Rainer Kuhlen - Universität Konstanz Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft



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Integration der Dienstleistungen in den Bereichen Information, Kommunikation und Medien an Hochschulen Herausforderungen an das Wissens-, Kommunikations- und Rights-Management Rainer Kuhlen - Universität Konstanz Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft 8. Europäische Tagung "Medien in der Wissenschaft" Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft Universität Duisburg-Essen 16. - 19. September 2003 Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 1 Inhalt -, -, Binnenstruktur der Informationsversorgung Tendenzen globalisierter Informationsm ärkte Pro und contra Telemediatisierung Perspektiven der Kommodifizierung Kommerzielle Strategien Konsequenzen für die Infrastrukturen Gedankenexperiment Nebenkosten der Effizienz Kommerzialisierungsstrategie im öffentlichen Raum? Commons - Zielvorstellungen für medialen Wandel Perspektiven der struktur Perspektiven der struktur Infrastruktur Funktionsbereiche eines Wissensmanagement Vernetzung der Infrastrukturen des Wissensmanagement Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 2

-, -, Binnenstruktur der Informationsversorgung Umschichtungen in der struktur der Informationsversorgung, Veränderungen auf den Informationsmärkten Umschichtungen in der struktur der Informationsversorgung, Infrastruktur für Information und Kommunikation an den Hochschulen Umschichtungen in der Binnenstruktur der Informationsversorgung, Direktversorgung mit Wissen und Information aus der Wissenschaft Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 3 -, -, Binnenstruktur der Informationsversorgung Umschichtungen in der struktur der Informationsversorgung, Veränderungen auf den Informationsmärkten Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 4

Tendenzen zunehmend globalisierter Informationsmärkte Telemediatisierung Telekommunikation Kommodifizierung Multimedia, Hypermedia Informatik Aus Wissen realisierte Informationsobjekte werden als Ware angesehen, für deren Nutzung Gebühren erhoben werden können. Tendenz der (momentan allerdings in Cancun abgebrochenen) WTO/GATS- Verhandlungen zu Dienstleistungen auch aus dem Kultur-/Bildungsbereich, einschließlich Bibliotheksleistungen Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 5 Pro und contra Telemediatisierung Was spricht dagegen, dass die Potenziale der Telemediatisierung optimal zu Gunsten des öffentlichen Interesses an Wissenschaft und Bildung genutzt werden können? Gibt es positive Signale, dass die Potenziale der Telemediatisierung optimal zu Gunsten des öffentlichen Interesses an Wissenschaft und Bildung erreicht werden können? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 6

Pro und contra Telemediatisierung Was spricht dagegen, dass die Potenziale der Telemediatisierung optimal zu Gunsten des öffentlichen Interesses an Wissenschaft und Bildung genutzt werden können? Kommodifizierung: die tendenziell vollständige Überführung des öffentlichen Gutes Wissen in die private Verfügung der Wissensproduzenten (der Urheber ) und der Wissensverwerter, die ihre Investitionen zur Erstellung von Informationsprodukten (erstellt aus Wissen) und zum Aufbau von Distributions- und Nutzungsstrukturen amortisieren und Gewinne erzielen wollen. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 7 Pro und contra Telemediatisierung Gibt es positive Signale, dass die Potenziale der Telemediatisierung optimal zu Gunsten des öffentlichen Interesses an Wissenschaft und Bildung erreicht werden können? Open-Source-Bewegung: der freie Umgang mit Wissen, hier mit Software, kann durchaus verträglich mit kommerzieller Entwicklung sein Tendenzen der Selbstorganisation der Produktion, Verteilung und Nutzung aus der Wissenschaft (Preprint - Server, Initiativen wie OAI, SPARC, PLOS) Zunehmende Virtualisierung von Bibliotheksleistungen, virtuelle Kataloge, virtuelle Fachbibliotheken, Gemeinschaftsdienstleistungen (FIZ/Bibliotheken) wie GetInfo, Vascoda (BMBF/DFG) Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 8

