6 D 60014/09 Me VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Disziplinarverfahren

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Transkript:

VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Disziplinarverfahren gegen des Freistaat Thüringen, vertreten durch Thüringer Innenministerium Referat 48 - Prozessvertretung und Rechtsberatung, Steigerstr.24, 99096 Erfurt, - Disziplinarkläger - den Herrn L, A, B bevollmächtigt: Rechtsanwalt Dietmar Rudloff, Sorge 2, 07545 Gera - Disziplinarbeklagter - wegen Disziplinarrecht hier: Disziplinarklage nach 50 ThürDG hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Meiningen durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Becker, den Richter am Verwaltungsgericht Läger und den Richter am Verwaltungsgericht Gith sowie den ehrenamtlichen Richter und den ehrenamtlichen Richter

aufgrund der mündlichen Verhandlung am 19. April 2010 für Recht erkannt: I. Der Disziplinarbeklagte wird wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt. II. Der Disziplinarbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand: I. 1. Der am..1956 in E geborene Disziplinarbeklagte (im Folgenden: Beklagter) trat zum 01.09.1975 in den Polizeidienst der ehemaligen DDR ein. Von 1980 bis 1982 besuchte er die Offiziersschule des Ministeriums des Innern "Wilhelm Pieck" in Aschersleben. Er absolvierte die Ausbildungsrichtung Kriminalpolizei und schloss diese mit der Berufsbezeichnung "Staatswissenschaftler" ab. Im Anschluss war er zunächst bei der KPI G tätig und wechselte später zur Bezirkspolizei. Ab dem 01.02.1992 leitete er das Kommissariat 32 (Rauschgift) der KPI G. Nach dem Besuch verschiedener Lehrgänge und Abordnungen zu Sonderkommissionen wurde ihm ab dem 06.10.1997 die Leitung des Kommissariats 31 (organisierte Kriminalität) der KPI G übertragen. Vom 08.10.1999 bis 07.01.2000 und 08.02.2000 bis 31.05.2000 war der Beklagte zur Arbeitsgruppe interne Ermittlungen im Thüringer Polizeiverwaltungsamt (im Folgenden: AGIE) abgeordnet. Zwischenzeitlich wurde er am 01.03.2000 zum Leiter des Kommissariats 5 (deliktsübergreifende Kriminalität) der KPI G ernannt. Ab dem 01.06.2000 war der Beklagte im Wege der Abordnung bzw. Dienstreise und schließlich aufgrund einer Versetzung in der Abteilung 4 (Polizei) des Thüringer Innenministeriums tätig. Der Beklagte war mit Wirkung vom 01.02.1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Kriminaloberkommissar ernannt worden. Zum 01.03.1995 erfolgte seine Berufung als Beamter auf Lebenszeit. Zum 01.06.1995 wurde er zum Kriminalhauptkommissar befördert, der zum 01.10.1998 die Übertragung des Amtes eines Kriminalhauptkommissars in der Besoldungsgruppe A 12 folgte. In der letzten dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 01.04.2001 wurde der Beklagte mit "hervorragend" beurteilt. 2

Der Beklagte lebt von seiner Ehefrau getrennt. Das in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Wohnhaus in B bewohnt er allein. An seine Ehefrau zahlt er monatlich 400 Euro Unterhalt. Der Beklagte hat mit seiner Ehefrau einen 1984 geborenen Sohn. Diesen unterstützt er mit monatlich 400 Euro für eine weitere Ausbildung. Er hat eine neue Lebenspartnerin, die drei Kinder hat, von denen zwei im gemeinsamen Haushalt mit ihnen leben. Der Beklagte ist Alleineigentümer von insgesamt 5 Immobilien. Zudem ist er Miteigentümer von 2 weiteren Immobilien. Aus Vermietung und Verpachtung erzielt er monatliche Einnahmen in Höhe von ca. 7.000 Euro. Dem gegenüber bestehen monatliche Zahlungsverpflichtungen aus Immobiliendarlehen in Höhe von ca. 6.300 bis 6.500 Euro. Daneben muss er noch einen Liquiditätskredit von 48.000 Euro in monatlichen Raten von 950 Euro zurückzahlen. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Mit Urteil der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Erfurt aufgrund öffentlicher Hauptverhandlung in der Zeit vom 07.11.2006 bis zum 13.07.2007 (Az.: 510 Js 5011/02) ist der Beklagte wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, falscher eidesstattlicher Versicherung und Anstiftung zur Urkundenunterdrückung in Tateinheit mit Anstiftung zum Verwahrungsbruch zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Handlungen, die Grundlage für die strafrechtliche Verurteilung waren, sind Gegenstand der Disziplinarklage. 2. Bereits am 24.05.2002 hatte der Staatssekretär des Thüringer Innenministeriums (im Folgenden: Staatssekretär) disziplinarische Vorermittlungen gegen den Beklagten eingeleitet. Bei der Staatsanwaltschaft Erfurt werde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Förderung der Prostitution, des Menschenhandels, des Einschleusens von Ausländern, der Untreue und der Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht geführt. Mit Schreiben vom 27.05.2002, dem Beklagten am 31.05.2002 zugestellt, wurde dieser über die Einleitung des Disziplinarverfahrens informiert. Am 06.06.2002 bestellte der Staatssekretär einen Vorermittlungsführer. Mit Verfügung vom 10.07.2002 setzte der Staatssekretär das Disziplinarverfahren wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt aus. Der Staatssekretär erweiterte mit Verfügung vom 30.08.2002 das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten. Dieser habe mehrfach Bordelle besucht und dort an Gelagen teilgenommen. Auch habe er leichtfertig Schulden gemacht, da er Grundschulden in Millionenhöhe angehäuft 3

