Emissionshandel für die Autoindustrie



Ähnliche Dokumente
Flottenverbrauch ( )

allensbacher berichte

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Hohe Zahlungsbereitschaft

BERLIN (dpa-afx) Trotz hoher Spritpreise: Fehlanzeige bei alternativen Antrieben

- die Online-Teileplattform für Händler - für Schnäppchenjäger und gegen Überbestände

NEWSLETTER. Januar AutomotivePERFORMANCE Rückruf-Studie. AutomotiveINNOVATIONS CO 2 -Studie

Umfrage zur Zukunft der Autohäuser

Autohersteller in der Zwickmühle

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Rohstoffanalyse - COT Daten - Gold, Fleischmärkte, Orangensaft, Crude Oil, US Zinsen, S&P500 - KW 07/2009

Elektromobilitätstag in Hallbergmoos. Die Gemeinde Hallbergmoos am Flughafen veranstaltet am einen Elektromobilitätstag.

Umfrage: In Deutschland liegt viel Gründerpotential brach

Erhebung November 2011

Lernerfolge sichern - Ein wichtiger Beitrag zu mehr Motivation

4.4 AnonymeMärkteunddasGleichgewichtder"vollständigen Konkurrenz"

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Versetzungsgefahr als ultimative Chance. ein vortrag für versetzungsgefährdete

DER AUTOMOBILMARKT IN CHINA

Situa?onsbeschreibung aus Sicht einer Gemeinde

Kraftfahrzeuge. Quelle: AWA Vorfilter: Gesamt ( ungew. Fälle, gew. Fälle - 100,0% - 69,24 Mio)

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Immer weniger Neuwagen auf Privatpersonen zugelassen

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Strom in unserem Alltag

Wichtiges Thema: Ihre private Rente und der viel zu wenig beachtete - Rentenfaktor

Informationsblatt Induktionsbeweis

Manager. von Peter Pfeifer, Waltraud Pfeifer, Burkhard Münchhagen. Spielanleitung

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Papa - was ist American Dream?

Prozentrechnung. Wir können nun eine Formel für die Berechnung des Prozentwertes aufstellen:

Deutsche fahren immer mehr auf SUV ab

2.1 Präsentieren wozu eigentlich?

Das Pkw-Label: Wer vergleicht, fährt besser.


Leitartikel Weltnachrichten 2 / 2016

ecaros2-admin ecaros2 - Admin procar informatik AG 1 Stand: FS 01/2013 Eschenweg Weiterstadt

Aber zuerst: Was versteht man unter Stromverbrauch im Standby-Modus (Leerlaufverlust)?

Mobile Intranet in Unternehmen

Statuten in leichter Sprache

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Ein Vorwort, das Sie lesen müssen!

Analyse der Pkw-Fahrleistung. nach Marke, Modell, Aufbauart und Alter des Fahrzeugs

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Ihr Smart Home beginnt an Ihrer Tür

LU - Mehrwertsteuer. Service zur Regelung der MwSt.-Prozedur:

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Wasserkraft früher und heute!

Abschlussprüfung Realschule Bayern II / III: 2009 Haupttermin B 1.0 B 1.1

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

BENCHMARKSTUDIE SOCIAL MEDIA DIE BESTEN 20 AUTOMARKEN IM WEB

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

D.E.O. Die Erwachsene Organisation. Lösungen für eine synergetische Arbeitswelt

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Grundlagen der Theoretischen Informatik, SoSe 2008

Mind Mapping am PC. für Präsentationen, Vorträge, Selbstmanagement. von Isolde Kommer, Helmut Reinke. 1. Auflage. Hanser München 1999

Info zum Zusammenhang von Auflösung und Genauigkeit

Avenue Oldtimer Liebhaber- und Sammlerfahrzeuge. Ihre Leidenschaft, gut versichert

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Alle gehören dazu. Vorwort

Erstellen einer Collage. Zuerst ein leeres Dokument erzeugen, auf dem alle anderen Bilder zusammengefügt werden sollen (über [Datei] > [Neu])

Infos: Kaffeekapseln wenig Kaffee, viel Müll 02/2016

Studienkolleg der TU- Berlin

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Finanzierung: Übungsserie III Innenfinanzierung

Elring-Service. Dichtungen, Dichtungssätze und Serviceteile in Erstausrüstungs-Qualität

Programm

Jedes Umfeld hat seinen perfekten Antrieb. Individuelle Antriebslösungen für Windenergieanlagen.

