Landschaftsökologische Inventarisierung. ausgewählter Teile der Grenzheide/Gottesheide



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Transkript:

MICHAEL SUCCOW STIFTUNG zum Schutz der Natur Abschlussbericht zum Projekt Landschaftsökologische Inventarisierung ausgewählter Teile der Grenzheide/Gottesheide (M-0682-U) Greifswald, 2008 Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur, c/o Institut für Botanik und Landschaftsökologie, Grimmer Straße 88, 17487 Greifswald, Tel.: 03834-7754623, e-mail: Info@Succow-Stiftung.de, www.succow-stiftung.de 1

1. Projekthintergrund Die herausgehobenen Großschutzgebiete Mecklenburg-Vorpommerns, wie der Müritz-Nationalpark, der Nationalpark Jasmund und der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft haben als touristische Anziehungspunkte über die Grenzen Deutschlands hinaus ihren Platz gefunden. Sie dienen dem Schutz besonders wertvoller Landschaften mit einem Schwerpunkt ungestörter Naturentwicklung und sind in großen Teilen für Besucher zugänglich. Naturerleben und Umweltbildung stehen dabei im Mittelpunkt. Neben den bestehenden Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturparken gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor eine Reihe wertvoller Naturräume, die bislang ohne angemessenen Schutzstatus sind. Zu diesen zählte bislang auch die Grenzheide. Dieses ca. 10.000 ha große Gebiet an der deutsch-polnischen Grenze befand sich 2005 in Bundesbesitz. Da der Bund gehalten war und ist, Flächen, die für die Wahrnehmung von Bundesaufgaben nicht notwendig sind, abzustoßen, drohte auch der Grenzheide eine Privatisierung und damit einhergehende Zersplitterung. Konkrete Vorbereitungen dazu erfolgten seitens des Bundes 2006 mit der Erarbeitung flächenscharfer Verkaufslose. Parallel zu diesen Entwicklungen und als Alternative dazu wurde von der Michael Succow Stiftung die Idee entwickelt, ähnlich wie in anderen Staaten der Erde Großschutzgebiete in privater Trägerschaft zu etablieren. Auf diese Weise sollte der Verkauf wertvoller Flächen verhindert und eine naturschutzgerechte Entwicklung ermöglicht werden, ohne angespannte Staatshaushalte zusätzlich zu belasten. Unter anderem am Beispiel der Grenzheide wurde eine entsprechende Machbarkeitsstudie erarbeitet. Parallel dazu sollten landschaftsökologische Untersuchungen der wichtigsten Lebensräume in der Grenzheide durchgeführt werden. Sie könnten die Grundlage für ein Zonierungs- und Managementkonzept bilden. Diese Untersuchungen wurden in enger Kooperation mit der Universität Greifswald und hier insbesondere mit dem Institut für Botanik und Landschaftsökologie durchgeführt. 2. Gebietsbeschreibung Die Grenzheide (Abb. 1) gehört wegen der jahrzehntelangen Grenzlage und der noch weiter zurückreichenden militärischen Nutzung zu den wirtschaftlich und infrastrukturell am schwächsten entwickelten Regionen Deutschlands. Geologisch bedingt herrschen äußerst arme Sand- und Moorböden sowie landwirtschaftlich nur schwer nutzbare kuppige Grundmoränen vor. Hinzu kommt eine sehr geringe Bevölkerungsdichte mit weiter abnehmender Tendenz. Große Teile der Grenzheide unterliegen keiner oder nur einer eingeschränkten Nutzung. Andererseits zeichnet sich das Gebiet durch eine reichhaltige Naturausstattung und eine sehr geringe Landschaftszerschneidung aus (Siedlungs- und Verkehrsflächenanteil großflächig <1,5%). Ein weit überdurchschnittlicher Teil des Projektgebietes ist zudem von Wald bedeckt (ca. 80%). Traditionell war der Odermündungsraum ein wesentliches Nahrerholungsgebiet für die Bürger Stettins. Nach dem Beitritt Polens zum Schengener Abkommen nimmt der Erholungsdruck momentan wieder zu. Damit verbunden ist zum einen die Chance, für die Region ein wirtschaftliches Standbein zu entwickeln, zum anderen die Gefahr, dass Teile der wertvollen Naturausstattung und damit die Grundlage einer nachhaltigen touristischen Entwicklung verloren gehen. 2

