Thomas Lampke. Gestaltung technischer Oberflächen mit funktionalen Aufgaben. Band 30



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Transkript:

Schriftenreihe: WERKSTOFFE UND WERKSTOFF- TECHNISCHE ANWENDUNGEN Thomas Lampke Gestaltung technischer Oberflächen mit funktionalen Aufgaben Band 30 Hrsg.: Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. B. Wielage

Lampke, Thomas Gestaltung technischer Oberflächen mit funktionalen Aufgaben Schriftenreihe: WERKSTOFFE UND WERKSTOFFTECHNISCHE ANWENDUNGEN, Band 30 Herausgeber: Verlag: TU Chemnitz, Fakultät für Maschinenbau Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. B. Wielage Eigenverlag, Chemnitz Datum: 17. April 2008 Seiten 229 ISSN: 1439-1597 Bereits erschienene Bände dieser Schriftenreihe: www.tu-chemnitz.de/mb/lvw/info/schriftenreihe.php

Gestaltung technischer Oberflächen mit funktionalen Aufgaben Von der Fakultät für Maschinenbau der Technischen Universität Chemnitz genehmigte Habilitationsschrift zur Erlangung des akademischen Grades Doktoringenieur habilitus (Dr.-Ing. habil.) vorgelegt von Dr.-Ing. Thomas Lampke geboren am 01. April 1968 in Brake (Unterweser) eingereicht am 17. April 2008 Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. Bernhard Wielage Prof. Dr.-Ing. habil. Heinrich Kern Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Paatsch Chemnitz, 17. April 2008

Bibliographische Beschreibung Seite I Bibliografische Beschreibung Lampke, Thomas Gestaltung technischer Oberflächen mit funktionalen Aufgaben Habilitation an der Fakultät für Maschinenbau der Technischen Universität Chemnitz, Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe, Chemnitz, 17. April 2008. 233 Seiten 202 Abbildungen 21 Tabellen 248 Literaturzitate Referat Eine Vielzahl der Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften von Werkstoffen wird von der Oberfläche bestimmt. Die gezielte Beeinflussung dieser physikalischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften über technische Verfahren ist das Ansinnen der Oberflächentechnik. Hierzu wird die Oberfläche modifiziert, umgewandelt bzw. beschichtet. Insbesondere die Systemeigenschaften Korrosion und Verschleiß sind stark von der Zusammensetzung und Gestalt technischer Oberflächen abhängig und müssen sowohl bei der Verarbeitung als auch im Gebrauch betrachtet werden, um unerwünschten Prozessen wirkungsvoll zu begegnen. In dieser Schrift werden anhand ausgewählter Systeme die funktionalen Aufgaben unterschiedlich beanspruchter technischer Oberflächen entsprechend der jeweiligen Anforderungen definiert und Lösungsansätze entwickelt. Anschließend erfolgt der Nachweis der erzielten Eigenschaften durch geeignete Prüf- bzw. Untersuchungsverfahren. Zusammenhänge zwischen Prozessparametern, Mikrostruktur und Eigenschaften lassen die Einsatzmöglichkeiten der verwendeten Werkstoffe unter Berücksichtigung der angewendeten Prozesse erkennen. Folgende Themenkomplexe werden ausführlich behandelt: Schutzschichten für Lötanlagenkomponenten zur Verarbeitung bleifreier Lote, anodisch erzeugte Schichten mit angepassten dielektrischen und tribologischen Eigenschaften sowie Korrosionseigenschaften, Phosphatschichten zur Vermeidung von Tribokorrosion und zur Erhöhung der Übertragbarkeit von Kräften mit Welle-Nabe-Verbindungen, Dispersionsschichten zum Korrosions- und Verschleißschutz mit Potenzial zur Anwendung in Mikrosystemen und für autokatalytische Prozesse sowie auftraggeschweißte Schichten zum kombinierten Korrosions- und Verschleißschutz von Messern der Lebensmittelindustrie. Schlagworte Oberflächentechnik, Funktionswerkstoffe, Beschichtungstechnik, Korrosionsschutz, Verschleißschutz, Anodisieren, Phosphatieren, Dispersionsschichten, Auftragschweißen, bleifreies Löten

Vorwort Seite III Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2007 während meiner Tätigkeit als Oberingenieur am Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe der Technischen Universität Chemnitz entstanden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Wielage, dem Institutsleiter, für seine stete Förderung durch Übertragen von Aufgaben und Verantwortung an seinem Lehrstuhl. Durch Einräumen großer Handlungsspielräume, Einführung in wichtige Gremien sowie Initiierung vieler Forschungsprojekte hat er mir das Anfertigen dieser Arbeit ermöglicht. Für die Diskussionsbereitschaft und Unterstützung bei wesentlichen Entscheidungen bin ich ihm sehr dankbar. Großen Dank möchte ich auch Herrn Professor Steinhäuser aussprechen, der mich in die Thematik der Oberflächentechnik durch viele Gespräche und Diskussionen eingeführt und mich dafür begeistert hat und mir in Detailfragen mit Rat und Tat zur Seite stand und steht. Einige der in dieser Arbeit verwendeten Schemata basieren auf seinen Arbeiten. Die hier zusammengetragenen Ergebnisse wurden u.a. in nachstehenden öffentlich geförderten Forschungsvorhaben erarbeitet. Ich danke den nachstehenden Damen und Herren für die gute Zusammenarbeit und die Bereitschaft zur Verwertung der Ergebnisse: Herrn Dr. Holländer, Herrn Dr. Janssen, Frau Dr. Schäpers, Herrn Gebert, Frau Prof. Jakob, Herrn Dr. Alisch, Herrn Dr. Alaluss, Herrn Dr. Müller, Herrn Dr. Schmutz und Herrn Dr. Erler. Oberflächentechnik für die Verarbeitung bleifreier Lote in Lötmaschinen (AiF; TU Chemnitz / RWTH Aachen / Universität Hannover) Modifizierung von anodisch erzeugten Oxidschichten auf Aluminium und Einlagerung von Nanopartikeln (DFG; TU Chemnitz) Korrosions- und Verschleißschutz von Al-basierten Werkstoffen (DFG; TU Chemnitz) Chemisch und galvanisch abgeschiedene Nanokomposite für die Mikrosystemtechnik (DFG; TU Chemnitz Herstellung und Eigenschaften von Nickeldispersionswerkstoffen in Mikrostrukturen (DFG; TU Ilmenau / TU Chemnitz) Charakterisierung und Qualifizierung hochkarbidhaltiger Verschleißschutzbeschichtungen hinsichtlich des Einsatzes unter stark korrosiven Bedingungen (AiF; CeWOTec ggmbh / TU Chemnitz) Sehr dankbar bin ich auch meiner Arbeitsgruppe sowie allen weiteren Kolleginnen und Kollegen für das gute Arbeitsklima, die vielfältige Unterstützung und die wertvollen Hinweise. Besonders erwähnen möchte ich Frau Dr. Dietrich, Herrn Dr. Alisch, Herrn T. Müller, Frau Dr. Pokhmurska, Frau Tauchmann, Frau Benedix, Frau Fritsche, Herrn Dr. Podlesak, Herrn Darwich, Herrn Hockauf, Frau Gläser, Frau Muhr und Frau Zacher. Ohne die Ergebnisse aus Studien-, Projekt- und Diplomarbeiten hätte ich die in der vorliegenden Arbeit zusammengestellten Ergebnisse nicht erzielen können. Hierfür danke ich insbesondere Frau Ostra, Herrn Richter, Frau Leopold, Herrn Sorroche, Frau Kuprin, Frau Reinhardt, Herrn Zhou und Herrn Antusch. Nicht zuletzt danke ich meiner Frau Regina und meiner gesamten Familie für die Unterstützung und das Verständnis im Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit und dem Anfertigen dieser Arbeit.