habe, ohne dass eine wirtschaftliche Deckung hierfür gegeben sei. In dieser Verfügung wird der Beklagte belehrt, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder eines Beistandes bedienen könne. Zugleich enthob der Staatssekretär den Beklagten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 25 % seiner monatlichen Dienstbezüge an. Unter dem 14.10.2002 erweiterte der Staatssekretär das Disziplinarverfahren um die Vorwürfe der Bedrohung eines Bordellbetreibers, der Zeugenbeeinflussung sowie der verbotenen Geschenkannahme und zugleich Vorteilsannahme durch Erhalt eines Pkw im Wert von ca. 10.000 Euro von einem Bordellbetreiber ohne finanzielle Gegenleistung. Schließlich bestünde der Verdacht der Anstiftung zur Urkundenunterdrückung, weil er im Jahre 2000/2001 vom Kriminalkommissar R die Vernichtung von Unterlagen der AGIE, die die Abrechnungspraxis von Polizeibeamten bezüglich Mehrarbeitsstunden betroffen hätten, verlangt habe. Mit weiterer Verfügung des Staatssekretärs vom 09.01.2003 wurde das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten um den Vorwurf der falschen Versicherung an Eides statt erweitert. Der Beklagte habe in dem von ihm beim Verwaltungsgericht Meiningen anhängig gemachten Verfahren gegen seine vorläufige Dienstenthebung in dem Schriftsatz vom 15.11.2002 dem Verwaltungsgericht Meiningen die Richtigkeit seiner sämtlichen Angaben an Eides statt versichert. Im Erwiderungsschreiben des Innenministeriums vom 16.12.2002 sei umfänglich dargelegt worden, dass die Angaben des Beklagten unwahr gewesen seien. Unter dem 27.01.2003 erweiterte der Staatssekretär nochmals das Disziplinarverfahren um Abrechnungsbetrug in 21 Fällen zu Lasten des Freistaates Thüringen. Mit Schreiben vom 23.06.2004, welches vom Ermittlungsführer "i. V." unterschrieben wurde, wurde das Verfahren um den Vorwurf der falschen Verdächtigung erweitert. Der Beklagte habe am 20.03.2002 gegen den damaligen Kriminalrat K Strafanzeige wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung gestellt. Dieser Verdacht sei von Anfang an gegenstandslos gewesen, so dass nun gegenüber dem Beklagten seinerseits der Vorwurf der falschen Verdächtigung bestehe. Ferner wurde das Verfahren um den Vorwurf der Nötigung des Zeugen K erweitert. Der Beklagte solle anlässlich einer bevorstehenden Gerichtsverhandlung den Zeugen aufgefordert haben, "seine Frauen" darauf einzuschwören, nichts über die Polizei sowie deren Bordellbesuche auszusagen, anderenfalls würde er den Laden des Zeugen K dicht machen. 4

Mit Schreiben vom 21.12.2004, wiederum vom Ermittlungsführer diesmal mit dem Zusatz "i. A." unterzeichnet, wurde das Disziplinarverfahren um den Verdacht einer falschen uneidlichen Aussage erweitert. Der Beklagte habe in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Gera in der Strafsache gegen F als Zeuge die Unwahrheit gesagt. Alle Erweiterungsschreiben enthielten den Hinweis, dass es dem Beklagten freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und dass er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen könne. Mit Schreiben des Thüringer Innenministeriums vom 09.02.2005, wiederum vom Ermittlungsführer mit dem Zusatz "i. A." unterzeichnet, wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt. Vorsorglich wurde das Verfahren nochmals um die in den o. g. Erweiterungsverfügungen genannten Vorwürfe, die im Schreiben einzeln aufgeführt wurden, erweitert. Wiederum wurde der Beklagte darüber belehrt, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und dass er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen könne. Zugleich wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zu den Vorwürfen mitgeteilt und ihm Gelegenheit gegeben, weitere Ermittlungen zu beantragen. Mit Schreiben vom 02.03.2005 schloss der Ermittlungsführer die Ermittlungen ab. Dem Beklagten wurde Gelegenheit eingeräumt, sich binnen eines Monats abschließend zu äußern. Mit Schreiben des Thüringer Innenministeriums vom 22.05.2009 erhielt der Beklagte Gelegenheit, vor der Erhebung der Disziplinarklage die Beteiligung des örtlichen Personalrats beim Thüringer Innenministerium zu beantragen. Der auf Antrag des Beklagten beteiligte Personalrat hat in seiner Sitzung am 26.08.2009 der Erhebung der Disziplinarklage zugestimmt. 3. Die Disziplinarkammer hat bereits mit Beschluss vom 22.09.2003 im Verfahren nach 42 Abs. 5 ThürDG (Az.: 6 D 60015/02.Me) die vorläufige Dienstenthebung des Beklagten bestätigt; die zugleich angeordnete Einbehaltung der Dienstbezüge wurde ausgesetzt. Nach Anhörung des Beklagten ordnete der Staatssekretär mit Bescheid vom 12.12.2003 erneut den Einbehalt von 25 % der Dienstbezüge an. Der hiergegen gerichtete Aussetzungsantrag des Beklagten wurde durch Beschluss der Disziplinarkammer vom 09.12.2005 abgelehnt (Az.: 6 D 60008/04 Me). Die dagegen vom Beklagten eingelegte Beschwerde hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.04.2008 (Az.: 8 DO 28/06) zurückgewiesen. 5

Am 11.12.2007 beantragte der Beklagte beim Thüringer Innenministerium die Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Staatssekretärs vom 20.12.2007 abgelehnt. Am 10.01.2008 beantragte der Beklagte beim Verwaltungsgericht Meiningen erneut die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung. Nach Rücknahme dieses Antrags stellte das Verwaltungsgericht Meiningen das Verfahren mit Beschluss vom 21.01.2009 (Az.: 6 D 60002/08 Me) ein. II. Am 30.09.2009 hat der Disziplinarkläger (im Folgenden: Kläger), vertreten durch das Thüringer Innenministerium, beim Verwaltungsgericht Meiningen - Kammer für Disziplinarsachen - Klage erhoben und beantragt, den Disziplinarbeklagten aus dem Dienst zu entfernen. Das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen stehe durch die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Erfurt vom 13.07.2007 fest. Dem Beklagten würden folgende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt: 1. Er habe die Zusammenarbeit der Brüder K mit der Polizei gegenüber Dritten offengelegt. In den späten Abendstunden des 04.01.2002 habe er zusammen mit dem inzwischen verstorbenen G den Barbereich der "V " aufgesucht, sich mehrere Stunden im Barbereich aufgehalten und zusammen mit den in der V beschäftigten Bardamen B (frühere L ), L und B, der Lebensgefährtin des K, alkoholische Getränke, die alle vom Beklagten bezahlt worden seien, konsumiert. Herr G sei im Laufe des Abends erheblich angetrunken gewesen, bei dem Beklagten sei lediglich erkennbar gewesen, dass er nicht mehr ganz nüchtern gewesen sei, ohne jedoch betrunken zu wirken. Nach einiger Zeit habe Herr G angefangen, den anwesenden Damen mitzuteilen, dass er den Brüdern K Prostituierte aus Osteuropa besorgen werde und sie ihren Job verlieren würden. Der Beklagte habe hinzugefügt, dass er im März eine Razzia in der V durchführen werde und dies damit begründet, dass die Brüder K nicht mehr kooperativ seien, er von ihnen keine Informationen mehr bekomme. Frau B habe am nächsten Morgen K wutentbrannt zur Rede gestellt, ob er tatsächlich mit der Polizei zusammenarbeite. 2. Der Beklagte habe mit Schriftsatz vom 15.11.2002 in dem gegen ihn vor dem Verwaltungsgericht Meiningen geführten Disziplinarverfahren eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben. In dem Schreiben seines Anwalts gegenüber dem Verwaltungsgericht Meiningen, Az.: 6 D 60015/02.Me, habe er in zwei Punkten eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Auf Seite 15 des Schriftsatzes heiße es: 6

