Bullöse Autoimmundermatosen (AID)



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Transkript:

Autoimmunkrankheiten der Haut Bullöse Autoimmundermatosen Pemphigusgruppe Pemphigoidgruppe Bull. AID mit Spaltbildung unterhalb der L. densa Kollagenosen Lupus erythematodes Dermatomyositis Sklerodermie Sjögren-Syndrom, Sharp-Syndrom Bullöse Autoimmundermatosen (AID) Definition: Gruppe schwerer, z. T. lebensbedrohlicher Krankheiten, deren pathologisches Grundereignis die Beeinträchtigung des mechanischen Rahmengerüsts der Haut und deren Kardinalsymptom die Blasenbildung ist. Blasenbildung der Haut Epidermale Kohärenz bzw. dermoepidermale Adhärenz bricht zusammen Ursachen? Physikalisch-traumatisch Infektiös Metabolisch Genetisch Immunologisch Autoimmunologisch 1

Klassifikation der bullösen AID Intraepidermale Spaltbildung Pemphigusgruppe (pemphix gr.: Blase) Junktionale Spaltbildung Pemphigoidgruppe Dermolytische Spaltbildung Dermatitis herpetiformis (M. Duhring) Epidermolysis bullosa aquisita (EBA) Bullöser SLE Ätiologie Hochaffine IgG (selten IgA)-Autoantikörper als Produkt einer antigengetriebenen Immunreaktion Hypothesen zur Ätiologie: Molekulares Mimikry (virale Infekte) Freisetzung natürlicher Antigene (Traumen, Tumoren) Autoreaktive T-Zellklone B-Zell-Aktivierung Polyklonale Stimulierung (EBV-Infektion) Pathogenese Intraepidermale Spaltbildung (Akantholyse): direkte Einwirkung der Autoantikörper Schädigung im Bereich der Junktionszone: Nach Bindung der Auto-Ak Komplementaktivierung Chemotaxis Neutrophiler und Eosinophiler Freisetzung von Mediatoren (Proteasen) Schädigung der Zielstrukturen 2

Klinik und Verlauf Blasen und deren Folgeerscheinungen: Erosionen, Krusten, Superinfektion, Narben Systemzeichen erst sekundär Chron. Verlauf, unbehandelt oft progredient Spezielle Diagnostik Direkte Immunfluoreszenz (DIF): Biopsie Nachweis von in vivo gebundenen Immunglobulinen an Kryostatschnitten (Anti-IgG, -IgM, -IgA, -C3) Indirekte Immunfluoreszenz (IIF): Serum Nachweis zirkulierender Immunglobuline Pemphigusgruppe Pemphigus vulgaris Pemphigus vegetans Pemphigus herpetiformis Pemphigus foliaceus Pemphigus seborrhoicus Pemphigus erythematosus Medikamenten-induzierter Pemphigus Paraneoplastischer Pemphigus IgA-Pemphigus Subcorneale Pustulose Intraepidermale neutrophile Dermatose 3

Pemphigus vulgaris (PV) Definition: Intraepidermale suprabasale Blasenbildung (Akantholyse) durch Autoantikörper gegen desmosomale Strukturproteine. Epidemiologie: Inzidenz: 0,1-0,5/100.000/Jahr Erstmanifestation: 40-60 Jahre Häufung: Mediterrane Völker HLA-A10,-A13, -DR4, -DR6 PV: Klinik Schlaffe Blasen und Erosionen an belasteten Körperarealen Läsionen im Bereich der Mundschleimhaut (70% Erstmanifestation) Nikolski-Zeichen: direkt (durch Reibetrauma) indirekt (Blase verläuft) PV: Diagnostik Histologie: Suprabasaler Kohärenzverlust der Keratinozyten Akantholyse flotierende Zellen tombstone-pattern 4

PV: Diagnostik DIF/IIF: Mit anti-igg Interzellular- Muster PV: Ätiologie und Pathogenese IgG-Autoantikörper gegen Desmoglein 3 (1) Bindung an Keratinozytenoberfläche führt direkt zur Akantholyse PV: Therapie Systemisch: Kortikosteroide hochdosiert Azathioprin Cyclophosphamid Immunabsorption Unbehandelt letal! Lokal: Metaline, antiseptisch 5

Pemphigus foliaceus (PF) Definition: Intraepidermale subcorneale Blasen- Bildung (Akantholyse) durch Auto-Ak gegen desmosomale Strukturproteine. Typen: sporadischer PF endemischer PF (Pemphigus braziliensis) PF: Klinik Impetigoähnliche Erosionen und Krusten im Gesichts- und Halsbereich mit Ausbreitung auf seborrhoische Areale Schleimhäute frei! PF: Diagnostik Histologie: Subcorneale Akantholyse und Spaltbildung 6

