Die Umweltsituation in China



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WWF Deutschland Rebstöcker Straße 55 60326 Frankfurt a. M. Tel.: 0 69/7 91 44-0 Direkt: -1 53 Fax: 0 69/79 144 116 deilmann@wwf.de www.wwf.de Hintergrundinformation Frankfurt, 17. März 2008 Die Umweltsituation in China Das Wirtschaftswunder ist bald zu Ende, denn die Umwelt hält nicht mehr mit: Auf ein Drittel des chinesischen Territoriums geht saurer Regen nieder, ein Viertel der Bürger hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ein Drittel der Städter muss stark verdreckte Luft einatmen, weniger als 20 Prozent des städtischen Mülls werden umweltverträglich entsorgt. In ungewohnt direkten Worten schilderte der chinesische Vize-Umweltminister Pan Yue im Jahre 2005 die zunehmende Umweltkrise seines Landes. Seither ist zu spüren: Chinas Führung ändert ihre Haltung zum Umweltschutz. Auf dem 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober 2007 war umweltverträgliches Wirtschaftswachstum eines der fünf Schwerpunktthemen. Als erster chinesischer Staatschef bekennt sich Wen Jiabao zum Umweltschutz, verkündet Energie-Sparziele und droht mit Firmenschließungen bei Umweltverstößen. China hat allen Grund, sich mit seiner Umweltkrise auseinanderzusetzen. Die Luftverschmutzung ist so offensichtlich, dass sie selbst ausländischen Touristen auffällt: Metropolen wie Beijing und Xi`an liegen unter einer dichten Smogglocke. Das Atmen wird zur Qual, Husten gehört zum Alltag und die Geruchsnerven nehmen nur noch einen Bruchteil der üblichen Palette wahr. Viele Passanten tragen Staubmasken gegen Abgase und Sandstürme. Dazu kommen in der Stadt Lärmbelästigung durch den nie ruhenden Verkehr und einen immensen Bauboom, der Aufbau und Wachstum widerspiegelt sowie ein augenfälliges Müllproblem auf dem Lande. In statistischen Jahresbüchern berichtet die staatliche Umweltbehörde SEPA von der Gesamtumweltsituation in China. 1 Die Weltbank errechnete 2007 die Kosten der Verschmutzung. 2 China ist dabei, den Spitzenplatz im CO 2 Ausstoß einzunehmen 16 der 20 Städte mit der schlechtesten Luft weltweit liegen in China 67 Prozent des Süßwassers sind stark belastet große Mengen Holz werden aus Ländern mit illegaler Abholzung importiert 750.000 Menschen sterben frühzeitig an den Folgen der Umweltverschmutzung durchschnittlich alle zwei Tage ereignet sich ein Umweltunfall Luftverschmutzung Daten zur Luftverschmutzung in China sind kein Geheimnis. Die SEPA veröffentlicht auf ihrer Website täglich die Luftqualität 84 chinesischer Großstädte. Der API (Air Pollution Index) drückt den Gehalt von Schwefeldioxid SO 2, Stickstoffoxid NO 2 und inhalierbarer Partikel in der Luft aus. 3 Die Messungen bestätigen, dass chinesische Städter täglich hohe Schadstoffkonzentrationen einatmen. In 60 Prozent der Städte ist die Luft regelmäßig belastet. Nur 37,6 Prozent der Städte 1 2006 Report on the State of the Environment in China, SEPA, Juni 2007. 2 Cost of Pollution in China, Weltbank, Februar 2007. 3 1 excellent, 2 good, 3A slightly polluted, 3B light polluted, 4A moderate polluted, 4B moderate-heavy polluted, 5 heavy polluted.