"Die Dekonspiration der VP K hat nicht stattgefunden bzw. ist diese nicht durch den Antragsteller zu verantworten." Auf Seite 27 des Schriftsatzes sei ausgeführt: "Aufgrund des völlig ungesicherten Zahlenmaterials verantwortete der Leiter der Abteilung interne Ermittlungen im Thüringer Polizeiverwaltungsamt, Kriminalrat K, gegen die Leiter von Polizeidirektionen das angebliche Bestehen eines Anfangsverdachts und fertigte eine Vorlage für den damaligen Staatssekretär B." Auf Seite 34 des Schriftsatzes seien folgende Erklärungen enthalten: "Ich, der Unterzeichnete L, bestätige und bekräftige dies je durch Gegenzeichnung, dass ich mir die vorstehenden Ausführungen meines Verfahrensbevollmächtigten, Herr Rechtsanwalt Dietmar R u d l o f f, zu eigen mache." "Sodann erkläre ich, belehrt über die Strafbarkeit einer falsch abgegebenen Versicherung, dass ich die Richtigkeit der von meinem Verfahrensbevollmächtigten wiedergegebenen Tatsachenangaben an Eides statt versichere." Beide Erklärungen auf Seite 34 seien von dem Beklagten unterzeichnet. Tatsächlich sei der Beklagte Urheber der Enttarnung des K am 04./05.01.2002. Die gegenteilige Versicherung sei daher objektiv und subjektiv falsch. Der Zeuge K habe lediglich eine Vorlage verfasst, nämlich die Vorlage vom 14.09.2000 über die "Handhabung der Verordnung über die Arbeitszeit der Thüringer Landesbeamten und des Arbeitszeitgesetzes im Geschäftsbereich der Thüringer Polizei". Diese sei nicht an den Staatssekretär gerichtet gewesen, sondern zur "Unterrichtung des Herrn Abteilungsleiter 4 o. V. i. A.". Die Vorlage habe auch keine Ausführungen zu einem Anfangsverdacht gegen Leiter von Polizeidirektionen enthalten. Dem Angeklagten sei der tatsächliche Inhalt der Vorlage bekannt gewesen. Die gegenteilige Versicherung sei daher objektiv und subjektiv falsch. 3. Dem Beklagten werde vorgeworfen, zu einer Vernichtung eines unter- und abgezeichneten dienstlichen Schriftstücks angestiftet zu haben. Er sei vom 01.06.2000 an Büroleiter des Abteilungsleiters 4 im Thüringer Innenministerium gewesen. Abteilungsleiter 4 sei zu dieser Zeit der verstorbene Herr R, sein Vertreter der Beamte R gewesen. Kriminalrat K sei Leiter der Arbeitsgruppe interne Ermittlungen (AGIE) im Thüringer Polizeiverwaltungsamt gewesen, der Beamte R Sachbearbeiter in der AGIE. Nach Zuarbeit des Beamten H habe KR K unter dem Datum 14.09.2000 die zur "Unterrichtung des Herrn Abteilungsleiter 4 o. V. i. A." ausgezeichnete Vorlage gefertigt. Der Beamte H habe die Vorlage in einem verschlossenen Umschlag am 14.09.2000 dem Beklagten übergeben. Zu einem nicht mehr feststellbaren Tag während des Urlaubs des KR K in der Zeit zwischen dem 02. und 20.10.2000 habe der Beklagte in seinem Büro die bereits mit dem Namenskürzel des Herrn R versehene Originalvorlage dem dort anwesenden Beamten R mit der Aufforderung, die Vorlage 7

abzuändern, zurückgegeben. Als dies der Beamte R abgelehnt habe, habe ihn der Beklagte aufgefordert, alle Exemplare der Vorlage, welche das Namenskürzel des Beamten R trügen, zu vernichten. Daraufhin habe Herr R die ihm übergebene Originalvorlage in den Aktenvernichter gesteckt. Die Dekonspiration der Brüder K als Vertrauensperson der Polizei verletze in besonderem Maße die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Die falsche eidesstattliche Versicherung stelle einen Verstoß gegen die allgemeine Wohlverhaltenspflicht dar, da von einem Polizeibeamten in besonderem Maße zu erwarten sei, dass er im dienstlichen Verkehr und vor Gericht die Wahrheit sage und nicht zur Erlangung eines eigenen Vorteils zu unwahren und strafbewehrten Falschaussagen greife. Die Vernichtung von dienstlichen Schriftstücken, die durch Vorgesetzte autorisiert seien, stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die beamtenrechtliche Gehorsams- und Unterstützungspflicht dar und verstoße zugleich gegen die aus der Wohlverhaltenspflicht folgende Pflicht zur Offenheit und Wahrhaftigkeit im dienstlichen Umgang. Die ordnungsgemäße Willensbildung der Verwaltung, die in ihren Entscheidungen an Recht und Gesetz gebunden sei, sei durch die rechtswidrige Anweisung des Beklagten zur Aktenvernichtung an einen Beamten, dem gegenüber er sich aufgrund seiner herausgehobenen Position beim damaligen Abteilungsleiter Polizei als weisungsbefugt geriert habe, erheblich gestört gewesen. Alle drei Dienstpflichtverletzungen, die der Beklagte in Ausübung seines Berufs als Polizeibeamter begangen habe, rechtfertigten bereits für sich allein die Entfernung aus dem Dienst. Ein Polizeibeamter, dessen Aufgabe die Verhütung und Verfolgung von Straftaten sei, erschüttere endgültig das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit, wenn er selbst in Ausübung dieser Tätigkeit straffällig werde. Der Beklagte habe durch die Straftaten verdeutlicht, dass die Rechtsordnung für ihn nicht uneingeschränkt gelten solle. Diese stehe nach seiner Ansicht vielmehr immer dann zu seiner Disposition, wenn es für ihn vorteilhaft erscheine. Besondere Beachtung verdiene in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Dienstvergehen nicht lediglich im Zusammenhang mit einem Tätigkeitskomplex, wie den Ermittlungen im G Rotlichtmilieu, begangen worden seien. Der Beklagte habe vielmehr auch in einem völlig anderen Zusammenhang, nämlich in einem gegen ihn geführten Disziplinarverfahren, auf eine vorsätzliche Falschaussage zurückgegriffen. Schließlich habe er im Rahmen einer wiederum völlig anderen Tätigkeit, nämlich der des Büroleiters des Abteilungsleiters 4 des Thüringer Innenministeriums, in strafrechtlich relevanter Weise auf die Vernichtung autorisierter Schriftstücke und damit darauf hingewirkt, dass zumindest eine Verzögerung der Aufklärung zur Frage der Vergütung von Mehrarbeit eingetreten sei. Er habe sich damit bewusst über Entscheidungen vorgesetzter Beamter hinweggesetzt, wobei ihm bewusst 8