Übungsaufgaben Prozentrechnung und / oder Dreisatz

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Material zum Thema der Woche Klimafreundlich in den Urlaub Link: im- unterricht.de/wochenthemen/klimafreundlich- den- urlaub

Aspekte zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit von. Sportboothäfen im Zeichen des demografischen Wandels

CTI SYSTEMS S.A. CTI SYSTEMS S.A. 12, op der Sang. Fax: +352/ L Lentzweiler. G.D.

SEK II. Auf den Punkt gebracht!

50. Mathematik-Olympiade 2. Stufe (Regionalrunde) Klasse Lösung 10 Punkte

Moni KielNET-Mailbox

Welche Bereiche gibt es auf der Internetseite vom Bundes-Aufsichtsamt für Flugsicherung?

Der nachhaltigere Anbieter sollte den Auftrag kriegen Interview mit Klaus-Peter Tiedtke, Direktor des Beschaffungsamtes des Bundes

Daten sammeln, darstellen, auswerten

Gebrauchtteile Center Österreich. Wir geben Original-Teilen eine zweite Chance.

Haben Sie über elektronisches Schließfachmanagement nachgedacht? Ein Schließfach ist ohne ein solides Schloss nicht komplett.

Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung Was ändert sich? Was bleibt?

Darum geht es in diesem Heft

L10N-Manager 3. Netzwerktreffen der Hochschulübersetzer/i nnen Mannheim 10. Mai 2016

Das NEUE Leistungspaket der Sozialversicherung. Mehr Zahngesundheit für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Fragen und Antworten

9 Auto. Rund um das Auto. Welche Wörter zum Thema Auto kennst du? Welches Wort passt? Lies die Definitionen und ordne zu.

Effiziente Prozesse. Die Formel 1 und die Druckindustrie

Bundesverband Flachglas Großhandel Isolierglasherstellung Veredlung e.v. U g -Werte-Tabellen nach DIN EN 673. Flachglasbranche.

Was ist das Budget für Arbeit?

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

Schnellstart - Checkliste

Bernadette Büsgen HR-Consulting

Transkript:

Emissionshandel für die Autoindustrie 20 Ferdinand Dudenhöffer* Der Klimawandel zählt zu den größten Herausforderungen der Automobilindustrie. Obgleich eine Fülle technologischer Ansätze vorhanden sind (Motorentechnologie, Hybridantriebe, neue Materialien zur Gewichtsreduzierung, Reifen und Getriebeoptimierungen), erreicht die europäische Automobilindustrie nicht ihre selbstgesteckten Ziele zur Verringerung der CO2-Emissionen. Ein wichtiger Grund hierfür ist die geringe Zahlungsbereitschaft der Autokäufer für treibstoffsparende Technologien. Mit einem einfachen Handelssystem für Kohlendixiod-Emissionen können die von der EU-Kommission vorgegebenen Ziele von durchschnittlich 130 Gramm CO2 pro Kilometer schnell, unkompliziert und nachhaltig erreicht werden. 200 190 Abb. 1 ACEA-Selbstverpflichtung CO 2 -Emissionen Per Selbstverpflichtung hatten die europäischen Automobilhersteller zugesagt, bei den verkauften Neuwagen im Jahr 2008 nicht mehr als 140 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro gefahrenen Kilometer auszustoßen. Danach dürfte ein Benziner im Durchschnitt den Verbrauch von 5,8 Liter pro 100 Kilometer und ein Diesel den Verbrauch von 5,1 Liter pro Kilometer nicht überschreiten. Während bis zum Jahr 2002 die Autohersteller sehr gut im vereinbarten Zielkorridor lagen, haben sich die Einsparungen seit 2003 deutlich verlangsamt (vgl. Abb. 1). Wesentliche Ursache für die Absenkung des CO2-Ausstoßes war der steigende Dieselanteil der Neuwagen. Mit einem im Jahr in Europa erreichten Dieselmarktanteil von über 50% ist allerdings das Potential für zusätzliche Einsparungen durch Dieselmotoren beschränkt. Hinzu kommt, dass in den nächsten Jahren die im Verbrauch ungünstigen Luxus- Geländewagen (SUV) ihren Marktanteil Durchschnitts-CO 2 -Emissionen der verkauften Neuwagen der ACEA-Mitglieder g CO 2/km ACEA: Ist-Werte weiter ausbauen. Seit Jahren ist in den Automobilmärkten der deutliche Trend zu Leistungssteigerungen (steigende PS- Werte) verfolgbar (vgl. Abb. 2). Der Kunde kauft trotz hoher Treibstoffpreise Emotion und Dynamik. Der Wettbewerb um Sportlichkeit und Komfort treibt damit die Autohersteller mitten im Klimawandel in immer höhere PS-Leistungen (steigende PS-Werte). Statt Effizienzsteigerungen in Treibstoffersparnis umzusetzen, wandern die Vorteile neuer Antriebstechnik in zusätzliche PS und gewichtssteigernden Komfort. Ein Gegensteuern von Seiten der Umweltpolitik ist daher notwendig. EU-Strategiepapier 130 Gramm CO2 Anfang März 2007 hat die EU-Kommission in einem Strategiepapier das Ziel vorgegeben, den CO2-Ausstoß der Neuwagen im Jahr 2012 auf den Durchschnittswert von 130 Gramm CO2 zu limitieren. Dies entspricht gegenüber den im Jahr vorliegenden CO2-Emissionen von 162 Gramm beim Durchschnittsfahrzeug einer Verringerung von 20%. Damit stellt sich direkt die Frage, inwieweit die geforderten Treibstoff- oder CO2-Einsparungen von 20% fundamentale Ungleichgewichte auf den Automärkten erzeugen. 180 170 160 150 140 130 165 g/km in 2001 162 g/km in 2004 Basisjahr: 1995 ACEA-Zielwert: -25% 140 g CO2/km Zunächst gilt, dass die Automobilindustrie über ein großes Spektrum an Produktinnovationen zur Treibstoffeinsparung verfügt. Eines der Musterbeispiele ist der, aufgrund mangelnder Nachfrage eingestellte, VW 3-Liter Lupo. Treibstoffspartech- 120 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2008 2010 2012 2014 Quelle: B&D-Forecast. * Prof. Ferdinand Dudenhöffer ist Geschäftsführer B&D-Forecast und Direktor Center Automotive Research (CAR) FH-Gelsenkirchen.

