Zulassung ergänzt Norm CE-Kennzeichnung für selbstbohrende Holzschrauben



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Transkript:

Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 1 Zulassung ergänzt Norm CE-Kennzeichnung für selbstbohrende Holzschrauben Certification supplementary to the standard CE marking for self-tapping wood screws L avis technique complète la norme marquage CE des vis à bois autoforeuses L omologazione quale complemento della norma il marchio CE per viti per legno autoperforanti Robert A. Jöbstl Technische Universität Graz Institut für Holzbau und Holztechnologie Graz, Österreich

2 Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 16. Internationales Holzbau-Forum 10

Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 3 Zulassung ergänzt Norm CE-Kennzeichnung für selbstbohrende Holzschrauben Einleitung Die CE-Kennzeichnung fasst nun auch im Ingenieurholzbau immer mehr Fuß. Waren bis vor wenigen Jahren beinahe ausschließlich nationale Zulassungen auf dem Markt zu finden hier vornehmlich die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Deutschlands, die auch in anderen Nationen wie Italien als Maß für die Brauchbarkeit eines Bauproduktes akzeptiert wurde werden die Forderungen der Bauproduktenrichtlinie [1] nach einer Harmonisierung der Bauprodukte in immer stärkeren Maß umgesetzt, seit die ersten Koexistenzperioden harmonisierter Europäischer Produktnormen abgelaufen sind. In diesem Zuge wird das CE-Kennzeichen auch werbetechnisch intensiver genutzt und fördert damit auch dessen Verbreitung. Das neue Branding soll ähnlich dem bekannten und gewohnten deutschen Ü-Zeichen Zuverlässigkeit signalisieren. CE-Kennzeichnung darf aber auch nicht bedeuten, dass alle gleichartigen Produkte über einen Kamm geschoren werden, Detailunterschiede und Innovationen gerade in einem schnell gewachsenden Markt (wie den heutigen Holzbauschrauben hoher Festigkeit) können noch nicht alle in die Normung einfließen, sollen aber, um der Entwicklung förderlich zu sein, über geeignete Verfahren die Brauchbarkeit nachweisen dürfen: dem Zulassungsverfahren. Hier wird die Innovation von heute in das bestehende Regelwerk der Tragwerksplanung von Bauwerken aufgenommen, das in Zukunft den Stand der Technik in Form von neuen oder weiterentwickelten Normen darstellen wird. In diesem Beitrag soll die Synergie von Zulassung und Norm entsprechend dem Regelwerk aus Bauproduktenrichtlinie und Eurocodes, basierend auf grundsätzlichen Überlegungen zur Normung, diskutiert werden. 1. Ziel der Normung In einer schöngefärbten langvergangenen Zeit hat z.b. ein Zimmermeister ein Haus aus selbst ausgesuchten Balken des benachbarten Sägers (quasi individuelle Sortierung) oder zumindest das gelieferte Material derart umsortiert, dass weniger belastete Bauteile mit dem weniger belastbaren Holz hergestellt wurden und die guten Stücke an den wichtigen Stellen zum Einsatz kamen. Die Nägel (Schrauben wurden damals nicht verwendet) besorgte er beim Schmied seines Vertrauens und konnte auf diese Weise zufriedenstellende Bauwerke errichten. In unserer Zeit des industrialisierten Bauwesens gibt es diesen Zimmermeister nicht mehr, der jedes Stück Bauholz begutachten kann, in anderen Nationen ist überhaupt der von der Picke auf gelernte Lehrberuf unbekannt, der Konkurrenzdruck zwingt zu weiten Transporten von Materialien, die der Planer nie und der Ausführende erst auf der Baustelle sieht. Damit bedarf es der Normung zur Vereinheitlichung der Leistung, was zu ökonomischer wie auch gesellschaftlicher Sicherheit führt: Ökonomische Sicherheit insofern, als Leistungsanforderungen klar abgrenzbar werden, und zwar für den Hersteller, aber vor allem für den Planer - und letztlich damit für den Bauherrn. Umso größer das Areal des Geltungsbereiches dieser Norm ist, desto größer ist der liefermögliche Raum ohne neue Leistungserfüllungszeugnisse erwirken zu müssen, wodurch sich der gesamte administrative Aufwand verringert. Gesellschaftliche Sicherheit betrifft in erster Linie den Endkunden bzw. die Bevölkerung, womit die Bereiche Gesundheit, Unversehrtheit, ökonomische Sicherheit und schlussendlich auch sozialer Friede angesprochen sind. Um diese Sicherheit bautechnisch gewährleisten zu können, stellt die Normung den (festen) Stand der Technik dar.

