Treffen mit Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Riedler Datum: 10. 5. 2006, 8:00 9:30 Ort: Institut für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften - Petrinum, Petrinumstraße 12, 4040 Linz Beteiligte: Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas RIEDLER Irmgard HASELBACHER Inhalt: Zu Beginn nannte mir Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Riedler einige Zahlen und Daten bezüglich des Multimediastudiums der Rechtswissenschaften. Anschließend zeigte er mir zur Demonstration anhand einer DVD den Aufbau und die Inhalte von DVDs. Das Multimediastudium der Rechtswissenschaften wird seit Oktober 2002 (Wintersemester 2002/2003) angeboten. Die Mindeststudiendauer beträgt 8 Semester. Das Studium ist in 2 Abschnitte geteilt: der 1. Studienabschnitt dauert 2 Semester, der 2. Studienabschnitt kann in Grundstudium und Studienschwerpunkt aufgeteilt werden. Das Grundstudium umfasst 4 Semester, der Studienschwerpunkt dauert 2 Semester. Der Studienplan des Multimedia-Diplomstudiums Rechtswissenschaften ist der gleiche wie bei einem Rechtswissenschaften-Studium an der Johannes Kepler Universität. Es werden dieselben Inhalte behandelt, nur die Form der Inhaltsvermittlung ist eine andere. Als Student der Linzer Rechtsstudien im Multimedia-Diplomstudium kann man an herkömmlichen Präsenzveranstaltungen teilnehmen. Es besteht auch die Möglichkeit beide Angebote in Anspruch zu nehmen und je nach Bedarf eine Mischform aus Präsenzstudium und Fernstudium zu absolvieren. Im 1. Studienjahr (2002/03) gab es ca. 450 Studienanfänger, im Studienjahr 2003/04 waren es bereits ca. 500 Personen. Im Studienjahr 2004/05 stieg die Anzahl der Studenten auf ca. 590 und im aktuellen Studienjahr 2005/06 gibt es bereits ca. 670 Studierende. Man kann sagen, dass die Zahl der Studienanfänger jedes Jahr kontinuierlich ansteigt. Daraus kann man schließen, dass sich das Angebot des Multimedia-Diplomstudiums Rechtswissenschaften großer Beliebtheit unter den Jus- Studierenden erfreut. Seite 1 von 5
Es gibt dann auch noch weitere 450 Studenten, die aus einem Versuchsbetrieb mit einem anderen technischen System stammen. Jährlich beginnen an der JKU ca. 280 bis 300 Studenten ein Präsenzstudium an der rechtswissenschaftlichen Fakultät. Riedler schätzt, dass ca. 200 StudentInnen aus dem Präsenzstudium beide Systeme parallel nutzen. Insgesamt ergibt sich eine Summe von ca. 3.100 Studierenden, die ein Multimediastudium als Vollzeitstudenten absolvieren. Zur Drop-out-Rate kann man keine genauen Aussagen tätigen, da es hierzu keine Zahlen gibt. Es ist aber mittels der Multiemdiaplattform (eine Sonderlernplattform eine erweiterte Form des KUSSS-Systems) möglich eine Zahl der aktiven Studierenden zu nennen. Im Zeitraum Oktober 2005 bis Januar 2006 waren 2.100 Studenten aktiv. Das bedeutet, dass ca. 900 Studenten inaktiv waren. Daraus kann man schließen, dass diese Personen nicht mehr studieren. Diese Drop-out-Rate von ca. 30 % bis 40 % entspricht der Drop-out-Rate beim Präsenzstudium. Ca. 85 % der Multimedia-Studenten sind berufstätig. Im Präsenzstudium gibt es ca. 70 % berufstätige Studenten. Eine Schätzung besagt, dass bereits ca. 100 Studenten das Multimedia- Diplomstudium schon nach 3 Jahren erfolgreich abgeschlossen haben. Grund dafür ist laut Riedler, dass der Semesterzyklus aufgebrochen wird. Dadurch ist es möglich, sich auch während der Sommermonate Lerninhalte anzueignen und dadurch praktisch ein Semester einzuschieben. Zu Studienbeginn findet eine 5-tägige Präsenzphase