Abb. 1: Lage der Grenzheide 3

Die Grenzheide, befindet sich südlich des Stettiner Haffs und besteht aus einem etwa 5 bis 6 km breiten Streifen entlang der deutsch-polnischen Grenze. Eingeschlossen in das Projektgebiet sind die Insel Riether Werder und der deutsche Anteil des Neuwarper Sees. Die Gesamtgröße beträgt etwa 10.000 ha. 3. Schutzgebiete Entsprechend der reichhaltigen Naturausstattung ist das Gebiet reich an Schutzgebieten der unterschiedlichsten Kategorien. In der Grenzheide existieren vier Naturschutzgebiete: Nr. Name des NSG Unterschutz- Stellung Größe (ha) Kurzcharakteristik 1 Altwarper Binnendünen, Neuwarper See und Riether Werder 10.09.1990 1460,00 Binnendünenzug, teilweise Blankdüne, Sandmagerrasen, Eichentrockenwälder, Feuchtwiesen, Bruchwälder und Seevogelinsel, bedeutendes Wasservogelbrut- und rastgewässer 2 Ahlbecker Seegrund 07.09.1990 1166,00 3 Gorinsee 19.09.1990 303,30 Wachsendes mesotroph-kalkreiches Verlandungsmoor Verlandungsmoor mit Restsee, ausgedehntem Röhricht, naturnahem Erlen- Eschen-Wald und Feuchtwiesen 4 Gottesheide mit Schloss- und Lenzensee 19.09.1990 1329,80 Strukturreiche Endmoräne mit Buchen- Eichenwäldern, Erlenbrüchen, Feuchtwiesen und Seen Alle Nicht-NSG-Flächen sind Bestandteil des Landschaftsschutzgebietes Haffküste. Seit Frühjahr 2005 gehören große Teile des Projektgebietes zudem zum Naturpark Am Stettiner Haff. Mit Ausnahme kleinerer Flächen südlich des Neuwarper Sees ist die gesamte Grenzheide Bestandteil des Europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 (Abb. 2). Sie ist wesentlicher Bestandteil folgender FFH- und EU-Vogelschutzgebiete: FFH-Gebiete - Altwarper Binnendünen, Neuwarper See und Riether Werder (DE 2251-301) - Ahlbecker Seegrund und Eggesiner See (DE 2351-301) - Gottesheide mit Schloss- und Lenzener See (DE 2451-301) EU-Vogelschutzgebiete - Kleines Haff, Neuwarper See und Riether Werder (DE 2250-471) - Binnendünen und Wälder bei Altwarp (DE 2251-403) - Ueckermünder Heide (DE 2350-401) 4. Projektinhalte Ziel des Projektes war es, wesentliche Teile der Grenzheide landschaftsökologisch zu inventarisieren. Neben der Vegetation sollten auch Böden und hydrologische Verhältnisse untersucht werden. Folgende Gebiete wurden bearbeitet: Altwarper Binnendünen (offene Dünen, Trockenrasen) Wacholdertal bei Altwarp (Dünenkiefernwald mit Wacholder) 4

Randmoore des Stettiner Haffs zwischen Luckow und Altwarp (Küstenüberflutungsmoore) Randmoore des Neuwarper Sees (Verlandungsmoore) Ahlbecker Seegrund (eines der größten noch lebenden Kalkmoore NO-Deutschlands) Wiesen und Weiden am Rande des Ahlbecker Seegrundes (artenreiche Feuchtwiesen, Trockenrasen) Gorinsee (entwässertes Verlandungsmoor) Gottesheide (naturnahe Buchenwälder) Wälder bei Hintersee Abbildung 3 zeigt die Lage der Untersuchungsflächen. Mit Ausnahme der Bearbeitung eines der im Gebiet befindlichen Seen konnten im Rahmen des Projektes alle geplanten Lebensraumtypen untersucht werden. 5

Abb. 2: Europäischen Schutzgebietsnetz NATURA 2000 im Bereich der Grenzheide 6

Abb. 3: Lage der Untersuchungsflächen im Projektgebiet 7

5. Projektergebnisse Mit Ausnahme der endmoränenartigen Hügellandschaft im Südteil des Gebietes zwischen Glashütte, Schlosssee und Pampow ist die gesamte Landschaft während der älteren und jüngeren Dryaszeit (10000 bis 12000 Jahre vor heute) Teil des Haffstausees gewesen, der nach Norden vom Odergletscher abgeschlossen wurde. Im entstandenen Becken lagerten sich während dieser Zeit feinkörnige Sedimente ab. Nachdem das Wasser abgeflossen war, wurden diese zu Dünen oder Sandfeldern aufgeweht, die das heutige Oberflächenrelief bilden. In Toteishohlformen entstanden Gewässer (Ahlbecker See, Gorinsee, Schlosssee und Lenzensee). Im Ahlbecker See lagerten sich bis zu 15m mächtige Kalkmudden ab, auf denen nach Absenkung des Seespiegels (18. Jhd.) ein mesotrophes Kalkmoor aufgewachsen ist. Der Ahlbecker Seegrund ist heute Deutschlands größtes wachsendes Kalk-Zwischenmoor. Die potentiell natürliche Vegetation der terrestrischen Standorte besteht großflächig aus Buchenwaldgesellschaften. Die Niedermoorstandorte würden zum Teil Erlen- und Erlen-Eschen- Wälder oder waldfreie Schilf- und Seggengesellschaften tragen. Eine natürliche Vegetationsausprägung befindet sich heute noch am Rande von Seen, im Ahlbecker Seegrund und an phasenhaft überstauten Ufern des Neuwarper Sees. Im Süden des Projektgebietes kommen naturnahe Traubeneichen-Buchenwälder und grundwasserbedingte Birken- Stieleichen-, Stieleichen-Buchen und Kiefern-Birken-Stieleichenwälder vor. Große Flächen sind allerdings noch weitgehend mit mittelalten reinen Kiefernbeständen bestockt, deren Begründung auf Reperationshiebe, größere Brände und die Holznot nach dem letzten Krieg zurückzuführen ist. In der Bundesrepublik Deutschland werden 11,3% der Landesfläche von Verkehrs- und Siedlungsflächen eingenommen (in den neuen Bundesländern 7,9%, in Mecklenburg-Vorpommern 5,8%). Die Grenzheide zählt mit einem Flächenanteil für Verkehrs- und Siedlungsflächen von unter 1,5 bis unter 3% zu den am dünnsten besiedelten und am wenigsten zerschnittenen Räumen Deutschlands. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt besonders störungsempfindlicher Tierarten (See-, Fisch-, Schreiadler, Schwarzstorch, Kranich, Fischotter, Wolf u.a.). Unzerschnittene, schwach besiedelte und wenig genutzte Räume bieten ideale Voraussetzungen für die Etablierung von Naturschutzvorrangflächen. Die Konfliktarmut der Grenzheide ergibt sich vor allem aus den Eigentumsverhältnissen. Darüber hinaus ist auf allen Flächen die militärische Nutzung inzwischen aufgegeben. Sofern auf landwirtschaftlichen Flächen eine Nutzung besteht, ist diese bereits größtenteils in Extensivierungsprogramme des Naturschutzes eingebunden. Ein landschaftsgebundener Tourismus ist im Projektgebiet vorhanden und soll über den 2005 eingerichteten Naturpark in Zusammenarbeit mit weiteren Entscheidungsträgern gelenkt und weiterentwickelt werden. Die meisten Bewohner finden ihren Erwerb nicht vor Ort, sondern in den nahegelegenen Städten Ueckermünde, Eggesin, Torgelow, Pasewalk und Löcknitz. Es besteht kein Bedarf an Gewerbegebieten, sondern am Aufbau einer touristischen Infrastruktur mit Fremdenzimmern und Bewirtung. Nachfolgend werden die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen, zu denen jeweils ausführliche Berichte vorliegen, überblicksartig dargestellt. a) Altwarper Binnendünen und Wacholdertal bei Altwarp Die nördliche Grenzheide zeichnet sich durch das Vorkommen zahlreicher Dünen aus. Diese entstanden am Ende der letzten Eiszeit, als ein großer Gletscherstausee abfloss und zunächst vegetationsfreie Beckensande dem Wind ausgesetzt waren. Heute finden sich im Raum Altwarp Dünen, die sekundär durch menschliche Aktivitäten wieder vegetationsfrei wurden und sich bis heute in (halb-) offenem Stadium erhalten haben. Diese befinden sich am nördlichen und westlichen Ufer des Neuwarper Sees. 8

