dena-ergebnispapier Marktentwicklung Lastmanagement in Deutschland.



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Transkript:

dena-ergebnispapier Marktentwicklung Lastmanagement in Deutschland. 1 Bedeutung von Lastmanagement für die Stromversorgung. Für die Umgestaltung der Stromversorgung in Deutschland hin zu hohen Anteilen fluktuierender Einspeisung aus erneuerbaren Energien ist eine deutliche Flexibilisierung des Energiesystems notwendig. Neben dem grundlegenden Ausbau der Stromübertragungs- und Verteilnetze zur Ermöglichung des notwendigen regionalen Ausgleichs stehen verschiedene weitere Flexibilitätsoptionen entlang der Wertschöpfungskette zur Verfügung. Neben einer Flexibilisierung des konventionellen Kraftwerkparks einschließlich bestehender und neuer Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf der Erzeugerseite und der Weiterentwicklung sowie dem Neubau von Speichern, kann auf der Nachfrageseite Lastmanagement einen wichtigen Beitrag zur Flexibilisierung leisten. Lastmanagement bezeichnet die Anpassung der Stromnachfrage z. B. eines Unternehmens in Abhängigkeit von betrieblichen (Spitzenlastmanagement) oder überbetrieblichen, energiewirtschaftlichen Anforderungen (Demand Side Management). Der überbetriebliche Einsatz von flexiblen Lasten stellt eine Möglichkeit dar, um Systemdienstleistungen zu erbringen und z. B. Regelleistung für die Frequenzhaltung im Stromsystem bereitzustellen. Außerdem können flexible Lasten genutzt werden, die fluktuierende Einspeisung aus erneuerbaren Energien und starke Preisschwankungen auf dem Strommarkt auszugleichen und die Jahreshöchstlast im Gesamtsystem abzusenken. Neben dem möglichen direkten Beitrag von Lastmanagement zur Versorgungssicherheit wird aktuell diskutiert, dass u. a. durch die Flexibilisierung der Stromnachfrage das Funktionieren des Strommarkts soweit optimiert werden kann, dass auf einen Kapazitätsmechanismus zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland verzichtet werden kann. Aktuelle Studien zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns gehen hierbei optimistisch von einem erschließbaren Potenzial für Lastmanagement von rund 15 Gigawatt in Deutschland aus, was deutlich in Frage gestellt werden muss 1. Generell liegen in allen stromverbrauchenden Sektoren in Deutschland rein technisch bewertet umfangreiche Lastmanagementpotenziale vor 2. Eine Erschließung der Lastmanagementpotenziale erscheint dabei am ehesten für den Sektor Industrie und Gewerbe aufgrund der vergleichsweise großen Einzellasten und der Verfügbarkeit von Mess-, Steuer-, und Regelungstechnik greifbar. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass das tatsächlich realistisch zu erschließende Potenzial von Lastmanagement deutlich gerin- 1 Leitstudie Strommarkt, r2b energy consulting GmbH (2014) 2 dena-netzstudie II (2010) Seite 1 von 11

ger als das technische Potenzial ist, da z. B. produktions- oder arbeitsschutztechnische Anforderungen die Möglichkeiten zur flexiblen Steuerung von Aggregaten einschränken. Auch stellen Unternehmen in Wirtschaftlichkeitsrechnungen die erzielbaren Erlöse durch Lastmanagement den Zusatzaufwänden (z. B. Speicherverluste, Installations- und Transaktionskosten), den entgangenen Erlösen ggf. nicht produzierter Produkte sowie den möglichen Risiken auf den eigentlich wertschöpfenden Produktionsprozess gegenüber, wodurch sich das erschließbare technische Potenzial weiter reduziert. Lastmanagement wird bereits seit mehreren Jahren als wichtiger Baustein für die erfolgreiche Systemintegration erneuerbarer Energien diskutiert, und die Entwicklung eines Marktes für Lastmanagement hat eingesetzt. Aufgrund der bisherigen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen, d. h. insbesondere den Erlösmöglichkeiten für Flexibilitätsoptionen, Einschränkungen und Hemmnissen bei der Erschließung von flexiblen Lasten sowie dem noch gering ausgeprägten Informationsstand in Unternehmen, kommt bisher überbetriebliches Lastmanagement in Deutschland nur in geringem