Gliederung Seite V Gliederung 1 Einleitung, Problem- und Zielstellung... 1 2 Stand von Wissenschaft und Technik... 3 2.1 Vorbemerkungen... 3 2.2 Korrosion und deren Kennzeichnung... 3 2.3 Modellbildung und Simulation von Korrosionsvorgängen... 6 2.3.1 Ziele und Herangehensweise... 6 2.3.2 Einflussfaktoren auf Experiment und Modell... 7 2.3.3 Mathematische Modelle... 10 2.3.3.1 Wesentliche mathematische Modelle in der Übersicht... 10 2.3.3.2 Thermodynamische Modelle... 11 2.3.3.3 Stochastische Modelle... 14 2.3.4 Simulation von Korrosionsvorgängen... 15 2.4 Verschleiß und dessen Kennzeichnung... 18 2.5 Modellbildung und Simulation des tribologischen Verhaltens... 20 2.5.1 Geschichte der Kontaktberechnung... 20 2.5.2 Betrachtung des Kontaktproblems in verschiedenen Größenordnungen... 22 2.5.3 Berechnungsmethoden... 23 2.5.3.1 Analytische Modellierung... 23 2.5.3.2 Numerische Modellierung... 25 2.5.4 Alternative Modelle von Reibvorgängen... 28 2.6 Weitere Oberflächeneigenschaften im Überblick... 30 2.7 Ausgewählte technische Oberflächen... 31 2.7.0 Vorbemerkungen 31 2.7.1 Einsatz und Verarbeitung bleifreier Lote... 32 2.7.2 Anodisch abgeschiedene Schichten... 35 2.7.3 Phosphatieren von Metallen... 37 2.7.4 Nickel und Nickeldispersionsschichten... 40 2.7.5 Korrosions- und Verschleißschutz durch Auftragschweißen... 44 3 Forschungsbedarf an den ausgewählten Werkstoffen und Schichtsystemen 47 3.1 Motivation Ableitung des Untersuchungsprogramms... 47 3.2 Schichten zum Schutz von Anlagenkomponenten für die Verarbeitung 47 bleifreier Lote... 3.3 Schichten zur Verbesserung mechanischer, elektrischer und tribologischer sowie Korrosionseigenschaften von Aluminium... 48

Seite VI Gliederung 3.4 Phosphatschichten zur Gestaltung von Pressverbindungen und zum Schutz vor Tribooxidation... 3.5 Nickel- und Nickeldispersionsschichten für verschleiß- und korrosionsbeständige sowie autokatalytische Oberflächen... 3.6 Auftraggeschweißte Schichten zur Gestaltung extrem verschleiß- und korrosionsbeständiger Oberflächen... 49 49 51 4 Charakterisierungsmethoden und verfahren... 53 4.1 Mikrostrukturuntersuchungen... 53 4.2 Bestimmung mechanischer Eigenschaften... 53 4.3 Verschleißuntersuchungen... 55 4.4 Korrosionsuntersuchungen... 58 4.5 Autokatalytische Tests... 61 4.6 Bestimmung der Durchschlagfestigkeit... 62 5 Versuchsdurchführung, Darstellung und Diskussion der Ergebnisse... 65 5.1 Schichten zum Schutz von Anlagenkomponenten für die Verarbeitung bleifreier Lote... 65 5.1.1 Wissenschaftlich-technische Ziele und Lösungsansätze... 65 5.1.2 Chromschichten... 67 5.1.3 Metalloide Hartstoffschichten und Anorganische Polymerschichten 68 5.1.4 Arc-PVD-Schichtsysteme... 70 5.1.5 Thermisch gespritzte (APS) Schutzschichten... 71 5.1.6 Dünne Schichten aus Siliziumdioxid... 72 5.1.7 Versuchsdurchführung... 73 5.1.8 Bewertung der Beschichtungsvarianten... 75 5.1.8.1 Präparation und Charakterisierung... 75 5.1.8.2 Statisch ausgelagerte Proben... 75 5.1.8.2.1 Untersuchungen ohne Verwendung von Flussmitteln... 75 5.1.8.2.2 Untersuchungen unter Verwendung von Flussmitteln... 81 5.1.8.3 Dynamisch ausgelagerte Proben... 82 5.1.8.4 Betriebsnah ausgelagerte Proben... 83 5.1.9 Folgerungen... 85 5.2 Schichten zur Verbesserung mechanischer und elektrischer Eigenschaften von Aluminium... 87 5.2.1 Wissenschaftlich-technische Ziele und Lösungsansätze... 87

Gliederung Seite VII 5.2.2 Versuchsdurchführung... 88 5.2.3 Bewertung der Beschichtungsvarianten... 89 5.2.3.1 Präparation und Charakterisierung... 89 5.2.3.2 Mikrostrukturen... 90 5.2.3.3 Härte und Sprödigkeit... 95 5.2.3.4 Tribologisches Verhalten... 99 5.2.3.5 Korrosionsverhalten... 100 5.2.3.6 Elektrische Durchschlagfestigkeit... 105 5.2.4 Folgerungen... 107 5.3 Phosphatschichten zur Gestaltung von Pressverbindungen und zum Schutz vor Tribooxidation... 109 5.3.1 Wissenschaftlich-technische Ziele und Lösungsansätze... 109 5.3.2 Versuchsdurchführung... 110 5.3.3 Bewertung der Beschichtungsvarianten... 111 5.3.3.1 Einfluss der Rauheit auf die Kristallitgröße der Phosphatschicht... 111 5.3.3.2 Einfluss der Vorspülung auf Morphologie und Phasenbestand der Zn(Ca)-Schichten... 113 5.3.3.3 Tribologische Eigenschaften phosphatierter Pressflächen... 116 5.3.4 Folgerungen... 120 5.4 Nickel- und Nickeldispersionsschichten für verschleiß- und korrosionsbeständige sowie autokatalytische Oberflächen... 121 5.4.1 Wissenschaftlich-technische Ziele und Lösungsansätze... 121 5.4.2 Versuchsdurchführung... 124 5.4.3 Zusammenhänge zwischen Abscheidungsbedingungen, Struktur und Eigenschaften... 125 5.4.4 Ergebnisse an Galvanischen Nickelschichten... 125 5.4.4.1 Einfluss der Stromdichte... 125 5.4.4.2 Einfluss des Zusatzes Saccharin... 128 5.4.4.3 Einfluss der Elektrolytzusammensetzung auf Struktur und 129 Eigenschaften... 5.4.4.4 Zusammenhänge zwischen Textur und Schichttyp... 132 5.4.5 Folgerungen Nickelstrukturen... 134 5.4.6 Ergebnisse an Nickel-Dispersionsschichten... 135 5.4.6.1 Mikrostrukturcharakterisierung... 135 5.4.6.2 Mechanische Eigenschaften... 145