Der weit überwiegende Teil der Dünen ist bewaldet. Aufgrund der nährstoffarmen Standortverhältnisse finden sich dort Kiefern-Forste. Jedoch waren zumindest Teile auch dieser Dünen bis in die Nachkriegszeit noch mehr oder weniger offen. Darauf deuten Reliktarten der lichten Heidelandschaften hin vor allem Calluna vulgaris und Juniperus communis. Letzterer bildet südwestlich von Altwarp zusammen mit der Kiefer landschaftlich sehr reizvolle Waldbilder Wacholder-Kiefernwälder. Entsprechend der sehr heterogenen Ausprägung der Landschaft, die von den erwähnten trockenen Dünen bis hin zu Feuchtwiesen und nassen Röhrichten reicht, finden sich sehr unterschiedliche Vegetationseinheiten. Im Gebiet wurden offene Sandflächen, Pionierstaudenfluren, Riede, Riedwiesen, Staudenfluren, Wirtschaftsgrünländer und terrestrische Wälder untersucht. Dabei stellten sich die nährstoffarmen halboffenen Standorte als die naturschutzfachlich wertvollsten heraus. Hier muss unbedingt eine Nährstoffanreicherung verhindert werden, um die konkurrenzschwachen, spezialisierten Arten im Gebiet zu erhalten. Dazu zählt auch, dass eine Humusakkumulation durch dichte Vegetation verhindert werden muss. Eine Beweidung dieser Flächen müsste so erfolgen, dass neben dem Abfressen der oberirdischen Pflanzenteile durch den Tritt der Tiere neue Pionierstandorte entstehen und der offene Charakter dieser Standorte erhalten bleibt. Darüber hinaus könnte in Erwägung gezogen werden, z.b. durch Abplaggen der oberen Humusschicht und die Zurückdrängung von Vorwäldern oder den teilweise vorhandenen Robinien-Trockenwäldern den Anteil der offenen Dünen zu erhöhen. Das Gleiche gilt im Wesentlichen für die genutzten Feuchtwiesen. Auch hier sollte durch ein Beweidungsregime der Charakter dieses Lebensraumes erhalten werden. Ggf. sollte durch zusätzliche Mahd ein Teil der Phytomasse abgeschöpft werden, um dem Standort Nährstoffe zu entziehen. Dabei sollte aber jährlich nur ein Teil der Feuchtwiesen gemäht werden, um eine Strukturvielfalt zu schaffen. Die natürlichen Offenlandschaften wie nasse Riede und Röhrichte sollten auch zukünftig ungenutzt bleiben. Die Wacholder-Kiefernwälder können mit ihrem landschaftlichen Reiz künftig eine besondere Bedeutung als touristische Attraktion erhalten. Daher sollte zumindest ein Teil dieses Waldtyps erhalten werden. Derzeit sorgen noch hohe Wildbestände dafür, dass Laubbäume, die diesen Standort inzwischen besiedeln würden, unterdrückt werden. Insbesondere Eichen, aber z.b. auch Ebereschen kommen ohne Schutzmaßnahmen selten über 20 cm Höhe hinaus. Ziel ist jedoch eine Absenkung der Wildbestände. Ohne gezieltes Management werden dann die Wacholder-Kiefernwälder rasch verschwinden. Zu diskutieren ist z.b., ob auf Teilflächen eine Art Waldweise mit großen Pflanzenfressern etabliert werden könnte, um die Entwicklung zum Laubwald zumindest zu verzögern. b) Randmoore des Stettiner Haffs zwischen Luckow und Altwarp und Randmoore des Neuwarper Sees Das Stettiner Haff zeichnet sich an seiner Südküste durch einen großen Anteil unverbauter und unregulierter Ufer aus, an denen sich zumeist Überflutungsmoore ausgebildet haben. Diese sind nicht oder nur in geringem Maße entwässert. Untersucht wurden mehrere Transekte und Einzelflächen auf der Halbinsel Altwarp am Südufer des Kleinen Oderhaffs und am Neuwarper See. Transekt 1 und 2 befinden sich auf flachen Niedermoorstandorten mit geringer (5 dm) Torfmächtigkeit. Das Wasserregime ist hauptsächlich topogener Ausprägung und wird von den 9