Umfang zum Einsatz 3. In anderen Ländern Europas wird die Nutzbarmachung von Lastmanagement für das Stromsystem mit unterschiedlicher Intensität vorangetrieben. Abhängig von den Gegebenheiten im jeweiligen Stromversorgungssystem und den übergeordneten Zielsetzungen für dessen Weiterentwicklung ist die Erschließung von Lastmanagement in Ländern wie z. B. Frankreich und der Schweiz bereits fester Bestandteil der energiepolitischen Strategie. Ziel dieses Ergebnispapiers ist es, die aktuellen Marktentwicklungen in Deutschland auf Basis der Erkenntnisse des dena-arbeitskreises Lastmanagement sowie einer Analyse der dena zu Strategien zur Nutzbarmachung von Lastmanagement in weiteren EU-Mitgliedsstaaten zu reflektieren und zusammenfassend Handlungsempfehlungen für Deutschland auszusprechen. dena-arbeitskreis Lastmanagement. Der Arbeitskreis Lastmanagement hat zum Ziel, Unternehmen für die Möglichkeiten zur Vermarktung flexibler Lasten zu sensibilisieren und die vorhandenen Potenziale für Lastmanagement, insbesondere im Bereich Industrie und Gewerbe, nutzbar zu machen. Branchenverbände, Vermarkter von flexiblen Lasten, Stromlieferanten, Bilanzkreisverantwortliche und Netzbetreiber arbeiten als Teilnehmer des Arbeitskreises gemeinsam an Lösungsvorschlägen zur Flexibilisierung der Stromnachfrage. Der Arbeitskreis Lastmanagement wird im Rahmen des durch das BMWi geförderten dena-projekts Effiziente Energiesysteme" durchgeführt. 3 siehe auch dena-ergebnispapier Die Entwicklung der Märkte für Flexibilität in der Stromversorgung (2013) und dena-ergebnispapier Marktrollen und Prozesse beim Einsatz von flexiblen Stromlasten im Energiesystem. (2013) Seite 2 von 11

2 Einsatz von Lastmanagement in Unternehmen in Deutschland. Einschätzungen der Vertreter von Branchenverbänden aus dem dena-arbeitskreis Lastmanagement zeigen, dass die Möglichkeiten für einen überbetrieblichen Einsatz von Lastmanagement bei Unternehmen in der Breite noch wenig bekannt sind. Auch die Unternehmensbefragungen in dem von der dena seit 2013 durchgeführten Pilotprojekt Demand Side Management Bayern bestätigen, dass Unternehmen bisher nur in Einzelfällen ihre stromverbrauchenden Prozesse auf die Möglichkeiten für ein überbetriebliches Lastmanagement überprüfen und die bestehenden Anwendungsmöglichkeiten für Lastmanagement in der Breite noch nicht bekannt sind. Eine Sonderstellung nehmen große energieintensive Unternehmen in Deutschland ein, die ihren Strom selbst im Großhandelsmarkt beschaffen und sich intensiv mit den Möglichkeiten zur Optimierung der Stromkosten beschäftigen. Deren Produktionsprozesse (z. B. Aluminiumherstellung, Chlorelektrolyse) sind durch die hohen Volllaststunden häufig auch gut für Lastmanagement geeignet und werden für die Bereitstellung von Regelleistung und als abschaltbare Last im Rahmen der Abschaltverordnung eingesetzt. Die generelle Diskussion über Potenziale und Nutzen von Lastmanagement für das Stromversorgungssystem in Deutschland hat sich in den letzten Jahren auf der Ebene der energiewirtschaftlichen Fachakteure deutlich intensiviert. Insbesondere im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist jedoch eine grundlegende Sensibilisierung und Information für die Chancen von Lastmanagement aus betrieblicher Perspektive erst noch erforderlich. Hierbei ist wichtig, Bedenken auf Seiten der Unternehmen zu Datenschutz, Datensicherheit und Prozessrisiken frühzeitig und proaktiv anzusprechen. Die dena setzt aktuell die Pilotprojekte Demand Side Management Bayern und Demand Side Management Baden-Württemberg um. Ziel ist es, Unternehmen in Bayern bzw. Baden-Württemberg dabei zu unterstützen, vorhandene Lastverlagerungspotenziale zu erkennen und erfolgreich zu vermarkten. Mithilfe der in den Projekten gewonnenen Erkenntnisse werden unter Einbindung weiterer Marktakteure Lösungen für identifizierte Problemstellungen sowie praktische Hilfen für die Umsetzung von Demand Side Management (z. B. Standards und Leitlinien) entwickelt. Aufbauend auf der Durchführung von Pilotprojekten sollten kontinuierlich branchenspezifische Praxisbeispiele gesammelt und veröffentlicht werden, um zur Nachahmung zu motivieren und zugleich handlungsanleitend für unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten in Unternehmen zu wirken. Herausforderungen und Hemmnisse bei der Erschließung von flexiblen Lasten in Unternehmen. Aus Sicht potenzieller Lastmanagement anbietender Unternehmen bestehen verschiedene Herausforderungen bei der überbetrieblichen Nutzbarmachung von flexiblen Lasten. Dies sind zum einen die bestehenden betrieblichen Anforderungen aus dem Produktionsprozess sowie ggf. dem Gesundheits-, Arbeitsund dem Umweltschutz, welche die Möglichkeiten, sich energiewirtschaftlichen Markterfordernissen anzupassen, begrenzen. Des Weiteren bieten die überbetrieblichen Anwendungsmöglichkeiten für flexible Lasten aus Sicht der Unternehmen bisher nur begrenzte Erlösmöglichkeiten, um die Investitions-, Betriebs- und Transaktions- Seite 3 von 11

und Opportunitätskosten zu decken. Es wird hier von Unternehmensseite der hohe Aufwand für unternehmensspezifische System- und Prozessanalysen angemerkt. Hinzu kommt, dass Unternehmen wegen der Risiken möglicher Produktionsabweichungen Eingriffe in Abläufe scheuen. Weiterhin wirkt die bestehende Netzentgeltsystematik (Leistungskomponente berechnet nach der gemessenen individuellen Jahreshöchstlast, verringertes individuelles Netzentgelt für energieintensive Unternehmen mit Mindestwerten für Benutzungsstunden und Jahresverbrauch bzw. starre Hochlastzeitfenster bei atypischer Netznutzung) einem flexibleren Strombezug entgegen. Unternehmen setzen bisher im Allgemeinen Lastmanagementsysteme ein, um ihre Spitzenlast zu reduzieren und den Stromverbrauch zu vergleichmäßigen. Die Potenzialprüfung zur überbetrieblichen Vermarktung flexibler Lasten sollte daher zu einem festen Bestandteil des betrieblichen Energiemanagements werden und dementsprechend auch in Leitfäden zum Energiemanagement, in Interpretationshilfen zur ISO50001, im Rahmen von Energieberatungen sowie bei der geplanten verpflichtenden Durchführung von Energieaudits 4 gemäß DIN EN 16247-1 einfließen. Durch die Einbindung einer Prüfung des Lastmanagementpotenzials in das betriebliche Energiemanagement bzw. ein qualifiziertes Energieaudit wird der Mehraufwand begrenzt, und es ist automatisch auch der notwendige Systemzusammenhang gegeben, um die gegenseitigen Auswirkungen von überbetrieblichem Lastmanagement, Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz 5 und Spitzenlastmanagement abzuwägen. Wie dargelegt bestehen verschiedene Hemmnisse, welche die Erschließung von Lastmanagement erschweren und das erschließbare Potenzial reduzieren. Gleichzeitig ist beim Eintreten einer breiteren Marktentwicklung auch damit zu rechnen, dass die Marktakteure kreative Ansätze zur Nutzung und ggf. Erweiterung des Lastmanagementpotenzials entwickeln werden. Zum Beispiel Konzepte zur Vergrößerung der Flexibilität durch den Einsatz von (Wärme-)Speichern, Wärmetauschern oder Power-to-Heat- Lösungen. Gerade Letzteres kann aus Unternehmenssicht in Abhängigkeit der Strom- und Gaspreisentwicklung eine interessante Flexibilisierungsoption darstellen, da vergleichsweise niedrige Investitionskosten anfallen. 3 Energiewirtschaftlicher Einsatz von Lastmanagement. Flexible Lasten von Unternehmen können grundsätzlich für verschiedene energiewirtschaftliche Anwendungsfälle zum Einsatz kommen: Optimierung der Strombeschaffung durch Ausnutzung von Preisschwankungen auf dem Strommarkt. Senkung der Kosten für Ausgleichsenergie im Rahmen des Bilanzkreismanagements. 4 Mit der Überführung des Artikels 8 der europäischen Energieeffizienzrichtlinie in deutsches Recht besteht für alle Unternehmen in Deutschland, die weder bereits entsprechende Maßnahmen durchgeführt haben noch KMU sind, die Pflicht, bis spätestens 5.12.2015 ein Energieaudit nach DIN EN 16247 durchzuführen. 5 Eine flexible Steuerung von Lasten für eine überbetriebliche Vermarktung kann durch z. B. Speicherverluste oder ein Betreiben von Anlagen abseits ihres optimalen Arbeitspunkts die Energieeffizienz verschlechtern. Seite 4 von 11

Beitrag zur Frequenzhaltung durch die Vorhaltung und Erbringung von Regelleistung. Einsatz von Lastmanagement für Netzengpassmanagement und bei kritischen Abweichungen der Systembilanz, die durch Regelleistung nicht mehr ausgeglichen werden können (bilaterale Verträge, Abschaltverordnung). Ggf. Bereitstellung von gesicherter Leistung im Rahmen eines zukünftigen Kapazitätsmechanismus. Bisher werden flexible Lasten in Deutschland vorwiegend im Rahmen der Abschaltverordnung und in geringerem Umfang auf dem Regelenergiemarkt eingesetzt. Abschaltbare Lasten. Mit der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) steht den Übertragungsnetzbetreibern seit dem 28.Dezember 2012 ein gesetzlicher Rahmen zur Verfügung, um Vereinbarungen über abschaltbare Lasten zu treffen und diese in kritischen Situationen als marktbezogene Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Stromsystems einzusetzen. Präqualifizierte Anbieter einer abschaltbaren Last mit einem entsprechenden Rahmenvertrag können sich an den monatlichen Ausschreibungen des Übertragungsnetzbetreibers in Höhe von 3.000 MW beteiligen. Seit Mitte 2013 wurden bis zur Veröffentlichung des hier vorliegenden Ergebnispapiers 1.226 MW für den Einsatz als abschaltbare Lasten präqualifiziert. Rahmenverträge bestehen aktuell nur im Netzgebiet der 50Hertz Transmission GmbH und der Amprion GmbH. In Süddeutschland sind bislang keine flexiblen Lasten für einen Abruf im Zuge der Abschaltverordnung präqualifiziert. Da zum aktuellen Zeitpunkt die Ausschreibungsmenge von 3.000 MW die präqualifizierten Kapazitäten (1.226 MW) noch deutlich überschreitet, erhalten derzeit alle abgegebenen Gebote einen Zuschlag für den Leistungspreis. Zwei Abrufe der kontrahierten abschaltbaren Lasten erfolgten im Februar und April 2014. Dabei wurden jeweils 247 MWh zum Ausgleich von Systembilanzabweichungen in der Regelzone der Amprion GmbH geschaltet. Die hohen Anforderungen im Rahmen der Präqualifizierung und der Angebotsabgabe (Mindestangebotsvolumen 50 MW, Pooling nur für Unternehmen, die auf Hoch- und Höchstspannungsebene in der Nähe eines Höchstspannungsnetzknotens angeschlossen sind) führen dazu, dass das Produkt abschaltbare Lasten derzeit nur von sehr wenigen stromintensiven Unternehmen in Deutschland erbracht werden kann. Im Zuge der anstehenden Evaluierung durch die Bundesnetzagentur sollte daher kritisch geprüft werden, inwieweit die Anforderungen hinsichtlich Mindestangebotsgrößen, Netzanschluss und Bündelung auf einen Netzknoten sowie die Gestaltung der Produktoptionen bei der Weiterentwicklung des Verordnungsrahmens so optimiert werden können, dass die ausgeschriebene Produktgröße auch erreicht werden kann, auch in Süddeutschland steuerbare flexible Lasten für die Übertragungsnetzbetreiber zur Verfügung stehen, da gerade hier die Herausforderungen bei der Systemführung insbesondere im Winter von Jahr zu Jahr steigen, die flexiblen Lasten in einem ausreichenden Wettbewerb beschafft werden können. Seite 5 von 11

Lastmanagement auf dem Regelenergiemarkt. Auf dem Regelenergiemarkt liegt der Anteil präqualifizierter Lasten bisher bei rund 1.000 MW 6. Hierbei ist zu beachten, dass ein Großteil der flexiblen Lasten, die für den Regelenergiemarkt präqualifiziert sind, nach der Umsetzung der Abschaltverordnung auch für die Erbringung von Systemdienstleistungen im Rahmen der Abschaltverordnung präqualifiziert wurden. Flexible Lasten kommen auf dem Regelenergiemarkt, insbesondere für die Erbringung von Minutenreserveleistung und Sekundärregelleistung, in Frage, kleinere flexible Lasten ggf. im Rahmen eines Regelenergiepools. Grundsätzlich kann auch Primärregelleistung (PRL) durch eine Last erbracht werden, allerdings können die Präqualifizierungsanforderungen und die ausgeschriebenen Produktanforderungen nur in Einzelfällen durch Unternehmen erbracht werden. Die am Markt tätigen Regelpoolanbieter zielen daher insbesondere auf die Minutenreserve und Sekundärregelleistung ab. Mit steigendem Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien wird sich auch der Bedarf an Regelleistung erhöhen, um die dann höheren Auswirkungen des Prognosefehlers der Einspeisung erneuerbarer Energien ausgleichen zu können 7. Lastmanagement ist eine wichtige Option zur Deckung des erhöhten Bedarfs an Regelleistung, wenn zukünftig in bestimmten Stunden konventionelle Kraftwerke entsprechend dem Bedarf des Strommarkts in zu geringem Maße tätig sein werden, um die benötigte Regelleistung erbringen zu können. Damit sich bis dahin auf dem Regelenergiemarkt in ausreichendem Umfang alternative Anbieter entwickeln können, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um deren Marktzugang zu erleichtern. Hierbei können auch Maßnahmen als Vorbild dienen, die in anderen Ländern von Europa ergriffen wurden 8. In der Schweiz, Dänemark und Frankreich wurden verschiedene Schritte unternommen, um durch die Anpassung der Präqualifizierungsanforderungen und der Eigenschaften der Regelleistungsprodukte den Marktzugang für flexible Lasten zu erleichtern. Ergriffene Maßnahmen waren dabei die Senkung der erforderlichen Mindestangebotsgrößen, die Verkürzung der Ausschreibungsvorläufe und der ausgeschriebenen Zeitscheiben sowie die getrennte Ausschreibung von positiver und negativer Regelleistung auch für die Primärregelleistung und Erleichterungen beim Zugriff auf Bilanzkreise Dritter (siehe Kapitel 4). Für Regelleistungspools wurde beschlossen, anstelle der Einzelanlagen nur noch den Pool zu präqualifizieren. Zum Beispiel können in Dänemark die Sekundärregelleistung (SRL) und die Minutenreserveleistung (MRL) in 1-Stunden-Zeitscheiben gehandelt werden. Dies erleichtert ggü. den 12- bzw. 4-Stundenblöcken für Regelleistung in Deutschland die Marktteilnahme für flexible Lasten mit kürzerer Verfügbarkeit. Ferner ist in Dänemark für die Minutenreserve eine nachträgliche Anpassung des abgegebenen Gebots noch bis 45 Minuten vor Erbringung der Regelleistung möglich. Hierdurch können auch Anbieter flexibler Lasten integriert werden, die gegebenenfalls kurzfristigen Änderungen im Produktionsprozess unterliegen. 6 Vgl. Vortrag F. Weißbach, TransnetBW auf der Fachkonferenz Lastmanagement am 13.10.2014. 7 Vgl. dena-studie Systemdienstleistungen 2030 (2014) 8 Vgl. dena-analyse Internationaler Einsatz von Lastmanagement (2014) Seite 6 von 11

Portfoliooptimierung auf dem Spotmarkt. Ein Einsatz flexibler Lasten zur Optimierung der Strombeschaffung am Spotmarkt bzw. zur Reduzierung der Kosten für Ausgleichsenergie erfolgt in Deutschland bisher nur in geringem Umfang und wenn, dann durch energieintensive Unternehmen mit eigener Bilanzkreisbewirtschaftung. Dienstleister für die Vermarktung von flexiblen Lasten konzentrieren sich bisher auf den Regelleistungsmarkt und schätzen die zu erwartenden Erlöse auf dem Spotmarkt für eine Vermarktung als zu gering ein. Perspektivisch ist mit steigender Volatilität der Residuallast und damit einhergehend einer steigenden Volatilität von Strompreisen auch die Entwicklung entsprechender Geschäftsmodelle zur Ausnutzung von Preisschwankungen auf dem Spotmarkt zu erwarten. Auf Basis der bestehenden Rahmenbedingungen und der fehlenden Standards zum Zugriff von Aggregatoren auf Bilanzkreise Dritter, ist diese Art des Geschäftsmodells aber bisher nur für den direkten Stromlieferanten des jeweiligen Unternehmens vorstellbar. Einsatz von Lastmanagement im Verteilnetz. Eine Steuerung der Nachfrage hat Einfluss auf die Lastflüsse in der Netzebene, in der der jeweilige Verbraucher angeschlossen ist, sowie den überlagerten Netzebenen. Dabei kann durch eine gezielte Steuerung der Nachfrage auf Netzengpässe reagiert und so eine Entlastung für das Netz erzielt werden, wodurch grundsätzlich auch eine Reduzierung des Netzausbaubedarfs im Verteilnetz möglich ist 9. Ein marktorientierter Einsatz von Lastmanagement für den Strom- oder Regelenergiemarkt kann dagegen aufgrund erhöhter Gleichzeitigkeiten Netzengpässe im Verteilnetz verschärfen und so den Netzausbaubedarf ggf. erhöhen 10. Es wird daher die Einführung der notwendigen Rahmenbedingungen für das Netzampelkonzept benötigt, um in den Verteilnetzen zwischen netz- und marktorientiertem Lastmanagement koordinieren zu können. In diesem Zuge sollten Verteilnetzbetreiber auch die Möglichkeit erhalten, bilaterale Verträge mit Verbrauchern abzuschließen, um durch die Schaltung von Lasten Netzengpässe zu beseitigen bzw. eine Senkung der von dem Verteilnetzbetreiber an die jeweils übergeordnete Netzebene zu zahlenden Netzentgelte zu erreichen. Die bestehende Netzentgeltsystematik setzt grundsätzlich den Anreiz zur Vergleichmäßigung des Leistungsbezugs und limitiert damit die Flexibilisierung der Nachfrage. Es sollte daher überprüft werden, wie die Netzentgeltsystematik weiterentwickelt werden kann, um die Bereitstellung von Flexibilitätsoptionen für Systemdienstleistungen und das Agieren am Strommarkt zu erleichtern und gleichzeitig ausreichende Anreize zu setzen, um die die Netzauslegung bestimmenden Lastflüsse zu begrenzen. In diesem Zuge sollte auch geprüft werden, inwieweit die Ermittlung eines pauschalen Hochlastzeitfensters je Netzebene durch eine Ermittlung eines Hochlastzeitfensters für einzelne Netzstränge ersetzt werden kann. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Lastmanagement in Deutschland heute bereits durch die Bereitstellung von Systemdienstleistungen einen energiewirtschaftlichen Beitrag leistet, der durch die Überprüfung und Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen noch optimiert werden sollte. 9 Vgl. dena-verteilnetzstudie (2012) und dena-studie Smart Meter (2014). 10 Vgl. dena-verteilnetzstudie (2012). Seite 7 von 11

4 Entwicklung von Geschäftsmodellen für Lastmanagement in Deutschland. In Deutschland gibt es zum Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnispapiers mehrere Regelpoolanbieter, welche u. a. die Vermarktung von flexiblen Lasten als Dienstleistung anbieten (DSM-Aggregatoren). Es werden dabei neue Geschäftsmodelle für flexible Lasten entwickelt, die entweder direkt an die Verbraucher (Unternehmen mit flexiblen Lasten) oder als Dienstleistung für Energieversorgungsunternehmen gerichtet sind. Viele Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke prüfen, planen oder betreiben bereits virtuelle Kraftwerke zur Zusammenführung des Flexibilitätspotenzials von Notstromaggregaten, Blockheizkraftwerken und industriellen Lasten, um mit neuen innovativen Produkten ihr Leistungsportfolio ergänzend zum reinen Stromvertrieb zu erweitern und ihre Kunden durch zusätzliche Dienstleistungen zu binden. Es werden spezifische Kompetenzen benötigt, um in industriellen Unternehmen flexible Lasten schnell und effizient erfassen und für eine Vermarktung erschließen zu können. Dabei gilt es, das vertriebsseitige Wissen über Energiewirtschaft und -handel um die verfahrenstechnischen Aspekte und das Verständnis für die Anforderungen der Produktionsprozesse beim Verbraucher zu erweitern. Ergänzend werden Kompetenzen für Prozesssteuerungs-, IT- und Kommunikationssysteme benötigt, um die An- und Fernsteuerbarkeit der Lasten aufzubauen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Kompetenzen auf Dauer durch einzelne spezialisierte Dienstleistungsunternehmen gebündelt werden, die diese dann ggf. auch für Energieversorgungsunternehmen bereitstellen, oder ob die Kompetenz auch stärker in der Breite typischer Bestandteil des Aufgabenumfangs von Energieberatern und betrieblichen Energiemanagern sowie des Energiedienstleistungsportfolios von Energieversorgungsunternehmen wird. Weiterhin wird es mittelfristig erforderlich sein, Standards für die technischen Einrichtungen zur Steuerung von flexiblen Lasten zu entwickeln und den Umgang mit installierter Technik bei einem Wechsel des Vermarkters zu regeln. Aggregatoren haben bereits erste Anlagen mit der erforderlichen Mess- und Steuerungstechnik für den Einsatz flexibler Lasten (zum Beispiel am Regelenergiemarkt) ausgestattet. Der Entwicklung von Geschäftsmodellen, die darauf bauen, unabhängig vom jeweiligen Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) die Flexibilität eines Unternehmens überbetrieblich zu vermarkten, steht bislang entgegen, dass in Deutschland die Zugriffsmöglichkeiten durch Aggregatoren auf Bilanzkreise Dritter nur eingeschränkt gegeben sind. Es können jedoch entsprechende bilaterale Verträge zwischen dem jeweiligen Aggregator und dem Bilanzkreisverantwortlichen getroffen werden. In der Praxis führt dies zu Aufwänden und Risiken für den Aggregator, da ein zusätzlicher Vertrag ausgehandelt und geschlossen werden muss, der Bilanzkreisverantwortliche für entstehende Kosten entschädigt werden muss und ggf. spezifische Abwicklungsprozesse vereinbart und umgesetzt werden müssen. Dies ist erforderlich, da der Bilanzkreisverantwortliche neben zusätzlichen Aufwänden für die Abwicklung das Risiko für den Ausgleich seines Bilanzkreises trägt, der durch den Zugriff auf eine flexible Last beeinflusst wird. Zugriff auf Bilanzkreise Dritter im Ausland. In Frankreich und der Schweiz kann der Zugriff des Aggregators auf Bilanzkreise Dritter ohne die vorherige Zustimmung des Bilanzkreisverantwortlichen erfolgen. Es ist dabei kein Vertrag zwischen dem Aggregator und dem BKV erforderlich. In beiden Ländern übernimmt der Übertragungsnetzbetreiber die zent- Seite 8 von 11

rale Rolle zur Zertifizierung der flexiblen Lasten, der operativen Abwicklung der Zahlungsströme sowie der Glattstellung der Bilanzkreise. Hierdurch werden die erforderlichen Vertragsbeziehungen für die Vermarktung flexibler Lasten, die operativen Prozessschnittstellen sowie die damit verbundenen Aufwände und Risiken für Aggregatoren reduziert, für den Übertragungsnetzbetreiber jedoch erhöht. Neben der Schaffung von geeigneten Möglichkeiten zur Erbringung von Regelleistung durch den Zugriff auf Bilanzkreise Dritter wurde in Frankreich zusätzlich ein Mechanismus entwickelt, der auch die Vermarktung von flexiblen Lasten am Strommarkt erleichtert. Auch für diesen Anwendungsfall erfolgt die Zertifizierung der flexiblen Last und die Berechnung sowie Abwicklung der entsprechenden Entgelte durch den Übertragungsnetzbetreiber. 5 Fazit. Lastmanagement ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende im deutschen Stromversorgungssystem und kann einen Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit durch die Bereitstellung von Systemdienstleistungen und der Absenkung der Jahreshöchstlast sowie zur Optimierung des Strommarkts leisten. Dies ersetzt jedoch nicht den notwendigen Handlungsbedarf zur Umsetzung von Mechanismen zur Sicherstellung ausreichend gesicherter Kraftwerksleistung. Bei der Bewertung des zukünftigen Beitrags von Lastmanagement muss beachtet werden, dass das tatsächlich technisch und wirtschaftlich erschließbare Lastmanagementpotenzial begrenzt ist und wegen verschiedener Markthemmnisse deutlich unter den in Studien theoretisch identifizierten Potenzialen liegen wird. Die dena-pilotprojekte Demand Side Management Bayern und Demand Side Management Baden-Württemberg werden wichtige Praxiserfahrungen liefern, um das erschließbare Lastmanagementpotenzial im industriellen Bereich realistisch einordnen zu können. Bisher kommt Lastmanagement in Unternehmen nur in Einzelfällen als abschaltbare Lasten entsprechend der Abschaltverordnung oder zur Bereitstellung von Regelleistung zum Einsatz. Verschiedene Hemmnisse begrenzen einen breiteren energiewirtschaftlichen Einsatz von Lastmanagement. Mit Blick auf die Bedeutung der Flexibilisierung des deutschen Stromsystems sollte daher die Marktentwicklung von Lastmanagement systematischer unterstützt werden. Der dena-arbeitskreis Lastmanagement empfiehlt die Entwicklung eines umfassenden Lastmanagementpakets, das unter anderem folgende Maßnahmen und Handlungsfelder enthalten sollte: Sensibilisierung und Information für Unternehmen (insbesondere auch KMU) und Energieberater zu den Anwendungsfällen und Erlösmöglichkeiten von Lastmanagement. Breite Bekanntmachung von Praxisbeispielen für den Einsatz von Lastmanagement. Integration einer Potenzialprüfung für ein überbetriebliches Lastmanagement im Rahmen von Energiemanagementsystemen (DIN EN ISO 50001) sowie bei der Durchführung von Energieaudits nach DIN EN 16247-1 unter besonderer Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit Bestrebungen zur Steigerung der Energieeffizienz. Seite 9 von 11