Seite VIII Gliederung 5.4.6.3 Verschleißverhalten... 147 5.4.6.3.1 Kavitationsverschleißwiderstand... 147 5.4.6.3.2 Schwingungsverschleißwiderstand... 150 5.4.6.3.3 Abrasionsverschleißwiderstand... 153 5.4.6.3.4 Modellierung des Verschleißverhaltens im Scrachtest... 156 5.4.6.4 Korrosionsverhalten... 162 5.4.6.5 Autokatalytisches Verhalten... 165 5.4.6.6 Impactverhalten... 167 5.4.7 Folgerungen... 172 5.5 Auftraggeschweißte Schichten zur Gestaltung extrem verschleiß- und korrosionsbeständiger Oberflächen... 175 5.5.1 Wissenschaftlich-technische Ziele und Lösungsansätze... 175 5.5.2 Versuchsdurchführung... 177 5.5.3 Gefüge und Härte... 178 5.5.4 Abrasionsverhalten... 180 5.5.5 Korrosionsverhalten... 181 5.5.5.1 Stromdichte-Potenzial-Untersuchungen... 181 5.5.5.2 Langzeitkorrosionstests... 182 5.5.5.3 Dauerrührtest... 186 5.5.5.4 Salzsprühtest... 189 5.5.5.5 Diskussion der Korrosionsergebnisse... 190 5.5.6 Kombiniertes Verschleiß- und Korrosionsverhalten... 191 5.5.6.1 Kombinierte Prüfung mittels Taber Abraser Test... 192 5.5.6.2 Kombinierte Prüfung mittels Miller-Test... 192 5.5.6.3 Diskussion der Ergebnisse aus kombinierten Verschleiß- und Korrosionstests... 197 5.5.7 Folgerungen... 198 6 Folgerungen... 201 7 Zusammenfassung... 207 8 Literatur... 209

1 Einleitung, Problem- und Zielstellung Seite 1 1 Einleitung, Problem- und Zielstellung Einleitung Technische Produkte stehen über deren Oberfläche in Wechselwirkung mit der Umgebung, beeinflussen diese einerseits und werden andererseits von den Umgebungseinflüssen verändert, was sich bis in das Innere eines Erzeugnisses auswirken kann. Eine Vielzahl der Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften von Werkstoffen wird von der Oberfläche bestimmt. Die gezielte Beeinflussung dieser physikalischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften über technische Verfahren ist das Ansinnen der Oberflächentechnik, da häufig die Eigenschaften des Substrates nicht ausreichen, um die gewünschten Eigenschaften hinreichend gut zu gewährleisten. Folglich muss die Oberfläche modifiziert, umgewandelt bzw. beschichtet werden. Im Gegensatz zu natürlichen Oberflächen, die ohne menschliches Einwirken entstehen, soll unter der Gestaltung technischer Oberflächen die gezielte menschliche Einflussnahme verstanden werden. Durch die chemische Zusammensetzung und die Mikrostruktur im Oberflächenbereich lassen sich z.b. die Werkstoffeigenschaften Oberflächenhärte, -festigkeit, -zähigkeit und -duktilität, Zerspanbarkeit, Dauerfestigkeit sowie thermische und elektrische Leitfähigkeit in weiten Grenzen einstellen. Eigenschaften wie Glanz und Rauheit resultieren aus der Feingestalt, die häufig durch Oberflächenbearbeitungsverfahren gezielt eingestellt werden. Insbesondere sind die Systemeigenschaften Korrosion und Verschleiß stark von der Zusammensetzung und Gestalt technischer Oberflächen abhängig und müssen sowohl bei der Verarbeitung (z.b. Vermeidung von Adhäsion zwischen Werkstück/Werkzeug, Vorbehandlung, Veredelung) als auch im Gebrauch betrachtet werden, um unerwünschten Prozessen wirkungsvoll zu begegnen. Nicht zuletzt deshalb wird seit geraumer Zeit die Oberfläche von Komponenten oder Bauteilen als Konstruktionselement betrachtet. Durch diverse Verfahren auf Basis chemischer, physikalischer, thermisch aktivierter und auch mechanischer Prozesse oder durch deren Kombination lassen sich Zusammensetzung und Eigenschaften gemäß dem Anforderungsprofil gestalten. Hierbei ist zwischen Oberflächenbehandlung und -beschichtung zu unterscheiden. Gemäß DIN 8580, ist zum Beschichten ein formloser Beschichtungsstoff einzusetzen, der auf das Substrat aufgebracht wird. Damit ist neben den Eigenschaftsänderungen auch eine geometrische Veränderung des Werkstücks verbunden. Um die Schichteigenschaften wirkungsvoll und langfristig nutzen zu können, ist eine gute Schichthaftung erforderlich. Vielfach werden Produkte erst durch Oberflächenbehandlung oder -beschichtung einsetzbar. Funktionale Aufgaben von Oberflächen entstehen im Zusammenwirken mit äußeren, zumeist komplexen Beanspruchungen eines Bauteils. Dabei ist der Begriff Oberflächenfunktionalität einerseits sehr weitläufig, andererseits auch in den verschiedenen Disziplinen unterschiedlich belegt. Auch die Größenskalen bei der Betrachtung und Definition einer Oberfläche spielen eine Rolle. In dieser Arbeit ist das Augenmerk auf technische Oberflächen gerichtet, die Oberflächenbereiche (Schichtdicken) zwischen 1 µm und einigen Millimetern umfassen. Die Funktionalität entsteht aus der Zusammensetzung und Gestalt der Oberfläche. In dieser Arbeit betrifft Funktionalität im Wesentlichen die Phänomene Korrosion, Verschleiß, Reibung, Dielektrizität und Autokatalyse.

Seite 2 1 Einleitung, Problem- und Zielstellung Problemstellung Das zentrale Problem beim Gestalten von technischen Oberflächen besteht darin, einen Werkstoffaufbau zu realisieren, der dem komplexen Anforderungsprofil gerecht wird. Dazu gehören z.b. Konturtreue (Form), Vermeidung von Wechselwirkungen mit dem Grundwerkstoff und diverse gegenläufige Werkstoffeigenschaften (z.b. hohe Härte bei guter Duktilität). Für die Akzeptanz eines langlebigen Produktes nimmt der Schutz vor Korrosion und Verschleiß eine herausragende Rolle ein. Da diese Eigenschaften systemabhängig sind, also von den jeweiligen Randbedingungen im Einsatzfall abhängen und nicht a priori einem Werkstoff zugeordnet werden können, ist der Entwicklungs- und Prüfaufwand für verschleiß- und korrosionsbeanspruchte Werkstoffe und Schichten (Oberflächen) sehr groß. Häufig treten die Charakteristika einer Oberfläche erst während der Beanspruchung in Erscheinung. Behandlungsstrategien zur Begünstigung bzw. Einstellung einer Charakteristik können positive oder negative Auswirkung auf die Summeneigenschaften eines Produktes haben. Diese Tatsachen zeigen die Komplexität hinsichtlich Eigenschaften und Anforderungen von Oberflächen auf und stehen dem Wunsch nach kurzen Produktentwicklungszeiten, niedrigen Kosten, Machbarkeit und Umweltverträglichkeit im Allgemeinen entgegen. Aus werkstofftechnischer und konstruktiver Sicht muss ein Weg gefunden werden, über den die Einzel- und Summeneigenschaften eines Produktes sicher und reproduzierbar einstellbar sind. Hierzu sind vertiefte Kenntnisse über die Möglichkeiten zur Gestaltung technischer O- berflächen erforderlich, die Fachwissen in den Disziplinen Werkstoffkunde, Prozessgestaltung, Mikrostrukturanalytik, eigenschaftskennzeichnende Prüfung und Kostengestaltung voraussetzen. Zielstellung Das Ziel der Arbeit besteht darin, die vielfältigen funktionalen Aufgaben unterschiedlich beanspruchter technischer Oberflächen am Beispiel von ausgewählten Systemen gemäß den jeweiligen Anforderungen zu definieren, Lösungsansätze zu entwickeln, praktisch umzusetzen und die erzielten Eigenschaften durch geeignete Prüf- bzw. Untersuchungsverfahren nachzuweisen. Dazu sind die Zusammenhänge zwischen Prozessparametern (Beschichtungstechnologie, Randbedingungen), Mikrostruktur und Eigenschaften darzustellen und an geeigneten Beispielen aus verschiedenen Einsatzgebieten zu erläutern. Nachstehende Themenkomplexe wurden aufgrund der durchgeführten Forschungsvorhaben diesbezüglich ausgewählt: Schutzschichten für Lötanlagenkomponenten zur Verarbeitung bleifreier Lote, anodisch erzeugte Schichten mit angepassten dielektrischen, tribologischen Eigenschaften und Korrosionseigenschaften, Phosphatschichten zur Vermeidung von Tribokorrosion und zur Erhöhung der Übertragbarkeit von Kräften mit Welle-Nabe-Verbindungen, Dispersionsschichten zum Korrosions- und Verschleißschutz mit Potenzial zur Anwendung in Mikrosystemen sowie auftraggeschweißte Schichten zum kombinierten Korrosions- und Verschleißschutz von Messern der Lebensmittelindustrie.

