Neues aus den Nationalen Ein Werkstattbericht Versorgungs-Leitlinien Diabetes und -KHK work in progress - AKADEMIE FÜR HAUSÄRZTLICHE FORTBILDUNG BREMEN 13. Bremer Hausärztetag 23.11. 2011 Günther Egidi
Baustelle 1: KHK Wichtiges Thema bei der NVL KHK: Katheter bei chronischer, stabiler KHK oder nicht? mit Dank an Norbert Donner-Banzhoff von der Allgemeinmedizin Uni Marburg
Baustelle 1: KHK Wichtiges Thema bei der NVL KHK: Katheter bei chronischer, stabiler KHK oder nicht? mit Dank an Norbert Donner-Banzhoff von der Allgemeinmedizin Uni Marburg
Zum Thema KHK Profitieren Patienten mit chronischer, stabiler KHK von einer koronaren Intervention (Revaskularisation)? Versorgung von KHK-Patienten Welche Information hilft bei meinen Entscheidungen? Evidenzbasierte Medizin Wie funktioniert Meinungsbildung in der Medizin? wissenschaftliche Informationspolitik
Frau Müller 67 Jahre, verheiratet, Herzinfarkt (STEMI) vor 3 Jahren Nimmt regelmäßig ihre Medikamente Wie managen Sie diese Situation? Nur minimale Beschwerden, kommt gut zurecht Jetzt bei der DMP-Untersuchung: Der Doktor K. [Kardiologie] will bestimmt wieder einen Herzkatheter machen!
Die suchtaugliche Frage: P Patient I Intervention CKontrolle OOutcome PICO Führt eine Revaskularisation bei Patienten mit stabiler KHK zu Lebensverlängerung und Vermeidung von Herzinfarkten im Vergleich zu konservativer Behandlung alleine? Therapeutische Fragestellung
Patientenorientierte Therapieziele Verbesserung der Lebensqualität, Kontrolle von Symptomen, Verbesserung von Belastbarkeit Verbesserung der Prognose (Verhütung von Herzinfarkten, Schlaganfällen und anderen Gefäßkomplikationen; Lebensverlängerung)
Kriterien: aktuell systematische Aufbereitung der Evidenz Sektoren übergreifender Konsens Interessenskonflikte Können wir den Quellen vertrauen?
ESC-Leitlinie Revaskularisation
Interessenskonflikte Was fehlt:»ich (bzw. die Einrichtung, in der ich tätig bin) verdiene mein Geld mit Revaskularisations-Maßnahmen.«
ESC-Leitlinie Revaskularisation
ESC-Leitlinie Revaskularisation
COURAGE Methoden Randomisierte Studie mit 2287 Patienten mit bekannter, signfikanter KHK aus 50 US-amerikanischen und kanadischen Zentren. Zwischen 1999 und 2004 erhielten 1149 Patienten eine PTCA und optimale medikamentöse Therapie und 1138 Patienten nur eine optimale medikamentöse Therapie. Der primäre Endpunkt waren Gesamtmortalität und Myokardinfarkte während der Studiendauer von 2,5 bis 7 Jahren (im Median 4,6).
Ergebnis COURAGE Primärer Endpunkt nach 4,6 Jahren 19,0% in der PTCA- Gruppe und 18,5% in der Medikamenten-Gruppe (HR für die PTCA-Gruppe 1,05; 95% Vertrauensbereich [CI] 0,87-1,27; p=0.62). Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen PTCA und medikamentöser Therapie allein hinsichtlich des Endpunktes aus Tod, Myokardinfarkt und Insult (20,0% vs. 19,5%; HR 1,05; 95% CI 0,87-1.27; p=0.62); Krankenhauseinweisung wg. Akutem koronarem Syndrom (12,4% vs. 11,8%; HR 1,07; 95% CI, 0,84-1,37; p=0.56) oder Myokardinfarkt (13,2% vs. 12,3%; HR 1,13; 95% CI 0,89-1.43; p=0.33).
Frau Müller 67 Jahre, verheiratet, Herzinfarkt (STEMI) vor 3 Jahren Nimmt regelmäßig ihre Medikamente Nur minimale Beschwerden, kommt gut zurecht Liebe Frau Müller, meinetwegen gehen Sie zu Doktor K. [Kardiologe]. Aber bevor Sie einen Herzkatheter mit Stent usw. machen lassen, setzen wir uns noch einmal zusammen.
