Interkulturelle Aspekte internationaler Projektarbeit. Intercultural Aspects of International Projectwork



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XIX. KONFERENZ DER DONAU-ANRAINERSTAATEN über hydrologische Prognosen und die hydrologischen Grundlagen der Wasserbewirtschaftung Osijek, 15-19 June 1998. PAPER/BEITRAG N : 6.03. Interkulturelle Aspekte internationaler Projektarbeit Nino Grau Zusammenfassung: Zu viele internationale Projekte scheitern heute an interkulturellen Unterschieden. Die verhaltenswissenschaftliche Forschung liefert uns Ergebnisse, mit denen die Projektmitarbeiter in die Lage versetzt werden können, fremde Kulturen besser zu verstehen und mit Menschen aus einem fremden Kulturkreis Projekte erfolgreich durchzuführen. Schlüsselwörter: Projektmanagement, interkulturelle Unterschiede, internationale Unterschiede, Kulturdimensionen, Organisation, Intercultural Aspects of International Projectwork Summary: Too many international projects fail today because of intercultural differences. Research in the field of organizational behavior provides us with results that enable project co-operatives to get better understanding of foreign cultures and to succesfully realize projects co-operation with people from foreign cultural environments. Key words: project management, cultural differences, international differences, cultural dimensions, organization. 1. Einleitung Die Globalisierung der Wirtschaft ist ein Modewort geworden. Wenn man die Beiträge zum Thema Globalisierung hört oder liest, entsteht leicht der Eindruck, daß die internationale Zusammenarbeit einiger weniger Partner aus verschiedenen Kulturkreisen keine Probleme mehr bereitet. Oft wird auch der Eindruck erweckt, daß die wichtigste, Komponente die jederzeitige Erreichbarkeit der Partner durch moderne technische Hilfsmittel wie e-mail, Internet, usw. sei. Auf der anderen Seite wird immer wieder von gescheiterten Projekten berichtet, die mit internationalen Partnern durchgeführt wurden. Es wird dann die Vermutung geäußert, daß das Scheitern auf interkulturelle Unterschiede bzw. interkulturelle Missverständnisse zurückzuführen ist (BUCHMANN, 1995, S.169 ff). Als Beispiele werden oft Entwicklungsprojekte genannt, bei denen westliche Ingenieure in einem Entwicklungsland technisch hochmoderne Anlagen erstellt haben, die nach dem Verlassen des Projektes durch die Entwicklungshelfer von den Einheimischen nicht mehr sinnvoll genutzt wurden Wenn hier auch die Vermutung nahe liegt, daß das Scheitern des Projektes auf interkulturelle Unterschiede zurückzuführen ist, so könnten auch andere Gründe ausschlaggebend sein. Eine mögliche Erklärung könnte die nicht ausreichende Qualifikation der für das Betreiben der Anlage vorgesehenen inländischen Mitarbeiter sein. Das Scheitern 1

könnte auch darin begründet sein, daß es im Lande keine Kapazitäten für die Durchführung der Wartungsarbeiten gibt oder darin, daß sich die Beschaffung der Ersatzteile besonders schwierig gestaltet. Diese objektiv feststellbaren Schwierigkeiten werden von den Projektbeteiligten auch oft genannt. Darüber hinaus sind aber auch oft Bemerkungen zu hören wie zum Beispiel: "Die hätten doch eine Technologie wählen sollten, die in dem Entwicklungsland den Menschen geläufig ist." oder "Die hätten die Mitarbeiter rechtzeitig Schulen sollen.". Bei solchen Aussagen fallt auf, daß die Schuld zumindest überwiegend bei den "anderen", das heißt bei den Angehörigen der anderen Nation bzw. des anderen Kulturkreises gesucht wird. Auf der anderen Seite wird aber auch von Projekten berichtet wie z.b. der Fusion von Volvo und Renault oder von Entwicklungsprojekten für einen Geländewagen durch Mercedes und Mitsubishi. Beide Projekte sind kläglich gescheitert. Statt der erhofften Synergien sind finanzielle Verluste von mehreren hundert Mio. DM und erheblicher Imageverlust eingetreten. Bei beiden Projekten handelt es sich um internationale Konzerne, bei denen auf den ersten Blick keine interkulturellen Probleme vermutet werden, Fachliche Kompetenz darf sicherlich auch unterstellt werden. 