statt, die dem Studienanfänger eine Starthilfe in das Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften geben soll. Solche Präsenzphasen finden österreichweit zur selben Zeit in 5 Bundesländern statt: Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Vorarlberg und Wien. Diese Präsenzphase ist unbedingt zu absolvieren. Inhalte sind: Einführung in den Stoff, Einführung in die Technik der Telekommunikation, Erklärung der Lernunterlagen uvm. Das Lernmaterial erscheint im Manz-Verlag und man kann es im ÖH-Shop oder im Buchhandel käuflich erwerben. Das Studienmaterial ist im so genannten Seite 2 von 5
Medienkoffer für jedes Fachgebiet zusammengefasst. Der Medienkoffer beinhaltet DVDs, Gesetzestexte, Lehrbücher, Glossare uva. Die gesamten Lernmaterialien wurden didaktisch sehr gut und sinnvoll aufbereitet. Es wurde weiters darauf geachtet, visuelle und akustische Auflockerungen in die einzelnen Videosequenzen einzubauen, um der Gefahr von Monotonität zu entkommen. Unter visuellen Auflockerungen versteht man bspw. Demonstrationsmaterialien wie Grafiken, Skizzen, Abbildungen usw.. Als Beispiel kann man einen Auszug aus dem Grundbuch heranziehen. Dieser wird abgebildet und je nachdem, um welchen Teil es sich in der jeweiligen Sequenz handelt, besonders hervorgehoben. Der Aufbau der DVDs sieht immer gleich aus. Zuerst gibt es eine kurze Einführungssequenz von ca. 10 Minuten. Dann findet man die jeweiligen Kapitelüberschriften. Neben diesen Kapiteln steht immer die Zeitangabe, sodass man weiß, wie lange man für eine Sequenz benötigen wird. Man kann zwischen den Kapiteln hin- und herspringen. Innerhalb der einzelnen Kapitel kann man je nach Bedarf langsamer oder schneller vorangehen. So ist es möglich die Lernmaterialien an das eigene Lerntempo anzupassen. Die theoretischen Inhalte werden immer vom jeweiligen Professor, die Gesetzestexte von einer anderen Stimme gesprochen. Hält eine Professor einen Vortrag, so spricht eine weibliche Stimme die Gesetzestexte und umgekehrt. Weiters gibt es noch sogenannte Kontrollsequenzen. Hier können Definitionen, Multiple-Choice-Fragen und Fehlertexte zu den jeweiligen Kapiteln abgeprüft werden. Jeder Student hat so die Möglichkeit seinen Lernerfolg regelmäßig und unabhängig von Zeit und Ort abzuprüfen. Falls man die falsche Antwort gewählt hat, bekommt man nachfolgend die richtige Lösung mit einem Kommentar. Diese Testsequenzen sind völlig anonym, offline, jederzeit und überall durchführbar. Das Konzept des virtuellen JUS-Studiums liegt darin, dass alle benötigten Informationen dem Studierenden ins Haus gebracht werden. Der Student kann sich voll auf sein Studium konzentrieren und muss sich nicht mit organisatorischen Problemen beschäftigen. Für Neuigkeiten gibt es einen Multimedia-Newsletter. Die Unterlagen für Übungen oder Arbeitsgemeinschaften kann man von der Multimediaplattform downloaden. Die Dateien sind bis 14 Tage nach Abhaltung der Lehrveranstaltung abrufbar. Diese eher kurze Frist hat didaktische Gründe. Es soll dazu angeregt werden, sich regelmäßig mit dem Stoff auseinanderzusetzen und Seite 3 von 5