ESC-Leitlinie Revaskularisation
Metaanalyse Jeremias et al. Zusammenfassung Revaskularisation durch ACVB oder PTCA zusammen mit medikamentöser Therapie bei Patienten mit chronischer KHK ist assoziiert mit einer signifikant verbesserten Überlebensrate verglichen mit medikamentöser Therapie allein.
Bypass-OP P I Control O
Figure 2 Mortalität Revaskularisation: Kumulative Metaanalyse Jeremias et al.
Figure 3 Bypass-OP PTCA Verdachtsdiagnose: Publication Bias
Aktuelle Meta-analyse: negativ
Frau Müller 67 Jahre, verheiratet, Herzinfarkt (STEMI) vor 3 Jahren Nimmt regelmäßig ihre Medikamente Nur minimale Beschwerden, kommt gut zurecht Liebe Frau Müller, meinetwegen gehen Sie zu Doktor K. [Kardiologe]. Aber bevor Sie einen Herzkatheter mit Stent usw. machen lassen, setzen wir uns noch einmal zusammen.
Ischämie, die Schreckliche
Asymptomatic Cardiac Ischemia Pilot (ACIP) Study Zusammenfassung Bis zur Veröffentlichung größerer prognostischer P Studien ergeben sich aus der ACIP-Studie I die meisten Daten, die eine sofortige Revaskularisation Control mit einer konservativen medikamentösen Therapie vergleichen Deshalb wäre eine größere Studie nötig, um die derzeit geübte Strategie einer raschen Anwendung revaskularisierender Techniken in einem Setting mit einer aggressiveren Lipid senkenden und antianginösen Therapie zu begründen. O
Frau Müller 67 Jahre, verheiratet, Herzinfarkt (STEMI) vor 3 Jahren Nimmt regelmäßig ihre Medikamente Nur minimale Beschwerden, kommt gut zurecht Liebe Frau Müller, meinetwegen gehen Sie zu Doktor K. [Kardiologe]. Aber bevor Sie einen Herzkatheter mit Stent usw. machen lassen, setzen wir uns noch einmal zusammen.
Maßnahmen der Revaskularisation Wirksam beim Therapieziel Verbesserung der Lebensqualität, Kontrolle von Symptomen Aber: zunächst medikamentöser Therapieversuch Bei akutem Koronarsyndrom auch prognostisch wirksam Okulostenotischer Reflex Kardiologie Koordinationsund Schutzfunktion Allgemeinmedizin
Medizinische Information - I Es gibt keine neutrale / objektive Evidenz; es gibt auf keinen Fall neutrale Evidenz-Aufbereitung Auch systematische Übersichtsarbeiten (Metaanalysen) und Leitlinien sind von Interessen beeinflusst Die Evidenzbasierte Medizin hat unser methodisches Instrumentarium und das medizinische Wissen erweitert Sie macht unseren kritischen Verstand nicht überflüssig, im Gegenteil: sie gibt ihm wirkungsvolle Werkzeuge
Medizinische Information - II Leitlinien sind Instrumente mit denen professionelle und wirtschaftliche Dominanzkämpfe ausgetragen werden Trotzdem: mit entsprechenden Caveats Trotzdem: mit entsprechenden Caveats sind sie durchaus nützlich
Baustelle 2: Diabetes Wir sind ein wenig zu früh mit unserer Diskussion Vertreten: BÄK, KBV, DDG, DEGAM, AkdÄ
Zielwerte, Zielkorridore HbA1c zur Diagnostik NVL Diabetes NEU Individualisierte HbA1c-Ziele Ziel-Korridor für HbA1c 6,5-7,5% Ziel-Blutdruck <140/80 mm Hg OGTT??? SMBG??? 1. Wahl Metformin Kombination Metformin-SH-Stoffe??? Unterschiedliche Bewertung versch. SH-Stoffe?
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Zielwerte und Zielkorridore Zielwerte medizinisch optimal. Unter Beachtung von Alter, Lebensumständen und Komorbidität nicht immer anzustreben. Zielkorridore im Regelfall optimaler Bereich Das individuell vereinbarte Therapieziel kann abweichen!