Forschungsergebnisse 21 Abb. 2 PS-Leistung Neuwagen (BRD) PS 130 125 120 Der von EU-Kommissar Dimas ursprünglich ins Spiel gebrachte Standard von 120 Gramm CO2 hat erneut überproportionale»gemittelte«technikkosten von 2 500 oder 60 pro eingespartem Gramm CO2 zur Folge. 115 110 105 100 95 90 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Quelle: B&D-Forecast. nik in Form von hochaufgeladenen, kleinhubigen Motoren, Hybridtechnologie in den verschiedensten Leistungsstufen (Micro-, Mild-, Vollhybrid) zur Rekuperation von Bremsenergie, treibstoffsparende Reifen sowie Leichtbau-Materialien sind vorhanden. Von der technischen Seite stellt der Standard 130 Gramm CO2 also kein Problem dar. Bleibt die Frage nach den ökonomischen Risiken. Treibstoffeinsparungen sind mit Kostensteigerungen im Automobilmarkt verbunden. Nach unseren Analysen bewegen sich die Technologiekosten, um das 162 Gramm CO2-Fahrzeug zum 140 Gramm CO2-Fahrzeug umzugestalten, im Intervall zwischen 600 bis 700. Den nachstehenden Modellrechnungen wurden die in Tabelle 1 aufgeführten 670 zugrunde gelegt. Die Einsparkosten pro Gramm CO2 beim 162 Gramm Fahrzeug entsprechen damit 30 Euro pro Gramm (vgl. Tab. 1). Mit steigenden Treibstoffeinsparungen steigen die Technikkosten überproportional. So ergeben sich nach unseren Analysen bei einer Absenkung der CO2-Emissionen auf den Wert von 130 Gramm»gemittelte«Technikkosten von 1 540 (vgl. Tab. 1). Damit erhöhen sich, wie Tabelle 1 zeigt, die Einsparkosten pro Gramm CO2 bei den 162 Gramm-Fahrzeug auf immerhin 48 pro Gramm. Tab. 1 Modell- und Politikmaßnahmen ACEA Die Ausführungen zu Tabelle 1 zeigen, dass bei einem»dimas-standard«von 120 Gramm CO2 mit höheren Belastungen für die Automobilmärkte zu rechnen wäre. Durchschnittlichen Kostensteigerungen von 2 500 pro Neuwagen entsprechen Preiserhöhungen von 15%. Damit müssen in diesem Szenario größere Nachfragereaktionen in den Automobilmärkten erwartet werden. Die Umsetzung des Dimas- Standards im Jahr 2012 hätte damit nicht unerhebliche Ungleichgewichte in den Automobilmärkten verursacht. Denkbar wäre allerdings ein zweistufiges Verfahren gewesen, so dass etwa bis zum Jahr 2012 ein Standard von 135 Gramm und ab 2015 der Dimas-Wert hätte gesetzt werden können. Zeitliche Skaleneffekte bei Spritspar-Innovationen hätten ein unproblematisches Einschwingen im Zeitverlauf auf den härteren Standard ermöglicht. Die Tabelle 1 illustriert auch, dass der EU-Wert von 130 Gramm bei den Automobilherstellern zwar mit hohen Anstrengungen verbunden ist, allerdings aufgrund des bisherigen Nachfrageverhaltens ohne große Nachfrageeinbrüche»überstanden«werden kann. Damit stellt sich die Frage nach der Ausgestaltung des optimalen ökonomischen Rahmens zur Umsetzung des Standards. Emissionshandel als First-Best-Lösung EU 2012 Dimas CO 2-Emissionen pro Neuwagen in g 162 140 130 120 Einsparkosten in Euro 0 670 1 540 2 500 CO 2-Einsparung in g gegen über 162 22 32 42 Einsparkosten pro g CO 2 in Euro 30 48 60 Quelle: CAR FH-Gelsenkirchen. Gruppenverpflichtungen klingen gut, sind aber realitätsfern. Es fehlt der individuelle Anreiz zur Zielerreichung. Ein Trittbrettfahrerproblem liegt vor. Jeder wartet auf den anderen, denn keiner will einen Kunden verlieren. Also braucht man kontrollierbare Ziele für jede Automarke. Die von der deutschen Automobilindustrie und der Bundeskanzlerin Merkel in Spiel gebrachte Lösung der segmentspezifischen Standards klingt zwar gut, ist aber ökonomisch der falsche Ansatz.»Kleinwagen müssen andere Grenzwerte als ein großes Familienauto haben. Deshalb sind pauschale Abgaswerte falsch«, formuliert die Bundeskanzlerin. Direkt stellt sich die Frage, nach welchen nicht-willkürlichen Kriterien diese Technikdefinitionen vorgenommen werden sollen. Was ist jetzt im 60. Jahrgang ifo Schnelldienst 5/2007