gewesen sei, dass mit der Vernichtung die Arbeit der AGIE in erheblichem Maße behindert werde. Milderungsgründe für den Beklagten seien nicht erkennbar. Er sei uneingeschränkt schuldfähig gewesen und habe nicht in einer psychischen Ausnahmesituation gehandelt. Er habe auch keine Einsicht in seine erheblichen Verstöße gegen die Beamtenpflichten gezeigt. Diese habe er so weit wie möglich abgestritten, wobei er sogar vor einer vorsätzlichen Falschaussage an Eides statt nicht zurückgeschreckt sei. Nach alledem sei das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in eine rechtskonforme Pflichterfüllung des Beklagten als Polizeibeamter derart nachhaltig erschüttert, dass dieser nicht als Garant der Rechtsordnung angesehen und akzeptiert werden könne. Seine Verfehlungen seien in quantitativer und qualitativer Hinsicht von solcher Art, dass einem Vertrauensverhältnis jegliche Basis entzogen sei. Die Disziplinarklage wurde dem Bevollmächtigten des Beklagten am 13.10.2009 unter Hinweis auf die Fristen des 51 Abs. 1 Satz 1 ThürDG sowie des 53 Abs. 2 Satz 2 ThürDG zugestellt. Der Beklagte ließ mit am Montag, den 14.12.2009 beim Verwaltungsgericht Meiningen eingegangenem Schriftsatz beantragen, die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise, für den Fall seiner Entfernung aus dem Dienst, den Disziplinarkläger zu verurteilen, ihm für die Dauer von zwei Jahren einen Unterhaltsbeitrag zu bewilligen. Das Disziplinarverfahren sei bereits wegen wesentlicher Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens sowie der Disziplinarklageschrift einzustellen. Ein wesentlicher Mangel des Disziplinarverfahrens liege darin, dass die nach 42 Abs. 1 Satz 3 ThürDG vorgeschriebene Anhörung des Beklagten vor seiner vorläufigen Dienstenthebung sowie der Einbehaltung seiner Dienstbezüge durch Verfügung des Thüringer Innenministeriums vom 30.08.2002 unterblieben sei. Dieser Fehler sei im gerichtlichen Aussetzungsverfahren nicht geheilt worden, da die Anhörung durch das Gericht kein Nachholen durch die Behörde ersetzen könne. Die Verletzung der Anhörungspflicht im Verfahren der vorläufigen Dienstenthebung habe sich letztlich auch auf das weitere Disziplinarverfahren ausgewirkt. So sei das Verfahren durch mehrere Verfügungen auf insgesamt 45 Vorwürfe erweitert worden. Bereits während des Ermittlungsverfahrens, spätestens mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 9

15.06.2004, hätten sich jedoch die Vorwürfe als haltlos erwiesen. Gleichwohl seien sie nicht aus dem Verfahren ausgeschieden worden. Als weiterer Verfahrensmangel sei die Dauer des Disziplinarverfahrens zu rügen. Die lange Dauer verstoße insbesondere gegen den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser Verstoß sei auch bei einer Entfernung aus dem Dienst zu berücksichtigen und rechtfertige die Einstellung des Verfahrens. Der Bundesgerichtshof sei bereits in seinem Beschluss vom 04.06.2008, wenngleich damit seine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 13.07.2007 als unbegründet verworfen worden sei, von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung des Strafverfahrens ausgegangen. Die Klageschrift weise erhebliche Mängel auf. Eine Vielzahl der ihm seitens des Klägers im Disziplinarverfahren vorgeworfenen angeblichen Dienstvergehen seien nicht Gegenstand der Disziplinarklage, so dass das Verfahren damit eine Beschränkung erfahren habe. Diese sei jedoch in die Klageschrift aufzunehmen, was nicht erfolgt sei. Es fehle daher an der erforderlichen geordneten Darstellung der Tatsachen. Zudem werde in der Klageschrift ein angeblicher disziplinarer Überhang nicht begründet. Dies sei jedoch notwendig, wenn wegen des gleichen Sachverhalts - wie hier - eine Kriminalstrafe verhängt worden sei. Daneben seien nur noch bestimmte disziplinarische Maßnahmen zulässig und auch nur, wenn sie erforderlich seien, um den Beamten zur Pflichtenmahnung anzuhalten. Weiter werde als wesentlicher Mangel der Klageschrift gerügt, dass Beweisanträge des Dienstherrn nicht enthalten seien. Er beantrage die Lösung von der Bindungswirkung des Strafurteils des Landgerichts Erfurt vom 13.07.2007. Eine Lösung von der Bindungswirkung rechtfertige sich bereits daraus, dass im Strafverfahren gegen zentrale Verfahrensvorschriften der Strafprozessordnung verstoßen worden sei, auf denen das Urteil beruhe. Zu der Hauptverhandlung am 07.11.2006 sei er nicht ordnungsgemäß geladen worden. Die Ladung vom 17.08.2006 habe den Hinweis enthalten, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt werden könne, da nur eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebeneinander zu erwarten sei. Das Strafgericht habe in der Hauptverhandlung vom 07.11.2006 nach Einsichtnahme in das an ihn gerichtete Ladungsformular lediglich belehrt, dass er trotz nicht ordnungsgemäß verwendetem Ladungsformular verpflichtet sei, zu den Hauptverhandlungsterminen zu erscheinen. Nach 232 Abs. 1 Satz 2 StPO habe in dem Verfahren jedoch eine höhere Strafe als aufgeführt nicht verhängt werden dürfen. 10

