Von der Vorkammer zu BlueTEC HYBRID Die Geschichte des Dieselmotors



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Transkript:

Ansprechpartner: Telefon: Birgit Pillkahn +49 711 17-49049 Presse-Information Datum: 14. Februar 2011 Mercedes-Benz Classic Von der Vorkammer zu BlueTEC HYBRID Die Geschichte des Dieselmotors Von der Vorkammer zu BlueTEC HYBRID 2 Rudolf Diesel und seine Erfindung 4 Prosper L Orange und der moderne Dieselmotor 8 Debüt für Dieselmotoren in Schleppern und Lastwagen 12 Dieselmotoren in Mercedes-Benz Personenwagen 15 Dieselmotoren in Mercedes-Benz Nutzfahrzeugen 38 BlueTec, CDI BlueEFFICIENCY und BlueTEC HYBRID die Zukunft des Selbstzünders 54 Diesel in Motorsport, Forschungsfahrzeugen und Rekordwagen 68 Diesel-Meilensteine und Mercedes-Benz 76

Von der Vorkammer zu BlueTEC HYBRID Seite 2 Dieseltechnik von Mercedes-Benz ist eine Geschichte der Innovationen Vom Stationärmotor zum kultivierten Autoantrieb BlueTEC HYBRID und CDI BlueEFFICIENCY sind Dieseltechnologien der Zukunft Stuttgart Der Dieselmotor ist eine starke Kraft in der Geschichte von Mercedes-Benz und den Vorgängermarken: Bei Benz & Cie. entwickelt der Konstrukteur Prosper L Orange Anfang des 20. Jahrhunderts aus Rudolf Diesels Stationärmotor einen funktionierenden Fahrzeugantrieb, und 1923 entsteht in Mannheim der erste Diesel-Lastwagen der Welt. Mercedes-Benz schließlich baut 1936 den ersten Diesel-Personenwagen der Welt, den Typ 260 D. Seither reißt die Reihe der Innovationen rund um den Selbstzünder in den Fahrzeugen der Stuttgarter Marke nicht mehr ab. Als nächster Meilenstein kommt 2011 der Typ E 300 BlueTEC HYBRID auf den Markt, der erste Diesel-Hybrid- Personenwagen von Mercedes-Benz. Diese neue Generation von besonders umweltfreundlichen Diesel-Antrieben verbindet das innovative Technologiepaket BlueTEC zur weiteren Reduzierung von Emissionswerten, das ganzheitliche Konzept BlueEFFICIENCY für verbrauchsoptimierte Fahrzeuge und aktuelle Hybrid-Technik. So fährt der Typ E 300 BlueTEC HYBRID als erster Diesel-Hybrid-Pkw eines europäischen Herstellers vom Jahr 2011 an in Richtung Zukunft. Ökologisch sinnvoll und mit attraktiven Fahreigenschaften versehen, gibt das Hightech-Fahrzeug eine Antwort auf die Fragen nach Fahrzeugkonzepten von morgen. Fundament solcher Innovationen ist die langjährige Erfahrung der Mercedes-Benz Ingenieure auf dem Gebiet der Dieselmotoren. Denn seit seiner Premiere im Personenwagen 1936 wird der Diesel von den Mercedes-Benz Ingenieuren über die Jahrzehnte zunehmend zum sauberen, starken und schnellen Antrieb entwickelt und bleibt dabei doch weiter sparsam. Überzeugen am Anfang vor allem die Wirtschaftlichkeit und Robustheit, ist der Dieselmotor heute ein extrem sauberes Aggregat mit sportlichen Zügen. Damit stellen die aktuellen Selbstzünder angesichts immer strengerer Abgasnormen

mehr denn je eine Alternative zu Benzinern dar. Der Markt spiegelt diese Entwicklung wider: Mittlerweile ist jeder zweite in Westeuropa gekaufte Pkw ein Diesel-Fahrzeug. Mercedes-Benz verkauft sogar 54 Prozent seiner Personenwagen mit dem Selbstzünder unter der Haube. Der Diesel ist heute aktueller denn je. Seite 3

Rudolf Diesel und seine Erfindung Seite 4 Ein Techniker mit Weitblick Rudolf Christian Karl Diesel wird am 18. März 1858 in Paris geboren. Der Sohn eines Buchbinders entscheidet sich bereits im Alter von 14 Jahren für eine Laufbahn als Ingenieur. Nach Gewerbeschule und Industrieschule besucht er die Technische Hochschule München (Polytechnikum) und schließt 1880 sein Studium mit dem besten Examen seit Gründung der Hochschule ab. Während seiner ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung beeindrucken den angehenden Motorkonstrukteur besonders die Thermodynamik-Vorlesungen des Dozenten Carl von Linde. Dieser Kontakt zu Linde hat Folgen: Nach dem Studium arbeitet Diesel in der Linde schen Kältemaschinenfabrik. Vor allem aber entschließt er sich, angestoßen durch die Vorlesungen, einen neuen Motor mit besonders gutem thermischem Wirkungsgrad zu entwickeln. Nach einem einjährigen Volontariat stellt Linde den jungen Ingenieur 1881 in seiner Eisfabrik in Paris ein. Noch im selben Jahr erhält Diesel ein erstes Patent für die Herstellung von Klareis. In den folgenden Jahren konzentriert sich Rudolf Diesel zunehmend auf die Arbeit an seinem Motor. Das Konzept der neuen, rationellen Wärmekraftmaschine meldet er 1892 zum Patent an, das am 23. Februar 1893 als DRP 67 207 über Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungsmaschinen erteilt wird. Noch im November 1893 modifiziert und verbessert Diesel seinen ersten Entwurf in einem zweiten Patentantrag (DRP 82 168). Bei der Maschinenfabrik Augsburg (später MAN) entwickelt Diesel von 1893 an eine erste Versuchsmaschine, die er schon nach wenigen Monaten zum Laufen bringt. Aber erst vier Jahre nach Beginn der Arbeiten läuft der erfolgreiche Prototyp eines serienreifen Motors. Zur Produktion des neuen Aggregats entsteht 1898 die Dieselmotorenfabrik Augsburg.

1897 Der Dieselmotor Seite 5 Während der Ottomotor ein Gemisch aus Luft und Kraftstoff verdichtet, soll Diesels Motor die Ansaugluft komprimieren, in die dann erst kurz vor der Zündung der Kraftstoff eingespritzt wird. Nach dieser ausschließlich im Innern des Zylinders ablaufenden Gemischbildung entzündet sich der Treibstoff selbstständig durch die Hitze, die bei der Verdichtung entsteht. Auf dem Papier ergeben Diesels Berechnungen für diesen Vorgang extrem hohe Verdichtungsdrücke von bis zu 253 bar, in der Realität bleibt der Druck später allerdings deutlich geringer. Bei Temperaturen zwischen 700 und 900 Grad Celsius, die im Zylinder durch die Verdichtung der Luft erzielt werden, genügt diese Leistung aber völlig für die Funktion des neuartigen Motors: Das sehr zündwillige Dieselöl verbrennt bei diesen Temperaturen kurz nach der Einspritzung ohne zusätzliche Zündhilfe. Bis sich Rudolf Diesel für ein Mitteldestillat von Erdöl als Kraftstoff entscheidet, experimentiert der Ingenieur mit verschiedenen anderen Substanzen, unter anderem auch mit Kohlenstaub. Die ersten Prototypen laufen aber schon mit Petroleum, das dem späteren Dieselöl in vielen Aspekten gleicht. Im Vergleich zum Ottomotor zeigt die Dieselmaschine insbesondere unter Teillast einen sehr guten Wirkungsgrad. Diese Wirtschaftlichkeit des neuen Motors überzeugt die ersten Käufer um 1900 trotz der öffentlich geübten Kritik an Diesels Konzept. Doch die frühen Motoren erweisen sich tatsächlich als noch nicht robust genug, zahlreiche Kunden schicken ihre Aggregate mit Schäden zurück. Vor allem der Luftkompressor und der Siebzerstäuber für die Kraftstoffeinblasung sind anfällig für mechanische Probleme. Als Reaktion entwickelt der Erfinder einen neuer Zerstäuber und verbessert die Verdichtung der Einblasluft, indem er sie auf zwei Schritte verteilt. Noch immer verlangt die Versorgung des Motors mit Treibstoff nach einem komplizierten Verfahren: Eine Niederdruckpumpe fördert den Kraftstoff in den Zerstäuber. Von diesem Punkt aus bläst stark komprimierte Luft das Dieselöl als feinen Kraftstoffnebel in den Zylinder. Diese Technik macht die Motoren schwer und komplex. So sind weder höhere Drehzahlen möglich noch schnelle Reaktionen auf wechselnde Belastungen.