Überflutungsereignissen des Haffs überprägt. Transekt 3 erstreckt sich landseitig über ein schwach geneigtes Niedermoor mit Durchströmungscharakter und im Hauptteil über ein Überflutungsmoor in Ufernähe. Der Großteil aller Standorte ist basenreich-subneutral mit kräftiger bis reicher Nährkraftstufe. Die Vegetation der Transekte zoniert sich in ein haffseitiges Schilf-Röhricht und einen landseitigen Erlenwald. Bei Nutzung durch extensive Mahd ist in Transekt 1 der Erlenwald von einem Mittelseggenried der Kamm-Segge ersetzt worden. In Transekt 3 befindet sich eine ehemalige Streuwiese, bei der durch Nutzungsaufgabe Bewaldung von Landseite und Schilfbewuchs von Uferseite eingesetzt haben. Weiterhin gibt es im Röhrichtbereich des Transekts 3 einen Verlandungsbereich mit Schlammflurarten und Kalmusröhricht. Die Artenzahl der Riedvegetation ist höher als die der Erlenwaldvegetation. Die potentiell natürliche Vegetation stellt landseitig Erlenwald und uferseitig Schilfröhricht dar. Der Wegfall der Pflegenutzung würde zur Artenverarmung führen, aber den Natürlichkeitsgrad erhöhen, so dass in einem späteren Managementplan eine Abwägung zwischen beiden Werten stattfinden muss. Bei ausreichender Pflegemahd könnte das Vorkommen von Sumpf- Orchideenarten (Dactylorhiza majalis, Orchis palustris), die im Rahmen dieser Untersuchung leider nicht nachgewiesen werden konnten, gesichert werden. Die Wahl der Pflegemaßnahmen hängt von der Zielsetzung ab. Im vorliegenden Fall ist die Artenzahl höher, wenn der Natürlichkeitsgrad geringer ist. Aber Artenreichtum und Natürlichkeitsgrad sind beide wichtige Naturschutzwerte, so dass empfohlen wird, einerseits Flächen wie den Erlenbruch mit höherer Natürlichkeit und andererseits den Riedbereich mit höherer Artenzahl zu erhalten. Dazu sollten folgende Maßnahmen durchgeführt werden: In Wiesenbereichen alle 2-3 Jahre Mahd mit Beräumung ab Mitte September oder im Winter bei gefrorenem Boden zum Schutz vor Bewaldung mit Erlen und Weiden und zur Erhaltung des Bestandes. Dabei Verhinderung des sich weiteren Ausbreiten des Schilfes. Waldflächen sollten nutzungsfrei bleiben und sich natürlich entwickeln. c) Ahlbecker Seegrund sowie Wiesen und Weiden am Rande des Ahlbecker Seegrundes Das NSG Ahlbecker Seegrund, dient in erster Linie dem Schutz eines Kalkniedermoores. Das eigentliche Moor umfasst ca. 930 ha und gehört zu den größten seiner Art in Deutschland. Um einen Eindruck von der Vegetationsstruktur dieses großen Gebietes zu bekommen, wurde mit Unterstützung der ADLER-Modemärkte an zwei Tagen eine Luftschiffbefliegung durchgeführt. Dabei stellte sich vegetationskundlich eine grobe Zweiteilung des Gebietes heraus: Der südliche Teil des Moores weist flächendeckende Schilfröhrichte auf. Hier tritt von Süden kommend Grundwasser in das Moor ein. Die mitgeführten Nährstoffe führen zu eutrophen Bedingungen, die die Dominanz von Phragmites australis erklären. Mit zunehmender Durchströmungsstrecke des Wassers werden diesem durch die Moorpflanzen Nährstoffe und Basen entzogen, so dass die Vegetation nach Norden hin schütterer und artenreicher wird. Die Vegetationsstruktur wird zudem heterogener. Es dominieren hier Seggen, daneben kommen Sumpf-Farn-Bestände und Schilf-Inseln vor. Gleichfalls finden sich Gehölzgruppen, vorwiegend aus Betula pubescens und Weidengebüsche. 10