Perspektiven der Kommodifizierung Trotz der Gegenmärkte im Kontext des Internet - die Tendenz ist erkennbar. Telemediatisierung begünstigt weiterhin die Kommerzialisierung/Kommodifizierung intellektueller Güter und sorgt für eine effiziente Organisation und ein zunehmend breiter werdendes, tendenziell global werdendes Produkt- und Dienstleistungsangebot publizierter Information. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 9 Strategie der kommerziellen Akteure Die kommerziellen Akteure im Informationsbereich haben nach anfänglichem Zögern und nach Unsicherheiten über angemessene Geschäftsmodelle angefangen, mit Unterstützung der Politik und der Gesetzgebung, den elektronischen Markt neu zu organisieren. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 10

Strategie der kommerziellen Akteure Die Konzepte heißen: Setzen auf Retailmärkte mit One-to-One-Marketing, Lizenzierung mit differenzierter Kontrolle und Abrechnung über DRM, vernetzte virtuelle Organisations-/Kooperationsformen, Intensivierung der individuellen Aufarbeitung und Zuordnung von Metainformationen. Anreize über (hypermediale) Mehrwert- und adaptive Eigenschaften und digitale Goodies (Zusatzleistungen), Setzen auf Massenmärkte mit billing-abrechnungsformen. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 11 Konsequenzen für die Infrastrukturen Die bisherigen Infrastrukturen der Informationsversorgung, die sich a) was den bereich angeht in Deutschland auf Bibliotheken (darüber vermittelt auf die Verlage) und Fachinformationszentren abgestützt haben, b) was den bereich angeht auf die bislang weitgehend getrennten Bereiche Rechenzentrum, Bíbliothek und Multimedia-Zentrum sind angesichts der fortschreitenden Kommodifizierung auf dem Prüfstand (oder in Frage gestellt). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 12

Konsequenzen für die Infrastrukturen : Alternativen Die bisherigen Infrastrukturen der Informationsversorgung sind angesichts der fortschreitenden Kommodifizierung auf dem Prüfstand (oder in Frage gestellt). Überlassen des Marktes dem Markt in Richtung kommerzieller Monopolisierung Kommodifizierung auch des öffentlichen Bereichs Konkurrenz des öffentlichen und privaten Bereich Aufbau von freien Gegenmärkten im öffentlichen Raum Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 13 Konsequenzen für die Infrastrukturen : Alternativen Überlassen des Informationsmarktes dem Markt Brauchen wir dann noch Bibliotheken? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 14

Könnte der Markt einspringen? Kann ein kompetitiver telemediatisierter Markt unter Effizienzgesichtspunkten die Aufgabe des Nachweises, des Zugriffs und der Vollinformationsauslieferung (weiter bevorzugt Texte, aber auch Datensammlungen) übernehmen?. Was wäre, wenn die Bibliotheken im wissenschaftlichen Umfeld geschlossen würden, aber weiterhin der gesamte Etat den an den Hochschulen Tätigen zur Verfügung stünde? Würde sich das gesamtwirtschaftlich rechnen? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 15 Ein nicht ganz seriöses Gedankenexperiment Setzen wir den Gesamtetat aller 281 (wissenschaftlichen) Bibliotheken in Höhe von ca. Euro 1 Mrd. in Beziehung zu den im Bundesforschungsbericht ausgewiesenen ca. 70.000 Wissenschaftlern an den Hochschulen, dann hätten alle 281 Bibliotheken zusammen ca. Euro 14.000 für jeden Wissenschaftler ausgegeben. Nimmt man die ca. 1.500.000 Studierenden dazu, so wären es Euro 666/Stud. Rechnet man alle faktischen, also auch externen ca. 2.300.000 Benutzer dann hätten gestanden. Euro 430/Benutzer zur Verfügung Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 16

