60 So finden Sie ein gutes Pflegeheim Tipp 1: Lage Wie weit ist das Pflegeheim zu Ihren nahen Angehörigen oder guten Freunden entfernt? Lässt es sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichen? Liegt es in einer attraktiven Umgebung? Gibt es in der Nähe auch einen Park oder Grünflächen? Können Spazierfahrten mit dem Rollstuhl unternommen werden? Tipp 2: Größe und Art Über wie viele Plätze verfügt das Pflegeheim? Welche Räumlichkeiten gibt es? Besteht die Möglichkeit, Neigungen und Hobbys nachzugehen oder Besuch zu empfangen? Wer ist der Träger (z.b. Kommune, Kirche, privater Anbieter)? Hat das Pflegeheim eine bestimmte Konzeption (z.b. konfessionelle Bindung, ökologische Orientierung, besonders stilvolle Ausstattung)? Welche Pflegestufen sind im Pflegeheim überwiegend vertreten? Tipp 3: Kundenfreundlichkeit Schickt man Ihnen vorab schriftliches Informationsmaterial zu? Sind darin alle relevanten Informationen zu Ausstattung, Angeboten, Zusatzleistungen und Preise enthalten? Gibt man Ihnen einen zeitnahen Termin, um die Einrichtung kennen zu lernen? Nimmt man sich Zeit für das Gespräch mit Ihnen? Erhalten Sie die Einladung zur Besichtigung der gesamten Einrichtung und eines Zimmers? Können eigene Möbel und möglichst viele persönliche Gegenstände mitgebracht werden?
Sieben Tipps zur Wahl des Pflegeheims 61 Tipp 4: Bewohner Sind die Bewohner individuell und der Jahreszeit entsprechend gekleidet? Wirken sie gepflegt und ausreichend ernährt? Welchen Eindruck machen sie? Nehmen die Bewohner die angebotenen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung wahr? Befinden sich die Personen, die Sie sitzend oder liegend antreffen, in einer bequemen und körpergerechten Haltung? Tipp 5: Personal Benehmen sich die Pflegenden freundlich und respektvoll? Nehmen sie bewusst Kontakt auf und reagieren sie in angemessenem Zeitrahmen, wenn sie von den Bewohnern gerufen werden und wenn diese ihre Bedürfnisse äußern? Wird vor dem Eintreten in ein Zimmer angeklopft? Tipp 6: Hygiene Sind Rollstühle, Gehwagen und andere Hilfsmittel sauber? Sind Schnittblumen in Vasen noch frisch und Zimmerpflanzen in gutem Zustand? Ist die Bettwäsche frisch? Steht schmutziges Geschirr herum? Riecht und schmeckt die gereichte Verpflegung ansprechend? Tipp 7: Leistungsvergleich Die Preise von Heimen können sehr unterschiedlich sein - teuer muss nicht gleich gut heißen. In der Regel hat der Heimträger Infobroschüren, denen Sie die wesentlichen Inhalte des Angebots entnehmen können. Oft enthalten
62 So finden Sie ein gutes Pflegeheim diese auch Erläuterungen zum Konzept des Hauses. Lassen Sie sich zu diesen Broschüren auch die aktuelle Leistungsund Entgeltübersicht des Pflegeheims geben. Was ist beim Heimvertrag zu beachten? Zwischen dem Heimträger und Ihnen bzw. Ihrem Angehörigen als dem künftigen Bewohner muss zwingend ein Heimvertrag abgeschlossen werden. Die meisten Heimträger verwenden dafür vorformulierte Musterverträge, die sich an dem gesetzlichen Mindestinhalt orientieren. Der Heimträger hat Ihnen vorab leicht verständliche Informationen über Leistungen und Entgelte zu geben und den Vertragsinhalt schriftlich zu fassen. Eine Befristung ist nur zulässig, wenn es den Interessen des Heimbewohners entspricht. Das vereinbarte Entgelt muss angemessen sein, Entgelterhöhungen bedürfen der schriftlichen Mitteilung und Begründung. Bei den Leistungs- und Entgeltangaben muss der Heimvertrag mit dem Versorgungsvertrag und den Vereinbarungen, die der Heimträger mit der Pflegekasse und dem Sozialhilfeträger abgeschlossen hat, genau übereinstimmen. Bestimmungen, die diesen Vereinbarungen nicht entsprechen, sind unwirksam. Der Pflegesatz, das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten müssen gemäß 87 a Abs. 1 SGB XI ab dem Tag der Aufnahme in das Pflegeheim und für jeden weiteren Tag des Heimaufenthalts taggenau berechnet werden. Mit der Entlassung oder dem Tod des Heimbewohners endet der Heimvertrag von Gesetzes wegen. Eine über den Tod hinausreichende Entgeltpflicht im Heimvertrag ist bei Leistungsempfängern der Pflegeversicherung
Was ist beim Heimvertrag zu beachten? 63 nichtig. Das gilt auch bei vor dem 01.10.2009 geschlossenen Heimverträgen, die der geltenden Rechtslage angepasst werden müssen (BVerwG, Urteil vom 02.06.2010, 8 C 24/09). Seit dem 01.10.2009 gilt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), das die 5 bis 9 des Heimgesetzes abgelöst hat. Sein Anwendungsbereich ist nicht auf Heimverträge beschränkt, sondern erfasst auch typische Verträge für das Betreute Wohnen. Auch auf nach dem Heimgesetz abgeschlossene Altverträge findet das WBVG seit dem 01.05.2010 Anwendung. Checkliste: Hat Sie der Heimträger über alles informiert? Ausstattung und Lage des Gebäudes mit dem Wohnraum Lage und Nutzungsbedingungen der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen Ergebnis der veröffentlichten Qualitätsprüfung Pflegekonzept, das auf pflegewissenschaftlichen Theorien sowie praktischen Erfahrungen basiert und im Pflegeprozess umgesetzt wird Leistungen und Entgelte für Unterkunft, Verpflegung, Pflege und Betreuung sowie evtl. Zusatzangebote gesondert ausgewiesenes Entgelt für Investitionskosten und Gesamtentgelt Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen
64 So finden Sie ein gutes Pflegeheim Hat der Heimträger seine Informationspflichten nicht erfüllt, kann der Heimbewohner seinen Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Dasselbe gilt, wenn der Vertrag nicht in schriftlicher Form geschlossen wurde. Der Heimträger muss dem Bewohner eine Ausfertigung des Vertrages aushändigen. Eine Kündigung des Vertrags durch den Heimträger ist nur aus wichtigem Grund und nur schriftlich unter Angabe der Begründung möglich. Der Heimbewohner hat hingegen weitgehende Kündigungsmöglichkeiten: Er darf innerhalb von zwei Wochen nach Beginn des Vertragsverhältnisses jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Wird ihm der Vertrag erst nach Beginn des Vertragsverhältnisses ausgehändigt, kann er sogar noch bis zwei Wochen nach der Aushändigung kündigen. Diese Regelung erübrigt die Vereinbarung eines Wohnens auf Probe, denn der Heimbewohner kann ohne Risiko vor Ort erfahren, ob er sich in dem ausgewählten Pflegeheim wohlfühlt oder nicht. Ohne wichtigen Grund kann der Heimbewohner seinen Vertrag spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf desselben Monats schriftlich kündigen. Bei einer Entgelterhöhung ist die Kündigung jederzeit zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem das höhere Entgelt verlangt wird. Aus wichtigem Grund kann zudem jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Der Heimträger wiederum kann den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Heimbewohner mit der Zahlung des Entgelts für mehr als zwei Termine und in der
Was ist beim Heimvertrag zu beachten? 65 Höhe von mindestens zwei Monatsentgelten in Verzug gekommen ist. Diese Kündigung wird trotz bei Gericht anhängiger Räumungsklage unwirksam, wenn der Heimträger innerhalb von zwei Monaten nach Klageerhebung das fällige Entgelt noch erhält oder wenn sich ein Leistungsträger zur Übernahme der Schulden des Heimbewohners verpflichtet. Erfüllt die Einrichtung den Heimvertrag nur mangelhaft, hat der Heimbewohner für seinen Eigenanteil ein Minderungsrecht, und zwar unabhängig von möglichen Minderungsansprüchen der Pflegekasse oder des Sozialhilfeträgers. Der Heimbewohner muss die Kürzung aber selbst gegenüber dem Heimträger erklären. Es reicht nicht aus, das Entgelt schlicht nicht zu zahlen. Rückwirkend kann der Bewohner eine Minderung nur für höchstens sechs Monate vor dem Kürzungsverlangen geltend machen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2011, Az. 24 U 130/10). Auf den Punkt gebracht Der Heimvertrag darf in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden. Er ist das maßgebliche Regelwerk, aus dem sich Ihre Rechten und Pflichten ableiten. Prüfen Sie ihn deshalb vor Abschluss genau. Als Bewohner sind Sie jedoch durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in vielen Fällen geschützt. Im Zweifel ist der Heimvertrag immer im Sinne des Bewohnerschutzes auszulegen.
66 So finden Sie ein gutes Pflegeheim Was geschieht bei gestiegenem Pflegebedarf? Auf die schriftliche und begründete Aufforderung des Heimträgers ist der Heimbewohner nach 87 a Abs. 2 SGB XI verpflichtet, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen. Weigert sich dieser, kann der Heimträger ihm ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegestufe berechnen. Werden die Voraussetzungen vom MDK nicht bestätigt und keine höhere Pflegestufe festgestellt, hat das Pflegeheim dem Pflegebedürftigen den überzahlten Betrag unverzüglich mit 5 Prozent Zinsen zurückzuzahlen. Wenn der Heimbewohner seinen Antrag auf Höherstufung nicht ernsthaft betreibt oder einen Einstufungsbescheid ohne Gegenwehr bestandskräftig werden lässt, kann der Heimträger wegen seiner Vergütungsansprüche selbst die Klage gegen die Pflegekasse führen. Zwar darf der Heimträger nicht selbst die Eingruppierung des Heimbewohners in eine höhere Pflegestufe beantragen oder einklagen. Im Rahmen der Vergütungsklage des Heimträgers wird aber die Richtigkeit der Einstufung mit überprüft. Für die gerichtliche Durchsetzung muss der Heimträger zuvor die Verfahrensweise nach 87 a Abs. 2 SGB XI beachtet haben (BSG, Urteil vom 07.10.2010, Az. B 3 P 4/09 R). Schritt für Schritt sieht der Weg bei gewachsenem Pflegebedarf so aus:
Was geschieht bei gestiegenem Pflegebedarf? 67 1. Das Pflegeheim teilt dem Heimbewohner schriftlich mit, dass sein Pflegebedarf gestiegen sei, und fordert ihn auf, die Erhöhung seiner Pflegestufe zu beantragen. 2. Das Pflegeheim begründet, bei welchen Verrichtungen mehr Zeitaufwand notwendig ist und warum dadurch die Schwelle zur nächsten Pflegestufe überschritten wird. 3. Das Pflegeheim leitet die begründete Aufforderung der Pflegekasse des Heimbewohners zu. Diese Zuleitung ist noch kein Antrag auf Höherstufung! 4. Erhält der Heimbewohner Leistungen der Sozialhilfe, leitet das Pflegeheim die Aufforderung ebenso an den zuständigen Sozialhilfeträger weiter. 5. Der Heimbewohner beantragt bei seiner Pflegekasse die Höherstufung. Im Erfolgsfall bewilligt die Pflegekasse den Antrag und zahlt die höhere Pflegesachleistung. 6. Weigert sich der Heimbewohner, den Antrag zu stellen, darf der Heimträger zwei Monate nach der Aufforderung ihm bzw. dem Sozialhilfeträger vorläufig den Pflegesatz der nächsthöheren Pflegestufe berechnen. 7. Stellt der Heimbewohner zwar den Antrag, verfolgt seine Höherstufung aber nicht weiter, darf ihm der höhere Pflegesatz nicht berechnet werden. Der Heimträger hat jedoch das Recht, eine Zahlungsklage auf höhere Pflegevergütung gegen die Pflegekasse zu erheben. Der Heimbewohner ist zu diesem Rechtsstreit beizuladen.