2. Kultur oder Folklore? Die Frage nach interkulturellen Unterschieden setzt voraus, daß eine allgemeingültige Definition des Begriffs Kultur existiert. Die Diskussion über "Multikulturelles" hat in Deutschland oft mehr zur Verwirrung als zur Klärung der Probleme beigetragen indem sie die Folklore als Kultur definiert hat. Es leuchtet leicht ein, daß ein deutscher, im chinesischen Restaurant mit Stäbchen essen kann, nicht unbedingt viel von chinesischer Kultur verstehen muss. Hier werden wir die Kultur in einem mehrschichtigen Zwiebel-Modell beschreiben (s. Abb. 1). Die äußere Schale dieses Modells beinhaltet die Symbole, der innere Kern die Werte einer Kultur. Dazwischen gibt es noch die Schicht der Helden und Mythen und die Schicht der Rituale. Symbole sind äußere Zeichen, deren Bedeutung den Mitgliedern einer Gruppe bekannt ist. Dazu zählen: die Sprache, der Haarschnitt, die Art, sich zu kleiden usw. 2

Abb. 1, Zwiebelmodell der Kulturebenen - in Anlehung an HOFSTEDE (1997, S.8) Diese Oberflächenschicht ist am leichtesten zu begreifen. Auch Angehörige fremder Kulturen können sich das Wissen über die Symbole aneignen und es fällt ihnen relativ leicht, diese Symbole auch zu nutzen. Helden sind reale oder fiktive Personen, die in der Vergangenheit gelebt haben oder in der Gegenwart leben. Das wichtigste an ihnen ist, daß sie Eigenschaften haben/hatten, die in einem entsprechenden Kulturkreis als positiv, d.h. nachahmenswert gelten. Hierbei ist nicht nur zum Beispiel an große Krieger vergangener Jahrhunderte zu denken. Auch das Erzählen über die Eigenschaften eines Firmengründers wie z.b. Fleiß, anständiger Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern, usw. prägt nachhaltig die Kultur eines Unternehmens. Rituale sind Aktivitäten, die in der Regel stark formalisiert sind, so daß die Beziehung zu ihrem sachlichen Ursprung oft nicht mehr nachvollziehbar ist. Sie werden trotzdem - und zwar gemeinsam - weiterhin gepflegt, mit dem einzigen Zweck, anderen Angehörigen der Gruppe gegenüber die Zugehörigkeit zur Gruppe bzw. die Loyalität zu signalisieren. Ein typisches Beispiel für ein Ritual ist die Einhaltung einer bestimmten Sitzordnung bei einer Geschäftsbesprechung. Alle drei o.g. Schichten werden unter dem Begriff "Praktiken" zusammengefaßt. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß Sie aus dem Verhalten der beteiligten Personen direkt wahrnehmbar sind. Die tiefste Schicht bzw. der Kern einer Kultur ist dagegen nicht direkt wahrnehmbar. Die typischen Werte einer Kultur kann man als Einstellungen beschreiben, die dazu fuhren, daß die beteiligte Person in gegebener Problemsituation eine Problemlösungsalternative oder einen Zustand einer anderen Problemlösungsalternative oder einen anderen Zustand vorzieht. Auf die Problematik der Erfassung von Werten kann hier nur kurz hingewiesen werden. Die eine Möglichkeit ist, das Verhalten der Personen zu beobachten und daraus auf die Werte zu schließen. Problematisch ist das Vorgehen insoweit, als der Beobachter selber einer Kultur angehört, die seine Wahrnehmung beeinflusst. Die zweite Möglichkeit - Befragung der 3