Rudolf Diesel sitzt während seiner Entwicklung mehrfach technischen Irrtümern auf. Unter anderem hält der Ingenieur die Selbstentzündung des Kraftstoffs zu Beginn seiner Arbeiten für nicht entscheidend und experimentiert auch mit Zündkerzen. Doch schon der erste Prototyp von 1897 beweist, dass das Grundprinzip dieser Verbrennungsmaschine eine große Zukunft hat. Und tatsächlich etabliert sich Diesels Motor bald als zweite Form der Verbrennungskraftmaschine neben dem Otto-Motor, wenn auch zunächst nur als Stationärmotor. Seite 6 Dem Grundprinzip dieser Maschinen folgen auch heutige Fahrzeug- Dieselmotoren. Allerdings hat sich aus der simplen Grundkonstruktion Rudolf Diesels längst ein technisch aufwendiges Motorsystem entwickelt. Lösungen wie die Common-Rail-Einspritzung mit bis zu 2000 bar Einspritzdruck, Abgas- Turboaufladung, hochmoderne Abgasreinigungssysteme und die Kombination der Verbrennungsmaschine mit dem Elektroantrieb im Hybridfahrzeug haben den Dieselmotor zum leistungsstarken, sparsamen und sauberen Fahrzeugantrieb mit nach wie vor großem Zukunftspotenzial gemacht. Vom Stationärmotor zum Schiffsdiesel Nachdem Diesel sein Konzept zur Marktreife entwickelt hat, konzentriert sich die Maschinenfabrik Augsburg in den folgenden Jahren ganz auf den Bau von Dieselmotoren und stellt die Produktion von Dampfmaschinen ein. Diese Ablösung entspricht der Entwicklung des Marktes, denn besonders als leistungsstarke Konkurrenz zum Dampfaggregat setzt sich die Dieselmaschine zunehmend durch. Allein zwischen 1907 und 1909 entstehen mehr als 1 000 Aggregate mit Leistungen von 15 kw bis 74 kw (20 PS bis 100 PS). Für den Antrieb von Verkehrsmitteln kommt der neue Motor vor dem Ersten Weltkrieg aber nur in Schiffen zum Einsatz, erstmals im Jahr 1903. Den Erfolg seines Motors als Antrieb für Straßen- und Schienenfahrzeuge erlebt Rudolf Diesel nicht mehr. Der Erfinder steht vor dem wirtschaftlichen Ruin, als er 1913 auf der Überfahrt von Holland nach England von Bord des Postdampfers Dresden verschwindet. Ein Selbstmord des Ingenieurs gilt als wahrscheinlich. Immerhin sieht Diesel das Potenzial seiner Technik voraus: Es ist meine feste Überzeugung, schreibt er in seinem Todesjahr 1913, dass der

Automobilmotor kommen wird, und dann betrachte ich meine Lebensaufgabe als beendet. Seite 7 1910 Schiffsdiesel von Benz und Daimler Auch Benz und Daimler bauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Dieselmotoren für Wasserfahrzeuge: Benz & Cie. liefern 1910 ihre beiden ersten Viertakt- Schiffsdieselmotoren aus. Im September 1911 stellt Benz dann einen Zweitakt- Dieselantrieb für Schiffe vor. Dieser Motor Patent Hesselman folgt einem schwedischen Aggregat, das seit 1907 bei Aktiebolaget Diesels Motorer in Stockholm gebaut wird. Ausgerüstet mit dem Benz-Zweitakter wird unter anderem die Fram, ein Expeditions- und Forschungsschiff. Gebaut wird die Fram bereits 1892 für den norwegischen Polarforscher Fridtjof Nansen. Sie dient von 1893 bis 1912 als Expeditionsschiff. Den 132 kw (180 PS) starken Benz-Diesel lässt Roald Amundsen für seine Südpolfahrt installieren, die von 1910 bis 1912 dauert. Im September 1911 bekommt die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) einen Auftrag für zehn Viertakt-Schiffsdiesel mit Lufteinblasung und einer Leistung von jeweils 74 kw (100 PS). Die Antriebsmaschinen des Typs RM 20 274 werden im DMG-Werk Berlin-Marienfelde gebaut, 1912 liefert Daimler die ersten fünf Aggregate aus. Beide Firmen stellen im Ersten Weltkrieg auch Motoren für Unterseeboote her. Im Januar 1916 erhält das DMG-Werk Marienfelde einen Auftrag über zwölf 221 kw (300 PS) starke Sechszylinder-U-Boot-Dieselmotoren. Die ersten sieben Aggregate vom Typ MU 256 werden noch im selben Jahr ausgeliefert. Auch Benz & Cie. arbeitet in dieser Zeit an leistungsstarken Dieselmotoren für Unterseeboote. Von 1915 bis 1916 werden acht Sechszylindermaschinen vom Typ S 6 Ln mit jeweils 331 kw (450 PS) gebaut.

Prosper L Orange und der moderne Dieselmotor Seite 8 Vom Schiff auf die Straße Erst nach 1920 wird der Dieselmotor reif sein für den Schritt vom stationären Einsatz und der Verwendung als Schiffsantrieb zum Einbau im Automobil. Die ingenieurwissenschaftliche Leistung, die hinter dieser Entwicklung steckt, verdankt die Dieselmaschine vor allem Prosper L Orange. Der Ingenieur arbeitet seit 1908 bei Benz & Cie. In Mannheim widmet er sich der Umsetzung von Rudolf Diesels Traum, dem schnelllaufenden, kompakten Dieselmotor als Automobilantrieb. L Orange entwickelt dazu die Vorkammereinspritzung, die Trichter-Vorkammer, die Nadel-Einspritzdüse und die regelbare Einspritzpumpe Meilensteine auf dem Weg des Selbstzünders in das Automobil und gleichzeitig die Grundlage für die ersten Fahrzeug-Dieselmotoren. Ein Leben für die Motorentechnik Prosper L Orange wird am 1. Februar 1876 in Beirut, Osmanisches Reich, geboren. Ab 1890 wächst er in Deutschland auf. Der Junge ist von der Technik der Verbrennungsmotoren begeistert und entschließt sich, an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg zu studieren. Er legt sein Diplom mit Auszeichnung ab und wird Assistent bei Geheimrat Emil Josse im Wärmetechnischen Laboratorium der TH. L Orange wechselt zur Gasmotorenfabrik Deutz, wo er 1906 die Versuchsabteilung leitet. Hier arbeitet er vor allem an einer Variante des Dieselmotors ohne Kompressor für die Lufteinblasung des Dieselöls. Damit will er das Prinzip dieser Verbrennungsmaschine auf kleinere Motoren übertragen: Kompakte Aggregate mit rund 26 kw (35 PS) Leistung wären ideale Antriebe für Automobile. Allerdings muss dem Motor dazu seine Zügellosigkeit der Brennstoffeinführung ausgetrieben werden, erkennt L Orange. Er will eine Lösung entwickeln, mit der die Kraftstoffzerstäubung und damit die Verbrennung genauer als bisher zu regeln sind.