Der Ahlbecker Seegrund geht auf das sukzessive anthropogene Ablassen des Ahlbecker Sees zurück. Erste Bemühungen dazu gab es bereits im 18. Jahrhundert zum Zwecke der Gewinnung von Wiesen. Auch heute wird das Gebiet künstlich entwässert. Dennoch herrschen in großen Teilen des Moores Bedingungen, die eine Torfbildung erlauben. Es muss sichergestellt werden, dass diese auch bei künftigen Wasserregulierungsmaßnahmen wie Unterhaltungsarbeiten an den vorhanden Gräben erhalten bleiben. Die feuchten und unwegsamen Randbereiche des Ahlbecker Seegrunds haben sich unter Jahrhunderte andauernder extensiver Nutzung zu artenreichen, ebenfalls schutzwürdigen Wiesen entwickelt, in denen gefährdete Pflanzengesellschaften und Pflanzenarten vorkommen. Im Rahmen des Projektes wurden Pflegeempfehlungen für vier extensiv genutzte Grünlandflächen ausgearbeitet. Die dabei vorausgesetzten Pflegeziele sind der Erhalt einerseits derjenigen Pflanzengesellschaften, für die Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Verantwortung trägt und andererseits der am stärksten gefährdeten Pflanzenarten. Als Grundlage wurde ein Inventar der Pflanzengesellschaften und gefährdeten Pflanzenarten vorgenommen. Bearbeitet wurden eine Mähwiese bei Gegensee, eine Orchideenwiese in Ahlbeck, eine weitere Mähwiese an einem Kiefernforst östlich von Ahlbeck und eine Pfeifengraswiese bei Ahlbeck. Auf der Gegenseer Mähwiese sind entlang eines Feuchtegradienten unteschiedliche Pflanzengesellschaften ausgebildet. Die Bärenklau-Kohldistel-Wiese und die übrigen Pflanzengesellschaften der Gegenseer Mähwiese, Silbergras-Rasen, Heidenelken-Rauhblattschwingel- Rasen, Schafschwingel- und Kohldistel-Glatthafer-Wiese, sind mäßig schutzwürdig. Ihr Erhalt ist nicht zwingend, aus Artenschutzgründen jedoch wünschenswert. Dabei sollten die nicht mähwürdigen Silbergras- und Heidenelken-Rauhblattschwingel-Rasen extensiv beweidet und die übrigen Pflanzengesellschaften 2- bis 3-mal im Jahr gemäht werden. Im Bärenklau-Kohldistelwiesen-Gürtel der Gegenseer Mähwiese wurde das»stark gefährdete«steifblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) gefunden. Ihm kommt auf dieser Wiese die höchste Priorität zu. Eine zwei- bis dreischürige Mahd dürfte den Bestand erhalten. Es sollte in Zukunft aber untersucht werden, ob es im Innern des Ahlbecker Seegrundes größere D.-incarnata-Bestände gibt, da dann eine kostenintensive Pflege auf den Randflächen verzichtbar wäre. Auf der Mähwiese am Kiefernforst ist eine Honiggras-Wiese ausgebildet. Die Pflanzengesellschaft ist nicht in der Roten Liste Mecklenburg-Vorpommerns aufgenommen. Es kommen sieben schützenswerte Pflanzen, darunter Carex nigra, Carex panicea und Valeriana dioica vor, von denen einige Bestandteil der angrenzenden ungenutzten Moorvegetation sind. Hinsichtlich des Artenschutzes ist die Mähwiese zwar erhaltenswert, gegenüber den übrigen untersuchten Mähwiesen kommt ihr aber die geringste Bedeutung zu. Auf der Ahlbecker Orchideenwiese und der Vorseer Mähwiese Mähwiese sind Pfeifengras-Wiesen ausgebildet, die zu den besonders gefährdeten Pflanzengesellschaften gehören. Für ihren Erhalt besteht in Mecklenburg-Vorpommern sehr hoher Handlungsbedarf. Die dreischürige Pfeifengras-Wiese bei Vorsee enthält allerdings einen hohen Anteil schnittverträglicher Grünlandpflanzen. Um die typischen Pfeifengras-Wiesen-Arten zu fördern, sollte die Mahd in diesem Fall auf einen Schnitt pro Jahr begrenzt werden. Auf der einschürigen Pfeifengras-Wiese bei Ahlbeck kommen das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris) und das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) vor, die in der Roten Liste M-V als»stark gefährdet«einstuft sind. Die bisherige Nutzung der Ahlbecker Mähwiese muss unbedingt 11