Person - ist problematisch, weil die Person - aus welchen Gründen auch immer - keine wahren Antworten geben. Aus Platzgründen soll auf diese Methodenprobleme hier nicht näher eingegangen werden. 3. Dimensionen der Kulturunterschiede Es ist naheliegend zu versuchen, die kulturellen Unterschiede zwischen verschiedenen Nationen systematisch zu erfassen. Hierbei muß man aber beachten, daß die Aussage über eine nationale Eigenschaft nicht bedeutet, daß jeder Angehörige der betreffenden Nation diese Einstellung teilt. Es handelt sich vielmehr um statistische Aussagen, die eine Aussage über ein Individuum in folgender Art erlauben; "Die Wahrscheinlichkeit, daß ein französischer Manager sich so und so verhält, ist um 20 Prozent höher, als die Wahrscheinlichkeit, daß dies ein deutscher Manager tut". Ein sinnvolles Verfahren, die nationalen Unterschiede zu ermitteln, ist es, die Einstellung möglichst vieler Personen verschiedener Nationalität zu einer bestimmten Wertvorstellung zu erfragen, wobei graduelle Unterschiede in den Antworten zugelassen sind. So könnte die Zustimmung zu der Aussage "Fleiß ist sehr wichtig" von "stimmt immer" über "stimmt manchmal", "stimmt selten" bis zu "stimmt nie" gehen. Wenn man den Grad der Übereinstimmung auf einer Skala von 0-100 % aufträgt, so kann man den Mittelwert in einer Nation und die Streuung zwischen den Antworten in einer Nation ermitteln. Fragestellungen, bei denen die Mittelwerte zwischen verschiedenen Nationen deutlich voneinander abweichen bzw. bei denen die Streuung innerhalb einer Nation verhältnismäßig klein ist, eignen sich gut zur Beschreibung der kulturellen Unterschiede zwischen zwei Nationen. Solche Wertvorstellungen werden als Dimensionen einer Kultur bezeichnet. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden verschiedene Dimensionen vorgeschlagen, die sich teilweise auch überschneiden. Die Auswahl der zu untersuchenden Wertvorstellungen hängt natürlich auch mit dem Kulturkreis, aus dem der Forscher stammt, zusammen. So ist es sicherlich nicht verwunderlich, daß die Dimension "kurzfristiges vs. langfristiges Denken" als wichtiges Unterscheidungsmerkmal von einem Forscher aus dem asiatischen Raum vorgeschlagen wurde. Umfangreiche Untersuchungen auf diesem Gebiet wurden von HOFSTEDE (1997) durchgeführt. Hier wird ein Überblick über die von ihm vorgeschlagenen vier Dimensionen - Machtdistanzindex MDI - Individualismusindex IDV - Maskulinitätsindex MAS - Unsicherheitsvermeidungsindex UVI gegeben. Machtdistanzindex MDI Für das Zusammenleben in einer Gruppe ist es von entscheidender Bedeutung, inwieweit die Mitglieder der Gruppe bereit sind, Unterschiede (zum Beispiel des Vermögens der Gruppenmitglieder) zu akzeptieren. Für die Mitarbeiterführung kommt es insbesondere darauf an, inwieweit die Mitglieder die ungleiche Machtverteilung akzeptieren. Die Ergebnisse können hier nur verkürzt wiedergegeben werden. In Frankreich z.b. erwarten die Mitarbeiter die Entscheidung vom Vorgesetzten (Patron), während in Deutschland erwartet wird, daß es für jeden Mitarbeiter nachvollziehbar aus den Örganisationsanweisungen erkennbar ist, was der Mitarbeiter zu tun hat. In Großbritannien bzw. im skandinavischen Raum wird wiederum erwartet, daß zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten bzw. zwischen den Mitarbeitern 4