4 Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 16. Internationales Holzbau-Forum 10 2. Technik braucht Entwicklung Im Bestreben nach technisch immer ausgefeilteren Lösungen, aber auch in der Forderung der Gesellschaft nach immer neuen Gestaltungsmöglichkeiten (Architektur) braucht die Technik Entwicklung. Diese neuen Entwicklungen können per Definition noch nicht dem Stand der Technik entsprechen, sie sind vielmehr die Zukunft davon. Damit können aber diese neuen Entwicklungen nicht normativ geregelt sein. Um dem zuvor beschriebenen Sicherheitsbedürfnis dennoch gerecht werden zu können, bedarf es eigener Instrumente und Verfahren z.b. einer Zulassung mit entsprechendem Zulassungsverfahren. Damit wird es dem Produzenten von innovativen Lösungen möglich, sich von den genormten/ normalen Produkten abzuheben oder auch vollkommen neue Produkte bei Wahrung des freien Warenverkehrs auf dem Markt zu etablieren. Das Ziel von Zulassungen muss daher darin liegen, Innovationen deutlich schneller marktreif zu machen, als es durch Normenarbeit möglich wäre zur Wahrung der erforderten Sicherheit geschieht dies unter besonderer Beobachtung und Prüfung - ein auch monetärer Mehraufwand, der durch schnellere und damit häufig höhere Marktpräsenz wieder lukrativ werden kann. Die Zulassung stellt damit den Stand des Wissens dar. 3. Bauproduktenrichtlinie und Eurocodes Gemäß der Bauproduktenrichtlinie obliegt es den Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass auf ihrem Gebiet die Bauwerke des Hoch- und des Tiefbaus derart entworfen und ausgeführt werden, dass die Sicherheit der Menschen, der Haustiere und der Güter nicht gefährdet und andere wesentliche Anforderungen im Interesse des Allgemeinwohl beachtet werden. Diese Interessen des Allgemeinwohls sind bauliche Sicherheit, Gesundheit, Dauerhaftigkeit, Energieeinsparung, Umweltschutz, Aspekte der Wirtschaftlichkeit und andere Belange des öffentlichen Interesses. Diese Aspekte sind in der Bauproduktenrichtlinie in Form von sechs wesentlichen Anforderungen zusammengefasst und werden in den entsprechenden Grundlagendokumenten erläutert: 1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit 2. Brandschutz 3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz 4. Nutzungssicherheit 5. Schallschutz 6. Energieeinsparung und Wärmeschutz Die Eurocodes stellen die harmonisierten Regelwerke für die Tragwerksplanung von Bauwerken dar. Sie sind die Bezugsdokumente für den Nachweis der Übereinstimmung von Hoch- und Ingenieurbauten mit den wesentlichen Anforderungen der Bauproduktenrichtlinie, im Besonderen mit der wesentlichen Anforderung Nr. 1 (Mechanische Festigkeit und Standsicherheit) und der wesentlichen Anforderung Nr. 2 (Brandschutz). Damit definieren die Eurocodes auch die Rahmenbedingungen für die Erstellung harmonisierter Spezifikationen für Bauprodukte also Europäische Normen EN und Europäische Technische Zulassungen ETA (European Technical Approval). Die Bauproduktenrichtlinie und die Eurocodes bilden hiermit eine eng verwobene Einheit. 4. Harmonisierte technische Spezifikationen Die Übereinstimmung eines Bauproduktes mit einer harmonisierten technischen Spezifikation gemäß der Bauproduktenrichtlinie deklariert die Brauchbarkeit des jeweiligen Produktes. Diese harmonisierten technischen Spezifikationen müssen auf Grundlage der wesentlichen Anforderungen und den Eurocodes bzw. deren Regelwerken der Tragwerksplanung fußen. Dabei muss das in den individuellen Mitgliedsstaaten bereits geltende nationale Schutzniveau jedenfalls eingehalten werden. Um diese unter den Mitgliedsstaaten differierenden Niveaus berücksichtigen zu können, sind die Anforderungen und Leistungen in Klassen zu definieren.

Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 5 Die zwei wesentlichsten harmonisierten technischen Spezifikationen sind harmonisierte Normen und Europäische Technische Zulassungen. 4.1. Harmonisierte Europäische Normen Die Europäische Kommision beauftragt das Europäische Komitee für Normung CEN (Comité Européen de Normalisation) mittels Mandat mit der Erstellung harmonisierter Normen, wobei die Grundlagendokumente (und damit die wesentlichen Anforderungen) zu berücksichtigen sind. Diese harmonisierten Normen sind so weit als möglich in Form von Leistungsanforderungen an das darin zu regelnde Bauprodukt zu erstellen und bilden mit den Eurocodes und den Prüfnormen ein in sich geschlossenes auf einander abgestimmtes Dreibein aus Produkt, Prüfung und Bemessung/Ausführung. 4.2. Europäische Technische Zulassungen Für Produkte, die keiner harmonisierten Norm (oder einem Mandat für die Ausarbeitung einer solchen) zuordenbar sind, kann durch die EOTA (European Organisation for Technical Approvals) eine Leitlinie ETAG (European Technical Approval Guideline) für Zulassungen - wiederum auf Basis der Grundlagendokumente - erstellt werden. Liegt keine Leitlinie vor, kann auch eine Einzelzulassung erwirkt werden, für die die Mitglieder der EOTA konsensual ein Zulassungsverfahren CUAP (Common Understanding of Assessment Procedure) erarbeiten. Da es sich in diesem Fall weitestgehend um innovative Produkte handelt, die also noch nicht in den europäischen Normenwerken implementiert sein können, bieten Europäische Technische Zulassungen die Möglichkeit - im Gegensatz zu Produktnormen - auch Produktprüfverfahren und Regeln für die Tragwerksplanung und Ausführung zu beinhalten unter Einhaltung der wesentlichen Anforderungen und den Regeln der Eurocodes. 5. Schrauben für den konstruktiven Ingenieurholzbau Schrauben für den konstruktiven Ingenieurholzbau sind als stiftförmige Verbindungsmittel in EN 14592:2008.10 [2] normativ geregelt. Die Produktnorm behandelt dabei lediglich die Anforderungen an das Stahlprodukt und differenziert nicht zwischen den holzspezifischen Anwendungen selbstbohrend und nicht selbstbohrend eingebracht das ist in der Bemessung und Ausführung in Eurocode 5 [3] mit [4] geregelt. Das Vorbohren oder Selbstbohren ist eben nicht eine Sache des Produktes selbst sondern der Ausführung. Zum Zeitpunkt der Berichtsverfassung war die CUAP für selbstbohrende Holzschrauben noch in Bearbeitung und damit nicht öffentlich zugänglich. Aus diesem Grund wird nur auf das mögliche Erweiterungspotential, das sich mit dieser CUAP ergeben kann, eingegangen. 5.1. Erweiterungspotential hinsichtlich Anforderungen gemäß EN 14592 Eine Europäische Technische Zulassung kann zu einigen Anforderungen gemäß EN 14592 ergänzend wirken: Werkstoffe Die derzeit in EN 14592 definierten Grundwerkstoffe für die Produktion von Schrauben für den konstruktiven Ingenieurbau sind nicht geeignet, um mit ihnen die seit einigen Jahren auf dem Markt sehr erfolgreichen hochfesten Holzbauschrauben (Festigkeiten von rund 1.000 N/mm²) herzustellen. Eine Änderung dieser Anforderung in [2] steht zum Zeitpunkt der Beitragserstellung an, dem Verfasser sind jedoch noch keine Details bekannt. Eine ETA kann zu diesem Punkt deutlich mehr Freiraum gewähren die geforderte Sicherheit muss selbstverständlich mittels Prüfungen am Produkt erarbeitet werden. Eventuell bedarf es auch neuer Prüfverfahren, die der deutlich größeren Gefahr einer Wasserstoffversprödung bei hochfesten Stählen Rechnung trägt. Geometrie Die möglichen Nenndurchmesser für Holzbauschrauben gemäß [2] sind mit mindestens 2,4 mm bis maximal 24 mm sehr weit gefasst und werden aller Voraussicht nach für die