erreichten 2006 eine Luftqualität, die für den Menschen als gefahrlos eingestuft wurde. In 9,1 Prozent der Städte wurde regelmäßig starke oder sehr starke Luftverschmutzung gemessen. Sommersmog in der Metropole Chongqing. Dorothee Jokiel Schwarze Liste 2006 kamen 39 Städte auf die Schwarze Liste der SEPA, vier weniger als im Vorjahr. Sieben davon lagen in Chinas Kohleprovinz Shaanxi, weitere sieben in der nordöstlichen Provinz Liaoning, einem Zentrum der Schwerindustrie. Internationales Schlusslicht Im internationalen Vergleich schneidet die chinesische Luft schlecht ab: nach Weltbankangaben liegen 16 der 20 Städte mit der dicksten Luft in China. Unter den zehn am schlimmsten verschmutzten Orten der Welt, die die US-Umweltschutzorganisation Blacksmith Institute im September 2007 präsentiert hat, stand die chinesische Großstadt Linfen in Shanxi exemplarisch für das Problem exzessiver Luftverschmutzung. 4 Nach Experteneinschätzungen wird China in naher Zukunft die USA als größten Emittenten von CO 2 ablösen. Sollten die Zahlen von Wissenschaftlern des niederländischen Forschungsinstituts Milieuen Natuurplanbureau (MNP) stimmen, ist China 4 The World`s Worst Polluted Places The Top Ten of the Dirty Thirty, Blacksmith Institute, September 2007. bereits heute der traurige Spitzenreiter. Chinas Anteil am weltweiten CO 2 Ausstoßes liegt bei etwa 18 Prozent. Verursacher Hauptursachen für die Luftverschmutzung sind die Nutzung von stark schwefel- und aschehaltiger Kohle als Energieträger - 70 Prozent der Energie wird aus Kohle gewonnen -, schlechte industrielle Filterungsanlagen, aber auch der rasante Anstieg privater Kraftfahrzeuge. Erst zwei von hundert Chinesen besitzen ein Auto, immer mehr Personen können und wollen sich Privatfahrzeuge leisten. Allein 2005 wurden 5,92 Millionen Fahrzeuge verkauft, die Tendenz steigt. Knapp drei Millionen Fahrzeuge sind in der chinesischen Hauptstadt unterwegs, jeden Tag werden über 1.000 Autos neu zugelassen. Infolge der Luftverschmutzung treten verstärkt Atemwegserkrankungen auf. Aber auch saurer Regen ist ein Problem, insbesondere in sechs Provinzen im Norden des Landes: dort kommt es zu erheblichen Ernteausfällen, Materialschäden und Waldsterben. Wasser Wasser ist in China ungleich verteilt: 80 Prozent der Wasservorkommen entfallen auf das zentralchinesische Jangtse-Gebiet und den Süden des Landes, während der Norden unter Wassermangel leidet. Davon betroffen sind 550 Millionen Menschen, zwei Drittel der chinesischen Landwirtschaft und wichtige Industriezentren. Wo es an Oberflächenwasser fehlt, wird das Grundwasser angezapft. In der nordchinesischen Tiefebene sinkt der Grundwasserpegel jährlich um 1,5 Meter. Oberflächen- und Grundwasser sind vielerorts belastet. Nach offiziellen Angaben haben landesweit 340 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwassern. Betroffen sind vor allem ländliche Gebiete: über 40 Prozent des Trinkwassers auf dem Lande wurden 2007 als ungesund eingestuft.