Ähnliche Projekte verfolgen auch andere Ingenieure, doch Prosper L Orange schlägt mit seiner Einspritzpumpe den zukunftsweisenden Weg ein. Dieses präzise anzusteuernde Instrument fördert den Kraftstoff mit einem Druck von etwa 50 bar in den Brennraum. Um die Durchmischung von komprimierter Luft und Treibstoff-Sprühnebel zu verbessern, wendet sich der Ingenieur als nächstes der Form des Kompressionsraums zu: 1908 reicht L Orange ein Patent auf die soge-nannte Nachkammer ein, einen Vorraum des Zylinders, in dem sich Luft und Treibstoff verwirbeln können. Die ungekühlte, kugelförmige Kammer liegt dem Brennraum gegenüber, dazwischen sind Ein- und Auslassventile angeordnet. Nach dem Einspritzen des Kraftstoffs entzündet sich eine kleine Menge Diesel in der Nachkammer, das sorgt für eine gute Verwirbelung des restlichen Öls in der komprimierten Luft des eigentlichen Brennraums. Gegenüber der bisher üblichen Lösung mit Kompressor- Einblasung des zerstäubten Treibstoffs fällt L Oranges neuer Motor mit Einspritzpumpe und Nachkammer deutlich kompakter aus. Noch immer sind die Dieselmotoren aus Deutz aber zu schwer für den Einbau in Fahrzeuge. Seite 9 Erst nach seinem Wechsel zu Benz & Cie. in Mannheim entwickelt Prosper L Orange von 1908 bis 1922 mit einer Reihe von Innovationen den schweren Ölmotor zum schnelllaufenden Fahrzeugantrieb weiter. Die wichtigsten Verbesserungen des Konstrukteurs in dieser Epoche sind das Vorkammerprinzip, die Trichter-Vorkammer, die Nadel-Einspritzdüse und schließlich die regelbare Einspritzpumpe. Allerdings scheidet der Ingenieur 1922, noch vor der Vorstellung des ersten Diesel-Lkw, bei Benz & Cie. aus. L Orange wird Leiter der aus dem Stationärmotorenbau bei Benz & Cie. hervorgegangenen Motoren-Werke Mannheim (MWM). Ab 1926 arbeitet er als selbstständiger Ingenieur und übernimmt 1927 die Leitung der REF- Apparatebau GmbH in Stuttgart-Feuerbach. 1932 jedoch geht REF-Apparatebau in Konkurs. Prosper L Oranges Sohn Rudolf gründet im September 1933 die Gebrüder L Orange Motorzubehör GmbH, heute ein Unternehmen der Tognum- Gruppe. Sein Vater wird 1939 für sein Lebenswerk mit der Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Karlsruhe ausgezeichnet. Prosper L Orange, der Wegbereiter des modernen Dieselmotors, stirbt am 30. Juli 1939 in Stuttgart.

1909 Die Vorkammer Seite 10 1908 wird Prosper L Orange bei Benz & Cie. als Leiter des Motorenversuchs eingestellt. In Mannheim will der Ingenieur wie schon bei Deutz vor allem das Dieselprinzip weiter verbessern. Mit seinem Nachkammer-Diesel hat er bereits einen ersten Schritt hin zur Unterteilung von Gemischbildung und Brennraum unternommen. Jetzt experimentiert er an einer Verbesserung dieser Form des Zylinderkopfs. L Orange konstruiert dazu für seine Arbeiten einen Versuchsmotor, der sich mit verschiedenen Zylinderköpfen ausrüsten lässt. An dieser Maschine probiert er auch eine Variante aus, bei der zwischen Einspritzdüse und dem zylindrischen Verbrennungsraum eine halbkugelförmige Kammer angeordnet ist. In diesem Raum, der rund 20 Prozent des gesamten Zylindervolumens einnimmt, verbrennt nach der Einspritzung ein kleiner Teil des Dieseltreibstoffs aufgrund des Kontakts mit der heißen Kammerwand. Dabei entsteht in der Vorkammer ein extrem hoher Druck, der das übrige Luft- Diesel-Gemisch in den Zylinder hineintreibt und dort für eine sehr gute Verwirbelung mit der verdichteten Ansaugluft sorgt. Druck und Vermischung ermöglichen eine schnelle Verbrennung mit hohen Temperaturen. So sind mit dem Vorkammer-Diesel deutlich höhere Umdrehungszahlen möglich als mit älteren Formen des Selbstzünders. Bei einem ersten Probelauf erweist sich der Vorkammer-Diesel als robust, zuverlässig und vor allem sparsam. Der Motor stellt seinen Entwickler zwar weiterhin vor Probleme. Nicht zuletzt ist die Maschine noch immer zu groß, um in ein Automobil eingebaut werden zu können. Aber Prosper L Orange weiß seine Arbeit auf dem richtigen Weg: Am 14. März 1909 reicht er das Vorkammer-System als Patent ein (DRP 230 517). Sein Erfolg wird von Benz & Cie. honoriert, L Orange erhält 1910 die Stellung eines Prokuristen im Stationärmotorenbau. 1919 Trichter-Vorkammer, Nadel-Einspritzdüse und regelbare Einspritzpumpe Der Erste Weltkrieg stoppt die weitere Entwicklung der Dieseltechnik bei Benz & Cie., 1915 geben die Mannheimer das Vorkammer-Patent sogar ganz auf. Als L Orange nach Kriegsende die Arbeit an einem modernen Dieselmotor

wieder aufnimmt, besinnt er sich denn auch nicht allein auf seine eigenen Vorarbeiten, sondern untersucht auch andere neue Konzepte. Unter anderem stößt er auf den schwedischen Ellwe-Diesel mit Halbkugel-Vorkammer und Bohrungen als Verbindung zum Verbrennungsraum. Angespornt durch die Konkurrenzentwicklung, verbessert L Orange seine eigene Vorkammer weiter. Mit einem trichterförmigen Einsatz zwischen Vorkammer und Brennraum verändert er ihre Form, um eine sichere Zündung und eine gute Verbrennung unter verschiedenen Belastungen zu erreichen. Unter anderem verbessert die neue Form das Verdampfen des Dieselöls und senkt die Gefahr von Verkokungen. Diese Modifikation meldet er am 18. März 1919 zum Patent an (DRP 397 142). Parallel arbeitet der Ingenieur an einer neuen Einspritzdüse, die deutlich besser funktioniert als frühere Varianten. Diese Nadel- Einspritzdüse stellt Prosper L Orange ebenfalls 1919 vor. Seite 11 1921 folgt eine regelbare Einspritzpumpe für den Dieselmotor, deren Fördermenge sich stufenlos verändern lässt. Damit kann der Ingenieur die Leistungsabgabe des Motors endlich so präzise regeln, wie es der Einsatz in Automobilen verlangt. Der erste Einbau eines schnelllaufenden Dieselaggregats in ein Fahrzeug ist nun absehbar.