Die Verurteilung nach 353b StGB sei erfolgt, obwohl ein Verfahrenshindernis bestanden habe. Nach 353b Abs. 4 StGB werde die Tat nur mit Ermächtigung verfolgt. Das Thüringer Innenministerium habe in seinem Schreiben vom 01.03.2002, welches in der Hauptverhandlung am 04.07.2007 durch Verlesen in das Verfahren eingeführt worden sei, jedoch nur ermächtigt, Ermittlungen zum Verdacht des Geheimnisverrates durchzuführen. Eine Verfolgungsermächtigung hingegen sei nicht erteilt worden. Auch der Verurteilung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung habe ein Verfahrenshindernis entgegengestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verurteilung wegen des Geheimnisverrats noch nicht rechtskräftig gewesen, so dass zu seinen Gunsten die Unschuldsvermutung hätte berücksichtigt werden müssen. In der Hauptverhandlung am 22.02. und 01.03.2007 sei gegen die Regeln über die Zeugenvernehmung verstoßen worden. Dem Zeugen K sei gestattet worden, zu Beginn seiner Vernehmung eine umfängliche schriftliche Ausarbeitung zu verlesen. Dies habe die Verteidigung sofort mündlich und auf Aufforderung des Gerichts auch schriftlich beanstandet, was vom Landgericht zurückgewiesen worden sei. Der Zeuge habe seine schriftliche Erklärung weiter verlesen dürfen und im Anschluss seine 49 Seiten umfassende schriftliche Ausarbeitung dem Gericht zur Verfügung gestellt, die Verteidigung habe eine Abschrift erhalten. Eine Durchsicht der schriftlichen Ausarbeitung habe ergeben, dass der Zeuge diese nahezu vollständig vorgelesen habe, jedoch einige Passagen nicht vorgetragen habe, welche aber durch Überlassung der schriftlich ausgearbeiteten Zeugenaussage Aktenbestandteil des Verfahrens geworden seien. Damit sei gegen das Prinzip der Mündlichkeit der Vernehmung eines Zeugen verstoßen worden. Es sei gegen das Beweisantragsrecht verstoßen worden, weil die von ihm gestellten Beweisanträge zur Einvernahme der Zeugen G und K mit der Begründung abgelehnt worden seien, die unter Beweis gestellten Tatsachen könnten als wahr unterstellt werden. Das Urteil habe sich gleichwohl nicht mit der jeweils als wahr unterstellten Beweistatsache auseinandergesetzt bzw. sich dazu in Widerspruch begeben. Weiter sei gegen das Beweisantragsrecht verstoßen worden, weil sein Antrag, die Niederschrift über die Vernehmung des Kriminaldirektors im Ruhestand F durch die Staatsanwaltschaft Erfurt vom 15.01.2004 auszugsweise zu verlesen, abgelehnt worden sei. Die Strafkammer habe dem Verlesungsantrag nicht entsprochen, weil der Zeuge F vernommen worden sei. Sie habe sich aber nicht - wie geschehen - auf 250, 251 StPO stützen dürfen. 250 StPO verbiete nur die Ersetzung, nicht jedoch die Ergänzung der Äußerung der Beweisperson. Das Urteil des Landge- 11

richts Erfurt beruhe auch auf diesem Rechtsverstoß, weil durch die Verlesung der Urkunde bewiesen worden wäre, dass es sich bei der Vorlage vom 14.09.2000 nicht um eine Urkunde im Rechtsverkehr gehandelt habe. Auch sei gegen das Beweisantragsrecht sowie gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen worden, weil sein Antrag auf nochmalige Vernehmung des Zeugen R abgelehnt worden sei. Die nochmalige Einvernahme des Zeugen sei jedoch geboten gewesen, weil erst nach seiner Vernehmung am 01.02.2007 ein Schreiben des Thüringer Innenministeriums vom 11.02.2004 in die Hauptverhandlung durch Verlesen eingeführt worden sei. Dieses Schreiben hätte dem Zeugen vorgehalten werden müssen, um ihm eine "Erinnerungsbrücke" anzubieten. Das Urteil beruhe auch auf der Verletzung materiellen Rechts. Die Ausführungen des Strafgerichts widersprächen der Logik und den Denkgesetzen, soweit es davon ausgehe, er sei Urheber der Enttarnung des Zeugen K am 04./05.01.2002 gewesen. Die Einvernahme der Zeuginnen B, L und B habe ergeben, dass der verstorbene G angefangen habe, den anwesenden Damen mitzuteilen, dass er den Brüdern K Prostituierte aus Europa besorgen werde und sie ihren Job verlieren würden, während er sich erst danach an diesem Gespräch beteiligt habe. Insofern habe also der G den Anstoß geliefert. Er könne nicht als Urheber des Geheimnisverrats verurteilt werden. Zudem gebe das Urteil des Landgerichts auch den Aussageinhalt, jedenfalls der Zeugin B, nicht richtig wieder, denn diese habe bei ihrer Einvernahme als Zeugin in der Hauptverhandlung am 22.03.2007 bestätigt, dass es G gewesen sei, der geäußert habe, dass die von ihm, dem Beklagten, für März in Aussicht gestellte angebliche Razzia durchgeführt würde, weil es mit den Gebrüdern K keine Kooperation mehr geben würde. Die Zeugin habe in diesem wesentlichen Punkt ihre zwei Wochen nach diesem Vorfall in der Vernehmung der AGIE getätigte Aussage wiederholt und bestätigt. Auch könne er sich wegen seiner Äußerungen gegenüber den Bardamen auf einen rechtfertigenden Notstand berufen. Dies habe das Landgericht, obwohl dies im Schlussvortrag der Verteidigung vor dem Landgericht ausgeführt worden sei, missachtet. Nachdem G begonnen habe, durch entsprechende Äußerungen in Richtung der Gebrüder K angebliches, jedoch tatsächlich bei G anscheinend nicht vorhandenes, besonderes Wissen über deren Polizeikontakte zu verraten und er dem G keinen Einhalt habe gebieten können, habe er aus der Situation heraus sich dazu entschlossen und diesen Entschluss verwirklicht, die Äußerungen des G zu "verwässern" und versucht, die Äußerungen insgesamt als "Kraftmeierei" und substanzlos erscheinen zu lassen. Für ihn habe aufgrund des Auftretens des G 12

eine zumindest mittelbare Gefährdung, wie auch für die VP K, bestanden, welche sein Verhalten gerechtfertigt habe. Aus der Aussage der Zeugin B ergebe sich darüber hinaus, dass aufgrund seiner Äußerungen sowie die des G der K nicht als Vertrauensperson enttarnt worden sei, denn die Zeugin B habe im Ergebnis und nur für sich Veranlassung gesehen - und das auch erst am nächsten Morgen - den Zeugen K zu befragen, ob er tatsächlich mit der Polizei zusammenarbeite, was der Zeuge wohl dann ihr gegenüber auch abgetan und sie damit beruhigt habe. Bei zutreffender Beweiswürdigung hätte sich der Strafkammer erschließen müssen, dass die Zeugin B eine Zusammenarbeit des K mit der Polizei bezweifelt habe, ansonsten sie nicht bei ihm nachgefragt hätte. Obwohl die Strafkammer dem Zeugen K hinsichtlich anderer Anklagepunkte eher keinen Glauben zu schenken vermochte, habe sie ihm hinsichtlich dieses Vorwurfs geglaubt. Dabei habe dieser Zeuge ein ganz augenfälliges Motiv gehabt, die Gelegenheit zur "Begleichung offener Rechnungen" mit ihm zu benutzen. Gegen die angebliche Dekonspiration des K spreche auch, dass dieser bei seiner Befragung als Zeuge in der Hauptverhandlung bestätigt habe, weiter als Vertrauensperson der Polizei tätig zu sein. Das Gericht habe auch nicht berücksichtigt, dass der Zeuge am 03.04.2002 gegenüber der AGIE erklärt habe, auf die ihm für seine Tätigkeit als Vertrauensperson zugesicherte Vertraulichkeit zu verzichten. Die Niederschrift über diese Erklärung sei in der Hauptverhandlung verlesen, jedoch im Urteil nicht verwertet worden. Da die Dekonspiration der Vertrauensperson K nicht von ihm ausgegangen sei, ergebe sich daraus auch zwangsläufig, dass er insoweit nicht wegen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt habe verurteilt werden können. Soweit er hinsichtlich seiner Angaben über die Vernichtung von Vorlagen wegen falscher eidesstattlicher Versicherung verurteilt worden sei, könne ihm nicht in Abrede gestellt werden, dass es sich bei der vernichteten Unterlage um den Vorlageentwurf vom 13.09.2000 gehandelt haben könne, den der Zeuge H gefertigt habe. Dieser Entwurf sei zur Vorlage beim Staatssekretär vorgesehen gewesen, sie habe einen Anfangsverdacht enthalten und sei in der AGIE gefertigt worden, zu der der Zeuge H zeitweilig abgeordnet und in der der Zeuge K verantwortlich gewesen sei. Die Hauptverhandlung habe daher nicht ergeben, dass seine eidesstattliche Versicherung in diesem Punkt falsch gewesen sei. Hinsichtlich des Vorwurfs der Anstiftung zum Verwahrungsbruch in Tateinheit mit Anstiftung zur Urkundenunterdrückung sei das Urteil schon deshalb materiell fehlerhaft, weil es sich bei der "Vorlage" nicht um eine Urkunde im Sinne dieser Strafvorschrift gehandelt habe. 13