22 Forschungsergebnisse Sprachgebrauch der Bundeskanzlerin ein Familienauto? Ist der Porsche 911 ein Familienauto oder nur der große sportliche Geländewagen Audi Q7. Die Diskussion verspricht Spannung. Gehen wir trotzdem davon aus, dass eine Lösung gefunden wird. Der ausgeprägte Kundenwunsch nach»sportlichkeit und Emotion«wird dann sehr schnell dazu führen, dass die Kleinwagen schnell erwachsen werden und plötzlich zu Familienautos mutieren. Das System konvergiert in Richtung der großen PS-Gruppe. Unterstellen wir einen Moment, dass das Klima allen gehört. Warum sollen diejenigen, die das Klima stärker nutzen, nicht einfach mehr zahlen. So wie etwa beim Stahl, den man für ein großes Auto mehr braucht als für ein kleines. Welches Argument rechtfertigt, dass eine CO2-Einheit beim Kleinwagen weniger kosten soll als beim Merkelschen Familienauto. Natürlich die Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie. Untersuchen wir also ein System, das es erlaubt, beide Ziele Beschäftigungsneutralität in der deutschen Automobilindustrie und den EU-Standard umzusetzen. Das notwendige Regelwerk für das Emissionshandelmodell besteht aus zwei simplen Regeln: Regel 1: Jeder Autohersteller muss das Ziel 130 g CO2/km umsetzen. Regel 2: Wer den Zielwert 130 g CO2/km unterschreitet, kann die zusätzlichen Einsparungen an andere Autohersteller»verkaufen«. Eine kleine Nebenbedingung brauchen wir noch. Derjenige, der das Ziel trotz zugekauften Einsparungen verletzt, darf nicht besser gestellt sein als derjenige, der seine gesetzten Ziele erfüllt. Wir brauchen eine Sanktion etwa dergestalt, dass bei Zielverfehlung der doppelte Preis des an der Börse gehandelten Preises für eine CO2-Einheit bezahlt werden muss. In einer Simulationsanalyse haben wir dieses Szenario gerechnet. Dabei wurden die in Tabelle 1 aufgeführten Technikkosten für CO2-Einsparungen unterstellt. Bei der Simulation wurden die europäischen Durchschnittsverkäufe der Marken des Jahres zugrunde gelegt. Ferner wurde unterstellt, dass alle Marken sich verfügbaren Spritspartechnologien einsetzen und die Käufer überwiegend markenloyal bleiben. Dies auch deshalb, weil alle Marken mit Fahrzeugen gleicher Leistungsklassen gleich stark von den Einsparungen betroffen sind. Ein Sprung von der Premiumklasse zu etwa einem Volumenhersteller wurde nicht unterstellt. Insofern spiegeln die Ergebnisse der Simulation die zu erwartenden Verhältnisse»am oberen«ende. Die Ergebnisse unserer Simulationsrechnung sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Danach ist zu erwarten, dass der Durchschnittsneuwagen die Marke Alfa Romeo mit dem CO2-Ausstoß von 183 g/km im Jahr beim Emissionshandelssystem im Jahr 2012 den CO2-Wert von 147 g/km realisiert. Damit muss Alfa Romeo pro Fahrzeug 17 g CO2 zukaufen. Die bei Alfa Romeo eingebaute Spritspartechnologie sowie die zugekauften 17 g CO2 pro Neuwagen verteuern den Alfa Romeo um 2 582. Für die anderen Marken gilt die Argumentation analog. So wird der Smart trotz zusätzlicher Treibstoffspartechnologie, die den CO2-Ausstoß von 116 g/km auf 93 g/km reduziert, um 682 preisgünstiger. Der Smart-Käufer profitiert davon, dass etwa pro Smart die Marke Jaguar der Marke Smart die 37 g CO2-Einsparungen gegenüber dem Standard abkauft. Der Emissionshandel stellt sicher, dass sich automatisch der gewünschte Standard von 130 g CO2/km einstellt. Das System ist äußerst einfach umzusetzen. Alles, was man braucht, ist ein Marktplatz (Börse). Jeder Hersteller kennt seine Absatzplanung, seine Technologiekosten und kann daher bereits deutlich vor dem Beginn eines Geschäftsjahres seine berechneten CO2-Guthaben oder Einkaufsvolumen bestimmen und auf einem Marktplatz (Börse) anbieten bzw. nachfragen. Vorteil gegenüber CO2-Steuer: Saat entzieht Automarkt keine Kapital Gegenüber einer CO2-Steuer hat der handelbare Standard den großen Vorteil, dass die Mittel aus dem Emissionshandel im Automarkt bleiben und nicht neue Steuerfelder und Einnahme-Begehrlichkeiten der Finanzminister wecken. Die Einnahmen im Emissionshandel landen beim Autokäufer. Der hohe Wettbewerb in der Autoindustrie stellt sicher, dass die Einnahmen nicht in Unternehmensgewinne wandern. Der Emissionshandel besitzt den weiteren Vorteil, dass der Markt für die Einhaltung des Standards sorgt, während bei CO2-Steuern so lange Anpassungen gemacht werden müssen, bis das Umweltziel erreicht wird. Dieser Punkt ist auch deshalb bemerkenswert, da Automobilverbände die Umwandelung der hubraumsbezogenen Kfz-Steuer in eine CO2-emssionsbezogene Kfz-Steuer fordern. Auch diese Pläne deuten an, wie schwierig es wird, den richtigen CO2-Steuersatz zu treffen. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass der Steuersatz aufgrund seiner Öffentlichkeitswirkung zu niedrig gesetzt wird und damit der angestrebte EU-Standard von 130 g CO2/km verfehlt wird. Die gescheiterte Selbstverpflichtung schleicht sich unmittelbar ins Gedächtnis.