Süßwasser China hat sieben große Flusssysteme. 67 Prozent des Wassers waren 2006 nicht für die menschliche Nutzung geeignet. Die stärkste Belastung wurde in den Strömen Huai (Zentralchina zwischen Jangtse und Gelbem Fluss), Liao (Nordostchina), Hai (bei Tianjin), im Songhua (Nordostchina) und im Gelben Fluss gemessen. 70 bis 80 Prozent der Gewässer waren stark verseucht. Umweltunfälle verschärfen die Situation. Im November 2005 waren nach der Explosion eines petrochemischen Werkes im nordchinesischen Jilin 100 Tonnen Benzol in den Songhua Fluss ausgelaufen. Dies hatte eine grenzüberschreitende Umweltkatastrophe zur Folge, Millionen Menschen in Nordostchina und Sibirien waren wochenlang von sauberem Trinkwasser abgeschnitten. Zwischen November 2005 und April 2006 hat die chinesische Regierung 76 weitere Fälle von Wasserverschmutzung gemeldet. Im Jahre 2007 ereignete sich durchschnittlich alle zwei Tage ein Umweltunfall, 108 der Fälle waren schwerwiegend. Lediglich der Jangtse und der Perlfluss hatten 2006 im innerchinesischen Vergleich eine relativ gute Wasserqualität. Jangtsewasser ist besser als das des Rheins vor 30 Jahren, gemessen an der Schwermetallbelastung. Am Jangtse leben 350 Millionen Menschen, die den Fluss zunehmend wirtschaftlich nutzen. Das zeigt sich am Bau von Staudämmen und Uferbegradigung, Abbau von Sand und Kies, gestiegenem Schiffsverkehr und Überfischung. Das Flussökosystem ist angegriffen, die Fischbestände gehen zurück, zahlreiche andere Tierarten sind bedroht. Der Jangtse-Flussdelfin ist 2004 zum letzten Mal gesichtet worden. Weitere größere Spezies wie der Jangtse- Glattschweinswal, der chinesische Alligator und alle neun chinesischen Störarten gelten als gefährdet. Sechs der zehn größten natürlichen Seen Chinas waren nach Angaben der SEPA 2005 nicht für die Wasseraufbereitung geeignet. Zwei beliebte Touristenziele, die Seen Taihu (nahe Shanghai) und Dianchi (bei Kunming) galten als extrem stark verschmutzt. Seen und Auen sind nicht nur für Tourismus, Trinkwasserversorgung und Flutwasseraufnahme entscheidend. In den Feuchtgebieten des Poyang-Sees (am Mittellauf des Jangtse) beispielsweise überwintern Millionen Zugvögel aus Sibirien und der Mongolei, darunter auch die weltweit größte Population weißer Kraniche. Algenblüte Chinas Gewässer werden nicht nur durch die Einleitung von unbehandelten industriellen und städtischen Abwässern belastet, sondern auch durch Abschwemmung von Düngemitteln und Pestiziden aus der Landwirtschaft. Ein Beispiel: im Juli 2007 kam es im Trinkwasserreservoir der Sieben-Millionen-Stadt Changchun (Provinz Jilin, Nordostchina) zu einer explosionsartigen Verbreitung giftiger Algen. Auslöser der Katastrophe waren Pestizide aus der Landwirtschaft. Das Phänomen der Algenblüte wird regelmäßig im Mündungsgebiet des Jangtse beobachtet und tritt seit den 90er Jahren als giftige rote Algenblüte red tide 5 in Chinas Küstengewässern auf. Allein im Jahr 2003 vermeldete das Fischereiministerium insgesamt 119 Fälle von red tide. Eine Algenblüte vor der Provinz Zhejiang soll im Jahr 2004 eine Fläche von 10.000 Quadratkilometern bedeckt haben. Im Juni 2006 wurde vor der Hafenstadt Shenzhen eine red tide größeren Ausmaßes gemeldet, die komplette Fischereiwirtschaft brach dort zusammen, weil mehrere hundert Tonnen Fisch am Nervengift starben. 5 Die "red tide", eine besondere Form der marinen Algenblüte, verursacht durch einen erhöhten Gehalt organischer Stickstoffverbindungen im Wasser, ist durch das massenhafte Auftreten bestimmter Algenarten, die das Meerwasser rötlich färben, gekennzeichnet. Diese Algen produzieren ein starkes Nervengift, das für Fische, Vögel, Meeressäugetiere und auch für den Menschen gefährlich werden kann, vor allem, weil es sich über die Nahrungskette anreichert.