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 3 2 Stand von Wissenschaft und Technik 2.1 Vorbemerkungen Entsprechend der Zielstellung wird zunächst der Stand von Wissenschaft und Technik beschrieben. Daraus leiten sich einerseits eine allgemeine Situation von Funktionsoberflächen und andererseits der Ausgangspunkt für die durchgeführten Forschungsarbeiten der in Abschnitt 1 benannten Gebiete ab. Aufgrund der Bedeutung für die hier dargestellten Forschungsaufgaben werden zunächst der derzeitige Kenntnisstand zur Korrosion und diesbezügliche Ansätze zur Modellbildung dargelegt und diskutiert. In ähnlicher Weise wird zum Verschleiß berichtet. Die vorhandenen Gemeinsamkeiten in der Betrachtungsweise von Korrosion und Verschleiß als Systemeigenschaften auch im Hinblick auf deren Charakterisierung wird verdeutlicht. Schließlich ergeben sich hieraus Lösungsansätze, die in die Vorgehensweise bei der Bearbeitung der Forschungsvorhaben eingeflossen sind. 2.2 Korrosion und deren Kennzeichnung Definition Korrosion ist die physiko-chemische Wechselwirkung zwischen einem Metall und seiner Umgebung, die zu einer Veränderung der Eigenschaften des Metalls führt und die zu erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion des Metalls, der Umgebung oder des technischen Systems, von dem diese einen Teil bilden, führen kann (EN ISO 8044). Ein effektiver Korrosionsschutz muss wartungsarm bzw. wartungsfrei, kostengünstig und ökologisch unbedenklich sein sowie in seiner Haltbarkeit mit der Nutzungsdauer der Bauwerke und Konstruktionen weitgehend übereinstimmen [2-1]. Korrosionskennzeichnung Die Erscheinungsformen der Korrosion sind in Abhängigkeit von ihrer Entstehungsursache sehr unterschiedlich. Sie reichen von der Zerstörung dekorativer Schichten bis hin zur Werkstoff- und Bauteilzerstörung. Als vergleichsweise harmlos gilt die gleichmäßige Flächenkorrosion. Im Fall der elektrochemischen Korrosion entsteht sie durch eine Vielzahl von auf der Oberfläche statistisch verteilten Lokalelementen. Da die Abtragsrate relativ gering und abschätzbar ist, wird dies bei der Bauteildimensionierung über einen Korrosionszuschlag berücksichtigt. Treten anodische Bereiche lokal auf, kommt es zur Ausbildung gefährlicher lokaler Korrosionselemente. Hierbei ist die Korrosionsgeschwindigkeit besonders zu beachten. Die Einheit, in der die Korrosionsgeschwindigkeit ausgedrückt wird, hängt von dem technischen System und der Form der Korrosionserscheinung ab. Dementsprechend kann die Korrosionsgeschwindigkeit als Zunahme der Angriffstiefe pro Zeit oder die Masse des Metalls, die pro Fläche und pro Zeit in Korrosionsprodukte umgewandelt wird, ausgedrückt werden. Die Korrosionserscheinung kann sich im Verlauf der Beanspruchung verändern und muss nicht in allen Bereichen der korrodierenden Oberfläche gleich sein. Dementsprechend sollten Berichte über Korrosionsgeschwindigkeiten stets Angaben über die Korrosionsart, deren Zeitabhängigkeit und über die örtliche Verteilung der Korrosionserscheinung enthalten (EN ISO 8044).

Seite 4 2 Stand von Wissenschaft und Technik Korrosionssystem Im thermodynamischen Sinne ist ein System dadurch definiert, dass die betrachtete Materie und Energie durch wirkliche oder gedachte Begrenzungen von der Umgebung abgegrenzt sind. Ein Korrosionssystem besteht aus dem Werkstoff und dem umgebenden Medium und stellt ein offenes System dar, bei dem Energie- und Stoffaustausch so lange stattfindet, bis das System in einem energetisch stabilen Zustand (niedriger Energie) angelangt ist. Charakteristisch für das Korrosionssystem und maßgebend für die Reaktionen ist die Phasengrenze zwischen Werkstoff und Medium. Je nach Werkstoffkombination wird zwischen homogenen und heterogenen Systemen unterschieden. Die Korrosionserscheinung findet als topochemische (ortsgebundene) Reaktion an einer Phasengrenze statt. Die Besonderheit ortsgebundener Reaktionen erklärt typische Korrosionsschäden wie Spaltkorrosion, Lochfraß oder interkristallinen Angriff aber auch sich verzögernde Korrosionsreaktionen durch die Bildung schützender Deckschichten. Wichtig ist eine ganzheitliche Betrachtung des Korrosionssystems, um auftretende Schäden beurteilen und vermeiden zu können, was u.a. durch eine Optimierung des Schutzverfahrens (Beschichtung, Opferanoden, Beeinflussung des Korrosionsmediums, Temperaturänderungen, konstruktive Maßnahmen etc.) erfolgt [2-2]. Korrosionsarten In Abhängigkeit von den Eigenschaften der Reaktionspartner wird prinzipiell zwischen chemischer, elektrochemischer und (metall)physikalischer Korrosion unterschieden. Chemische Korrosion tritt zwischen nicht-elektronenleitenden Werkstoffen bzw. in nicht ionenleitenden Flüssigkeiten auf (z.b. Auflösung von Glas oder Keramik in Alkalien, Auflösung unedler Metalle wie Mg oder Al in Halogenwasserstoff). Charakteristisch für physikalische Korrosion sind Diffusionsvorgänge in Oberflächenbereichen von Metallen, die mit Metallschmelzen in Kontakt stehen. Dies kann diffusionsgesteuert zur Bildung von Sprödphasen und nachfolgend zum Versagen führen. Die meisten Korrosionsvorgänge sind elektrochemischer Natur und treten in Verbindung mit elektrisch leitfähigen Flüssigkeiten auf. Entstehende anodische und kathodische Teilreaktionen sind über einen Elektronenstrom im Metall und einen Ionenstrom im Elektrolyten verbunden. Die Metallhydroxide schlagen sich als Korrosionsprodukte auf der Werkstoffoberfläche oder im Elektrolyten nieder. In Fortführung der o.g. drei unterschiedlichen Korrosionsarten wird die Einteilung in folgender Weise vorgenommen: Gaskorrosion, atmosphärische Korrosion, Meerwasserkorrosion, Erdbodenkorrosion, mikrobiologische Korrosion, Bakterienkorrosion, allgemeine Korrosion, örtliche Korrosion, gleichmäßige Flächenkorrosion, galvanische Korrosion, Bimetallkorrosion, Fremdstromkorrosion, Streustromkorrosion, Lochkorrosion, Spaltkorrosion, Korrosion unter Ablagerungen, Wasserlinienkorrosion, selektive Korrosion, Entzinkung von Cu- Zn-Leg., Spongiose, Interkristalline Korrosion, Schweißnahtkorrosion, Messerschnittkorrosion, Schichtkorrosion, Erosionskorrosion, Kavitationskorrosion, Reibkorrosion, Verschleißkorrosion, Schwingungskorrosion, Spannungskorrosion, Spannungsrisskorrosion, Wasserstoffversprödung, Blasenbildung, Abblättern und Anlaufen (EN ISO 8044).