Debüt für Dieselmotoren in Schleppern und Lastwagen Seite 12 1922 Benz-Diesel für die Landwirtschaft Seinen ersten Einsatz in einem Landfahrzeug absolviert der Benz-Dieselmotor 1922 in einen Ackerschlepper. Das dreirädrige Gefährt haben die Mannheimer gemeinsam mit dem Münchener Motoren- und Traktorhersteller Sendling entwickelt. Den Prototyp stellen Benz und Sendling 1922 auf der Landwirtschaftsausstellung in Königsberg aus und finden sofort einen Käufer für dieses Fahrzeug sowie für zwei weitere Vorserien-Exemplare. Ausgestattet ist die Maschine mit einem Zwei-zylinder-Diesel, der 18 kw (25 PS) bei 800/min leistet. Bohrung und Hub betragen 135 x 200 Millimeter. Als Benz-Sendling- Eintriebrad-Schlepper S 6 geht der Traktor im März 1923 in Serie. Benz & Cie. wollen zunächst nur 100 Motoren für Ackerschlepper und Motorpflüge von Sendling bauen. Doch Ende 1924 sind schon 36 Zwei-zylinder hergestellt und verkauft. Bis 1931 produzieren die Mannheimer, später unter dem Dach von Daimler-Benz, insgesamt 1.188 dieser Maschinen. Neben dem Dreirad-Schlepper und Motorpflügen bietet Benz-Sendling von 1923 an auch den Vierrad-Dieselschlepper Typ BK an. 1923 Weltweit erster Diesel-Lastwagen von Benz & Cie. Benz & Cie. stellen 1923 den ersten Diesel-Lastwagen der Welt vor. Angetrieben wird der Fünftonner von einem Vierzylinder-Diesel des Typs OB 2 mit 33 kw (45 PS) bei 1000/min. Im direkten Vergleich mit einem baugleichen Benziner überzeugt der Diesel-Lkw auf Anhieb durch seine Wirtschaftlichkeit: Gegenüber dem Otto-Motor erbringt der Selbstzünder eine Kraftstoffkosten-Ersparnis von 86 Prozent. Die Arbeiten am neuen Motor für den Lkw beginnen bereits 1922. Im September jenes Jahres steht das erste Aggregat auf dem Prüfstand. Zunächst werden zehn Motoren vom Typ OB 2 gebaut. Versuchsfahrten mit den ersten serienmäßigen Diesel-Lastwagen beginnen von Gaggenau aus. Als Fahrgestell haben die Benz-Ingenieure den Benz-Lastwagen 5 K 3 ausgesucht, ausgelegt für fünf Tonnen Nutzlast. Der OB 2 bewährt sich bei den

Fahrversuchen so gut, dass schon am 14. April 1923 der Beschluss zur Serienfertigung fällt. Der erste serienmäßig produzierte Diesel-Lkw der Welt hat schließlich im Februar 1924 sein Debüt auf der Nutzfahrzeug-Ausstellung in Amsterdam. Der Vorkammer-Dieselmotor OB 2 bringt nun eine Leistung von 37 kw (50 PS) bei 1000/min. Seite 13 Besonders überzeugt der günstige Verbrauch: Versorgt mit Braunkohlen-Teeröl, benötigt der OB 2 rund ein Viertel weniger Treibstoff als ein gleich starker Benzinmotor. Durch den günstigen Preis des Teeröls gegenüber Benzin ergeben sich die sensationell niedrigen Treibstoffkosten. Neben Teeröl lässt sich der neue Motor auch mit Gasöl, Petroleum, Texas-Öl sowie gelbem oder braunem Paraffin-Öl betreiben so wirbt Benz & Cie. 1923 für den genügsamen Antrieb. 1923 Lkw mit Lufteinblasdiesel von Daimler Während Benz & Cie. den Diesel-Lkw entwickeln, entsteht bei der Daimler-Motoren- Gesellschaft (DMG) in Berlin-Marienfelde ein fast gleich starker Lufteinblasdiesel zum Einbau in Lastwagen. Die Daimler-Ingenieure übertragen für diesen Motor ihre Erfahrungen aus dem Bau von U-Boot-Diesel-motoren mit Lufteinblasung. Das fertige Aggregat ist ein Vierzylindermotor mit 29 kw (40 PS) bei 1000/min. Auf verschiedenen Testfahrten beweist der Motor 1923 seine Praxistauglichkeit. Spektakulär ist damals vor allem die Fernfahrt zwischen zwei DMG-Werken: Vom 20. bis 30. September 1923 fährt ein Daimler-Diesel-Lkw von Berlin nach Stuttgart und zurück. 1927 Der Vorkammer-Diesel setzt sich durch Nach der Fusion von Benz & Cie. und der DMG im Jahr 1926 setzt sich jedoch das Vorkammer-Prinzip von Benz gegen den Lufteinblasdiesel durch. Erster Vorkammer-Dieselmotor aus gemeinsamer Entwicklung ist der Sechszylindermotor OM 5 von 1927 (55 kw/75 PS aus 8,6 Liter Hubraum). Die Abkürzung OM für Dieselmaschinen, von Oelmotor kommend, erhält sich seither in der Nomenklatur von Mercedes-Benz. Im Mercedes-Benz Lastwagen vom Typ L 5 arbeitet wahlweise der neue OM 5 (51 kw/70 PS bei 1300/min) oder ein Benzinmotor vom Typ M 36

(74 kw/100 PS bei 2000/min). Der Fünftonner (mit Niederrahmen als N 5 zu haben) ist im 1927 präsentierten, neuen Mercedes-Benz Nutzfahrzeugprogramm noch der einzige Typ, der überhaupt mit Dieselantrieb angeboten wird. Sowohl die 1,5-Tonner als auch der 3,5-Tonner sind zunächst nur mit Benzin-Vergasermotoren zu haben. Damit reagiert Mercedes-Benz auf die noch immer große Skepsis von Kunden gegenüber dem Dieselmotor. Seite 14 Der OM 5, dessen Serienproduktion 1928 anläuft, ist bereits mit der neuen Bosch-Einspritzpumpe ausgerüstet. Robert Bosch beginnt 1922 mit der Arbeit an Diesel-Einspritzpumpen. Durch die 1927 vorgestellte, systematisch verbesserte Einspritztechnik trägt er zur Akzeptanz des Dieselantriebs bei. Persönlich ist Bosch sowieso vom Selbstzünder überzeugt: 1924 gehört er zu den ersten Kunden, die einen Diesel-Lkw von Benz & Cie. ordern.

Seite 15 Dieselmotoren in Mercedes-Benz Personenwagen 1926 Die Vorgeschichte des Mercedes-Benz 260 D Es ist eine Sensation, was Mercedes-Benz im Februar 1936 auf der Internationalen Automobil- und Motorradausstellung in Berlin zeigt: Im Typ 260 D (Baureihe W 138) erobert der Dieselmotor den Pkw. Im Jahr der Olympiade stellen die Stuttgarter dieses Modell als den ersten in Serie gebauten Diesel-Personenwagen der Welt vor. Ausgestattet ist der Vierzylindermotor mit einer Bosch-Einspritzpumpe, die höhere Drehzahlen und eine schnellere Kraftstoffversorgung ermöglicht. Der 2,6-Liter-Motor hat eine Verdichtung von 1 : 20,5 und liefert 33 kw (45 PS) bei 3200/min. Der erste Diesel-Pkw der Welt ist das Ergebnis intensiver Forschung, die mit der Fusion von DMG und Benz & Cie. im Jahr 1926 begonnen hat. Zunächst wird in der jungen Daimler-Benz AG ein neuer Sechszylinder-Dieselmotor für Lkw entwickelt. Das Aggregat wird kontinuierlich verbessert, Leistung und Drehzahl steigen Anfang der 1930er-Jahre schaffen die Dieselmaschinen bereits 2000/min. Die Drehzahl wird in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich steigen, vor allem bei Pkw-Dieselmotoren. Allerdings hat der Selbstzünder im Vergleich zum Ottomotor eine physikalisch vorgegebene Drehzahlgrenze von rund 5500/min, bedingt durch den Zündverzug des Kraftstoffs. Diese Zeit, die zwischen Einspritzung und Zündung vergeht, liegt bei modernen Dieselkraftstoffen deutlich niedriger als bei früherem Dieselöl, das chemisch identisch mit Heizöl ist. 1934 Vierzylinder-Diesel für Pkw Die hohe Drehzahl ist eine wichtige Voraussetzung für die Übernahme des Diesels in den Pkw. Denn der Selbstzünder soll bei seiner Premiere im Personenwagen dem Benzinmotor möglichst nahe kommen. Allerdings sind