untereinander über das richtige Vorgehen verhandelt wird. Aus der Einstellung zur Machtdistanz kann man ableiten, inwieweit z.b. Management by Objectives (Führen durch Zielvereinbarung) erfolgreich sein kann. Die Größenordnung der Unterschiede zwischen den Donauländern bezüglich des MDI wird durch folgende Zahlen verdeutlicht (HOFSTEDE, 1997, S.30 f.). Bei einer Untersuchung in 53 Ländern nahm das ehemalige Jugoslawien den Platz 13 mit 76 MDI-Punkten, die Bundesrepublik Deutschland den Platz 42 mit 44 MDI- Punkten und Österreich den Platz 53 mit 11 MDI-Punkten ein. Platz 1 hatte übrigens Malaysia mit 104 MDI-Punkten eingenommen. Individualismusindex IDV Eine Person definiert sich in der Gesellschaft über das "ich" (eigenes Verhalten, eigene Leistung, usw.) oder über das "wir" (Verhalten, Leistung, usw". der Gruppe, der man, angehört). Im ersten Fall sprechen wir von hohen Individualismus-Werten '(IDV+), im zweiten Fall von hohen Kollektivismus-Werten (IDV-). In Ländern mit Kollektivismus lernen die Kinder in der Großfamilie, daß sich Loyalität auf der einen und Schutz und Fürsorge auf der anderen Seite gegenseitig bedingen. Im Arbeitsleben bedeutet dies, daß man zum Beispiel Mitglieder der eigenen Familie bei Auftragsvergabe oder bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bevorzugt behandelt. Für Mitarbeiter aus Ländern mit hohem Individualismusindex ist dies eindeutig "Vetternwirtschaft". Bevor jemand aus einem kollektivistischen Land einen Vertrag abschließt, vergewissert er sich in langen Vorverhandlungen, ob der Partner vertrauenswürdig genug ist, um in die "Wir- Gruppe" aufgenommen zu werden. Das Drängeln auf einen schnellen Abschluß kann zum Abbruch der Verhandlungen fuhren. Maskulinitätsindex MAS Die Werte "Höflichkeit und Bescheidenheit" vs. "Bestimmtheit und Durchsetzungskraft" werden mit "maskulin" bzw. "feminin" bezeichnet. Die Begriffe orientieren sich am z.zt. weit verbreiteten Rollenverständnis und sagen nichts darüber aus, wie diese zu bewerten sind bzw. welche Rolle für Männer und Frauen in Zukunft angestrebt werden soll. Diese Dimension ist sowohl für die Motivation der Mitarbeiter als auch für die Art der Konfliktlösung von Bedeutung. In maskulinen Strukturen strebt man an: - hohes Einkommen - Anerkennung für gute Arbeit - Beförderung - Herausforderung durch die Arbeit. In femininen Gesellschaften strebt man dagegen an: - gutes Verhältnis zu Vorgesetzten - gute Zusammenarbeit mit Kollegen - angenehme Umgebung - Sicherheit des Arbeitsplatzes 5

Bei Konflikten wird in maskulinen Gesellschaften fairer, sportlicher Kampf bevorzugt ("Let the best man win."). In femininen Gesellschaften werden Konflikte eher durch Kompromisse im Zuge von Verhandlungen beigelegt, Unsicherheitsvermeidungsindex UVI Die Unsicherheit und die Ungewißheit erzeugen Angst. Im Gegensatz zur Furcht, die sich auf ein Objekt richtet, ist Angst etwas Irrationales, In verschiedenen Kulturen wurden verschiedene Mechanismen entwickelt, um mit der Angst aus Unsicherheit umzugehen. Signifikant ist der Unterschied in der Fähigkeit, Unsicheres oder nicht Eindeutiges zu ertragen. So gesehen gibt es Völker, die ängstlicher sind als andere. Diese versuchen die Unsicherheit, z.b. durch viele sehr detaillierte Regeln zu eliminieren (hoher UVI). In solchen Gesellschaften wird z.b. bei der Projektarbeit sehr viel mehr Wert auf die Planungsphase gelegt als in Gesellschaften mit niedrigem UVI. Typischerweise drängeln Amerikaner in Projektteams, endlich mit der Arbeit anzufangen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Deutschen den Planungsstand als noch absolut unzureichend empfinden. In Gesellschaften mit niedrigem UVI reagiert man flexibler und toleranter, da man durchaus zwei Wahrheiten nebeneinander erträgt. Dadurch ist ein höherer Grad an Innovationsfähigkeit vorhanden. Die vier Dimensionen überschneiden sich teilweise. Teilweise zeigen sie in einem Land in die gleiche Richtung, So kann es vorkommen, daß zwei Länder bezüglich zwei Dimensionen sich sehr ähnlich sind, bezüglich der anderen beiden aber große Unterschiede aufweisen. 