Haufe Praxisratgeber Der Energieausweis für Gebäude Für Vermieter, Verwalter und Eigentümer von Georg Hopfensperger, Stefan Onischke 1. Auflage Der Energieausweis für Gebäude Hopfensperger / Onischke schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Haufe-Lexware Freiburg 2007 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 448 07262 4 Inhaltsverzeichnis: Der Energieausweis für Gebäude Hopfensperger / Onischke
4 Rechtliche Regelungen bei bestehenden Mietverhältnissen 4.1 Kein Anspruch des Mieters auf Energieausweis Nach 16 II EnEV ist der Energieausweis bei der Vermietung zugänglich zu machen. Sinnvollerweise kann dies nur bedeuten, dass der Energieausweis vor Vertragsabschluss vorzulegen ist (Beyer, NZM 2007, 1 ff.). Die Verpflichtung des Vermieters gilt damit grundsätzlich nur bei Neuvermietungen und hat auf bestehende Vertragsverhältnisse (Bestandsmietverhältnisse) keinen Einfluss. Im Rahmen von bestehenden Mietverhältnissen wird der Mieter deshalb grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstellung oder Vorlage eines Energieausweises haben. Der Energieausweis ist aber gemäß 17 VI EnEV auf eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren beschränkt. Deshalb muss der Vermieter dann, wenn nach Ablauf der Gültigkeitsdauer wiederum eine Neuvermietung ansteht, einen neuen Energieausweis erstellen lassen. Aus 17 VI EnEV wird daher zu folgern sein, dass der Mieter nach Ablauf dieser Frist die Vorlage des aktualisierten Energieausweises verlangen kann (Sternel, NZM 2006, 495 ff.). Ob die Rechtsprechung dem Mieter auch zuvor bei bestehendem Mietverhältnis einen Anspruch auf Zugänglichmachung des Energieausweises zubilligt, bleibt abzuwarten. Der Wortlaut der Vorschrift, wonach der Energieausweis bei der Vermietung zugänglich zu machen ist, spricht jedenfalls eindeutig dafür, dass damit nur die Eingehung des Vertragsverhältnisses, also die Neuvermietung gemeint ist. Der Energieausweis dient der Information des Mieters über die energetische Qualität des Gebäudes. Relevante Faktoren sind hier insbesondere Heizungsanlage, Dach, Fenster, Türen sowie die Gebäudeaußenhaut. Im Rahmen bestehender Mietverhältnisse ist EnEV siehe CD-ROM Energieausweis zehn Jahre gültig Information des Mieters 69
4 Rechtliche Regelungen bei bestehenden Mietverhältnissen grundsätzlich kein Handeln des Vermieters veranlasst. Der Vermieter muss der Bitte um Vorlage eines Energieausweises also nicht nachkommen. Will der Vermieter trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung dennoch der Bitte des Mieters entsprechen, etwa weil er ein angenehmes Mietverhältnis nicht trüben will, so sollte unbedingt klargestellt werden, dass die Vorlage lediglich Informationscharakter hat. Muster: Freiwillige Information bei bestehendem Mietverhältnis Paule Fischer, Anglerstraße 1, 23456 Teich Siehe CD-ROM Susi Nixe Flossenstraße 1 67890 See Mietobjekt Fels-in-der-Brandung-Straße 2 Sehr geehrte Frau Nixe, sicherlich haben Sie in jüngster Vergangenheit den Medien entnommen, dass die Energieeinsparverordnung 2007 in Kraft getreten ist. Danach ergibt sich für Gebäudeeigentümer im Falle der Neuvermietung die Verpflichtung, einen Energieausweis zugänglich zu machen. In Erfüllung dieser Verpflichtung habe ich zwischenzeitlich für mein Gebäude einen sogenannten verbrauchsorientierten Energieausweis vom Ingenieurbüro Dachstuhl, Häuslebauer