Wald China war vor allem im Westen und Süden dicht bewaldet. Heute wird die Waldfläche auf unter 18 Prozent geschätzt. Große Wälder gibt es in den westchinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan, in Fujian im Süden, im Nordosten des Landes und in der inneren Mongolei. Exzessive Abholzung im Westen, dem Quellgebiet des Jangtse und des Mekong, hat zu Bodenerosion geführt und schwere Flutkatastrophen begünstigt. 1998 starben während des wochenlang anhaltenden Hochwassers am Jangtse 4.159 Menschen, mehrere Millionen wurden obdachlos. Seitdem ist die Abholzung von Naturwäldern streng verboten. In Westchina und nördlich von Beijing wird aufgeforstet. Die Regierung verspricht so Schutz vor Sandstürmen und ein Aufhalten der Desertifikation. China benötigt jedoch Holz, allein zwei Millionen Kubikmeter für jährlich 25 Milliarden Einweg- Essstäbchen 6 das entspricht etwa 25 Millionen abgeholzter Bäume. Auch die Möbelindustrie boomt. Das Land steht beim weltweiten Verbrauch von Industrieholz an dritter Stelle und ist zugleich größter Holzimporteur der Welt. Seinen Bedarf deckt China zunehmend durch Holzimporte aus Russland, Malaysia und Indonesien, in denen illegale Abholzung Alltag ist (Anteil der illegalen Abholzung: Russland 25-50 Prozent, Malaysia 35 Prozent, Indonesien 73 Prozent). Wüsten auf dem Vormarsch Etwa 28 Prozent Chinas sind von Sand- und Steinwüste bedeckt, das Gebiet wächst vielerorts in enormem Tempo. In der westchinesischen Provinz Gansu zwingen Wanderdünen die Menschen zur Aufgabe ihrer Siedlungen. Der Verlust von Ackerland wiegt schwer: China hat 20 Prozent der Weltbevölkerung, aber nur 7 Prozent des urbaren Landes. Große Sandstürme treten sechsmal häufiger auf als vor 50 Jahren, die Folgen sind noch in Korea und Japan zu spüren. 6 Manche Quellen sprechen sogar von 45 Milliarden Einweg-Essstäbchen. Allein in der Nacht vom 16./17. April 2006 gingen schätzungsweise 300.000 Tonnen Sand auf das Verwaltungsgebiet Beijing nieder. Hauptursachen für die Wüstenbildung sind Abholzung, Überweidung und Dürreperioden. Nach offiziellen Angaben haben die staatlichen Aufforstungsprogramme 2006 erstmals in der Geschichte der Volksrepublik einen leichten Rückgang der Gesamtwüstenfläche bewirkt. Müllentsorgung Chinas Städte versinken im Müll. Darauf antwortet die Regierung im 11. Fünfjahresplans (2006-2010) mit einer umweltpolitischen Zielvorgabe: mindestens 70 Prozent der städtischen Abwässer und 60 Prozent des städtischen Hausmülls sollen bis 2010 umweltverträglich entsorgt werden. Das klingt nach wenig, ist aber ehrgeizig, wenn man die Realität betrachtet. 2006 wurden nach Angaben der SEPA 42,5 Prozent der städtischen Abwässer (2005: 22,9 Prozent) und 59,5 Prozent des städtischen Hausmülls behandelt (2005 unter 20 Prozent). Das Problem liegt auch in fehlendem Umweltmanagement. 200 der 585 untersuchten Städte hatten keine zentrale Abwasserverwaltung, in 187 Städten gab es keine Müllbeseitigungsanlagen. Klimawandel Die Durchschnittstemperatur lag 2006 bei 9,9 Grad Celsius und war um 1,1 Grad wärmer als das übliche Mittel. 2006 war damit das wärmste Jahr seit 1951. Die Folgen des globalen Klimawandels sind in China bereits zu beobachten: Die tibetischen Gletscher habe in den vergangenen 40 Jahren ein Achtel ihrer Fläche verloren. Experten gehen bei unveränderter Entwicklung davon aus, dass die Gletscher, die die Flussoasen im Tarimbecken und Gansukorridor mit Wasser versorgen, innerhalb der nächsten 50 Jahre komplett abschmelzen werden. Andere Experten sagen eine Häufung schwerer Stürme vorher, einen gestiegenen Wasserstand an der Ostküste und Millionen von Umweltflüchtlingen. Forscherteams aus den USA