Zielwerte, Zielkorridore HbA1c zur Diagnostik NVL Diabetes NEU Individualisierte HbA1c-Ziele Ziel-Korridor für HbA1c 6,5-7,5% Ziel-Blutdruck <140/80 mm Hg OGTT??? SMBG??? 1. Wahl Metformin Kombination Metformin-SH-Stoffe??? Unterschiedliche Bewertung versch. SH-Stoffe?
HbA1c zur Diagnostik Neben BZ>126 mg% oder OGTT >200 mg% auch HbA1c > 6,5% zur Diagnose möglich Aber: nie Diagnose nur auf Grund eines Aber: nie Diagnose nur auf Grund eines einzelnen Laborwertes!
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Individualisierte HbA1c-Ziele Individualisierte Ziele für Änderung der Lebensführung, Glukosestoffwechsel, Lipidstatus, Körpergewicht, Blutdruck Im hohen Alter/bei verminderter Lebenserwartung Ziel Symptomfreiheit, also HbA1c möglichst <9% Keine Hypoglykämien! Patientenpräferenzen
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Ziel-Korridor für HbA1c Zielkorridor 6,5-7,5% Nahe 6,5% nur mit Metformin und/oder Lifestyle-Veränderungen Nur ohne Hypos Ziel nur ohne Mehrfach-Kombinationen erreichbar
Ziel-Korridor für HbA1c Individuelle Ziele bei Lebens- Erwartung < 10 Jahre + andere Antidiabetika + Metformin Diät + Bewegung HbA1c: 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5 10,0
Ziel-Korridor 6,5-7,5% Keine Studie mit relevantem Vorteil HbA1c-Senkung <7,0% Britische Register-Daten mit geringster Sterblichkeit bei HbA1c 7,5%
Currie et al. Survival as a function of HbA 1c in people with type 2 diabetes: a retrospective cohort study Lancet 2010; 375: 481 89 27 965 Patienten mit Kombination oraler Antidiabetika und 20 005 mit Insulin
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Ziel-Blutdruck <140/80 mm Hg Spezielle Blutdruck-Ziele für Diabetiker sind out Datengrundlagen ACCORD-RR und mehrere Metaanalysen
ACCORD-RR
Metaanalyse Bangalore Circulation 2011;123:2799
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Dissens DEGAM-DDG
DEGAM-Position zum OGTT Der OGTT ist zu aufwändig für den regelmäßigen Einsetz in der Hausarzt- Praxis Schlechte Reliabilität Mit Kategorien wie Prädiabetes und impaired glucose tolerance erweitern wir unser diagnostisches und therapeutisches Inventar nicht wirklich
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BZ-Selbstmessung Nur bei mit Insulin Behandelten Ein-/Umstellungsphasen häufigen Hypos unter SH-Stoffen besonders instabilen Situationen Verordnungseinschränkung Gemeinsamer Bundesausschuss
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1. Wahl Metformin Unstrittig in UKPDS relative Risikosenkung 40% Herzinsuffizienz keine Kontraindikation Clearance <60 und >30 ml/min out-oflabel, aber keine Kontraindikation Schwangerschaft bisher keine Studienevidenz für embryotoxischen Schaden bei Gestationsdiabetes
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Kombination Metformin-SH- Stoffe? Dissens DEGAM-DDG DEGAM-Votum: keine Kombination oraler Antidiabetika wenn Metformin nicht reicht, (Basal-)Insulin dazu DDG-Votum: nicht regelhaft mehr als 2 orale Antidiabetika
Zielwerte, Zielkorridore HbA1c zur Diagnostik NVL Diabetes NEU Individualisierte HbA1c-Ziele Ziel-Korridor für HbA1c 6,5-7,5% Ziel-Blutdruck <140/80 mm Hg OGTT??? SMBG??? 1. Wahl Metformin Kombination Metformin-SH-Stoffe??? Unterschiedliche Bewertung versch. SH-Stoffe?
Unterschiedliche Bewertung SH-Stoffe? In UGPD Schaden durch Tolbutamid In UKPDS Vorteil Glibenclamid - schlechtes Abschneiden Chlorpropamid ADVANCE - Gliclazid geringer Vorteil Nephropathie Keine Wirksamkeitsbelege für andere Sulfonylharnstoffe (Glimepirid, Gliquidon ) zur Reduktion klinischer Endpunkte
Noch Fragen? gerne an familie-egidi@nord-com.net