Straße 12, 23456 Teich erstellen lassen. Nach den Vorschriften der Energieeinsparverordnung bin ich grundsätzlich nur verpflichtet, den Energieausweis bei Neuvermietungen vorzulegen. Sollten Sie jedoch Interesse daran haben, so möchte ich Ihnen die Möglichkeit einräumen, den Energieausweis in meinen Büroräumen, Netzstraße 27, 23456 Teich nach vorheriger Terminvereinbarung einzusehen. Bitte setzen Sie sich dazu ggf. innerhalb der nächsten zwei Wochen mit meinem Büro in Verbindung. Ich möchte hiermit interessierten Mietern die Möglichkeit einräumen, von dem neu erstellten Energieausweis Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig weise ich darauf hin, dass diese, von mir freiwillig gewählte Möglichkeit keinerlei Auswirkungen auf das bestehende Mietverhältnis hat. Der Energieausweis wird nicht zum Bestandteil Ihres Mietvertrags, die Gewährung der Einsichtnahme in den Ausweis dient lediglich Ihrer Information. Mit freundlichen Grüßen 70
Das müssen Sie beachten, wenn Sie modernisieren wollen 4 4.2 Das müssen Sie beachten, wenn Sie modernisieren wollen 554 BGB gibt dem Vermieter die Möglichkeit, Modernisierungen durchzuführen, wenn damit eine Verbesserung der Mietsache, die Einsparung von Energie oder Wasser oder die Schaffung neuen Wohnraums verbunden ist. Diese muss der Mieter nach 554 II S. 1 BGB dulden. Unter der weiteren Voraussetzung, dass die baulichen Maßnahmen den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken, kann der Vermieter die Miete um 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen ( 559 I BGB). Beispiele für Modernisierungen allgemein Anbau eines Balkons als Wohnwertverbesserung Erstmaliger Einbau eines Badezimmers Einbau eines Fahrstuhls Beispiele für Modernisierungen zur Energieeinsparung Einbau von Fenstern mit erheblich besserer Wärmedämmung Umstellung einer Ölheizung auf Gasheizung mit moderner Niederbrennwerttechnik und daraus folgender Energieeinsparung Wärmedämmung einer Fassade, die zur nachhaltigen Einsparung von Heizenergie führt Die eben genannten Maßnahmen, die zu einer nachhaltigen Einsparung von Energie führen, sind Maßnahmen, die gem. 20 I EnEV als Modernisierungsempfehlungen in den Energieausweis aufzunehmen sind. Es handelt sich um Maßnahmen zur Verbesserung der energetischen Eigenschaften des Gebäudes ( 20 I EnEV). Ein Anspruch des Mieters auf Durchführung dieser Maßnahmen besteht aber nicht. Der Vermieter hat die Mietsache gem. 535 I S. 2 BGB nur im vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Er ist deshalb ggf. zu notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet. Er ist Vermieter darf modernisieren Mieterhöhung Empfehlungen im Energieausweis Keine Verpflichtung zu modernisieren 71
4 Rechtliche Regelungen bei bestehenden Mietverhältnissen aber nicht verpflichtet, Maßnahmen durchzuführen, die über den vertragsgemäßen Zustand hinausgehen. Eine Verpflichtung zur Modernisierung nach 554 BGB besteht deshalb grundsätzlich nicht. 