Prüfung und Weiterentwicklung der Abschaltverordnung (AbLaV) im Hinblick auf die Öffnung für einen breiteren Anbieterkreis zur Erreichung des Zielvolumens von 3.000 MW und zur Abdeckung auch des süddeutschen Raums. Anpassung der Regelenergieprodukte im Hinblick auf Ausschreibungsvorläufe, Zeitscheiben, Mindestangebotsgrößen und separater Ausschreibung von positiver und negativer Regelleistung. Präqualifizierung von Regelleistungspools anstelle von Einzelanlagen. Entwicklung geeigneter Prozesse und Standards zur Erleichterung des Zugriffs von Vermarktern flexibler Lasten auf die Bilanzkreise Dritter. Prüfung der Übertragbarkeit und Eignung des in Frankreich und der Schweiz angewendeten Vorgehens für Deutschland. Weiterentwicklung der bestehenden Netzentgeltsystematik, um den markt- und netzorientierten Einsatz von Lastmanagement zu erleichtern und gleichzeitig ausreichende Anreize zur Begrenzung von Netzbelastungen zu belassen. Realisierung der notwendigen Rahmenbedingungen für das Netzampelkonzept zur Koordination zwischen netz- und marktorientiertem Einsatz von Lastmanagement im Verteilnetz. Gleichberechtigte Berücksichtigung von Lastmanagement bei der Entwicklung und Implementierung eines Kapazitätsmechanismus in Deutschland. Seite 10 von 11

Hintergrund dena-arbeitskreis Lastmanagement. Das Ergebnispapier wurde im Rahmen des Projekts Effiziente Energiesysteme und auf Basis der Erkenntnisse aus dem dena-arbeitskreis Lastmanagement 2014 erstellt. Der Arbeitskreis Lastmanagement hat zum Ziel, Unternehmen für die Möglichkeiten zur Vermarktung flexibler Lasten zu sensibilisieren und die vorhandenen Potenziale für Lastmanagement insbesondere im Bereich Industrie und Gewerbe nutzbar zu machen. Branchenverbände, Vermarkter von flexiblen Lasten, Stromlieferanten und Netzbetreiber arbeiten als Teilnehmer des Arbeitskreises gemeinsam an Lösungsvorschlägen zur Flexibilisierung der Stromnachfrage. Die Teilnehmer des dena-arbeitskreises Lastmanagement sind: ABB AG, BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.v., BDI - Bundesverband der Deutschen Industrie e.v., Bundesverband der Energie-Abnehmer e. V. (VEA), Capgemini Deutschland Holding GmbH, Clean Energy Sourcing AG, DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.v., DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.v., E.DIS AG, ENSO Energie Sachsen Ost AG, ENSO NETZ GmbH, Enernoc, Fachvereinigung Kaltwalzwerke e. V., Handelsverband Deutschland - HDE e.v., N-ERGIE AG, Schott AG (Bundesverband Glasindustrie e.v.), Smart Energy Demand Coalition (SEDC), Stromnetz Berlin GmbH, TenneT TSO GmbH, Verband der Chemischen Industrie e.v. (VCI), Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.v. (VIK), Wirtschaftsvereinigung Metalle. e.v., Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen e. V. (ZVKKW). Der Arbeitskreis Lastmanagement wird im Rahmen des dena-projekts Effiziente Energiesysteme" durchgeführt. Das Projekt Effiziente Energiesysteme Information und Dialog für eine zukunftsfähige Energieversorgung ist eine Initiative der dena und wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Kooperationspartner des Projekts für das Fachmodul Lastmanagement sind die ABB AG und die Capgemini Deutschland GmbH. Weitere Informationen zum Projekt, zum Thema Lastmanagement und dem Arbeitskreis Lastmanagement unter www.effiziente-energiesysteme.de. Bei Interesse oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) Hannes Seidl Energiesysteme und Energiedienstleistungen Chausseestraße 128 a 10115 Berlin Tel: +49 (0)30 72 61 65-759 Fax: +49 (0)30 72 61 65-699 E-Mail: seidl@dena.de Seite 11 von 11