Dieselmotoren noch immer deutlich schwerer und laufen unruhiger als Ottomotoren. Der erste Pkw-Diesel-Versuchsmotor, ein 3,8-Liter-Sechszylinder mit 60 kw (82 PS) Leistung bei 2800/min, erweist sich mit seinen starken Vibrationen auch prompt als zu unruhig für das Fahrgestell des Versuchswagens. Seite 16 In der Folge entstehen verschiedene Versuchsmotoren wie 1934 der Dreizylinder-Diesel OM 134, ein wassergekühltes Dreizylinderaggregat mit 22 kw (30 PS), das in Fahrzeuge vom Typ Mercedes-Benz 160 V eingebaut wird. Die sechs Versuchswagen (Baureihe W 134) erhalten die Typenbezeichnung Mercedes-Benz 175 D, karossiert sind sie als Limousine sowie als Cabriolet B und C. Die Schwingungsprobleme des Dreizylinders sind aber nicht beherrschbar. Im gleichen Jahr entstehen deshalb vier mit einem Vierzylindermotor OM 141 (26 kw/35 PS) ausgerüstete Versuchsfahrzeuge des Typs 175 DX (Baureihe W 141). Weitere Dieselversuche unternehmen die Konstrukteure unter anderem mit den Modellen Mercedes-Benz 130 H und Mercedes-Benz Mannheim. Im November 1934 entscheiden sich die Mercedes-Benz Ingenieure dann für einen anderen Weg und setzen statt auf eine komplett neue Entwicklung auf die Veränderung des bewährten Sechszylinders aus dem Nutzfahrzeug. Für den Betrieb im Personenwagen wird die Maschine auf das Maß eines Vierzylinder- Diesels mit 2,6 Liter Hubraum reduziert. Die weich ablaufende Verbrennung nach dem Vorkammerverfahren ist mittlerweile perfektioniert, unter anderem durch den Einsatz einer Vierstempel-Einspritzpumpe von Bosch. Der Vierzylinder hat, ganz modern, schon hängende Ventile und entwickelt seine Maximalleistung von 33 kw (45 PS) bei 3000/min. Eine fünffach gelagerte Kurbelwelle trägt zur wirkungsvollen Schwingungsdämpfung bei und ermöglicht zudem die hohe Drehzahl. Damit sind die Ingenieure endlich am Ziel. 1936 Liebling der Taxibetreiber Ende 1935 beginnt die Serienproduktion des Modells 260 D. Eingebaut wird der Motor OM 138 in das Fahrgestell der Mercedes-Benz Baureihe W 21. Der so entstehende Mercedes-Benz 260 D verbraucht durchschnittlich 9,5 Liter Dieselkraftstoff für 100 Kilometer der eng verwandte Typ 200 schluckt auf

derselben Distanz 13 Liter Benzin. Eine Tankfüllung reicht für 450 bis 500 Kilometer, was bei dem damaligen weitmaschigen Tankstellennetz nicht ohne Bedeutung ist. Zudem liegt der Kraftstoffpreis für Diesel in Deutschland mit 24 Pfennig je Liter deutlich unter dem für Benzin, das 39 Pfennig kostet. Und wer als Taxifahrer einen Personenbeförderungsschein besitzt, kann sogar verbilligten Diesel zu 19 Pfennig tanken. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h ist der Mercedes-Benz 260 D außerdem bei aller Wirtschaftlichkeit durchaus flott unterwegs, der Typ 200 schafft auch nur 98 km/h. Seite 17 Der weltweit erste Diesel-Pkw wird auf dem Fahrgestell des sechssitzigen Landaulets der Baureihe W 21 (Mercedes-Benz 200 und 230) aufgebaut. Stolz preist der Verkaufsprospekt die Verbindung aus modernem Personenwagen und Dieseltechnik an: Es lag nahe, dass sich die Daimler-Benz A.G. aufgrund der großen Erfolge im Personenwagen- und Dieselnutzfahrzeugbau auch eingehend mit der Frage des Personenwagendiesel-motors beschäftigte. Das Ergebnis ist der Mercedes-Benz Typ 260 D [ ], der die großen Vorteile des Dieselmotors mit den unverkennbaren Annehmlichkeiten des Schwingachspersonenwagens vereint. Bereits im Herbst 1935 werden die ersten 170 Fahrzeuge ausgeliefert, bevor 1936 die eigentliche Serienfertigung beginnt. Schnell setzt sich der 260 D als ideales Taxi durch. Günstig im Unterhalt, robuste und langlebige Motoren, eine geräumige Karosserie (auch in spezieller Droschken-Ausführung mit bis zu sieben Sitzen): Das sind die Argumente, mit denen der neue Mercedes-Benz das Taxigewerbe überzeugt. Motordroschken auf Basis des 260 D sind noch bis in die 1950er-Jahre weit verbreitet. Außerdem arbeitet der 33 kw (45 PS) starke 2,6-Liter-Diesel auch in den Transportern der Typen L 1100 bis L 1500, die in Stuttgart und Mannheim gebaut werden. 1937 Diesel-Pkw für Privatkunden Positiv fällt den Zeitgenossen auf, wie leise dieser Diesel-Pkw ist. Auch private Kunden lassen sich von den Tugenden des Mercedes-Benz 260 D überzeugen und kaufen den Wagen mit Selbstzünderantrieb. Das gilt vor allem, nachdem 1937 der Motor nochmals überarbeitet wird und das Modell eine neue Karosserie erhält.

Als neues Fahrgestell dient dem 260 D ab 1937 die Mercedes-Benz Baureihe W 143. Neben Landaulet und Pullman-Limousine entstehen auch zwei- und viertürige Cabriolets sowie ein offener Tourenwagen. Bis 1940 werden rund 2 000 Stück des ersten Diesel-Pkw der Welt gebaut keine große Zahl, aber genug, um den Diesel-Personenwagen salonfähig zu machen und ihm auch für die Nachkriegszeit den Weg zu ebnen. Dank der Weitsicht seiner Schöpfer und vor allem dank der kontinuierlichen Weiterentwicklung hat sich der Diesel-Pkw einen festen Platz in der Mercedes-Benz Modellpalette erobert. Seite 18 1949 Neuanfang mit dem 170 D Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind wirtschaftliche Automobile stärker denn je gefragt. Im Modell 170 D (Baureihe W 136) nimmt Mercedes-Benz wieder einen Vierzylinder-Pkw-Dieselmotor in die Modellpalette auf. Der Typ 170 entspricht weitgehend dem von 1936 bis 1942 gebauten Mercedes-Benz 170 V. In der 1949 präsentierten Diesel-Variante arbeitet der 1,8-Liter-Motor OM 636 I, ein Diesel-Reihenvierzylinder mit 28 kw (38 PS) bei 3200/min. Bereits 1950 stellt Mercedes-Benz einen modifizierten Antrieb vor, der nun 29 kw (40 PS) leistet; die Höchstgeschwindigkeit der Limousine steigt von 100 km/h auf 105 km/h. Der erste 170 D wird am 1. August 1949 an seinen Käufer übergeben. In den folgenden Jahren entscheiden sich viele weitere Kunden aus Gewerbe und öffentlicher Hand, aber auch Privatleute für den ersten Mercedes-Benz Diesel nach dem Krieg. Von 1949 bis 1953 werden insgesamt 33.822 Einheiten des Modells gebaut, darunter auch Fahrgestelle und Halbtonner-Kastenwagen. Neben dem Typ 170 gibt es auch vom 170 S, dem ersten Wagen der Sonderklasse von Mercedes-Benz nach dem Zweiten Weltkrieg, eine Variante mit Dieselantrieb. Dieser Mercedes-Benz 170 DS (Baureihe W 136 VIII D) kommt 1953 auf den Markt und wird bis 1955 gebaut. Ausgestattet ist der 170 DS mit dem 29 kw (40 PS) starken OM 636 VIII. Um den höheren Produktionspreis für diesen Dieselmotor gegenüber dem Benzinantrieb zu senken, wird der OM 636 in besonders großer Stückzahl gebaut und arbeitet daher nicht nur in den Modellen 170 D und 170 DS, sondern auch im Unimog. Außerdem verkauft die Daimler-Benz AG das Aggregat als Stationärmotor.