Konsequenzen des Gedankenexperiments? Die lokale Bibliothek ist, zumindest als Ort der Aufbewahrung und Bereitstellung informationeller Objekte, für viele Wissenschaftler, ganz deutlich in den experimentellen, naturwissenschaftlichen, technischen, medizinischen und informationsbezogenen Fächern, kaum noch der primäre Ansprechpartner für Informationsversorgung. Gibt es also für die Euro 14.000 pro Wissenschaftler oder noch Euro 430 für alle 2.2 Mio. Benutzer effizientere Formen der Verwendung? Würden nicht dadurch Märkte in einer Weise stimuliert, dass die bislang für Routinenutzungen, wie Referenz-/Zitatensicherung, unattraktive Preisgestaltung drastisch korrigiert würde? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 17 Nebenkosten der Effizienz Reicht aber Effizienzsteigerung aus, und sichern die Informationsmärkte auch die sogenannten nicht-innovativen (also nicht direkt verwertungsbezogenen) Wissenschaften ab? Werden die nicht einkalkulierten Nebenfolgen der ökonomischen Effizienzsteigerung nicht leicht zu den negativen Hauptkosten? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 18

Tendenzen der Effizienz über Kommodifizierung Elektronische Leistungen werden in der Regel nicht mehr über Produkte verkauft bzw. gekauft, sondern über Lizenzierungsvereinbarungen nur über bestimmte Bedingungen zur Nutzung freigegeben. Entsprechend ist es wahrscheinlich, dass Digital Rights Management (DRM)-Techniken immer mehr Eingang in die Geschäftsmodelle der Informationswirtschaft Eingang finden (zumal diese von den UrhR-Gesetzen geschützt werden). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 19 Ein Raum für öffentliche Informationsversorgung? Akzeptiert die Wissenschaft ein in die Infrastruktur übertragenes Marktmodell? Begünstigt ein umfassendes Marktmodell die Entwicklung neuen Wissens bzw. die innovative Adaption des produzierten Wissens in der Wirtschaft? Wollen Wissenschaftler eine Infrastruktur der Informationsversorgung, bei der für jede noch so kleine Nutzung von publiziertem Wissen individuell abgerechnet werden soll? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 20

Konsequenzen des Digital Rights Management DRM darf sich keinesfalls zu einem Instrument der vollständigen Kommodifizierung von Wissen entwickeln. Entscheidend ist, ob bei einem flächendeckenden Einsatz von DRM Grundwerte des Fair Use, der Anonymität, Vertraulichkeit/Privacy beim Umgang mit Wissensobjekten gesichert bleiben können und vor allem, ob verhindert werden kann, dass durch DRM quasi durch die Hintertür eine Kontrolle der Inhalte selber geschehen wird. Hier sind zur Sicherung eines User Rights Management - neue, wichtige Aufgaben der öffentlichen Informationseinrichtungen Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 21 Konsequenzen für die Infrastrukturen : Alternativen Kommodifizierung auch des öffentlichen Bereichs Konkurrenz des öffentlichen und privaten Bereichs Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 22

Kommerzialisierungsstrategie im öffentlichen Raum? Die öffentlichen Einrichtungen der Informationsversorgung versuchen mit den Leistungen des Marktes in Wettbewerb zu treten, auch mit flexibilisierten Abrechnungsformen Die Kommerzialisierungsstrategie findet auch im Fachinformationsbereich Anwendung, lange schon bei der Informationsversorgung durch die Online-Hosts, jetzt auch zunehmend bei der Literaturversorgung (GetInfo, Vascoda). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 23 Ein kommerzieller Raum für öffentliche Informationsversorgung? Akzeptiert die Wissenschaft und die Auszubildenden ein in die öffentliche Infrastruktur der Bibliotheken und Fachinformationseinrichtungen übertragenes Marktmodell? Wollen Wissenschaftler und Studierende eine Infrastruktur der Informationsversorgung, bei der für jeden Abruf von Publikationen individuell abgerechnet werden soll? Wer soll die individuelle Leistung bezahlen? Die individuellen Nutzer oder die Institution, in der sie arbeiten oder in der sie ausgebildet werden? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 24

