur Beschäftigung erforderlich (Art. 35a Abs. 1 ArG) Anspruch auf Nichtbeschäftigung während ganzer Stillperiode, auch teilweise Geltendmachung möglich Kein Lohnfortzahlungsanspruch bei Wahrnehmung Abwesenheitsrecht 31
Verbot oder Beschränkung von gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten Art. 35 ArG, Art. 62 bis 64 ArGV 1 gelten auch während Stillzeit 32
Stillzeit als Arbeitszeit Anspruch auf erforderliche Zeit zum Stillen (Art. 35a Abs. 2 ArG) Im ersten Lebensjahr gilt Stillzeit wie folgt als Arbeitszeit (Art. 60 Abs. 2 ArGV 1): Stillen im Betrieb Arbeitszeit Stillen ausserhalb Betrieb Hälfte der Abwesenheit als Arbeitszeit Keine Lohnzahlungspflicht für Stillabsenz 33
Fall 2: Pensumsreduktion nach Mutterschaft Ursula Sommer arbeitete zu einem Pensum von 100% als Arztsekretärin bei der Zahnärzte Zentrum AG. Sie möchte nach der Geburt höchstens 50% arbeiten. 34
Wie ist die Rechtslage? Falls die Zahnärzte Zentrum AG Ursula Sommer zu 50% beschäftigen will Einvernehmliche Vertragsanpassung Falls die Zahnärzte Zentrum AG einer Pensumsreduktion nicht zustimmt? Ursula Sommer muss am 1. Tag der 17. Woche oder nachdem sie aufgehört hat zu stillen wieder 100% arbeiten Will sie das nicht, muss sie auf diesen Zeitpunkt kündigen oder versuchen, einen Aufhebungsvertrag abzuschliessen 35
Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit 36
Allgemeines Arbeitnehmender ist nur in Bezug auf konkrete Stelle an Arbeit verhindert, im Übrigen aber ganz normal einsatzfähig und auch in privater Lebensführung kaum eingeschränkt Regelmässig im Zusammenhang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz (Konflikt- und Mobbingsituationen) Häufig im Zusammenhang mit kurz bevorstehender oder bereits ausgesprochener Arbeitgeberkündigung 37
Zuweisung anderer Arbeiten bzw. eines anderen Arbeitsplatzes Zulässig, falls entsprechende Ermächtigung im Arbeitsvertrag vereinbart Falls Genesungsprozess nicht gefährdet und auch sonst zumutbar, Alternativbeschäftigung grundsätzlich auch gestützt auf Weisungsrecht (Art. 321d OR) bzw. Treuepflicht (Art. 321a OR) auszuüben 38
Lohnfortzahlungsanspruch Lohnfortzahlungsanspruch während arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit i.d.r. zu bejahen (Art. 324a OR), da aus persönlichen Gründen an Arbeitsleistung verhindert Begriff Arbeitsverhinderung ist funktionsbezogen auszulegen: Kann Arbeitnehmender vertragliche Arbeitsfähigkeit ausüben oder nicht? Art. 324a OR erfasst Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit Ausnahme: Grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz selten gegeben 39
Praxis Krankentaggeldversicherungen Schadenminderungspflicht nach Art. 61 VVG Ansetzung einer Frist durch Krankentaggeldversicherer innert der Aufgaben- und Stellenwechsel erwartet wird und nach deren Ablauf Leistungen eingestellt werden Ankündigungsfrist i.d.r. 3 Monate 40
Zeitlicher Kündigungsschutz Art. 336c Abs. 1 Bst. b OR nach Dienstjahren abgestufter Sperrfristenschutz: Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen [ ] b. während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 50 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen; Zweck der Sperrfristen: Schutz Arbeitnehmender vor Arbeitsplatzverlust in Zeiten, in denen Chancen gering sind, während Kündigungsfrist neue Stelle zu finden Bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit i.d.r. keine rechtlich relevante Beeinträchtigung der Anstellungschancen bei neuem Arbeitgebenden Kündigungsschutz von Art. 336c OR entfällt 41
Fall 3: Jobbedingte Krankschreibung von Susi Leu Susi Leu ist seit dem 1. Juni 2005 Mitarbeiterin der Zahnarztpraxis Dr. Gallusser. Seit dem 3. Oktober 2012 ist sie zu 100% krankgeschrieben. Am 15. Januar 2013 meldete die Krankentaggeldversicherung, die vertrauensärztliche Untersuchung habe ergeben, dass Susi Leu auch zukünftig ihre bisherige Tätigkeit bei der Praxis Dr. Gallusser nicht mehr ausüben könne, sie jedoch per sofort für eine andere Tätigkeit als 100% arbeitsfähig gelte. Die Versicherungsleistungen würden deshalb noch bis zum 15. April 2013 ausgerichtet. Gestützt auf dieses Schreiben bestätigte Dr. Gallusser Susi Leu gleichentags, dass per 15. April 2013 auch das Arbeitsverhältnis mit ihr aufgelöst sei. 42
Was halten Sie vom Vorgehen von Dr. Gallusser? Susi Leu ist arbeitsplatzbezogen arbeitsunfähig Kein zeitlicher Kündigungsschutz Dr. Gallusser kann Arbeitsvertrag nicht einfach als aufgelöst erklären, sondern hat zu kündigen Kündigung im Januar 2013 per Ende März 2013 Lohnfortzahlung bis Ende März 2013 43
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit