Überwachung nach Anästhesieverfahren* 1)



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Transkript:

Überwachung nach Anästhesieverfahren* 1) Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten Dieses Dokument ersetzt die Leitlinie zur postopera tiven Überwachung der DGAI und des BDA (Anästh Intensiv med 1998;39:202-203) sowie die Empfehlung zur Organisation und Einrichtung von Auf wach einheiten in Kranken häusern (Anästh Intensiv med 1997;38:216-218). 1. Grundprinzipien 1.1 Notwendigkeit der Überwachung nach Anästhesien Nach Anästhesien im Zusammenhang mit diagnostischen und therapeutischen Eingriffen kann der Patient durch die Auswirkung des Betäu bungs verfahrens (unter Umständen auch des Eingriffs) auf die vitalen Funktionen noch für einige Zeit akut gefährdet sein 2). Die Periode der akuten Gefährdung nach Anäs thesien wird im Folgenden in Anlehnung an die angelsächsische Terminologie als Erholungsphase bezeichnet. In dieser Erholungsphase bedarf der Patient einer kontinuierlichen und kompetenten anästhesiologischen Überwachung 1.2 Dauer der anästhesiologischen Überwachung in der Erholungsphase Die Erholungsphase nach einer Anästhesie ist abgeschlossen, sobald keine Komplikationen von Seiten der vitalen Funktionen mehr zu erwarten sind. Dies kann bereits nach wenigen Minuten oder erst nach einigen Stunden der Fall sein. Wann ein Patient aus der anästhesiologischen Überwachung entlassen werden kann, hängt auch von der qualitativen und quantitativen personellen Besetzung und damit Leistungs - fähigkeit der nachbehandelnden Struktur ab. Es sollten akzeptierte Verlegungskriterien etabliert werden. Auch aus Dokumentations - gründen ist bei einer Schnittstelle der ärztlichen Zuständigkeit die Verwendung einer Checkliste und/oder eines Klassifikations - schemas (Scores) sinnvoll. In der Regel ist eine weitere anästhesiologische Über wachung nicht mehr erforderlich, wenn der Anästhesist sich überzeugt hat, dass die folgenden Kriterien erfüllt sind: - Bewusstseinslage wach bzw. wie präoperativ; - Schutzreflexe vorhanden bzw. wie präoperativ; - Spontanatmung ohne Therapie ausreichend bzw. wie präoperativ; - Kreislauf ohne Therapie stabil bzw. wie präoperativ; - kein klinisch detektierbarer Relaxans über - hang; - keine signifikante Blutung; - bei Harnableitung: ausreichende Diurese; - zufriedenstellende Schmerzfreiheit; - keine Hypo- oder Hyperthermie. Nach rückenmarksnahen Leitungsanästhesien zusätzlich: - sensorische Blockade unterhalb Th 10 und rück läufige motorische Blockade. Der Patient kann dann aus der anästhesiologischen Überwachung in einen anderen Bereich (z.b. Regel pflegestation im stationären Be - reich, Wartezimmer im ambulanten Bereich) verlegt werden. Bei Verlegung direkt nach Hause im Rahmen ambulanter Versorgungen müssen weitere Kriterien erfüllt sein (vgl. Vereinbarung zur * Beschluss des Präsidiums des BDA vom 13.03.2009 in Bonn sowie Beschluss des Engeren Präsidiums der DGAI vom 25.03.2009 in Nürnberg. 1) Anästh. Intensivmed. 50 (2009) S486 - S489. 2) Untersuchungen haben ergeben, dass ein großer Teil der innerhalb der ersten 24 Stunden nach einer Operation auftretenden Todesfälle auf einer unzulänglichen postoperativen Überwachung beruhte und vermeidbar gewesen wäre (zuletzt Mhyre JM et al. A series of anesthesia-related maternal deaths in Michigan, 1985-2003. Anesthesiology 2007;106:1096). 115

Qualitätssicherung ambulante Anästhesie des BDA, der DGAI und des BDC; Anästh Inten - siv med 2005;46:36-37 sowie 2006;47:50-53). 1.3 Gestaltung der anästhesiologischen Über - wachung in der Erholungsphase Die konkrete Ausgestaltung dieser Überwachung in der Erholungsphase hat sich primär an den medizinischen Erfordernissen zu orientieren, die abhängig von Art und Dauer des Anästhesieverfahrens, der verwendeten Medi - ka mente, dem Verlauf des Eingriffs und der präoperativen (Ko-)Morbidität variieren können. Ein zweitrangiger Aspekt ist die organisatorische Ausgestaltung dieser Überwachung, die neben den medizinischen Erfordernissen eine Optimierung der Arbeitsabläufe zu berücksichtigen hat. Die Überwachung in dieser Erholungsphase nach Allgemein- und Regionalästhesie ver - fahren kann vom verantwortlichen Anästhe - sisten selbst vorgenommen oder an Personal mit einer speziellen Ausbildung und Erfahrung im Umgang mit postoperativen Patienten delegiert werden. 1.4 Verantwortung des Anästhesisten in der Erholungsphase Wie bei der Anästhesie gelten auch in der Erholungsphase nach Anästhesie für die Zusam menarbeit zwischen Anästhesist und Operateur 3) die Prinzipien der Arbeitsteilung und des Vertrauens grundsatzes. Jeder der beiden Ärzte kann und muss sich darauf verlassen, dass der Partner mit dem ihm zugeordneten Pflegepersonal seine Tätigkeit mit der erforderlichen Qualifikation und gebotenen Sorgfalt ausübt. Beide Ärzte haben die jeweiligen Zu ständigkeiten klar zu regeln und dafür zu sorgen, dass bei Komplikationen der fachlich zuständige Arzt umgehend zur Mitbe - handlung zugezogen wird. Die Verantwortung des Anästhesisten endet mit der Übergabe des Patienten aus seiner anästhesiologischen Betreuung an die nachbehandelnde Struktur, es sei denn, es ist z.b. im Rahmen des ambulanten Operierens ausdrücklich etwas anderes vereinbart. 2. Erholungseinheiten / Aufwach - einheiten 4) 2.1 Definition, Erfordernis Aus medizinischen und ökonomischen Gesichts punkten wird die delegierte Überwachung in der Regel am besten zentralisiert in speziell dafür ausgestatteten Zonen, sog. Aufwachräumen oder Auf wacheinheiten vorgenommen. Die Einrichtung von Aufwach - einheiten, deren Kapazität an den jeweiligen Bedarf anzupassen ist, wird daher für alle Ein - richtungen gefordert, an denen Anästhesien durchgeführt werden und ein entsprechender Bedarf besteht. In der Aufwacheinheit (AWE) verbleibt der Patient unter ärztlich-anästhesiologischer Auf - sicht und der ständigen Be treuung von speziell weitergebildetem Pflege personal, ggf. auch einer ärztlichen Behand lung (z.b. korrigierende medikamentöse Therapie, Nachbe atmung), so lange, bis die Erholungsphase abgeschlossen ist (vgl. 1.2). Bei allen Rationalisierungsbemühungen ist der Ver zicht auf die Einrichtung von AWEs mit ausreichender Kapazität ebenso wie eine Reduktion der Kapazität oder gar Auflösung aufgrund der damit verbundenen Risiken nicht vertretbar. Ist die Überwachung in einer AWE nicht möglich, darf der Patient dadurch nicht gefährdet werden; die Grundsätze für AWEs gelten in jedem Fall entsprechend. Um in diesen Fällen die ärztlich-fachlichen Zuständigkeiten klar zu regeln, sind gemeinsame Vereinbarungen bzw. Dienstanweisungen zu erstellen (z.b. für die Überwachung im Kreißsaal nach Sectiones). 2.2 Aufgaben der Aufwacheinheit Die AWE dient der rechtzeitigen Erkennung und Behandlung von Komplikationen nach diagnostischen oder therapeutischen Ein - 3) Der Begriff "Operateur" wird hier aus Gründen der Lesbarkeit für den Arzt verwendet, der den Eingriff, für den die Änästhesie erforderlich ist, durchführt. Er meint damit im Falle von Operationen den Chirurgen, bei nicht operativen Eingriffen bzw. Maßnahmen z.b. den Internisten oder Radiologen. 4) siehe auch S. 333 116

griffen unter Allge mein- oder Regionalanäs - thesie bei gleichzeitiger rationeller Nutzung personeller und apparativer Ressourcen. Zu den Aufgaben in der Erholungsphase nach Anästhesien zählen auch die Einleitung einer ausreichenden Schmerztherapie, die Behand - lung von Übelkeit und Erbrechen sowie von Störungen der Körpertemperatur. Standards zur Behandlung akuter postoperativer Schmerzen und zur Behandlung von Übelkeit bzw. Erbrechen sollten vorhanden sein. Die AWEs können in Abhängigkeit von der Struktur der Einrichtung und vom spezifischen Spektrum der operativen Maßnahmen andere Aufgaben übernehmen, die dann aber auch eine entsprechende Anpas sung der personellen, räumlichen, apparativen und organisatorischen Voraussetzungen erfordern, z.b. auch eine kurzfristige, unmittelbar perioperative intensivmedizinische Behandlung oder die Anlage von zentralen Venenkathetern. 2.3 Struktur der Aufwacheinheit Die AWE ist als eigenständige, einem OP- Trakt zugehörige Funktionseinheit anzusehen. Die AWE und ihr Personal stehen unter anästhesiologischer Verantwortung. Solange sich der Patient in der AWE befindet, fällt die Überwachung und Auf rechterhaltung der vitalen Funktionen in die Zu ständigkeit und Verantwortung des verantwortlichen Anästhe - sisten (vgl. 1.4). Für die lückenlose Überwachung der Patienten in der AWE müssen gesonderte Planstellen für fachspezifische 5) Pflegekräfte ( Fachpflege - stand ard ) ausgewiesen werden. Der Personal - bedarf richtet sich nach der Betriebszeit der Aufwacheinheit, der Anzahl der gleichzeitig zu überwachenden Patienten, deren Pflegekate - gorie sowie der zeitlichen Verteilung der anfallenden Überwachungszeiten. Eine ständige ärztliche Präsenz in der AWE ist wünschenswert. In jedem Fall muss jedoch ein kompetenter Anästhesist kurzfristig verfügbar sein. Liegen besondere Umstände (z.b. Übernahme zusätzlicher Funktionen, keine unmittelbare Anbindung an die Operationsanlage, hoher Anteil an beatmeten Patienten) vor, muss während der Betriebszeit der AWE auch im ärztlichen Dienst ein zusätzlicher Personal - bedarf eingeplant werden. Die AWE ist in räumlicher Nähe zu den Opera - tionssälen anzusiedeln, um jederzeit einen raschen Einsatz eines Anästhesisten und ggf. auch eines Operateurs zu ermöglichen. Die räumliche Gestaltung der AWE wird durch die zeitlich begrenzte Aufenthaltsdauer der Patienten und durch die Erfordernisse der Inten siv über wachung sowie ggf. -therapie be - stimmt. Wün schens wert ist eine Großraum - lösung ( offener Plan ) mit der Möglichkeit eines Sichtschutzes zwischen den einzelnen Stellplätzen. Eine Trennung nach Ge - schlechtern ist nicht erforderlich; dagegen ist eine Separierungsmöglichkeit zumindest innerhalb des Großraumes für isolationsbedürftige Patienten anzustreben. Ferner sind die besonderen Erfordernisse spezieller Patienten - gruppen zu berücksichtigen: z.b. für Kinder ein separat ausgewiesener Bereich, zu dem auch Eltern Zugang haben; für Intensiv - therapie patienten ein speziell ausgewiesener und ausgestatteter Bereich, zu dem auch Angehörige und Konsiliarii Zugang haben. Der Bedarf an Stellplätzen in der AWE richtet sich nach der Anzahl der regelmäßig zu versorgenden anästhesiologischen Arbeitsplätze, nach Art, Dauer und Frequenz der durchgeführten Eingriffe sowie nach der Dauer der erforderlichen Überwachung. Bei der Planung von AWEs sollte absehbaren zukünftigen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Es ist von einer Nutzfläche von 12 m 2 je Stell - platz auszugehen. Hinzu kommt der Flächen - bedarf für Dienstplatz, reine und unreine Arbeiten, Vorrats- und Lagerhaltung. Für den erforderlichen unreinen Arbeits raum ist eine Abtrennung notwendig. Fuß boden, Wände und Decke sind nach krankenhaus hygienischen Gesichtspunkten zu gestalten. Farb gebung und Belichtung sollten das Beobachten und Beurteilen der Patienten erleichtern. 5) Fachgesundheits- und -krankenpflegerin/pfleger für Inten - siv pflege und Anästhesie oder Fachgesundheits- und Kinder kran ken pflegerin/pfleger für Intensivpflege und Anästhesie. 117

Die Notwendigkeit eines raschen Zutritts für anästhesiologisches und operatives Personal erfordert kurze und im Notfall ungehinderte Wege zwischen Opera tionsbereich und AWE. In der Regel sollte, sofern es die baulichen Voraussetzungen zulassen, auch ein direkter Zugang von außen möglich sein (z.b. nach Abschluss des OP-Programms, für den Opera - teur, für Angehörige, für Patienten, die außerhalb des OP-Bereichs anästhesiert wurden). Die AWE stellt daher eine Übergangszone zwischen Operationsbereich und übrigem Ein - richtungsbereich dar. Die damit verbundenen hygienischen Probleme sind in Ab hängig keit von den örtlichen Gegebenheiten zu lösen. Eine Be- und Entlüftung kann abhängig von den an gewandten Anästhesieverfahren erforderlich sein. Der Luftwechsel einer Be- und Entlüftung sollte so bemessen sein, dass eine Anreicherung von Nar kose gasen durch die Ausatemluft der Patienten aus Gründen des Arbeitsschutzes vermieden wird. Die apparative Ausstattung muss eine kontinuierliche Überwachung der Vitalfunktionen sowie eine akute Wiederherstellung und kurzfristige Aufrechterhaltung gestörter Vitalfunk - tionen jederzeit ohne Verzug ermöglichen. Dazu müssen stellplatzseitige Moni tore, Beat - mungsgeräte, Defibrillator u.a. verfügbar sein. Der Umfang der apparativen Ausstattung richtet sich nach der Art der durchgeführten Eingriffe und damit nach dem Ausmaß des erforderlichen Monitorings. Sauerstoff-, Druckluft- und Vakuum versorgung sind erforderlich. Zum Minimalstandard der apparativen Ausstattung wird auf die diesbezüglichen Empfehlungen verwiesen 6). Nachrichtenmittel sind unter Berücksichtigung der funktionell-räumlichen Gegebenheiten vorzuhalten. Bei der Ausstattung mit Nach - richten mitteln ist sicherzustellen, dass jederzeit zusätzliche ärztliche und pflegerische Hilfe angefordert werden kann. Die Festlegung der Betriebszeit hat sich an den konkreten Gegebenheiten der jeweiligen Einrichtung zu orientieren. Darüber hinaus ist aber zu berücksichtigen, dass außerhalb der regulären Operations program me akut zu operierende Patienten in der Regel medizinisch besonders gefährdet sind und deshalb eine zumindest ebenso sorgfältige postoperative Intensivüberwachung benötigen wie planmäßig operierte Patienten. Dieser Umstand bedingt für die AWE zumindest eine über die Betriebszeit hinausgehende 24stündige Funk - tions bereitschaft. In besonderen Fällen kann sogar eine 24stündige Betriebszeit erforderlich sein (z.b. hohe Operationsfrequenz während der Bereitschaftsdienstzeiten, eingeschränkte Intensivtherapie- und Intensiv observations - kapazitäten). 2.4 Übergabe an die Aufwacheinheit Es ist im Einzelfall vom Anästhesisten zu entscheiden, ob ein Patient geeignet ist, aus seiner unmittelbaren Betreuung in die AWE übergeben zu werden. Dabei ist neben dem Zustand des Patienten auch die personelle Ausstattung der AWE zu berücksichtigen, insbesondere auch, ob dort ein Arzt permanent an wesend ist. Für die Sicherheit des Patienten beim Trans - port zur AWE ist der Anästhesist verantwortlich. Beim Transport dürfen die apparative Überwachung und ggf. eine erforderliche Sauerstoffinsufflation allenfalls kurzfristig unterbrochen werden, wenn die AWE unmittelbar neben dem OP liegt. Ansonsten sind Überwachung und Therapie auch während des Transportes an die Erfordernisse des Patienten angepasst aufrecht zu erhalten. Es darf keine Überwachungs- und Therapielücke zwischen dem Ort des Eingriffs und der AWE geben. Der Patient ist dem Personal der AWE vom Anäs thesisten zu übergeben. Dabei sind relevante Infor mationen weiterzugeben, z.b. - Name des Patienten; - Art des Anästhesieverfahrens und Besonderheiten; - Art des (diagnostischen oder therapeutischen) Ein griffs und Besonderheiten; - Name des Anästhesisten und Operateurs; 6) Apparative Ausstattung für Aufwachraum, Intensiv über - wachung und Intensivtherapie. Gemeinsame Empfehlung des Engeren Präsidiums der DGAI und des Präsidiums des BDA auf der Basis einer von der Komission Normung und Technische Sicherheit der DGAI erarbeiteten Empfehlung, Anästh Intensiv med (1997), S. 470 ff. siehe S. 593 (die Red.) 118

- eine Zusammenfassung des Zustandes des Pa tienten unter Einschluss der bestehenden Be gleit- und Vorerkrankungen, insbeson - dere möglicherweise gefährdender Atem - wegs-, Kreislauf- und Gerinnungsprobleme; - wichtige präoperative Faktoren, z.b. Kom - muni kationsprobleme oder psychische Auf - fälligkeiten; - spezielle Anordnungen, z.b. respiratorische Therapie, Überwachungsmodalitäten, Infu - si ons therapie, postoperative Medikation einschließlich der Schmerztherapie, spezifische Anordnungen für die Versorgung auf der weiterbehandelnden Einheit, z.b. Anti - biotikatherapie; - der Anästhesist darf sich weiteren Aufgaben im OP erst dann zuwenden, wenn er sich davon überzeugt hat, dass die Versorgung des Patienten in der AWE gesichert und ärztliche Präsenz nicht erforderlich ist. 2.5 Dokumentation Eine regelmäßige Dokumentation relevanter Daten ist erforderlich. Dazu zählen insbesondere: - kontinuierlich gemessene Sauerstoffsättigung; - Herzfrequenz und -rhythmus; - Blutdruck; - Bewusstseinslage; - Schmerzintensität (z.b. durch NRS oder VAS); - Blutverluste über liegende Drainagen; - therapeutische Maßnahmen; - übernehmende Person; - Aufnahme- und Verlegungszeitpunkt, Verlegungsort. Literatur 1. Vereinbarung über die Zusammenarbeit in der operativen Patientenversorgung des BDA und des BDC. Anästh Intensivmed 1982;23:403-405. 2. Empfehlungen zur Organisation und Einrichtung von Auf - wach einheiten in Krankenhäusern. Anästh Intensivmed 1997;38:216. 3. Apparative Ausstattung für Aufwachraum, Intensivüber - wa chung und Intensivtherapie. Gemeinsame Empfehlung des Engeren Präsidiums der DGAI und des Präsidiums des BDA auf der Basis einer von der Komission Normung und Technische Sicherheit der DGAI erarbeiteten Empfehlung. Anästh Intensivmed 1997;38:470-474. 4. Leitlinie zur postoperativen Überwachung. Anästh Intensivmed 1998;39:202-203. 5. Minimal Monitoring Standards in the Perioperative Period. Section and board of anaesthesiology UEMS. 6. Practice guidelines für postanaesthetic care. American Society of Anesthesiologists. Anesthesiology 2002;96:742. 7. Guidance on the provision of anaesthetic services for postoperative care. The Royal College of Anaesthetists. www.rcoa.ac.uk 8. Vereinbarung zur Qualitätssicherung ambulante Anästhesie des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen. Anästh Intensiv - med 2006;47:50-53. 9. Zur Zusammenarbeit von Anästhesie und Geburtshilfe bei der postoperativen Überwachung nach Kaiserschnitt (E. Hickl. Anästh Intensivmed 2006;47:455). 3. Begleitung des Patienten Zur Frage der Begleitung des Patienten bei Abgabe und Verlegung auf die Intensiv- bzw. Normalstation (Veranlassung, Begleitperson) sind schriftlich fixierte, hausinterne Verein - barungen zu treffen. 119