beibehalten werden, wenn die stark gefährdeten Pflanzenarten und die Pfeifengras-Wiese als Pflanzengesellschaft erhalten bleiben soll. In den untersuchten Mähwiesen wachsen 33 Rote-Liste-Arten, von denen viele auch in den ungenutzten Moorbereichen des Ahlbecker Seegrundes vorkommen. Das Nebeneinander von extensiven Grünlandflächen und ungenutztem Moor fördert die Struktur- und Artenvielfalt des Lebensraumes NSG Ahlbecker Seegrund und stellt insbesondere für Vögel, Insekten, Reptilien und andere Tierarten eine Bereicherung dar. Die Mähwiesen sollten erhalten werden, wobei innerhalb des NSG Ahlbecker Seegrund der Schutz des intakten Moorgebietes Ahlbecker Seegrund vorrangig ist. d) Gorinsee Der Gorinsee er ist Teil des gleichnamigen Naturschutzgebietes. Heute ist er bis auf zwei ca. 30m² große Restlöcher vollständig verlandet. Die waldfreie Fläche beträgt geschätzte 9 ha. Dieses entspricht ungefähr einem Fünftel der ursprünglichen Gewässerfläche. Verlandungsgeschichtlich lässt sich der Gorinsee in einen jungen zentralen und einen älteren äußeren Bereich unterteilen. Der junge Bereich mit der Offenvegetation und dem Walzenseggen-Erlen-Wald im Nordwesten lässt sich anhand mehrerer Merkmale gut abgrenzen. Die Vegetation besteht aus Kraut- und Strauchpflanzen beziehungsweise aus einem jungen Wald mit einer durchschnittlichen Baumhöhe von 10 Metern. Es findet sich nahezu ausschließlich Equisetumtorf in Mächtigkeiten bis zu 25 cm. Meist ist darunter ein Wasserkissen ausgebildet, welches im Frühjahr stärker ausgeprägt sein wird. Der äußere Bereich unterscheidet sich demgegenüber deutlich. Er ist durchweg mit über 20 Meter hohen Bäumen bestanden. Equisetumtorf ist nicht zu finden, an seiner Stelle kommt über einen Meter mächtiger Feinseggen- und Holztorf vor. Es ist davon auszugehen, dass der Gorinsee ursprünglich zum Typ des mesotroph-subneutralen bis kalkhaltigen Durchströmungssee gezählt hat. Diese waren typisch für das nordostdeutsche Tiefland, sind bis heute jedoch oft anthropogen in andere Typen umgewandelt worden. Auch die Feinseggentorfe am Rand deuten auf diesen Typ hin. Es muss zwei Verlandungsphasen mit einer stationären Phase dazwischen gegeben haben. Vermutlich infolge einer Grundwasserabsenkung setzte die erste Verlandungsphase ein (älterer Bereich). Dabei wurden Seggentorfe gebildet, die nach der Bewaldung von Holztorfen überlagert wurden. Dieser Verlandungsbereich entwickelte sich während der stationären Phase zum Standmoor. Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts habe der Gorinsee eine weite Wasserfläche gehabt (JESCHKE 2005, mdl. Mitt.). Die zweite Verlandungsphase setzte im 20. Jahrhundert ein. Sie kann wie folgt beschrieben werden. Mit eintretender Verlandung schob sich auf den Wasserkörper eine Schwingdecke aus Braunmoosen und Seggen. Das im Untersuchungsgebiet vorgefundene Spitzmoos-Großseggen-Ried repräsentiert diesen Prozess. Diese Vegetationsform weist die geringste Torfmächtigkeit unter den vorgenommenen Bohrungen auf. Ein Schwingregime hat einen stark oszillationsfähigen Torfkörper. Das führt zur dauerhaften Wassersättigung ohne Überstauung. Jedoch verhindern Arten der Verlandungsgesellschaften wie Phragmites australis, Schoenoplectus lacustris und Carex paniculata durch tiefe Durchwurzelung eine starke Oszillation. Folglich kommt es zeitweise zum Überstau. Daher sind auf der Fläche des Gorinsees auch außerhalb von Wasserlöchern Lemna trisulca, Lemna minor und Utricularia anzutreffen. In der Sukzessionsreihe eines primär mesotroph-subneutralen Verlandungsmoores wird das Spitzmoos-Großseggen-Ried vom Zungenhahnenfuß-Großseggen-Ried abgelöst. Dieses übernimmt 12