Die Vorlage habe nicht zum Beweis im Rechtsverkehr gedient, weil sie augenfällig "nur für den Dienstgebrauch" und nicht dafür bestimmt gewesen sei, in den Rechtsverkehr entlassen zu werden. Darüber hinaus habe die Strafkammer zu Unrecht angenommen, dass die Absicht bestanden habe, einem anderen einen Nachteil zuzufügen. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass ihm bewusst gewesen wäre, dass die Vernichtung der "Vorlage" eine Verzögerung der Aufklärung zur Frage der Vergütung von Mehrarbeit nach sich ziehen werde und er gewusst habe, dass er mit der Vernichtung die Arbeit der AGIE in erheblichem Maße behindert hätte, verstoße diese Feststellung gegen die Logik und Denkgesetze. Zwar habe er zunächst fehlerhaft erklärt, dass der in der Anklage formulierte Sachverhalt zur angeblichen Urkundenunterdrückung so zuträfe. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung habe er jedoch seine Übersicht wieder gewonnen und immer wieder bekräftigt, dass seine Motivation darin bestanden habe, keine "Vorlage" weiterzuleiten, welche hinsichtlich der Überstundenabrechnung führender Thüringer Polizeibeamter einen ungerechtfertigten Anfangsverdacht angenommen hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 14.12.2009 Bezug genommen. Da das Gericht die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu beschließen habe, beantrage er die Vernehmung der Zeugen G, K, R sowie K und auszugsweise das Protokoll über die Vernehmung des Kriminaldirektors im Ruhestand F in der mündlichen Verhandlung zu verlesen. Auf den Inhalt der Beweisanträge wird Bezug genommen. Der Kläger hat zum Antrag auf Lösung von der Bindungswirkung des Strafurteils erwidert, dass sich dessen Begründung im Wesentlichen mit den Ausführungen des Beklagten im Revisionsverfahren decke. Der Bundesgerichtshof habe die Revision jedoch als offensichtlich unbegründet verworfen, weil er keine Rechtsverletzung habe erkennen können. Der Prüfungsrahmen habe auch die Frage umfasst, ob die strafgerichtlichen Feststellungen auf einer gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßenden Beweiswürdigung beruhten. Der Beklagte habe lediglich wiederholt vorgetragen, dass nach seiner Ansicht andere Schlussfolgerungen aus der Beweiserhebung hätten gezogen werden können. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze sei aber nicht begründet worden. Die vom Beklagten gerügten Verfahrensfehler würden nicht durchgreifen. Die gerügte unterbliebene Anhörung habe sich auf das vorläufige Dienstenthebungsverfahren bezogen. Eine unverhältnismäßige Verfahrensverzögerung sei nicht festzustellen. Es sei vielmehr der Ausgang des Strafverfahrens, dessen Dauer durch die Komplexität und Vielzahl der aufzuklären- 14

den Sachverhalte bedingt gewesen sei, abzuwarten gewesen. Die Klage sei unmittelbar nach dem Abschluss eines zweiten Disziplinarverfahrens der sogenannten "G Rotlichtaffäre" als drittes und letztes Verfahren in diesem Zusammenhang erhoben worden. Zudem vermöge eine lange Verfahrensdauer nichts daran zu ändern, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Amtsführung des Beklagten endgültig zerstört sei. Die Klageschrift sei auch hinreichend klar. In ihr sei genau bestimmt, welche Tathandlungen dem Beklagten vorgeworfen würden. Auf einen disziplinaren Überhang komme es nicht an, da die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst angestrebt werde. Dem Gericht liegen die Gerichtsakte 6 D 60015/02.Me (3 Bände), die Gerichtsakte 6 D 60008/04 Me (1 Band), die Gerichtsakte 6 D 60002/08 Me (1 Band), die Personalakte des Beklagten (1 Hefter), der Disziplinarvorgang (2 Ordner), der Disziplinarvorgang zum Einbehalt der Dienstbezüge (1 Ordner) sowie die Strafakte 510 Js 5011/02 (12 Bände Hauptakte, 7 Sonderbände sowie 7 Fallakten) vor. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Entscheidungsgründe: 1. Auf das vorliegende Verfahren finden die Vorschriften des Thüringer Disziplinargesetzes (ThürDG) Anwendung, obwohl es bereits durch die Anordnung von Vorermittlungen nach 26 der Bundesdisziplinarordnung (BDO) am 24.05.2002 auf Grundlage des alten Disziplinarrechts eingeleitet worden ist. Nach 82 Abs. 1 ThürDG werden nach bisherigem Recht eingeleitet Disziplinarverfahren in der Lage, in der sie sich am Tage des In-Kraft- Tretens dieses Gesetzes befinden, nach diesem Gesetz fortgeführt, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes geregelt ist. Nach 82 Abs. 5 ThürDG ist das alte Recht (die Bundesdisziplinarordnung) auf die Fälle weiter anzuwenden, in denen bereits das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden war. Dies ist hier nicht der Fall gewesen. 2. Die Disziplinarklage ist zulässig. Sie ist insbesondere wirksam erhoben worden. In der Klageschrift vom 21.09.2009 ist das Dienstvergehen, das dem Beklagten vorgeworfen wird, hinreichend bestimmt dargelegt. Die Klageschrift entspricht den Anforderungen des 50 Abs. 1 Satz 3 ThürDG. Danach hat die Klageschrift die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten und die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel zu enthalten. Insbesondere sind die Tathandlungen, in denen der Kläger Dienstpflichtverletzungen sieht und die er zum Gegen- 15