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 5 Korrosionsprüftechnik bzw. Korrosionsprüfmethoden Korrosionsvorgänge werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Ebenso haben entstehende Korrosionsprodukte Einfluss auf das weitere Korrosionsgeschehen. Vorhersagen bezüglich des Korrosionsverhaltens aus relativ kurzen Prüfdauern unter verschärften Prüfbedingungen abzuleiten, ist sehr schwierig. Die Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Korrosionsreaktionen, elektrochemischen Einflussgrößen, Werkstoffgefüge, Vorbehandlungsbedingungen etc. ist deshalb eine wichtige Aufgabe von Korrosionsuntersuchungen (Abb. 2-1). Eine unter betriebsnahen Bedingungen realisierte Prüfung ist die beste Möglichkeit, realitätsnahe Korrosionsprozesse zu erzeugen und ein reales Bild vom Korrosionsprozess und seinen Auswirkungen zu erhalten. Starke Abweichungen von diesen Randbedingungen führen zu geänderten Korrosionsbelastungen und Korrosionsmechanismen. Korrosionsuntersuchungen, Korrosionsprüfung Gefüge, Werkstoffstruktur Abb. 2-1: Korrosionsprüfkette (unter Berücksichtigung von DIN 50900). Üblicher ist der Einsatz von Schnell- oder Labor-Korrosionsprüfungen mit dem primären Ziel der Qualitätssicherung von Erzeugnissen, ausgerichtet auf eine spezifische Korrosionsart. Auf das Langzeitverhalten eines Korrosionsschutzsystems kann aus beschleunigter Prüfung nur eingeschränkt geschlossen werden. Eine in der Praxis häufig eingesetzte Schnell-Korrosionsprüfmethode ist der Salzsprühnebeltest nach EN ISO 9227. Mit diesem Test, der unter Fachleuten durchaus umstritten ist, lässt sich der Einfluss von Meeres- und Küstenklima sowie der Auftausalze abschätzen. Dieser Test kann durch Einsatz alternativer Medien modifiziert und zur Einschätzung der Wirkung weiterer aggressiver Ionen genutzt werden. Elektrochemische Korrosionsprüfungen charakterisieren den augenblicklichen Zustand eines Korrosionssystems (u.a. Deck- oder Passivschichtbildung, Korrosionsgeschwindigkeit, Lochfraßpotenzial). Insbesondere ist hierbei die Impedanzspektroskopie zu erwähnen, die sich zur

Seite 6 2 Stand von Wissenschaft und Technik Aufklärung von Korrosionsmechanismen, Modellbildung der Korrosionsvorgänge, Einschätzung der Langzeitstabilität von Korrosionsschutzschichten etc. bevorzugt eignet [2-3, 2-4]. Charakteristische Größen von Stromdichte-Potenzialkurven sind das Ruhe-, Repassivierungs-, Durchstoß- und Aktivierungspotenzial. Im Bereich des Ruhepotenzials ist die Summenstromdichte Null, d.h. Lösungs- und Abscheidungsreaktion stehen im Gleichgewicht. Bedeutsam ist zudem die Korrosionsstromdichte, die durch das Anlegen von Tafelgraden zu ermitteln ist. Neuere Methoden und Ansätze zur Echtzeit-Beobachtung von Korrosionsprozessen werden u.a. in [2-5] vorgestellt. Dabei werden elektrochemische Signale (Stromdichte, Potenzial) und morphologische Veränderungen auf der Werkstückoberfläche (z.b. das Wachstum von Pittings) aufgezeichnet und korreliert. Gegenwärtig wird an der Entwicklung von Kurzzeit- Korrosionsprüfmethoden stark geforscht, um Korrosionsmechanismen sicher zu identifizieren, den Beginn einer Korrosionsreaktion zu erfassen, Prüf- und Entwicklungszeiten von Produkten zu verkürzen, Kosten zu senken und reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen [2-6]. Weitere detaillierte Hinweise zur Korrosion können der aktuellen einschlägigen Literatur entnommen werden. 2.3 Modellbildung und Simulation von Korrosionsvorgängen 2.3.1 Ziele und Herangehensweise Zur sicheren und möglichst raschen Vorhersage von Korrosionsvorgängen sind geeignete Modelle erforderlich. Die Entwicklung repräsentativer Modelle hat ihren Ursprung sowohl in einer theoretischen als auch in einer empirischen Herangehensweise. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung, da sie zu einer stetigen Verfeinerung der Modellbildung führen und damit die rechnergestützte Simulation von Korrosionsvorgängen ermöglichen. Damit ist es für viele Materialien und deren Kombination (Legierungen, Verbundwerkstoffe, Werkstoffverbunde) unter Kenntnis definierter Randbedingungen (Korrosionsmedium, Temperatur, Partialdrücke etc.) möglich, das Korrosionsverhalten hinsichtlich des dominierenden Mechanismus, der Korrosionsgeschwindigkeit, der Bildung von Korrosionsprodukten, ggf. eintretender Phasenumwandlungen und der Materialabtragsrate infolge von Korrosion zu beschreiben. Es sei darauf hingewiesen, dass zwischen den erwarteten und theoretisch beschreibbaren Korrosionsvorgängen sowie den realen Verhältnisse aus Gründen instationärer Prozesse bzw. sich ändernder Randbedingungen Diskrepanzen bestehen können. In der Literatur sind eindeutige Hinweise auf prinzipiell unterschiedliche Modellansätze zu finden. Vielfach handelt es sich noch um visionäre Ansätze, deren sichere Umsetzung noch nicht absehbar ist. Für Ingenieure und angewandte Materialwissenschaftler ist es primär von Bedeutung, in Verbindung mit FEM-Modellen die Lebensdauer eines Systems und den Einfluss der Legierungselemente zur Erhöhung des Korrosionswiderstandes zu ermitteln sowie die Entwicklung neuer Materialien und Schutzmaßnahmen voran zu treiben.