1954 Ponton-Mercedes mit Dieselmotor Seite 19 Die Modelle 180 D (Baureihe W 120) und 190 D (Baureihe W 121) bringen den Dieselantrieb im Kleid des 1953 präsentierten Ponton auf die Straße: aerodynamisch optimiert und mit selbsttragender Karosserie. Der bekannte Motor mit 29 kw (40 PS) treibt den 180 D beim Debüt im März 1954 an, 1955 steigt die Leistung auf 32 kw (43 PS) bei 3500/min. 1958 stellt Mercedes-Benz dann den neuen Motor OM 621 vor. Als 1,9-Liter-Dieselmaschine leistet er im Modell 190 D 37 kw (50 PS) bei 4000/min, ab 1961 bringt er auch den 180 D mit 35 kw (48 PS) bei 3800/min voran. Von beiden Modellen werden insgesamt 235 000 Wagen gebaut. Der Mercedes-Benz Ponton mit Dieselmotor geht auch in den Export nach Nordamerika. Um das Fahrzeugkonzept bekannt zu machen, unternimmt der Journalist Bill Carroll bereits 1954 eine Testfahrt quer durch die USA mit einem Mercedes-Benz 190 D. Solche Zuverlässigkeitsbeweise von Mercedes- Benz Dieselwagen gibt es immer wieder. Neben strapaziösen Fernfahrten sind es auch Rekorde und sportliche Spitzenleistungen, welche die Diesel- Geschichte von Mercedes-Benz prägen. So holen 1955 drei Mercedes-Benz 180 D den Klassensieg bei der Mille Miglia. Dass der Dieselantrieb für sportliche Leistungen gut ist, zeigt auch Mercedes-Rennleiter Karl Kling persönlich. Mit einem Typ 190 D gewinnt er 1959 die 14.045 Kilometer lange Afrika-Rallye von Algier nach Kapstadt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei 80,6 km/h. 1961 Heckflosse 190 D und 200 D In der Heckflosse (Baureihe W 110) emanzipiert sich der Diesel-Pkw weiter von seiner Herkunft aus dem Nutzfahrzeug: Noch heißt der 1961 präsentierte Zweiliter-Diesel 190 D. Doch als Mercedes-Benz 1965 den neuen Typ 200 vorstellt, wird der Selbstzünder analog dazu in 200 D umbenannt. Hubraum und Leistung (44 kw/55 PS bei 4200/min) bleiben gleich. Der Vierzylindermotor OM 621 erhält neben einer fünffach gelagerten Kurbelwelle eine bessere Schallisolierung als seine Vorgänger und bringt als schnell drehender Diesel den Wagen auf ein Spitzentempo von 130 km/h. Die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h dauert allerdings noch 28 Sekunden.

Von 1965 bis 1968 werden 159.365 Limousinen des Typs 200 D gebaut, dazu kommen außerdem die Kombi-Limousine 200 D Universal und der 200 D mit langem Radstand (3350 Millimeter statt 2700 Millimeter) und acht Sitzen. In der mittleren Baureihe von Mercedes-Benz hat sich der Dieselantrieb etabliert, das zeigen die Verkaufszahlen und die Differenzierung des Modellangebots in den späten 1960er-Jahren. Und Diesel-Pkw müssen längst nicht mehr spartanisch sein: Auf Wunsch sind die Selbstzünder-Modelle von Mercedes- Benz nun auch mit Automatikschaltung erhältlich. Seite 20 1974 Fünfzylinder-Diesel im Strich-Acht In der Baureihe W 115 werden 1968 erstmals zwei neue Diesel-Modelle gleichzeitig vorgestellt, der 200 D und der 220 D. 1973 ergänzt der 240 D das Angebot, und im Juli 1974 erscheint dann als Spitzenmodell der 240 D 3.0. Das Modell wird vom weltweit ersten Fünfzylinder-Pkw-Dieselmotor angetrieben. Neu ist neben dem auf Basis des OM 616 entwickelten Motor selbst auch die Einspritzpumpe samt Regelung. Aus 3005 Kubikzentimeter Hubraum schöpft der OM 617, ausgelegt als Reihenfünfzylinder, 59 kw (80 PS) bei 2400/min und hat eine respektable Höchstgeschwindigkeit von 148 km/h. Mit einer Beschleunigung von null auf 100 km/h in 19,9 Sekunden ist das neue Diesel-Spitzen-modell aus Stuttgart der spurtstärkste und schnellste Diesel-Pkw der Welt, der durch Laufruhe und Wirtschaftlichkeit überzeugt. 53.690 Exemplare des 240 D 3.0 werden hergestellt, von der Baureihe W 115 werden insgesamt 945.206 Dieselfahrzeuge verkauft. Innovativ ist auch die Starttechnik für den Fünfzylinder-Diesel: Weil statt der mechanischen Abstellvorrichtung des 2,4-Liter-Motors nun eine pneumatische Einrichtung verwendet wird, kann das Aggregat mit dem Zündschlüssel ausgeschaltet werden. Auch das Anlassen der Maschine erfolgt beim 240 D 3.0 durch das Umdrehen des Schlüssels und nicht, wie bisher, durch Ziehen eines Hebels: Dreht der Fahrer den Zündschlüssel, wird der Vorglühvorgang eingeleitet und eine Kontrolllampe leuchtet auf. Wenn das Lichtzeichen nach einiger Zeit erlischt, kann der Motor mit dem Schlüssel normal angelassen werden. Was mittlerweile selbstverständlich scheint, wird 1974 als komfortable

Neuheit geschätzt, die sich nach und nach bei allen Diesel-Pkw der Marke und auch darüber hinaus etabliert. Seite 21 1976 Vier Dieselmotoren für die Baureihe 123 Gleich mit vier Dieselvarianten geht 1976 das neue Modell der mittleren Baureihe an den Start. Der W 123 debütiert als 200 D, 220 D und 240 D mit Vierzylindermotoren und als 300 D mit dem Reihenfünfzylinder. Damit übernimmt Mercedes-Benz das komplette, höchst erfolgreiche Dieselprogramm des Strich-Acht in das neue Modell. Für den Einsatz im W 123 werden die Motoren gründlich überarbeitet. Unter anderem erhalten sie neue Zylinderkopfdichtungen aus einem Material namens Ferrolastic, außerdem werden der Ölwechsel vereinfacht, die Auspuffanlage verbessert sowie Öl- und Kraftstofffilter modifiziert. Angesichts der hohen Nachfrage nach Diesel-Modellen sowohl des neuen Modells als auch der Baureihe W 115 werden die Selbstzünder des Strich- Acht noch ein Jahr lang parallel zum W 123 gebaut. Wie beliebt der Dieselantrieb mittlerweile längst ist, zeigt die Statistik: Die meistgekauften Limousinen der Baureihe 123 sind die Typen 240 D (448.986 Stück) und 200 D (378.138 Stück). 1977 Ein Diesel-Coupé senkt den Flottenverbrauch Im Herbst 1977 ergänzt der 300 CD als Diesel-Coupé die Baureihe 123. Die Motorisierung des Zweitürers entspricht mit dem 3-Liter-Fünfzylinder-Diesel OM 617 und einer Leistung von 59 kw (80 PS) bei 4000/min der Ausstattung der Limousine vom Typ 300 D. Allerdings wird der Diesel im eleganten Blechkleid ausschließlich für den nordamerikanischen Markt produziert. Ziel ist es, so den Flottenverbrauch der Mercedes-Benz Automobile auf dem Markt der USA und in Kanada zu reduzieren. Der Flottenverbrauch beschreibt den durchschnittlichen Treibstoffverbrauch aller Modelle einer Marke. Nach einer Vorgabe der US-Regierung muss bis zum Jahr 1985 der durchschnittliche Verbrauch aller in Nordamerika verkauften Modelle einer Automarke umgerechnet weniger als 8,55 Liter je 100 Kilometer betragen. Die Anzahl der je Modell verkauften Fahrzeuge spielt dabei keine