stand der Klage gemacht hat, ausreichend deutlich genannt. Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt kein Mangel der Klageschrift darin, dass auf die weiteren Vorwürfe, die Gegenstand des (behördlichen) Disziplinarverfahrens waren, nicht ausdrücklich eingegangen wird. Diese Vorwürfe sind ersichtlich vom Kläger auf Grundlage des 24 Abs. 2 Satz 1 ThürDG aus dem Verfahren ausgeklammert worden. Dies wird schon daraus deutlich, dass er allein auf Grundlage der Feststellungen des Strafurteils die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst beantragt hat, er folglich davon ausging, dass die weiteren Vorwürfe für die Art und Höhe der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nicht ausschlaggebend sein würden. Zwar ist nach 24 Abs. 2 Satz 2 ThürDG die Begrenzung des Disziplinarverfahrens aktenkundig zu machen, was vorliegend unterblieben ist, sie muss jedoch nicht zwingend in die Klageschrift aufgenommen werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten mussten in der Klageschrift auch keine Ausführungen zum sogenannten "disziplinaren Überhang" gemacht werden. Dies konnte schon deshalb unterbleiben, weil der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst beantragt hat und für diese Disziplinarmaßnahme die Frage der zusätzlichen Pflichtenmahnung (vgl. 13 Abs. 1 ThürDG) nicht relevant ist. 3. Das behördliche Disziplinarverfahren leidet an keinem nach 51 ThürDG zu berücksichtigenden Verfahrensfehler. Es ist mit Verfügung des Staatssekretärs vom 24.05.2002 ordnungsgemäß nach 26 Abs. 1 BDO eingeleitet worden. Der Staatssekretär war als Dienstvorgesetzter für den im Thüringer Innenministerium tätigen Beklagten gemäß 26 Abs. 1 BDO i. V. m 4 Abs. 2 Sätze 1 und 3 ThürBG in der bis zum 31.03.2009 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 08.09.1999 (GVBl. 525) für die Einleitung des Verfahrens zuständig. Der Vorwurf der Offenlegung der Zusammenarbeit einer Vertrauensperson mit der Polizei war Gegenstand der Einleitungsverfügung. Die Vorwürfe der Anstiftung zur Urkundenunterdrückung und der falschen Versicherung an Eides statt wurden durch Erweiterungsverfügungen des Staatssekretärs vom 14.10.2002 und vom 09.01.2003 in das Verfahren eingeführt. Dabei kann offenbleiben, ob in den Verfügungen hinreichend konkret die Tatvorwürfe beschrieben wurden. Dies erscheint insbesondere bei der Einleitungsverfügung fraglich, weil dort nur unter Hinweis auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren Straftatbestände aufgeführt wurden, für die der Verdacht bestehe, dass der Beklagte sie verwirklicht haben könnte, Tathandlungen aber nicht genannt werden. Dieser mögliche Fehler ist jedoch im Verlauf des 16

Verfahrens geheilt worden, weil der Kläger in mehreren Schriftsätzen die Vorwürfe konkretisiert hat, etwa im Schreiben vom 14.10.2002 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach 42 Abs. 5 ThürDG sowie im Schriftsatz vom 09.02.2005, mit dem dem Beklagten unter anderem ein wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt wurde. Der Beklagte wurde nach 26 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 ThürDG mehrfach ordnungsgemäß darüber belehrt, dass er Gelegenheit habe, sich zu den Vorwürfen schriftlich oder mündlich zu äußern und darauf hingewiesen, dass er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen könne. Allerdings wurden die Regelungen des 36 Satz 1, Sätze 5 und 6 ThürDG zunächst nicht ausreichend beachtet. Dies begründet jedoch keinen wesentlichen Verfahrensfehler. Nach 36 Satz 1 ThürDG ist dem Beamten, wenn das Disziplinarverfahren nicht eingestellt werden soll, das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mitzuteilen und ihm Gelegenheit zu geben, weitere Ermittlungen zu beantragen. Zwar wurde dem Beklagten mit Schreiben des Ermittlungsführers vom 09.02.2005 mitgeteilt, dass das ausgesetzte Verfahren fortgesetzt werde. Zugleich wurde ihm unter anderem ein Ergebnis der Ermittlungen bezüglich aller ursprünglich im Verfahren enthaltener Vorwürfe übersandt. Gleichwohl wurde damit den Anforderungen des 36 ThürDG nicht ausreichend Rechnung getragen, denn inhaltlich kam dieses Schreiben über eine Sachstandsmitteilung nicht hinaus. Dies hat seine Ursache darin, dass das Strafverfahren gegen den Beklagten noch nicht abgeschlossen und eigene über das Strafverfahren hinausgehende Ermittlungen des Klägers nicht erfolgt waren. Demzufolge ist trotz anschließender Erklärung vom 02.03.2005, dass die Ermittlungen bis auf Weiteres abgeschlossen werden und dem Kläger Gelegenheit gegeben wurde, sich abschließend zu äußern (vgl. 36 Sätze 5 und 6 ThürDG), dass Verfahren de facto bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt geblieben. Die vier Jahre später erfolgte Klageerhebung basierte sodann ausschließlich auf den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts. Weder wurde vor der Klageerhebung dem Beklagten nochmals ein Ergebnis der Ermittlungen übersandt, noch wurde ihm Gelegenheit gegeben, nochmals abschließend Stellung zu nehmen. Dieses Versäumnis stellt jedoch keinen Verfahrensfehler dar, denn beide Verfahrensschritte waren nach 27 Abs. 3 ThürDG entbehrlich. Stellt sich nämlich im Laufe der Ermittlungen heraus, dass die Voraussetzungen einer Disziplinarklage vorliegen, ist diese unverzüglich ohne weitere behördliche Ermittlungen zu erheben. Der Beamte muss zwar zuvor Gelegenheit zur Äußerung nach 26 ThürDG erhalten haben, jedoch unterbleibt in diesen Fällen die abschließende Anhörung nach 36 ThürDG. 17

Die Vorschrift geht dabei ersichtlich davon aus, dass die notwendige Anhörung des beklagten Beamten sodann im gerichtlichen Verfahren erfolgt und dort der vom Gesetzgeber im Interesse der Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens in Kauf genommene Anhörungsmangel geheilt wird. Geboten ist allerdings, dass die Voraussetzungen für die frühzeitige Erhebung der Disziplinarklage gemäß 27 Abs. 3 ThürDG vorlagen und nach Satz 2 der Vorschrift die Gelegenheit zur Äußerung nach 26 ThürDG bestanden hat (vgl. ThürOVG, U. v. 06.11.2008-8 DO 584/07 -, Bl. 28 ff des Urteilsumdrucks). Beides ist hier gegeben, insbesondere waren die Voraussetzungen zur Erhebung der Klage nach Beschränkung des Verfahrens auf die vom Strafgericht festgestellten Sachverhalte erfüllt. Der oben unter 2. bereits festgestellte Verstoß gegen 24 Abs. 2 Satz 2 ThürDG, wonach eine Begrenzung des Verfahrens aktenkundig zu machen ist, ist ebenfalls kein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der über eine Fristsetzung gemäß 51 Abs. 2 ThürDG vom Kläger geheilt werden müsste. Ein wesentlicher Mangel liegt schon deshalb nicht vor, weil - wie ebenfalls oben bereits ausgeführt - der Klageschrift zu entnehmen ist, dass das Verfahren auf die drei Tatvorwürfe, die Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung des Beklagten waren, begrenzt wurde. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch in seiner unterbliebenen Anhörung vor der Anordnung seiner vorläufigen Dienstenthebung kein Verfahrensmangel des Disziplinarverfahrens zu sehen. Eine vorläufige Dienstenthebung auf Grundlage des 42 Abs. 1 ThürDG kann zwar erst ab der Einleitung des Disziplinarverfahrens angeordnet werden, gleichwohl handelt es sich um ein gesondertes (Neben-) Verfahren, dessen formale Anforderungen auf das Hauptsacheverfahren nicht durchschlagen. Der nach 75 Abs. 2 Nr. 9 ThürPersVG auf Antrag des Beklagten vor der Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligende Personalrat hat der Klageerhebung in seiner Sitzung vom 26.08.2009 zugestimmt. Das Disziplinarverfahren leidet auch sonst an keinem für die disziplinarrechtliche Beurteilung maßgeblichen Fehler, der einer Sachentscheidung entgegensteht. 4. Die Disziplinarklage ist auch begründet. Der Beklagte hat die ihm in der Klageschrift vorgeworfenen und im Tatbestand geschilderten Taten begangen. Er hat in den späten Abendstunden des 04.01.2002 zusammen mit dem inzwischen Verstorbenen G den Barbereich der "V " aufgesucht und dort gegenüber 18

anwesenden Bardamen geäußert, er werde eine Razzia in der V durchführen, weil die Brüder K nicht mehr kooperativ seien, er von ihnen keine Informationen mehr bekomme. Weiter hat er mit Schriftsatz vom 15.11.2002 an das Verwaltungsgericht Meiningen eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, weil er dort eidesstattlich versichernd ausführte, dass die Dekonspiration der VP K nicht stattgefunden, bzw. er diese nicht zu verantworten habe und weil er darin weiterhin ausführte, dass aufgrund des völlig ungesicherten Zahlenmaterials der Leiter der Abteilung interne Ermittlungen im Thüringer Polizeiverwaltungsamt, Kriminalrat K, gegen die Leiter von Polizeidirektionen das angebliche Bestehen eines Anfangsverdacht verantwortet und eine Vorlage für den damaligen Staatssekretär B gefertigt habe. Schließlich hat er den Polizeibeamten R angewiesen, eine bereits mit dem Namenskürzel des Herrn R versehene Originalvorlage zu vernichten. Dies ergibt sich aus dem rechtskräftig gewordenen Strafurteil des Landgerichts Erfurt (Az.: 510 Js 5011/02). Damit ist der Beklagte wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, falscher eidesstattlicher Versicherung und Anstiftung zur Urkundenunterdrückung in Tateinheit mit Anstiftung zum Verwahrungsbruch zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. An die tatsächlichen Feststellungen dieses Strafurteils ist die Disziplinarkammer nach 16 Abs. 1 Satz 1 ThürDG gebunden. Zwar hat nach 16 Abs. 1 Satz 2 ThürDG das Disziplinargericht die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen des Strafurteils zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Die Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nach 16 ThürDG sind jedoch nicht erfüllt, so dass der diesbezügliche Antrag des Beklagten abzulehnen war. Die Kammer geht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur U. v. 14.11.2007-2 WD 29.06 -, Juris) und des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (U. v. 06.11.2008-8 DO 681/06) davon aus, dass eine Lösung von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Strafgerichts gemäß 16 Abs. 1 Satz 2 ThürDG nur ausnahmsweise und nur unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich ist. Sie kommt nur in Betracht, wenn das Disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden (BVerwG, U. v. 19.01.1993-1 D 68/91 sowie U. v. 22.04.1997-1 D 9.96 -, Juris). Dies ist etwa der Fall, wenn die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, 19

wenn neue Beweismittel vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen die Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B. v. 24.07.2007, - 2 B 65/07 -, Juris, m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung). Dabei darf die Disziplinarkammer jedoch die eigene Überzeugung bzw. Ansicht nicht an die Stelle derjenigen des Strafgerichts setzen. Strafgerichtliche Feststellungen sind daher auch dann für das Disziplinargericht bindend, wenn es aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten würde. Andernfalls wäre die Bindungswirkung auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht der Beweiswürdigung des Strafgerichts ohnehin folgen würde. Das aber wäre mit der gesetzlichen Bindungswirkung nicht vereinbar (BVerwG, U. v. 09.09.1997-1 D 36/96 -, Juris). Ansonsten würden die Disziplinargerichte durch die Überprüfung zu einer Art "Super-Revisionsinstanz". Bei einer nachvollziehbaren Würdigung von Zeugenaussagen durch die Strafgerichte besteht danach kein Anlass für eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils (vgl. auch VG Hannover, U. v. 04.07.2006-18 A 1169/02 -, Juris). Für einen Lösungsbeschluss der Disziplinarkammer müssen deshalb auf konkreten Anhaltspunkten beruhende Zweifel an der Richtigkeit der strafrechtlichen Feststellungen bestehen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die strafgerichtlichen Feststellungen weder in sich widersprüchlich bzw. verstoßen gegen Denkgesetze (4.1.) noch sind sie unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften (4.2.) gewonnen worden. 4.1. Die Kammer hat nach der ausführlichen Beweiswürdigung im Urteil des Landgerichts Erfurt vom 13.07.2007 keine Bedenken an den der Verurteilung zu Grunde gelegten tatsächlichen Feststellungen. Die Beweiswürdigungen des Strafgerichts zu den drei Tatvorwürfen sind in sich schlüssig und nachvollziehbar. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es nach dem oben dargestellten Prüfungsmaßstab nicht Aufgabe der Disziplinargerichte ist, die Richtigkeit dieser Würdigungen zu prüfen. Sie haben nicht festzustellen, ob etwa Zeugen die Wahrheit gesagt haben oder nicht. Allein die Prüfung, ob dem Strafgericht bei dem "Vorgang" seiner Überzeugungsbildung elementare Fehler unterlaufen sind, vermag die Disziplinarkammer in diesem Zusammenhang vorzunehmen. Dies lässt es zu, dass andere Wertungen denkbar sind und zu einem andern Ergebnis führen können. Im Hinblick auf die Einwände des Beklagten im Einzelnen ergibt sich danach Folgendes: 4.1.1. Der Einschätzung des Beklagten, es widerspräche der Logik und den Denkgesetzen, soweit das Strafgericht davon ausgegangen sei, er sei Urheber der Enttarnung des Zeugen K gewesen, kann nicht gefolgt werden. Das Strafgericht hat hierzu ausgeführt, 20