4.2.1 Dürfen Sie die Miete bei unbedingten Nachrüstverpflichtungen erhöhen? EnEV siehe CD-ROM Mieterhöhung Die EnEV 2007 sieht in 10 EnEV sog. unbedingte oder zwingende Nachrüstverpflichtung vor. Als Vermieter sind Sie gesetzlich verpflichtet, veraltete Heizkessel nach bestimmten Fristen stillzulegen bzw. die Dämmung von Warmwasserleitungen zu veranlassen (mehr dazu finden Sie in Kap. 9.1). Nachdem es sich dabei um eine gesetzliche Verpflichtung des Vermieters handelt, muss der Mieter diese Maßnahmen dulden. Die Mieterhöhung nach 559 BGB im Falle der Erfüllung einer unbedingten Nachrüstverpflichtung richtet sich danach, ob der Vermieter die Maßnahme zu vertreten hat. Denn gem. 559 I 4. Alternative BGB kann der Vermieter die jährliche Miete um 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er die Maßnahme aufgrund von Umständen durchgeführt hat, die er nicht zu vertreten hat. Im Beispiel ist die Heizungsanlage nach 10 EnEV zwingend zu erneuern. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Vermieters. Er hat diese im Sinne des 559 I 4. Alternative BGB nicht zu vertreten (Schmidt-Futterer, 559 BGB Rn. 107). Deshalb dürfte eine Mieterhöhung nach 559 BGB möglich sein. Wenn nach Abschluss des Mietvertrags eine nachträgliche Nachbesserungspflicht (gem. 10 EnEV) gesetzlich normiert wird, liegt darin wahrscheinlich eine Modernisierung, zumindest aber eine bauliche Maßnahme, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (Börstinghaus, NZM 2005, 566). Eine Mieterhöhung gemäß 559 BGB ist daher grundsätzlich möglich. Im Beispielsfall wird der Austausch der Heizung gleichzeitig eine nachhaltige Einsparung von Energie bewirken, sodass auch 559 I 3. Alternative BGB einschlägig ist. Der Vermieter kann deshalb grundsätzlich die jährliche Miete 72
Das müssen Sie beachten, wenn Sie modernisieren wollen 4 um 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen ( 559 I BGB). Liegt gleichzeitig aber ein Instandhaltungsstau vor, so führt dies dazu, dass der Vermieter die Maßnahme zu vertreten hat. In diesem Falle wiederum scheidet eine Mieterhöhung nach 559 BGB aus. Nach gefestigter Rechtsprechung sind die Kosten einer Modernisierungsmaßnahme immer um die fiktiven Kosten bereits fälliger Instandsetzungsmaßnahmen zu kürzen. Die Mieterhöhung nach 559 BGB ist lediglich aus dem verbleibenden Restbetrag zu errechnen. Beispiel für Mieterhöhung nach Modernisierung Die Außenfassade eines Anwesens ist schadhaft. Nach dem Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs betragen die Reparaturkosten 25.000,. Der Vermieter entschließt sich, eine moderne und energiesparende Wärmedämmung anzubringen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 40.000,. Die Mieterhöhung nach 559 BGB errechnet sich wie folgt: Kosten der Wärmedämmung insgesamt 40.000, abzgl. fiktiver Instandsetzungskosten 25.000, verbleiben 15.000, hiervon 11 % jährlich = EUR 1650, zu verteilen auf alle Wohneinheiten pro Monat Die sog. fiktiven Instandsetzungskosten sind immer in Abzug zu bringen. Andernfalls könnte der Vermieter einen sog. Instandhaltungsstau entstehen lassen. Beispiel: Instandsetzung oder Modernisierung? Die Fenster in einem Mietshaus sind erneuerungsbedürftig. Der Vermieter ersetzt diese dennoch nicht und entschließt sich erst, als die Fenster völlig undicht sind, neue, isolierverglaste und schallgedämmte Fenster einzubauen. Hier liegt keine Modernisierungs-, sondern eine Instandsetzungsmaßnahme vor. Es entstehen keine umlagefähigen Kosten, die zu einer Mieterhöhung führen könnten. Andernfalls könnte der Vermieter sich durch eine spätere Modernisierung denjenigen Kosten entziehen, die er aufgrund seiner Erhaltungspflicht der Mietsache bereits zuvor hätte aufbringen müssen. Deshalb hat immer eine Kürzung um die sog. fiktiven Instandsetzungskosten zu erfolgen. 73