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 7 2.3.2 Einflussfaktoren auf Experiment und Modell Die Güte experimenteller Ergebnisse von Korrosionsuntersuchungen ist maßgeblich vom exakten Einhalten der Randbedingungen und der geeigneten Gestaltung der Versuchsparameter abhängig. Als Beispiel soll hier die potenziokinetische Korrosionsuntersuchung (Stromdichte- Potenzialkurven) herangezogen werden. Werkstoffaufbau: Die Reproduzierbarkeit elektrochemischer Korrosionsuntersuchungen ist durch den Werkstoffaufbau maßgeblich beeinflusst. Hierzu gehören Heterogenitäten (Fremdmetalleinschlüsse, Fügestellen etc.), heterogene Deckschichten (Dickenunterschiede, Poren und Risse in Oxidschichten, Zunderschichten etc.), strukturelle Unterschiede im Metall (Seigerungen, Ausscheidungen etc.) und auch Deformationen und mechanische Eigenspannungen. Oberflächenzustand: Korrosionsbeanspruchte Proben zeigen bevorzugt einen Angriff an höherenergetischen Stellen im Gitter ( Atomabbau ), was die Oberflächenenergie der Kristalle verkleinert. Aus diesem Grund kommt der Lagerung der Proben eine wichtige Bedeutung zu. Eine mechanische oder chemische Oberflächenbehandlung (schleifen, ätzen etc.) ist abzuwägen, in jedem Fall aber in gleicher Weise auszuführen. Medium: Abweichungen in Konzentration und Reinheit des Prüfmediums (Elektrolyt, Salzschmelze etc.) haben ebenfalls Einfluss auf das Prüfergebnis. Hier sind insbesondere die Zusammensetzung des angreifenden Mediums (i.d.r. zeitabhängig) und Konzentrationsunterschiede, wie z.b. Belüftungselemente und Kationenkonzentrationselemente zu berücksichtigen. Der nachfolgend genannte Aspekt Sauerstoffgehalt ist hier ebenso zu betrachten. Sauerstoffgehalt: Bei Korrosionsvorgängen, die nach dem Sauerstofftyp ablaufen (ph-wert > 5), ist der Sauerstoffgehalt der Lösung ein wichtiger Faktor für den Ablauf der Reaktion. So nimmt mit zunehmender Temperatur und zunehmendem Salzgehalt die Sauerstofflöslichkeit in der Lösung ab. Ggf. ist mit Stickstoff zu spülen, um den Sauerstoff aus der Lösung auszutreiben. Physikalische Bedingungen: Lokal unterschiedliche physikalische Randbedingungen prägen das Messergebnis. Hierzu gehören Temperaturdifferenzen (u.a. thermoelektrische Korrosion), verschiedene Strömungsgeschwindigkeiten und Potenzialunterschiede. Versuchsanordnung: In der DIN 50918 sind u.a. Richtwerte für den Abstand zwischen Haber- Luggin-Kapillare (HLK) und Probenoberfläche (Arbeitselektrode AE) angegeben. Heitz et al. schlagen als Abstand zwischen HLK und AE genau das Doppelte des äußeren Kapillardurchmessers vor [2-7]. Wichtig ist, dass die Kapillare möglichst dicht an die Probenoberfläche herangeführt wird, um den zu charakterisierenden Bereich störungsarm zu erfassen, ohne jedoch das elektrische Feld abzuschirmen Ruhepotenzialbestimmung: Das Ruhepotenzial nähert sich asymptotisch einem Beharrungszustand. Für die Ruhepotenzialbestimmung ist daher eine ausreichend lange Zeit vorzusehen, um die erforderlichen Gleichgewichtsbedingungen zu schaffen. Polarisationsgeschwindigkeit: Die Polarisationsgeschwindigkeit kann zwischen 0,1 und 10 mv/s variieren. Es ist bekannt, dass die Wahl der Prüfgeschwindigkeit das Messergebnis stark beeinflussen kann [2-8]. Dies liegt zum Einen an der kumulierten Dauer des Versuches

Seite 8 2 Stand von Wissenschaft und Technik (Alterung des Mediums, Aufkonzentration durch Korrosionsprodukte etc.) und zum Anderen daran, dass bei hohen Geschwindigkeiten Reaktionen überfahren werden (Ungleichgewicht). Da bei den untersuchten Systemen die Lochkorrosion von Bedeutung ist, wird auch das analytische Verfahren der Cyclovoltammetrie (zyklische Voltammetrie oder Dreieckspannungsmethode) angewendet, mit dem rasch ein Überblick über verschiedene Elektrodenprozesse zu gewinnen ist. Ursächlich für die Lochkorrosion ist das Einwirken bestimmter Anionen bei passiven Metallen, wobei die Passivität an Schwachstellen örtlich u. U. dauerhaft zerstört wird. Es entstehen Aktiv-/Passiv-Elemente mit großem Verhältnis von A k /A a und folgend beschleunigter Korrosion der kleinen Anoden. Dies führt zu punkt- oder nadelstichartigen Löchern sowie unterhöhlten Korrosionsstellen, deren diskrete Entstehungsschritte nur begrenzt verstanden sind. Zur Initiierung des Lochfraßes sind folgende Startvorgänge denkbar. a) Einbau von Anionen in das Passivoxid b) Insel-Adsorption von Anionen auf dem Passivoxid c) Aufreißen des Passivoxids (nach Strehblow) Generell ist zwischen Lochbildung (Lochkeimbildung) und Lochwachstum zu unterscheiden. Wird der Lochelektrolyt auf die Zusammensetzung der umgebenden Lösung rückverdünnt, ist eine Repassivierung der Lochstellen u.u. möglich. Je nach den vorliegenden praktischen Bedingungen ist die Grenzkonzentration an Anionen zur Auslösung der Lochkorrosion nur sehr eingeschränkt anzugeben, wozu Spalte, Wärmedurchgang etc. beitragen. In der Stromdichte- Potenzialkurve ist das Durchbrechen der Passivschicht ab dem kritischen Lochfraßpotenzial U L sichtbar. Prinzipiell wird bei der Cyclovoltammetrie (CV) der Stromverlauf abhängig von der angelegten Spannung aufgezeichnet. Zu diesem Zweck werden an die Messelektrode in einer Lösung ein ansteigendes und anschließend ein abfallendes Potenzial angelegt (oder umgekehrt). Von diesem dreiecksförmigen Spannungsverlauf kommt der Name Dreieckspannungsmethode. Die Potenziale, bei denen der Verlauf wechselt, nennt man dementsprechend kathodisches beziehungsweise anodisches Umkehrpotenzial. In einer wässrigen Lösung werden sie zweckmäßigerweise so gewählt, dass sie den Bereich zwischen Sauerstoff- und Wasserstoffentwicklung (die aus der Zersetzung von Wasser resultieren) abdecken. Die zu untersuchende Lösung wird dabei nicht gerührt. Wenn sich in der Lösung ein elektroaktiver Stoff befindet, wird dieser bei einem charakteristischen Potenzial oxidiert oder reduziert. Im Cyclovoltammogramm tritt dann ein Peak auf, den man als Überlagerung einer Stufenkurve und einer Stromverlaufskurve einer diffusionskontrollierten Elektrodenreaktion interpretieren kann. Die genaue Form dieser Kurve hängt u.a. von der Polarisationsgeschwindigkeit ab. Ebenso kann die elektrochemische Reaktion einer Metallelektrode mit einem Elektrolyten, zum Beispiel die Oxidation, oder Adsorptionsprozesse (Decksichtbildung) zu einem Peak führen. Bei einem reversiblen Elektrodenprozess ist das Potenzial an der Elektrodenoberfläche durch die Nernst-Gleichung bestimmt. Wegen der Diffusionskontrolle gilt das 1. Fick'sche Gesetz. Daraus kann die Stromdichte i P berechnet werden. Die entsprechende Randles-Sevčik- Gleichung lautet für den anodischen Halbzyklus:

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 9 i p 5 1,5 = 2,69 10 n v D c (2-1) red red n: Anzahl der Elektronen ν: Vorschubgeschwindigkeit des Potenzials D red : Diffusionskoeffizient der reduzierten Form des untersuchten Stoffes c red : Konzentration dieses Stoffes Mit Hilfe der Cyclovoltammetrie (CV) ist die Kinetik einer chemischen Reaktion aufklärbar. Normalerweise bedient man sich dabei bestimmter Diagnosekriterien, die für verschiedene Reaktionsmechanismen charakteristisch sind. Neben Redoxreaktionen lassen sich bei geeigneter Reaktionsführung auch weitere reversible und irreversible Prozesse in einem cyclovoltammetrischen Experiment beobachten, etwa das Aufladen der Doppelschichtkapazität C, für das sich die Stromdichte j errechnet zu j = - ν C [2-9]. (2-2) Den Einsatz der CV zur Charakterisierung des Lochfraßes zeigt Abbildung 2-2 (Schema von Hin- und Rückpolarisation). Typisch ist die große Hysterese zwischen beiden Kurven. Bei U rep werden die Lochfraßstellen repassiviert. Im Potenzialbereich zwischen U L und U rep kann instationäre Lochkorrosion auftreten, im Bereich zwischen U R,p und U rep ist dagegen keine Lochkorrosion möglich. Abb. 2-2: Stromdichte-Potenzialkurve, CV; Auftreten von Lochkorrosion. Das Lochfraßpotenzial charakterisiert die auslösenden Bedingungen für ein betrachtetes System und ist abhängig von Legierungszusammensetzung und struktur, Verunreinigungen im Metall, Ausscheidungen und Seigerungen, Kristallfehlern und Oberflächenzustand, Zugspannungen, Medienzusammensetzung (Anionenkonzentration), Redoxpotenzial,

Seite 10 2 Stand von Wissenschaft und Technik Elektrolytbewegung und Temperatur. Je positiver UL liegt, desto weniger lochkorrosionsanfällig ist ein Werkstoff. Dabei gilt es zu bedenken, dass insbesondere die Lage von U L im Vergleich zum passiven Ruhepotenzial U R,p bzw. zum Redoxpotenzial des Mediums ausschlaggebend ist. Das kritische Lochfraßpotenzial U L wird von folgenden Faktoren beeinflusst: C passivierendeanionen U L ist proportional lg, CaktivierendeAnionen 1 U L ist proportional, T U L ist proportional Strömungsgeschwindigkeit, U L ist ungefähr proportional Legierungsgehalt (% Cr + 3,3 % Mo) bei Stählen und Ni- Legierungen und U L sinkt mit steigenden Mengen sulfidischer Ausscheidungen. Stark ausgeprägt ist die Temperaturabhängigkeit der Lochkorrosion. Diese wird zur Bestimmung der kritischen Lochkorrosionstemperatur nach verschiedenen Verfahren u.a. ASTM G48, genutzt [2-10]. 2.3.3 Mathematische Modelle 2.3.3.1 Wesentliche mathematische Modelle in der Übersicht In der Literatur sind im Wesentlichen die folgenden Modelle und deren Anwendung zu finden. Die angegebenen Literaturzitate geben lediglich einige Hinweise auf relevante Zusammenhänge und weiterführende Artikel wieder. Thermodynamische [2-11 2-14], stochastische [2-15 2-17], kinetische [2-18], Wahrscheinlichkeits- [2-19 2-20], thermochemische [2-21, 2-22] und phänomenologische Modelle [2-23, 2-24]. Der Begriff der physikalischen Korrosion wird nicht so häufig verwendet und die hiermit in Verbindung stehenden Vorgänge von energiereicher Strahlung und Diffusion (u.a. an der Grenzfläche zwischen festem metallischen Körper und Metallschmelze) häufig nicht als Korrosion wahrgenommen. Damit sind auch kaum Hinweise in der Literatur im Zusammenhang mit diesem Begriff zu finden. Dennoch gibt es Ansätze, die dieses Phänomen beschreiben. Die Modellbildung im Zusammenhang mit der chemischen Korrosion verwendet im Wesentlichen thermodynamische sowie phänomenologische Aspekte, um den Mechanismus und die Auswirkung (Werkstoffveränderungen oder Lokalisierung von Schäden) dieses Prozesses zu beschreiben. Hochtemperaturkorrosionsprobleme beim Einsatz von Stahl (legierter, niedriglegierter, unlegierter) sowie von Ni- und Cr-Legierung werden behandelt. Thermodynamische

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 11 Modelle berücksichtigen die Parameter Sauerstoffpartialdruck, Temperatur, Atmosphäre, Korrosionsmedien in Verbindung mit Salzen wie KCl, NaCl, Na 2 SO 4, K 2 SO 4 etc. Bei den phenomenologischen Modellen werden die wichtigen Parameter Temperatur, Zeit und Korrosionsmedium berücksichtigt. Am weitaus häufigsten tritt die elektrochemische Korrosion auf. Bei der Modellbildung steht hier die Inkubationszeit für einen signifikanten Korrosionsangriff sowie die zeitabhängige Beschreibung der Korrosionserscheinung in Form von Pittings (Größe, max. Tiefe, Anzahl etc.) im Vordergrund. Insbesondere zu Stahl, speziell Cr-Ni- und Duplexstahl, weist das Schrifttum in Verbindung mit Seewasser oder Salzlösungen (NaCl) sowie unter Einbeziehung des Faktors Zeit Modellansätze aus. Hierzu werden stochastische und kinetische Modelle verwendet, wobei letztgenannte auch aggressive Dampfatmosphären berücksichtigen. Insgesamt nehmen die thermodynamischen und mit gewissen Abstrichen die stochastischen Modelle den größten Umfang ein. Aus diesem Grund wird nachstehend auf diese beiden Typen näher eingegangen. 2.3.3.2 Thermodynamische Modelle Die thermodynamischen Modelle sind die am häufigsten verwendeten Ansätze und werden überwiegend zur Beschreibung chemischer Korrosion eingesetzt. Moderne thermodynamische Modelle zur Beschreibung der Korrosionsvorgänge schließen die vier Teilgebiete thermodynamische Gleichungen, molekularer Aufbau (Theorie), Simulation molekularer Zusammenhänge und Experiment ein (Abb. 2-3). Damit ist die thermodynamische Modellbildung das Bindeglied zwischen klassischer Thermodynamik und Simulation mechanischer und statistischer Effekte [2-11]. Abb. 2-3: Detailaspekte der Thermodynamischen Modellbildung [2-11].