4. Projekt Die in Kap. 2 und Kap. 3 genannten interkulturellen Unterschiede können bei der internationalen Zusammenarbeit zu ernsthaften Mißverständnissen fuhren. Hier soll nun untersucht werden, inwieweit sich internationale Projektarbeit gegebenenfalls von der sonstigen internationalen Zusammenarbeit unterscheidet. Folgende ausgewählte Merkmale (GRAU; 1995, S. 1 ff) der Projektarbeit werden hier daraufhin überprüft, inwieweit sie zu einem erhöhten Risiko für das Projektergebnis durch interkulturelle Mißverständnisse fuhren können: - Einmaligkeit - Zielorientierung - begrenzte Ressourcen - Teamarbeit Ein wesentliches Merkmal der Projektarbeit ist die Einmaligkeit des zu lösenden Problems. Dies beutet, daß man bei Projekten keine "zweite Chance" hat. Die Möglichkeiten, begangene Fehler zu korrigieren, sind dementsprechend gering. Jede Fehlerquelle - und damit natürlich auch die interkulturellen Missverständnisse - wiegt deutlich schwerer als dies bei der normalen Routinearbeit der Fall ist. Die Projekte sollen streng zielorientiert durchgeführt werden. Die Ziele werden soweit wie möglich quantifiziert. Dadurch, daß zu den Ergebniszielen (Qualität und Quantität) auch das Terminziel und das vorgegebene Budget hinzutreten, ist eine Überprüfung des Zielerreichnungsgrades unumgänglich. Es kann im Gegensatz zur Routinearbeit nichts "vertuscht" werden. 6

Die Projektarbeit ist in der Regel Teamarbeit. Schon im nationalen Rahmen gibt es Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ein Projektteam aus Mitarbeitern verschiedener Teilorganisationen (z.b. Technik, Controlling und Forschungen und Entwicklung) zu bilden und erfolgreich arbeiten zu lassen. Um einiges schwieriger ist es, ein internationales Team zu bilden, bei dem nicht nur die Fachkompetenz sondern auch die interkulturelle Kompetenz beachtet werden muß. Angesichts der vielfaltigen Möglichkeiten, daß nicht mehr korrigierbare Fehler im Projekt auftauchen, versucht man schon bei Beginn des Projektes durch sogenannte Start-Sitzungen oder "kick-off-meetings", das Projekt in die richtige Richtung zu lenken. Da allen Beteiligten die Bedeutung dieser Sitzung bewußt ist, sind alle sehr gespannt darauf, wie sich die anderen Projektmitarbeiter verhalten werden. Kommt es in dieser Sitzung zu interkulturellen Missverständnissen, so kann das gesamte Projekt zu Ende sein, bevor es richtig angefangen hat. Wie aus diesen wenigen Beispielen ersichtlich, verursachen die interkulturellen Missverständnisse in, Projekten nicht unbedingt ganz andere Wirkungen als in nationalen Projekten oder in der Routinearbeit. Durch die dem Projekt eigenen Restriktionen (begrenzte Zeit, begrenzte Budgets, absolute Zielorientierung) wirken sich die interkulturellen Missverständnisse, die bei der Routinearbeit oder bei nationalen Projekten zu verkraften wären, bei internationalen Projekten verheerend aus. 5. Erfolgsstrategien für internationale Projekte Bei internationalen Projekten sollte man grundsätzlich mit dem Auftreten interkultureller Missverständnisse rechnen, Da die eigene Kultur - i.d.r. unbewusst - fest verankert ist, führt bei vielen Mitarbeitern der Kontakt mit der fremden Kultur zu einem Kulturschock. Besondere Vorsicht ist bei Mitarbeitern angebracht, die es in der nationalen Organisation auf der Karriereleiter ohne Auslandseinsätze weit nach oben gebracht haben. Sie haben nämlich i.d.r. die Werte der eigenen Kultur besonders stark verinnerlicht. Das Problem ist nicht besonders groß, wenn es gelingt, bei der Auswahl des Projektleiters und der Mitglieder im Projektteam auf Mitglieder