Forschungsergebnisse 23 Tab. 2 Simulation Emissionshandel mit Standard 130 g CO 2/km CO 2 pro NW CO 2 pro NW 2012 Verkauf/Zukauf g CO 2 pro NW 130 g CO 2 Preissprung pro Fahrzeug Alfa Romeo 183 147 17 2 582 Audi 179 144 14 2 368 BMW 192 155 25 3 021 Chevrolet 150 121 9 974 Chrysler 214 172 42 4 092 Citroen 145 116 14 711 Dacia 154 124 6 1 169 Fiat 140 112 18 473 Ford 153 123 7 1 096 Honda 166 134 4 1 754 Hyundai 170 137 7 1 949 Jaguar 208 167 37 3 800 KIA 170 137 7 1 949 Lancia 148 119 11 877 Land Rover 239 192 62 5 310 Lexus 203 163 33 3 556 Mazda 173 139 9 2 095 Mercedes 186 149 19 2 704 Mini 178 143 13 2 314 Mitsubishi 165 133 3 1 705 Nissan 172 138-8 2 022 Opel 157 126 4 1 296 Peugeot 154 124 6 1 150 Porsche 295 237 107 8 038 Renault 149 120 10 906 Saab 191 154 24 2 972 Seat 152 122 8 1 072 Skoda 153 123 7 1 101 Smart 116 93 37 682 Suzuki 165 133 3 1 705 Toyota 163 131 1 1 588 Volvo 190 153 23 2 923 VW 161 129 1 1 486 Total 161,7 130 0 1 543 Anpassungsprozesse verkraftbar Die Automobilindustrie ist eine Branche mit langen Produktlebenszyklen. In aller Regel ist ein Modell über sechs bis acht Jahre im Markt. Im Verlauf des Produktlebenszyklus ist dabei nur beschränkt die Möglichkeit vorhanden, große Änderungen am Fahrzeugkonzept durchzuführen. Damit bleibt im Verlauf des Produktlebenszyklus die Möglichkeit, hauptsächlich die Motoreneffizienz zu verbessern. Daher braucht die Branche einen mehrjährigen Zeitraum, um sich auf neue Rahmenbedingungen»einzuschwingen«und es ist es wichtig, jetzt zügig den institutionellen Rahmen zur Standardumsetzung zu definieren. Die von EU-Kommissar Verheugen ins Spiel gebrachten 12 bis 15 Monate sind deutlich zu lang und schädigen die Branche. Der Emissionshandel ist nach unseren Erkenntnissen für die Automarken verkraftbar. Der auf den ersten Blick hohe Preisaufschlag bei Porsche von 8 043 relativiert sich schnell, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass der Durchschnittspreise eines Porsches ohne Zusatzausstattung bei 80 000 liegt. Im Schnitt kauft dabei der Porsche-Fahrer Zusatzausstattungen von über 10 000. Die Preissteigerung beträgt 60. Jahrgang ifo Schnelldienst 5/2007