nicht erst kurz vor Prüfungsbeginn mit dem Lernen zu beginnen. Im Wintersemester 2005/06 gab es mehr als 150.000 Zugriffe Tendenz steigend. Die Prüfungen finden zeitgleich, aufgabengleich und korrekturgleich mit den Prüfungen des Präsenzstudiums statt. Sie können an speziellen Prüfungsorten, beim Notariat oder weltweit bei österreichischen Auslandsvertretungen absolviert werden. Bei mündlichen Prüfungen gibt es eine Videokonferenz mittels Webcam. Eine korrigierte schriftliche Klausur wird in einem durch Zugriffscode gesicherten elektronischen Postfach abgelegt. So erhält jeder Studierende seine eigene korrigierte Klausur. Das System mit den elektronischen Prüfungsarbeiten wurde in Zusammenarbeit mit einem großen europäischen Softwarehouse entwickelt. Jeder Student bekommt seine Klausur ins elektronische Postfach geliefert. Bis zum Studienjahr 2004/05 wurden mehr als 11.000 Prüfungsarbeiten elektronisch erfasst und abgelegt. Die Noten der virtuell Studierenden sind im Durchschnitt um 12 % besser als die der Präsenzstudierenden. Riedler führt das auf die didaktisch besser aufbereiteten Unterlagen und auf das flexible Zeitmanagement zurück. 95 % der Studenten haben einen österreichischen Wohnsitz und die restlichen 5 % sind weltweit verstreut. Dies zeigt sehr deutlich, dass man dieses Multimediastudium von der ganzen Welt aus absolvieren kann. Der Kritikpunkt, dass der soziale Kontakt zwischen den Studierenden verloren geht, kann nicht ganz aufrecht gehalten werden, denn es gibt eigene Chat- und Diskussionsforen, sowie die Präsenzphase, wo sich die Studenten aus den einzelnen Bundesländern treffen können. Oft ist es so, dass sich einzelne Studentengruppen einmal in der Woche bundeslandweit treffen um Hausarbeiten zu verfassen oder sich gemeinsam für eine Prüfung vorzubereiten. Im Bereich der Weiterbildung in den Rechtswissenschaften findet dieses System ebenfalls guten Anklang. Hier wird vor allem darauf geachtet, dass man hochkarätige Personen aus der Praxis für Vorträge gewinnen kann, Bsp.: em. o. Univ.-Prof. Dr. Adamovich. Riedler sieht durch das Multimedia-Diplomstudium kein Ersatzprodukt, sondern es weitet die Linzer JKU auf die ganze Welt aus. Diese Form des Studiums wurde Seite 4 von 5
ausgebaut und es ist dadurch auch zeitlich und örtlich gebundenen Menschen möglich gemacht worden ein Studium virtuell zu absolvieren. Die virtuelle Lehre wird rein aus Sonderbudgettöpfen finanziert und belastet den Normalbetrieb der JKU in keinster Weise. Es gibt keine besonderen technischen Voraussetzungen, die üblichen Standards genügen. Die DVDs sind leider noch nicht Apple-fähig, aber auch daran wird bereits gearbeitet. Die Initiatoren eines Multimediastudiums waren vor längerer Zeit Vizerektor Kalb und Prof. Binder. Der Leiter des Instituts für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften ist nun Univ.-Prof. Mag. Dr. Riedler. Den Mehrwert sieht Riedler darin, dass diese Art des Studiums zeit- und ortsunabhängig ist. Ein weiterer Pluspunkt ist die Zeitersparnis: die Anfahrtszeit zum Studienort entfällt, Zeit für Parkplatzsuche fällt weg und dadurch werden auch Kosten eingespart. Weiters sieht Riedler einen didaktischen Mehrwert in den Lernunterlagen. Riedler sieht keine Gefahr darin, dass Professoren wegrationalisiert werden könnten. Die neue Situation stellt sich so dar, dass die Professoren nun mehr Zeit für die Anliegen der Studenten haben und auf deren Fragen genauer eingehen können. Eine viel größere Zahl von Studenten kann mit nur einem Medium erreicht werden. Eine zahlenmäßige Beschränkung nach oben hin gibt es nicht, daher könnte rein theoretisch eine unbegrenzte Anzahl von Studierenden das Multimedia- Diplomstudium absolvieren. Die Systemvoraussetzungen würden das rein technisch schaffen. Riedler könnte sich so ein System auch für die SOWI-Fakultät vorstellen. Der 1. Abschnitt in den Wirtschaftswissenschaften wäre ebenfalls sehr gut für ein virtuelles Studium geeignet. Seite 5 von 5