Seite 12 2 Stand von Wissenschaft und Technik Die Basis für diesen Ansatz bildet die Gibb sche Energie (freie Enthalpie). G = RT ln K (2-3) Gleichung 2-3 berücksichtigt unterschiedliche Umgebungseigenschaften des Korrosionssystems, u.a. Temperatur, Druck (bzw. Partialdruck des Umgebungsmedien) und/oder chemisches Potenzial. Jedes Korrosionssystem lässt sich prinzipiell thermodynamisch mit dem Verlauf G 0 charakterisieren, was modelltechnisch auch erfolgt ist [2-12]. Für einen Korrosionsvorgang stellt G eine Differenz zwischen Gibb scher Energie eines Metalls und seiner durch Korrosionsprozesse entstandenen Korrosionsprodukte dar [2-13]. Unter Berücksichtigung der Kinetik lässt sich die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Korrosionsprodukten, eine Stabilität des Korrosionssystems bzw. der chronologische Ablauf der Korrosion einschätzen [2-14]. Komplizierte thermodynamische Gleichungen eines Korrosionsvorgangs werden meistens mit verschiedenen kommerziellen Softwaren gerechnet (z.b. THERMO- CALK, OPTICORR) und anschließend zur Veranschaulichung graphisch abgebildet. Wie beschrieben, dienen die thermodynamischen Modelle zur Bestimmung der chemischen Korrosion bzw. Oxidation. Mit einer Vereinfachung (binäres Korrosionssystem) lässt sich der Vorgang mit folgenden Gleichungen charakterisieren [2-14]: () s O ( g) MO ( g) M 2 2 + (2-4) a 0 2 G = RT ln MO p (2-5) O am 2 Unter Kenntnis der ermittelten Gibb schen Energie und durch Heranziehen unterschiedlicher thermodynamischer Parameter sind dann unter Zuhilfenahme der Ellingham/Richardson- Graphik die wichtigste Korrosionsprodukte zu identifizieren [2-14]. Für eine genauere Beschreibung der Korrosionssysteme (vor allem für Legierungen und spezielle Korrosionsumgebungen) lässt sich das Gleichungssystem mit den erwähnten Software- Paketen z.b. bezüglich der Aktivität der entstehenden Oxide berechnen. Im Ergebnis sind neben der Gibb schen Energie auch Phasen- und Stabilitätsdiagramme zu ermitteln, die für unterschiedliche Temperaturen, Sauerstoff-Partialdrücke und chemische Potenziale Gültigkeit haben. Nachstehende Graphiken stellen beispielhaft mögliche durch thermodynamische Modellierung erreichbare Ergebnisse (Oxidmenge, Phasenzusammensetzung) bei der Oxidation von AlCrNi Legierungen dar (Abb. 2-4 2-7). Die Parameter µ O bzw. µ Al entsprechen den chemischen Potenzialen von Sauerstoff bzw. Aluminium. Es wird deutlich, dass bei hinreichender Kenntnis der Randbedingungen eine Modellbildung mit sehr realer Abbildung experimentell bekannter Zusammenhänge möglich ist. Umgekehrt weisen fehlerhafte thermodynamische Ansätze ein praxisfernes Werkstoffverhalten aus.

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 13 Abb. 2-4: Ellingham/Richardson-Graphik zur Identifikation von Korrosionsprodukten [2-14]. Abb. 2-5: Errechnete Oxidmenge in der thermal gewachsenen Schicht von binar (Ni 60 Al 40, Ni 80 Al 20 ) und ternär (Al 19,4 Ni 19,7 Cr 60,9 ) Legierung [2-12]. Abb. 2-6: Errerechnetes Phasendiagramm der ternären Legierung (Al 19,4 Ni 19,7 Cr 60,9 ) [2-12].

Seite 14 2 Stand von Wissenschaft und Technik Abb. 2-7: Errechnete durchschnittliche Zusammensetzung der Oxidschicht (ternäre Legierung Al 19,4 Ni 19,7 Cr 60,9 ) [2-12]. 2.3.3.3 Stochastische Modelle Stochastische Modelle sind erweiterte Wahrscheinlichkeitsmodelle und werden oft zur Beschreibung lokaler Korrosion verwendet. Lokale Korrosion (z.b. Pittingbildung) wird als ein stochastischer Prozess begriffen, d.h. die Modelle sind zeitabhängig und die Modellbildung berücksichtigt vor allem zufällige Eintrittsvariablen. Die mathematisch vorbereiteten Modelle werden z.b. mit der Monte Carlo Methode oder unter Anwendung von zellularen Automaten simuliert [2-15]. Anhand der Pittingkorrosion soll die Applikation des stochastischen Modells mittels zweier stochastischer Phänomene demonstriert werden [nach 2-16]. Pitting Initialisierung: ungleichmäßige Abnahme der Pitting Initialisierung mit zunehmender Zeit; Beschreibung als nicht-homogener Weibull-Prozess: F(t)=1-exp[-(t/ε) ν ] (2-6) ν: Formkoeffizient, ε: Maßkoeffizient (2-7) Pitting Wachstum: wird als nicht-homogener Markow-Prozess (eine Klasse von stochastischen Prozessen, die sich sehr gut für Zustandsänderungen eignet) gerechnet mit dem Ziel, die maximale Tiefe der Pittings zu erfassen: d () t γ ( t t ) η = (2-8) k t k : Pitting Intialisierungszeit Es wird vorausgesetzt, dass ein Pitting gleichzeitig entsteht und wächst (beide Entwicklungsphasen sind nicht getrennt). Die Wahrscheinlichkeit des Entstehens und Wachstums eines Pittings i in der Zeit t wird dann beschrieben durch: T { t k } i ( i, t) 1 [ 1 exp( ρ( t ))] θ (2-9) = m k= 1 Pittingkorrosion ist also von fünf Parametern abhängig [2-16]:

2 Stand von Wissenschaft und Technik Seite 15 ε, ν: Veriablen für die Pitting Initialisierung γ, η: Variablen für das Pitting Wachstum m: Pitting Anzahl Dieses von Valor erfasstete und berechnete Modell wurde mit realen Experimenten und mit anderen bisher benutzten Modellen verglichen. Die nachstehenden Abbildungen zeigen die gefundenen Ergebnisse [2-16, 2-17]. Abbildung 2-8 weist die Mittelwerte der Pittingtiefen und deren zeitabhängige Entwicklung aus. Die zeitabhängige Varianz der mittleren Pittingtiefe im untersuchten Gebiet [mm 2 ] wird in Abbildung 2-9 dargestellt. Es wird deutlich, dass das weiterentwickelte o.g. Modell sowohl bei kurzen als auch bei langen Zeiten sehr gut mit den experimentellen Daten übereinstimmt. Abb. 2-8: Pittingtiefe ermittelt durch unterschiedliche Modelle und Experiment [2-16]. Abb. 2-9: Varianz der Pittingtiefe ermittelt durch unterschiedliche Modelle und Experiment [2-16]. 2.3.4 Simulation von Korrosionsvorgängen Die numerische Simulation von Korrosionsvorgängen zur Lösungfindung zuvor aufgestellter physikalischer und mathematischer Systems wird vielfältig genutzt. Durch anschauliche graphische Darstellungungsmöglichkeiten sind die Lösungsvarianten gut zu vergleichen. Im Zusammenhang mit der Korrosion wird die numerische Simulation vielfältig zur Bestimmung des Pittingwachstums eingesetzt. Zwei wesentliche Methode sind besonders erwähnenswert: Monte Carlo Methode (MC Methode): numerischer Algorithmus, der zur Erfassung der Wahrscheinlichkeit einer Lösung P (von engl. probability) dient. Bei dieser Methode entspricht jede Iteration einem Zeitpunkt des Korrosionsprozesses. In der Praxis wird die Methode mit sog. kristallographischen Tunneln verknüpft, mit denen die Form der Pittings beschrieben ist (Abb. 2-10).

Seite 16 2 Stand von Wissenschaft und Technik Abb. 2-10: Kristallographischer Tunnel für die Formdarstellung eines Pittings in einer Chloridumgebung [2-25]. R max ist der maximale Radius des Pittings, R 0 ist ein Maß für die Korrosionsaktivität, k ist eine Konstante und V stellt das elektrochemische Potenzial dar. Nachstehende Abbildung zeigt die möglichen Ergebnisse bei Anwendung der MC Methode für Iterationen von i=0,1 - j (hier für das Auflösen der Oberfläche) (Abb. 2-11). Abb. 2-11: Pittingbildung, errechnet über die MC Methode [2-25]. Je nach Wahl der Parameter gestaltet sich der Korrosionsprozess, hier graphisch dargestellt, ganz unterschiedlich. Abbildung 2-12 zeigt die Entwicklung des Korrosionsstroms mit dem Iterationsschritt für unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten der Repassivierung [2-26]. Abb. 2-12: Entwicklung des Korrosionsstroms in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit zur Repassivierung [2-26].