mit internationaler bzw. interkultureller Erfahrung zuzugreifen. Für andere Projektmitarbeiter sollte ein spezielles Training durchgeführt werden. Die Komponenten des Trainings müssen drei Ziele zu erreichen versuchen. Zunächst muß den Teilnehmern entsprechendes Wissen vermittelt werden. Bei dem Wissen über die fremde Kultur handelt es sich wohl gemerkt nicht nur um Benimmregeln oder freite Folklore. Es gehört neben dem Wissen über die Werte auch das Wissen über die Praktiken dazu. Insbesondere sollten dabei zumindest die Grundlagen der Fremdsprache Vermittlung werden. Neben der Vermittlung des Wissens über die fremde Kultur muß hier oft das Wissen über die eigene Kultur bewußt gemacht werden. Auf der Grundlage des Wissens werden die Einstellungen der Menschen verändert. Dies kann gut in Gruppenübungen, Plan- und Rollenspielen geübt werden. Die Teilnehmer werden dabei aufgefordert, den eigenen Blickwinkel und den Blickwinkel des anderen explizit anzugeben. Man sieht die Situation "mit den Augen des anderen". Das Ziel ist es, die Teilnehmer dafür zu sensibilisieren, daß verschiedene Kulturen die Probleme ihrer Gesellschaften auf verschiedene Art und Weise lösen können. Die Richtigkeit oder die moralische Überlegenheit einer (der eigenen?) Kultur erscheint dann nur noch als relativ 7

richtig. Erst mit dieser Einstellung wird es möglich, die Unterschiede der Kulturen ohne Verzerrungen wahrzunehmen und ohne dabei sofort zu bewerten (FISHER et al, 1997). Mit der obengenannten Einstellung kann man dazu übergehen, das richtige Verhalten einzuüben. Auch hier hat es sich als hilfreich erwiesen, den Teilnehmern die Rollen von Personen der anderen Kultur zu übertragen. Auch wenn diese Übungen von manchen Teilnehmern als "Theater" abgetan werden, sind sie sehr nützlich. Die Mitarbeiter erwerben dabei ein Repertoire von verschiedenen Verhaltensweisen und sie verlieren die Angst, diese situationsgerecht einzusetzen. Leider wird in vielen Unternehmen die Notwendigkeit für ein interkulturelles Training von den Unternehmensleitungen nicht gesehen. Wenn dann so ein Training doch stattfindet, gehen oft diejenigen, die es nötig haben, am wenigsten hin. Neben dem Training ist es sinnvoll, interne oder externe "Kulturdolmetscher" das Projekt begleiten zu lassen. Diese Berater erinnern die Projektmitarbeiter immer wieder daran, daß man ein gemeinsames sachliches Ziel hat und vermitteln bei interkulturellen Problemen. 6. Zusammenfassung Zu viele internationale Projekte scheitern heute an interkulturellen Unterschieden. Die verhaltenswissenschaftliche Forschung liefert uns Ergebnisse, mit denen die Projektmitarbeiter in die Lage versetzt werden können, fremde Kulturen besser zu verstehen und mit Menschen aus einem fremden Kulturkreis Projekte erfolgreich durchzuführen. 7. Literaturverzeichnis BUCHMANN, Michael, A.: Müssen internationale Projekte an sozio-kulturellen Missverständnissen scheitern? In: Aspekte des Projektmanagements, Feyerabend, Friedrich-Karl; Grau, Nino (Hrsg.); S. 169-180, Verlag der Ferber'schen Universitätsbuchhandlung, Gießen, 1995 FISHER, Roger, KOPELMAN, Elisabeth, KUPFER SCHNEIDER Andrea: Jenseits von Machiavelli, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1997 GRAU, Nino: Was ist und wozu braucht man Projektmanagement? In: Aspekte des Projektmanagements, Feyerabend, Friedrich-Karl; Grau, Nino (Hrsg.); S.l-13, Verlag der Ferber'schen Universitätsbuchhandlung, Gießen, 1995 HOFSTEDE, Geert: Lokales Denken, globales Handeln, C.H. Becksche Buchdruckerei, Nördlingen, 1997 Anschrift des Verfassers Prof. Dr. Nino Grau, FH Gießen-Friedberg, e-mail: Nino.Grau@wp.fh-friedberg.de 8