6 Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 16. Internationales Holzbau-Forum 10 nächsten Jahre ausreichend sein. Das Verhältnis von Gewinde-Innendurchmesser zu Außendurchmesser ist derzeit zwischen 0,6 und 0,9 definiert. Hier würde eine Erweiterungsmöglichkeit in niedrigere Bereiche für hochfeste Stahlsorten eventuell weiteres Potential bieten. Auch kann eine Reduzierung der Mindestgewindelänge von derzeit mindestens 6d für Einzelanwendungen interessante und ökonomische Lösungen z.b. in Laubholz ermöglichen. Charakteristischer Ausziehparameter und Kopfdurchziehparameter Gemäß [2] ist der charakteristische Auszieh- und Kopfdurchziehparameter mittels EN 1382 bzw. EN 1383 zu ermitteln. Die Umrechnung der Parameter von der tatsächlich geprüften Holzrohdichte auf eine charakteristische Rohdichte wird weder in den Prüfnormen noch in [2] angegeben, weshalb für die Etikettierung und CE-Kennzeichnung gemäß Anhang ZA nicht wie gefordert möglich ist. Erst über Rückrechnung gemäß Formel (8.40a) aus Eurocode 5 kann dem entsprochen werden. Durch Implementierung der Rohdichtekorrektur entweder in den Prüfnormen, der Produktnorm oder ETA könnte dieser Schönheitsfehler beseitigt werden. 5.2. Erweiterungspotential hinsichtlich Ausführung und Bemessung gemäß EC5 Wie oben beschrieben, bietet eine Zulassung gegenüber dem Normenpaket den Vorteil, direkt Regelungen für die Bemessung und die Ausführung zu implementieren und damit dem Anwender in der Bemessung - aber auch Ausführung - ein geregeltes Werkzeug zur Verfügung zu stellen: Mindestabstände Knotendetails mit stiftförmigen Verbindungsmitteln bestimmen häufig die Mindestquerschnittsabmessungen von Bauteilen. Aus diesem Grund gibt es stete Bestrebungen, die in EC5 angegebenen Mindestabstände für Holzbauschrauben durch z.b. optimierte Bohrspitzen reduzieren zu können, wobei das Sicherheitsniveau beibehalten und durch entsprechende Prüfungen belegt werden muss. Bei identen Schrauben könnten auch unterschiedliche Mindestabstände in Abhängigkeit mit oder ohne Vorbohren sinnvoll sein derartige Änderungen könnten in einer ETA implementiert werden. Holzartenspezifische Festigkeitsparameter Im letzten Jahrzehnt wurden und werden laufend neue Festigkeits- und Steifigkeitskennwerte von Laubholzarten ermittelt, um i.d.r. Sonderbauteile mit besonders hohen Anforderungen realisieren zu können. Für diese Anwendungsbeispiele könnte mittels ETA relativ kurzfristig eine Standardisierung angeboten werden, ehe entsprechende Regeln in EC5 aufgenommen sind. Der dafür erforderliche Prüfaufwand, um die Festigkeitsparameter in neuen Holzarten gesichert festlegen zu können, wird aber deutlich höher sein, als eine Erstprüfungseinheit in einer bekannten Holzart wie der Fichte, für die das Festigkeitsmodell bereits erarbeitet ist. Querzug- und Querdruckverstärkung Eine vor allem wirtschaftlich äußerst interessante Lösung, sei es für besonders hoch belastete Detailpunkte oder im Rahmen von Sanierungen, sind Querzug- und Querdruckverstärkungen mittels Vollgewindeschrauben. Eine ETA mit einer diesbezüglichen Regelung erleichtert den Einsatz der betreffenden Schraube. Sonderanwendungen wie Aufdachdämmung Spätestens mit der Etablierung der Holz-Massivbauweise ist die Aufdachdämmung auf dem Weg zum Standarddetail. Über gekreuzte Schrauben lässt sich diese Aufgabenstellung lösen, auch bieten EC5 in Kombination mit EC3 direkt die Möglichkeit einer Bemessung. Es müssen dazu Annahmen für die Grenzschlankheiten auf Basis der zu erwartenden Imperfektionen getroffen werden. Für den Anwender wäre es aber wesentlich bequemer, einfach handhabbare, fertige Bemessungs- und Anwendungsregeln mit einer ETA mitgeliefert zu bekommen.

Zulassung ergänzt Norm R. A. Jöbstl 7 6. Schlussbetrachtung Im vorliegenden Beitrag wurden die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Normung und Zulassungswesen diskutiert. Damit ergibt sich auch anschaulich, dass allein auf Grund der Zielrichtung der Normung im Hinblick auf Sicherheit und den Stand der Technik die Entwicklung scheinbar langsam vorangeht, während das Zulassungswesen mit einer deutlich kürzeren Reaktionszeit auf Innovationen eingehen, damit die Bedürfnisse der Wirtschaft decken und mit der Etablierung und nach entsprechender Erprobungszeit schlussendlich wieder in die Normung einfließen kann. Die europäische Bauproduktenrichtlinie bildet mit den Eurocodes die Basis für das Bauwesen und die dafür notwendigen Bauprodukte, die über harmonisierten technischen Spezifikationen EN und ETA zertifiziert und damit hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit deklariert werden. Für die modernen Holzbauschrauben aus hochfesten Stählen werden durch eine in naher Zukunft erhältliche Europäische Technische Zulassung ETA gegenüber der Produktnorm für stiftförmige Verbindungsmittel EN 14592 neue Möglichkeiten eröffnet, die den konstruktiven Ingenieurholzbau weiter entwickeln werden. 7. Quellenangabe [1] Bauproduktenrichtlinie BPR; Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte (89/106/EWG); Amtsblatt Nr L040 vom 11/02/1989 in der Fassung der RICHTLINIE DES RATES 93/68/EWG vom 22. July 1993 [2] EN 14592:2008.10 Holzbauwerke Stiftförmige Verbindungsmittel - Anforderungen [3] EN 1995-1-1:2004,Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten. Teil 1-1: Allgemeinss Allgemeine Regeln und Regeln für den Holzbau [4] EN 1995-1-1:2008, Berichtigung 1,Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines - Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau; Deutsche Fassung EN 1995-1-1:2004+A1:2008, Berichtigung zu DIN EN 1995-1-1:2008-09; Deutsche Fassung EN 1995-1-1:2004/AC:2006