beim Gorinsee aktuell die Haupttorfbildungsphase (Sinktorf). Die Torfschicht der Offenfläche ist mit maximal 15cm gering mächtig. Das spricht für den kurzen Zeitraum der Verlandung. Vermutlich während des Verlandungsprozesses begann die Eutrophierung. Mit dem Vordringen von Gehölzen wird das Großseggen-Ried vom Sumpffarn-Grauweiden-Gebüsch oder vom Walzenseggen- Erlen-Wald verdrängt. Nun wird die Torfbildung abgeschlossen, aus dem Schwingmoor wird ein Standmoor. Letzteres zeichnet sich durch einen dem Untergrund aufliegenden Torfkörper aus. Auf der Untersuchungsfläche schließt an die Offenlandvegetation der Walzenseggen-Erlen-Wald an. Am Nordwest-Rand des Gorinsees besiedelt er, wie auch der übrige Bruchwald, einen größeren Teil der ursprünglichen Wasserfläche als am Südost-Transektende. Da in Nordostdeutschland die Hauptwindrichtung Nordwest ist, liegt das Nordwestufer im Windschatten des angrenzenden Waldes. Hier wird die Ausbreitung der Pflanzendecke gefördert. Im Gegensatz dazu ist das Südostende windexponiert, wodurch Neubesiedlung unterdrückt wird. Weiterhin wurde in diesem Bereich festgestellt, dass ältere, somit schwerere, Bäume umgefallen sind. Grund dafür ist die unzureichende Tragfähigkeit des Bodens, hervorgerufen durch starken Wassereinfluss (Wasserstufe 5+4+). Im älteren Bereich herrschen die Torf zehrenden Vegetationsformen Frauenfarn-Erlen-Wald und Kreuzdorn-Moorbirken-Wald vor. Dementsprechend wurden dort Vererdungshorizonte angesprochen. Bei weiterer Entwässerung wird die Sukzession mit einem Alpenhexenkraut-Rotbuchen-Wald oder Flattergras-Erlen-Eschen-Wald abschließen. Es werden 2+-Standorte mit einem Grund- oder Stauwasserregime sein, welche eine starke Torfvererdung bedingen. e) Wälder der Gottesheide und bei Hintersee Die bewaldete Fläche der Grenzheide umfasst eine Größe von ca. 8000 ha. Den größten Anteil dieser Flächen nehmen nährstoffarme Beckensande ein, welche durch die Untersuchungen im Revier Riether Neuhaus (bei Hintersee) repräsentiert werden. Das Revier Lenzen, im Süden des Gebietes, liegt auf einem Endmoränenzug, der durch kräftige Standortverhältnisse gekennzeichnet und seit 1990 Teil des NSG Gottesheide ist. Die Grenzheide befindet sich im Wuchsbezirk Ueckermünder Heide und liegt im Übergangsbereich zwischen dem stark maritim beeinflussten, feuchten Tieflandsklima und dem schwach maritim beeinflussten, mäßig trockenen Tieflandsklima. Die anthropogene Beeinflussung des Gebietes in der Vergangenheit war sehr groß. Zum einen waren große Bereiche zeitweise entwaldet, zum anderen wurden sehr intensive Wasserstandsregulierungen vorgenommen, wie zum Beispiel die Entwässerung des Ahlbecker Sees. Mit Beginn der geregelten Forstwirtschaft, wurden die entstandenen Freiflächen mit Nadelbäumen aufgeforstet. In der jüngeren Vergangenheit wurde mit dem Umbau zu naturnäheren Beständen begonnen, indem standortfremde Baumarten entnommen und heimische Laubbaumarten gefördert wurden. Um das Untersuchungsgebiet bezüglich seiner Kohlenstoffspeicherung beurteilen zu können, wurden standortkundliche Untersuchungen durchgeführt. Im Revier Riether Neuhaus wurden 5, im Revier Lenzen 6 Bodenprofile angelegt. In beiden Revieren wurden außerdem einige kleinere Bodenaufschlüsse, sowie Bohrungen durchgeführt. In den Beckensand-Bereichen des Reviers Riether Neuhaus handelt es sich überwiegend um grundwasserferne Sand-Podsole. Nur im Übergangsbereich zum Ahlbecker Seegrund konnte der Einfluss von Grundwasser festgestellt werden, was am Auftreten von Gleyen sichtbar war. 13

Die grundwasserfernen Endmoränenbereiche im Revier Lenzen sind überwiegend durch podsolige Sand-Braunerden gekennzeichnet. Die Humusform wurde als wichtige Zustands-Standortsform ausführlich untersucht. Ein großer Teil der untersuchten Humusproben wies eine Disharmonie zwischen Säure-/Basen-Stufe und C/N- Verhältnis auf, was auf Fremdstoffeinträge hinweist. Im Revier Riether Neuhaus überwiegt die Humusform mäßig frischer rohhumusartiger Moder. Im Revier Lenzen wurde ebenfalls hauptsächlich die Humusform mäßig frischer rohhumusartiger Moder ermittelt. Die Vegetationszusammensetzung wurde im Revier Lenzen anhand von 55, im Revier Riether Neuhaus anhand von 51 Vegetationsaufnahmen gekennzeichnet. Die Einteilung der Forst- und Wald- Ökosystemtypen wurde nach HOFMANN (1994) durchgeführt. Dabei wurden folgende Typen ausgegliedert: (Hager-) Moos-Kiefernforst Blaubeer-Kiefernforst Himbeer-Drahtschmielen-Kiefernforst Wurmfarn-Kiefernforst Pfeifengras-Traubeneichenwald Schattenblumen-Eichen-Buchenwald Im Revier Riether Neuhaus dominiert der Blaubeer-Kiefernforst, wobei größtenteils eine Entwicklung hin zur potentiell-natürlichen Vegetation, dem Blaubeer-Traubeneichen-Buchenwald bzw. dem Schattenblumen-Buchenwald, festzustellen ist. Im Revier Lenzen wird der größte Teil der Flächen von Beständen eingenommen, die in ihrer Artenkombination dem natürlichen Schattenblumen-Eichen-Buchenwald entsprechen. Aufgrund der Versauerung der Standorte, wird die potentiell-natürliche Vegetation kräftiger Standorte derzeit nicht ausgebildet und befindet sich in einem Stadium, welches für mäßig nährstoffhaltige bodensaure Verhältnisse spricht. Neben diesen standortgemäßen Beständen sind kleinflächig nicht standortgemäße Kiefernforste vorhanden, in die teils schon heimische Laubbaumarten eingewandert sind. Neben der vegetationskundlichen Bearbeitung wurden auch Untersuchungen zur Kohlenstoffspeicherung vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass die Bestände in der Baumschicht umso mehr Kohlenstoff speichern, je näher sie der potentiell-natürlichen Vegetation sind. Das bedeutet, dass Buchenbestände die höchsten Mengen an Kohlenstoff enthalten. Weitere Einflussgrößen sind die Verfügbarkeit von Wasser und die Stamm-Nährkraftstufe des Standorts. Die Kohlenstoff-Gehalte im Auflagehumus verändern sich mit der Auflagemächtigkeit, die unter anderem von der Bestockung abhängig ist. Die Böden unterhalb der Humusschicht zeigten bezüglich der Kohlenstoff-Festlegung keine deutlichen Zusammenhänge zur derzeitigen Bestockung und der Humus- bzw. Bodenform. Die Ursache hierfür liegt im Einfluss der langzeitigen anthropogenen Nutzung auf die Standorte begründet. Deutlich wurde aber, dass auch aus Klimaschutzgründen eine Überführung der nicht standortgerechten Forste in naturnahe Wälder angebracht ist. 6. Fazit Mit dem Projektabschluss liegen für wesentliche Teile der Grenzheide erste landschaftsökologische Ergebnisse vor, die für die weitere Gebietsentwicklung und deren Management von Bedeutung sein werden. 14