Rolle. Denn berechnet wird der Flottenverbrauch allein durch Addition des Durchschnittsverbrauchs aller angebotenen Varianten, geteilt durch deren Anzahl. Innovative Konzepte wie der sparsame Dieselmotor im 300 CD machen sich in der Verbrauchsstatistik also deutlich bemerkbar. Seite 22 1977 Ein Turbodiesel für die S-Klasse Besonderes Aufsehen erregt auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) 1977 ein weiteres Diesel-Modell, das Mercedes-Benz eigens für den amerikanischen Markt präsentiert: Der 300 SD ist die erste S-Klasse (Baureihe W 116) aus Stuttgart, die mit einem Selbstzünder ausgerüstet ist. Für angemessene Fahrleistungen in der Luxuslimousine sorgt ein Abgasturbolader, der die Leistung des aus der Baureihe 123 bekannten Fünfzylinder-Diesels auf 85 kw (115 PS) steigert. Im Mai 1978 beginnt die Produktion des neuen Modells, das auf der US- Ausführung der Baureihe W 116 basiert. Der 3-Liter-Diesel ist mit einer Bosch- Einspritzpumpe und einem Garret-Abgasturbolader ausgestattet und sorgt für ordentliche Fahrleistungen der 1,8 Tonnen schweren Limousine: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 165 km/h, von null auf 96 km/h (60 Meilen pro Stunde) rennt die Turbodiesel S-Klasse in 14 Sekunden. Mit dem bärenstarken 450 SEL 6.9 der Baureihe W 116 kann der Diesel-Cousin in seinen Leistungen zwar nicht mithalten. Dafür verbraucht er im Durchschnitt aber nur 14 Liter Diesel auf 100 Kilometer, während die S-Klasse mit dem V8-Motor M 100 auf der gleichen Strecke nach 22 Liter Super verlangt was allerdings ein durchaus üblicher Verbrauch der damaligen Zeit ist. 1980 Turbodiesel in der Baureihe 123 Die amerikanischen Grenzwerte für den Flottenverbrauch werden Ende der 1970er-Jahre weiter verschärft. Daher löst Mercedes-Benz 1981 die Coupés 300 CD und 280 C der Baureihe 123 durch den neuen 300 CD Turbodiesel ab und bietet außerdem parallel die Limousine 300 D Turbodiesel an. Während diese neuen Modelle wieder dem nordamerikanischen Markt vorbehalten sind, wird der 1980 vorgestellte Mercedes-Benz 300 T Turbodiesel auch in Deutschland verkauft. Er trägt wie Limousine und Coupé den 3-Liter- Reihenfünfzylinder unter der Haube, aufgeladen von einem Garrett-

Abgasturbolader. Nach seinem Debüt in der S-Klasse leistet das Aggregat nun 92 kw (125 PS) bei 4350/min und ist gut für 165 km/h Höchstgeschwindigkeit und eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in 15 Sekunden. Insgesamt 28.219 Exemplare des ersten Mercedes-Benz Turbodiesel-Pkw für den deutschen Markt werden von 1980 bis 1986 verkauft. Seite 23 Mit den Turbodiesel-Modellen der Baureihe 123 kehrt der aufgeladene Selbstzünder zurück an seinen Anfang in den Versuchswerkstätten von Mercedes-Benz. Denn der erste von den Stuttgarter Ingenieuren entwickelte Turbodieselmotor mit 132 kw (180 PS) Leistung wird für Testfahrten in ein 123er-Fahrgestell eingebaut. Nach erfolgreichen Versuchen mit dem Prototyp fällt die Entscheidung, das Konzept weiter zu verfolgen und einen Fünfzylinder- Turbodiesel für die S-Klasse zu entwickeln. 1983 Flüsterdiesel in der neuen Kompaktklasse (Baureihe W 201) Als dritte Pkw-Baureihe bringt Daimler-Benz 1982 die Kompaktklasse auf den Markt. Der kleine Mercedes erhält 1983 als 190 D einen neuen 2-Liter-Diesel (53 kw/72 PS bei 4600/min). Der Motor ist als leichter, sparsamer und agiler Motor konzipiert. Vor allem aber ist die Maschine vollständig gekapselt, was ihre Geräuschentwicklung um die Hälfte reduziert. Als Flüsterdiesel wird der OM 601 bekannt. Diesem Vierzylinder stellt Mercedes-Benz 1985 einen Reihenfünfzylinder (66 kw/90 PS bei 4600/min) im 190 D 2.5 zur Seite. Liegt die Höchstgeschwindigkeit des 190 D bei 160 km/h, erreicht der stärkere 190 D 2.5 nun 174 km/h. Wieder entstehen Modelle eigens für den nordamerikanischen Markt: Der 190 D 2,2 von 1983 hat einen modifizierten Vierzylinder-Dieselmotor, der 190 D 2.5 Turbo basiert auf dem Reihenfünfzylinder des 190 D 2.5. Abgasturboaufladung sorgt für eine Leistung von 90 kw (122 PS) bei 4600/min, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 192 km/h. Von diesem stärksten Diesel-Modell der Baureihe W 201 werden von 1986 an insgesamt 20.915 Wagen gebaut. Zunächst als Exportmodell konzipiert, ist der 190 D 2.5 Turbo von September 1987 an auch in Deutschland erhältlich.

1985 Sechszylinder-Selbstzünder in der Baureihe 124 Seite 24 Mit einem Reihensechszylinder-Dieselmotor wartet erstmals in einem Personenwagen von Mercedes-Benz die mittlere Baureihe 124 auf. Bei der Präsentation der neuen Modelle im Dezember 1984 stellen die Stuttgarter den 200 D mit Vierzylinderaggregat (53 kw/72 PS bei 4600/min), den 250 D mit fünf Zylindern (66 kw/90 PS bei 4600/min) und schließlich den 300 D mit Reihensechszylinder (80 kw/109 PS bei 4600/min) vor. Der 2-Liter-Vierzlinder des 200 D ist bereits aus der Kompaktklasse bekannt. Von den kleineren Modellen unterscheidet sich der 300 D äußerlich durch zusätzliche Lufteinlassschlitze in der Bugschürze. 1985 stellt Mercedes-Benz den 300 D Turbo als T-Modell vor, das bis September 1987 allerdings dem Export nach Nordamerika vorbehalten bleibt. Der aufgeladene Reihensechszylinder leistet 105 kw (143 PS) bei 4600/min, 1988 steigt die Leistung auf 108 kw (147 PS). Die Limousine des gleichen Modells wird 1987 in Frankfurt/Main auf der IAA gezeigt, neben dem 300 D Turbo mit Hinterradantrieb gibt es nun auch den 300 D Turbo 4MATIC mit vier angetriebenen Rädern. Zusätzliche Luftansaugkiemen im rechten Vorderkotflügel unterscheiden die Turbo-Ausführung vom 300 D. Ein zweiter Turbodiesel der Baureihe 124 ist im September 1988 auf dem Pariser Automobil-Salon zu sehen. Der 250 D Turbo wird von jenem aufgeladenen 2,5-Liter-Motor OM 602 angetrieben, der auch in der Kompaktklasse eingesetzt wird. Das in der Baureihe 124 wirkende Aggregat ist allerdings eine modifizierte Version, die 93 kw (126 PS) bei 4600/min leistet, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 195 km/h. Ziel einer Überarbeitung des Motors ist die Verbesserung des Verbrennungsablaufs, um den Partikelausstoß zu verringern. Wichtigstes Mittel dazu ist der Einsatz einer neuen Vorkammer mit Schrägeinspritzung. Diese gewährleistet eine effizientere Verbrennung und lässt auch die Leistung um 2,9 kw (4 PS) steigen. Zusammen mit dem 250 D Turbo erhält auch der Dreilitermotor des 300 D Turbo einen überarbeiteten Motor. 1989 schließlich werden im Rahmen der Initiative Diesel 89 auch die nicht aufgeladenen Diesel-Pkw mit überarbeiteten Motoren ausgerüstet. Die verbesserten Modelle stoßen 40 Prozent weniger Partikel aus