und China haben Szenarien zu den Folgen des chinesischen Smogs entwickelt: beschleunigte Schneeschmelze, verringerte Niederschlagsmenge im wasserarmen Norden und sogar eine Erwärmung der Arktis durch Smog-Sturmwolken aus China. Der WWF China arbeitet in einer Fünfjahres- Partnerschaft mit der HSBC-Bank daran, die Folgen des Klimawandels zu verstehen und Schritt für Schritt darauf zu reagieren. Kosten der Umweltverschmutzung Die Kosten der Umweltverschmutzung kommen China teuer zu stehen. 750.000 Menschen sterben jährlich frühzeitig an den Folgen der Umweltkrise. 350.000 bis 400.000 Menschen, weil sie schlechte Luft in den Städten einatmen, weitere 300.000 kommen zu Tode, weil die Luft in Gebäuden belastet ist. Elf Prozent der Patienten mit Krebs im Verdauungstrakt sind Opfer von verschmutztem Trinkwasser. Magen- und Darmerkrankungen, die durch verschmutztes Wasser übertragen werden, sind auf dem Lande weit verbreitet. Diese Zahlen enthielt eine erste Version der Weltbankstudie Cost of Pollution in China sie wurden jedoch nicht in die offizielle Fassung der Studie übernommen. Luft- und Wasserverschmutzung verursachen die höchsten Gesundheitsschäden und machen laut Weltbank einen wirtschaftlichen Schaden von 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Unter Einrechnung der übrigen Kosten müssen die Chinesen 5,8 Prozent ihres BIP für die Folgen der Umweltverschmutzung ausgeben. Die SEPA bezifferte in ihrem 2006 veröffentlichten Bericht zum "Grünen BIP" die Kosten der Umweltschäden auf mindestens 511 Milliarden RMB (51 Milliarden Euro) bzw. drei Prozent des BIP. erneuerbarer Energien (2005 in Kraft getreten) gibt es einen detaillierten Katalog von mittlerweile über 375 Umwelt- und Emissionsstandards. Mit der Green Credit Policy hält der Vize- Umweltminister Pan Yue seit Juli 2007 Banken dazu an, keine Kredite an energieaufwändige und verschmutzende Industriezweige zu vergeben. Bis 2015 soll ein Green Insurance System eingeführt werden. Verpflichtend für Unternehmen mit hohem Umweltrisiko, vor allem aus der Petrochemie, greife die Versicherung bei der Schadensbeseitigung und Entschädigung der Opfer von Umweltunfällen, so Pan Yue im Februar 2008. Nach Angaben der SEPA geht von 45 Prozent der landesweiten 7.555 chemischen Großprojekte ein ernsthaftes Umweltrisiko aus. Weitere Informationen: Astrid Deilmann, Pressestelle, WWF Deutschland, Tel.: 0 69/7 91 44-1 53, Fax: 069/ 61 72 21, deilmann@wwf.de Diese und weitere Hintergrundinformationen finden Sie im Internet unter: www.wwf.de. Hier können Sie sich auch in unseren kostenlosen WWF-News-Verteiler eintragen. Staatliche grüne Maßnahmen Neben einer Reihe neuer Umweltschutzgesetze wie das Gesetz zur Förderung von "Cleaner Production" (2002), das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (2003) für größere Bauprojekte und das Gesetz zur Förderung