Aus Naturschutzsicht sollte in der Grenzheide auf einem überwiegenden Teil der Fläche Naturentwicklung angestrebt werden. Die Grenzheide bietet aufgrund ihrer Biotopstruktur bereits heute Potentiale für Nullnutzungsgebiete. Zum einen sind das Areale, die beispielsweise aufgrund ihrer Nässe schon heute ungenutzt sind. Zum anderen bieten sich insbesondere naturnahe Waldgesellschaften oder solche, die sich bereits auf dem Weg dorthin befinden, an. Vor diesem Hintergrund könnten bereits heute erhebliche Flächen als Naturentwicklungszonen ohne stoffliche Nutzung ausgewiesen werden. Hierzu zählen: im NSG Ahlbecker Seegrund - die zentralen Moorbereiche der Wasserstufe 5+ - die bewaldeten Randbereiche potentielle Fläche für Zone I (nutzungsfreie Kernzone): geschätzt >600 ha im NSG Gorinsee - nahezu das gesamte NSG potentielle Fläche für Zone I: ca. 200 ha im NSG Gottesheide mit Schlosssee und Lenzener See - die Laub- und Laub-Mischwälder der Moränenstandorte - der Schlosssee - der Lenzener See - Laub-Mischwälder auf Seesanden potentielle Fläche für Zone I: geschätzt >600 ha im NSG Altwarper Binnendünen, Newarper See und Riether Werder - die bewaldeten Teile der Randmoore des Neuwarper Sees - die Röhrichte und natürlichen Seggenriede der Randmoore des Neuwarper Sees - alle sonstigen ungenutzten Moore - die Laub- und Laub-Mischwälder potentielle Fläche für Zone I: geschätzt >300 ha Hinzu kommen: in der Überflutungszone der Haffküste und angrenzenden Bereichen - alle Erlenbruchwälder - alle ungenutzten Röhrichte und Seggenriede - die Laub-Mischwälder potentielle Flächen für Zone I: geschätzt 300 ha Laub-Mischwälder außerhalb der NSG - östlich von Hintersee - östlich des Ahlbecker Seegrunds potentielle Flächen für Zone I: geschätzt > 1000 ha Damit wären ca. 3.000 ha (30% des Projektgebiets) geeignet, schon kurzfristig als dauerhaft nutzungsfreie Räume in eine eigendynamische Entwicklung entlassen zu werden. Zu diskutieren ist die Behandlung naturferner Nadelholzbestände. Grundsätzlich können auch solche Areale in Naturentwicklungsräume überführt werden. Alternativ sind hier aber auch zeitlich befristete Managementmaßnahmen zur Initialisierung einer Laubwaldentwicklung denkbar. Problematisch erscheint derzeit die Aufgabe der Jagd in Flächen der Zone I, da die Wildbestände zumeist stark überhöht sind und damit die erwünschte Laubwaldetablierung auch außerhalb der Kernzonen unterbinden. Die bemerkenswert reiche und wertvolle Naturausstattung des Gebietes ist nicht der alleinige Grund, ihm eine herausragende bundesweite Bedeutung zuzusprechen. Als zumindest gleichermaßen bedeutend müssen die Werte Unzerschnittenheit, Konfliktarmut und Entwicklungspotential angesehen werden. Hinzu kommt die internationale Dimension, die in erster Linie aus der Großräumigkeit des Gebietes unter Berücksichtigung der sich anschließenden polnischen Räume resultiert. Das entscheidende Entwicklungspotenzial im Gebiet besteht aufgrund der Konfliktarmut in der Schaffung großflächiger Naturentwicklungsräume. Sie könnten als Kernzone des Naturparks Am 15

Stettiner Haff bereits kurzfristig eine herausgehobene touristische Attraktion werden, die mit fortschreitender Gebietsentwicklung mittel- und langfristig immer bedeutungsvoller wird. In Teilbereichen (offene Binnendünen bei Altwarp, artenreiche Feuchtwiesen etc.) sollen Artenschutzaspekte in den Vordergrund treten. Wenngleich im Ergebnis der eingangs erwähnten Machbarkeitsstudie zumindest die Etablierung nichtstaatlicher Nationalparke als rechtlich problematisch erkannt wurde, haben u.a. die verschiedenen Aktivitäten der Michael Succow Stiftung in der Grenzheide den im Raum stehenden Verkauf von großen Flächen in der Grenzheide verhindert. 7.500 ha des Projektgebietes sind inzwischen Teil des Nationalen Naturerbes der Bundesregierung und werden in den kommenden Monaten an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) übertragen. Damit werden große Teile der Grenzheide perspektivisch wie im Ergebnis dieses Projektes vorgeschlagen nutzungsfrei und sich zu neuer Wildnis entwickeln. 16