als ihre Vorgänger und erfüllen so auch ohne Rußfilter die strengen Grenzwerte in den USA. Seite 25 Ab Oktober 1990 bietet Mercedes-Benz darüber hinaus eine Abgasreinigungsanlage mit Oxidationskatalysator und Abgasrückführung als Sonderausstattung an. Zunächst ist die Option für herkömmliche Dieselmotoren erhältlich, Anfang 1991 dann auch für Turbodiesel. 1993 Kultivierte S-Klasse mit Diesel-Antrieb Dieselmotoren in der S-Klasse gibt es bei Mercedes-Benz seit dem Modell 300 SD der Baureihe W 116 (1978 bis 1980). Mit dem 300 SD Turbodiesel (1980 bis 1985) und 350 SD Turbodiesel (1990 bis 1991) ist der Selbstzünder auch in der Baureihe 126 vertreten. Gemeinsam ist diesen Ausführungen der Stuttgarter Oberklasse, dass sie nur nach Nordamerika verkauft werden. Auch die Geschichte des Mercedes-Benz 300 SD der Baureihe 140, der von 1991 bis September 1992 ausschließlich in die USA und nach Kanada exportiert wird, beginnt so. Vom Herbst 1992 an jedoch ist die mit einem 3,5-Liter-Turbodiesel ausgestattete S-Klasse auch in Europa zu haben: Der Selbstzünder ist endgültig international im automobilen Luxussegment angekommen. 110 kw (150 PS) leistet dieser Wagen und begnügt sich dabei bei einer Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h mit durchschnittlich 9,7 Liter Dieselkraftstoff. Abgasturbolader und Abgasreinigungsanlage mit Oxidationskatalysator gehören zur Serienausstattung. 1993 Neue Namen, neue Modelle Seinem Hubraum entsprechend wird das Modell im Juni 1993 umbenannt und heißt nun S 350 Turbodiesel. Auch die Diesel-Modelle der mittleren Baureihe 124 erhalten 1993 neue Bezeichnungen. Sie heißen nun E 200 Diesel, E 250 Diesel, E 250 Turbodiesel, E 300 Diesel, E 300 Turbodiesel und E 300 Turbodiesel 4MATIC. Den S 350 Turbodiesel löst 1996 der S 300 Turbodiesel ab. Das neue Diesel- Modell der S-Klasse hat einen Turbomotor mit Vierventiltechnik und

Ladeluftkühlung, die Leistung liegt mit 130 kw (177 PS) bei 4400/min um 20 kw (27 PS) höher als beim Vorgänger. Der Motor zeigt sich drehmomentstark über einen sehr breiten Drehzahlbereich, der Ausstoß von Schadstoffen fällt ebenso wie der Kraftstoffverbrauch durch eine optimierte Verbrennung deutlich geringer aus als beim S 350 Turbodiesel. Dazu steigt die Höchstgeschwindigkeit auf 206 km/h. Die S-Klasse mit Dieselmotor findet auf der ganzen Welt zunehmendes Interesse: Von den insgesamt 406.532 Limousinen der Baureihe 140 werden 28.101 mit Selbstzünder verkauft. Seite 26 1993 Vierventil-Diesel und serienmäßige Abgasreinigung 1993 verändert sich die Dieseltechnik in einigen Mercedes-Benz Modellen entscheidend: Als Weltneuheit kommt die Vierventiltechnik im Diesel zum Einsatz. Der Einsatz von vier statt zwei Ventilen je Zylinder ermöglicht ein erhöhtes Drehmoment- und Leistungsangebot über einen deutlich erweiterten Drehzahlbereich und senkt den Kraftstoffverbrauch bei Volllast um bis zu 8 Prozent. Dank des verbesserten Ablaufs der Verbrennung sinkt zugleich die Partikelemission um rund 30 Prozent. Umgerüstet werden zunächst nur die Fünf- und Sechszylinder Saugmotoren auf Vierventiltechnik. Der Zweiliter-Vierzylinder und die Turbomotoren behalten vorerst zwei Ventile je Zylinder. Die neuen Motoren für die C- und die E-Klasse leisten 70 kw (95 PS, 2,2 Liter Hubraum), 83 kw (113 PS, 2,5 Liter Hubraum) und 100 kw (136 PS, 3,0 Liter Hubraum). Abgasrückführung und Oxidationskatalysator sind serienmäßig. 1995 Drei Diesel und vier Augen Im Jahr 1995 debütiert die neue mittlere Baureihe 210. Äußeres Kennzeichen der neuen E-Klasse ist die Front mit vier elliptischen Scheinwerfern. Das Typenprogramm umfasst zunächst drei Diesel-Modelle. Für Aufsehen sorgt dabei der Typ E 290 Turbodiesel, dessen Viertakt-Diesel mit Direkteinspritzung, Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung und Abgasreinigungsanlage mit Oxidationskatalysator ausgerüstet ist. Sein Reihenfünfzylindermotor OM 602 DE 29 LA bietet erstmals in einem Mercedes- Benz Pkw die Kombination aus Dieseltechnik und Direkteinspritzung. Gegenüber dem nahezu hubraumgleichen 3-Liter-Saugmotor mit Vorkammer-

Einspritzung des Typ E 300 Diesel besticht die Neuentwicklung durch ein deutlich höheres Drehmoment und niedrigeren Kraftstoffverbrauch. Der neue Motor ist der erste Schritt von Mercedes-Benz zur Einführung von direkt einspritzenden Pkw-Diesel-motoren. Seite 27 1997 Mit CDI in die Neuzeit: Premiere in der C-Klasse Die Zukunft des Dieselantriebs wird auf der Internationalen Automobil- Ausstellung in Frankfurt am Main im September 1997 Wirklichkeit: Mercedes- Benz stellt im C 220 Turbodiesel T-Modell der Baureihe 202 die Direkteinspritzung nach dem neuen Prinzip Common Rail Direct Injection (CDI) vor. Entsprechend der Bezeichnung für die neue Motorentechnik, die Mercedes-Benz gemeinsam mit Bosch entwickelt, kommt das Fahrzeug im Dezember 1997 als Typ C 220 CDI auf den Markt. Während herkömmliche Einspritzsysteme den Druck für jeden Einspritzvorgang individuell erzeugen müssen, arbeiten die neuen CDI-Motoren mit einem gemeinsamen Druckspeicher für alle Zylinder, dem sogenannten Common Rail ( gemeinsame Leitung ). Unabhängig von der Motordrehzahl hält dieser Speicher den optimalen Druck von 1350 bar kontinuierlich für alle Zylinder bereit, über Magnetventile wird die für den jeweiligen Fahrzustand ideale Menge Dieselkraftstoff an die Einspritzdüsen verteilt und in den Brennraum injiziert. Die Motorelektronik berechnet dabei den Bedarf jedes einzelnen Zylinders einzeln und abhängig von der Fahrsituation. Die variable Steuerung des Einspritzvorgangs sorgt für eine deutlich verbesserte Gemischaufbereitung und hat den Effekt eines niedrigeren Kraftstoffverbrauchs sowie geringerer Abgasemissionen. Der CDI-Motor von Mercedes-Benz überzeugt außerdem durch ungewöhnlichen Laufkomfort, den vor allem die sogenannte Piloteinspritzung ausmacht. Dabei wird wenige Millisekunden vor der eigentlichen Kraftstoffeinspritzung eine kleine Menge Diesel in die Zylinder eingespritzt, die sich entzündet und für eine Vorwärmung der Brennräume sorgt. Durch diese Vorwärmung steigen bei der Haupteinspritzung Druck und Temperatur nicht mehr so sprunghaft an, und der Motor läuft leiser.