24 Forschungsergebnisse damit weniger als 9%. Berücksichtigt man weiter, dass der Preisaufschlag von 8 043 über die Lebensdauer des Fahrzeugs, also mindestens 16 Jahre»verteilt«wird, ergibt sich eine Mehrbelastung für den Porsche-Fahrer von 500 pro Jahr. Aus allen uns zur Verfügung stehenden Informationen muss nicht befürchtet werden, dass Käufer in größerer Zahl abwandern. Altfahrzeuge mit CO2-Abgaben belegen Um zu verhindern, dass durch die höheren CO2-Standards und Kosten bei Neuwagen die Altfahrzeuge mit hohem CO2- Ausstoß übernatürlich lange im Markt bleiben, ist es notwendig, entsprechende CO2-Abgaben für Fahrzeuge im Fahrzeugbestand zu definieren. Auch dies ist eine ohne große Schwierigkeiten umzusetzende Maßnahme. Fazit Der CO2-Handel erlaubt, das Ziel 130 g CO2/km einfach und sicher zu realisieren. Das System lässt viel Spielraum, um Effizienzunterschiede zwischen Autoherstellern»auszubalancieren«. Die errechnete Verteuerung von 1 543 pro Fahrzeug für treibstoffsparende Technologien stellt kein Hindernis für den Automarkt dar. Das System hat den Charme, dass die Kostensteigerungen bei Treibstoff-Sparfahrzeugen von den Leistungshungrigen»bezahlt«werden. Das Problem, dass Sparautos wie etwa der 3 Liter Lupo aufgrund hoher Preise vom Kunden verschmäht werden, ist damit gelöst. Preissteigerungen bis 8 000 für Premium-Marken werden den Markt der Hochleistungslimousinen, Sportwagen und SUV zwar beeinträchtigen aber die hohe Zahlungsbereitschaft der Klientel räumt die Befürchtungen eines Marktzusammenbruchs aus. Das System hat den großen Vorteil, das Kapital im privaten Wirtschaftskreislauf zu lassen und die Innovationsfreudigkeit für treibstoffsparende Fahrzeuge deutlich zu beleben. Damit wird in einem Zeitraum von weniger als fünf Jahren ein großer Technologieschub ausgelöst. Last not least gilt der CO2-Handel der Autobranche lässt sich einfach in die bestehenden Emissionshandelsmodelle integrieren. Damit sind auch die intersektoralen Effizienzkriterien erfüllt. Ein Gramm CO2-Einsparung würde damit in der Automobilbranche kine höheren Kosten verursachen als in einer beliebig anderen Branche. CO2-Handel ist damit eine First-Best-Lösung zur Umsetzung der EU-Ziele.