PF: Diagnostik DIF/IIF: Mit anti-igg Interzellular- Muster PF: Ätiologie und Pathogenese IgG-Autoantikörper gegen Desmoglein 1 Bindung an Keratinozytenoberfläche führt direkt zur Akantholyse PV/PF: Ätiologie und Pathogenese subcorneal basal Desmoglein 1 Desmoglein 1 Desmoglein 1 Desmoglein 1 Desmoglein 1 Desmoglein 1 Desmoglein 3 Desmoglein 3 Desmoglein 3 Desmoglein 3 Desmoglein 3 Desmoglein 3 Ak PF 1 3 Ak PV 7

PV/PF: Ätiologie und Pathogenese PF HAUT Dsg1 SCHLEIMHAUT Dsg1 Dsg3 PV Dsg3 Nachweis von Anti-Dsg 1/3 ist heute möglich! DD: PV PF Verteilung Schleimhautbefall Spaltbildung Nikolski direkte IF indirekte IF disseminiert häufig suprabasal positiv Interzellularmuster subrabasal Interzellularmuster Capillitium, Stamm selten subcorneal positiv Interzellularmuster subcorneal Interzellularmuster Antigen Desmoglein 3 (1) Desmoglein 1 Pemphigoidgruppe Bullöses Pemphigoid (BP) Juveniles BP Lokalisiertes BP Dyshidrosiformes BP Vesikulöses BP Erythrodermatisches BP Vegetierendes BP Noduläres BP Vernarbendes Pemphigoid Pemphigoid gestationis Lineare-IgA-Dermatose 8

Bullöses Pemphigoid (BP) Definition: Autoimmundermatose mit gestörter Adhärenz der Epidermis an die Basallamina durch Auto-Ak gegen Strukturproteine der Hemidesmosomen (BP180 und BP230). Epidemiologie: Inzidenz: 1/100.000/Jahr Erstmanifestation: >60 Jahre BP: Klinik Pleomorphes Bild aus konfluierenden Erythemen, urtikariellen und multiformeartiegen Läsionen sowie prallen Blasen Juckreiz keine Mundschleimhaut-Läsionen Nikolski-Zeichen: negativ BP: Diagnostik Histologie: subepidermale Spaltbildung Eosinophilie 9

BP: Diagnostik DIF: lineäre Ablagerung von IgG (50%) und C 3 (80%) an der BMZ IIF: IgG-anti-BMZ-Ak (70%) BP: Ätiologie und Pathogenese IgG-Autoantikörper gegen BP180 und/oder BP230 Bindung an Keratinozytenoberfläche führt nach Aktivierung von Komplement, Chemoattraktion von Entzündungszellen und Freisetzung von Mediatoren zur Spaltbildung BP: Ätiologie und Pathogenese 10

Systemisch: Kortikosteroide Azathioprin Dapson BP: Therapie Lokal: Kortikosteroide bei mildem Verlauf Vernarbendes (cicatrisierendes) Pemphigoid (CP) Definition: Chronisch-progrediente bullöse Autoimmundermatolse vorwieged der Schleimhäute, die durch Vernarbung zu Funktionsausfällen führen kann. Die Mundschleimhaut ist stets betroffen! Epidemiologie: Seltener als BP, Frauen häufiger betroffen Erstmanifestation: 70 Jahre CP: Diagnostik DIF: Lineare Ablagerung von IgG (IgA) an der Basallamina der SH IIF: Nur in 20-30% pos. 11

CP: Komplikationen Erosionen an Konjunktiven an der GIT-SH an der Genital-SH Synechien evtl. Erblindung Ösophagusstriktur Vaginal-, Urethralstriktur Phimose Das CP ist sehr therapieresistent! Dermatitis herpetiformis (DH) Morbus Duhring Definition: Chronische heftig juckende papulovesikulöse Dermatose, die stets mit einer glutensensitiven Enteropathie gekoppelt ist. Epidemiologie: Selten, Männer häufiger betroffen (2x) Erstmanifestation: frühes Erwachsenenalter Assoziation: HLA-B8, -DR3, -DQw2 (80-90%) DH: Klinik Gruppiert stehende kleinste Bläschen Extremer Juckreiz Exkoriationen Prädilektionsareale: Gesäß, Streckseiten der Extremitäten Jod-Provokation möglich 12

DH: Diagnostik Histologie: Mikroabzesse in dermalen Papillenspitzen (Neutrophile und Eosinophile) Dermolytische Blase DH: Diagnostik DIF: Granulär IgA (IgG, C 3 ) in den Papillenspitzen Auch in gesunder Haut nachweisbar! DH: Diagnostik IIF: Nur selten Antikörper gegen Basalmembranzonendeterminanten nachweisbar Anti-Gliadin-Ak in ca. 30% nachweisbar 13

DH: Ätiologie und Pathogenese Antigen identifiziert: Gewebs-Transglutaminase Zirkulierende Immunglobuline bzw. Immunkomplexe binden an Antigen in Haut und Dünndarm (häufig asymptomatische GSE) Aktivierung der Komplementkaskade Chemotaxis von Leukozyten Freisetzung von Mediatoren (Elastase) DH: Therapie Meiden von Jod Dapson (Cave: Met-Hb-Bildung) Glutenfreie Diät So einfach ist das mit den bullösen AID... 14