Ein kommerzieller Raum für öffentliche Informationsversorgung? Macht es Sinn, dass die Öffentlichkeit gleich zweimal bezahlt? einmal für die lokale Informationsversorgung mit dem nicht mehr einlösbaren Vollversorgungsauftrag und einmal entweder für die Dienstleistung der kommerziellen Informationsanbieter oder für Dienstleistungen der öffentlichen Infrastruktureinrichtungen (z.b. FIZe + TIB) Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 25 Ein Raum für öffentliche Informationsversorgung? Können Bibliotheken oder andere öffentliche Informationsversorgungseinrichtungen in diesem kompetitiven und kommerziellen Wettbewerb bestehen? oder sollten sie sich weiterhin als außerhalb des Marktgeschehens stehend definieren, sich also als Teil der Verwaltung des Commons (hier: als Verwaltung des öffentlichen, also publizierten Wissens) verstehen, welche nicht den Verwertungs- und Kontrollmaximen des Marktes unterworfen ist? Fraglich, ob öffentliche Informationseinrichtungen an der fortschreitenden Kommodifizierung mitwirken sollen oder ob nicht neue Modelle des Commons in elektronischen Räumen entwickelt werden müssen? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 26

Commons - Zielvorstellungen für medialen Wandel r2r Freier Zugriff zu jeder publizierten Information für jedermann, zu jeder Zeit, von jedem Ort, zu fairen Bedingungen. Freier (unzensierter, nicht-eingeschränkter, nichtrivalisierender, kostenloser), zeit- und raumunabhängiger, schneller, selektiver und adaptiver Zugriff auf alle global vorhandenen Ressourcen des öffentlich gemachten (publizierten) Wissens Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 27 Commons - Zielvorstellungen für medialen Wandel r2w r2c Freier Zugriff zu jeder publizierten Information für jedermann, zu jeder Zeit, von jedem Ort, zu fairen Bedingungen. Freier (unzensierter, nichteingeschränkter, nichtrivalisierender, kostenloser), zeitund raumunabhängiger, schneller, selektiver und adaptiver Zugriff auf alle global vorhandenen Ressourcen des öffentlich gemachten (publizierten) Wissens Die freie Möglichkeit für jedermann, das erarbeitete Wissen in den Prozess der globalen Kommunikation schreibend und kommentierend einbringen zu können, mit der Chance, dass es wahrgenommen und anerkannt wird: right to write (r2c) und right to communicate (r2c) Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 28

struktur In makrostruktureller Hinsicht klare Alternativen zur fortschreitenden Kommodifizierung von Wissen und Information in der wissenschaftlichen Infrastruktur (bei grundsätzlicher Anerkennung der Berechtigung kommerzieller Informationsmärkte) und Ablehnung einer Lizenzierungspolitik mit restringierendem Digital Rights Management in der Wissenschaft. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 29 zu erreichen struktur zum einen durch Schaffen und Finanzieren einer Publikations- und Distributions-/Zugriffs-Infrastruktur, die, weitgehend aus der Wissenschaft selber organisiert, das Bedürfnis nach freiem und offenem Austausch produzierten Wissens befriedigen kann zum andern durch die virtuelle (verteilte, vernetzte) Organisation von umfassenden Aufbereitungs -, Nachweis- und Auslieferungsleistungen. Benötigt wird das transparente umfassende Wissenschaftsportal der Informationsversorgung Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 30

-, -, Binnenstruktur der Informationsversorgung Umschichtungen in der struktur der Informationsversorgung, Formen des Wissensmanagement in der Infrastruktur der Wissenschaft Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 31 Leistungsfähigkeit über Infrastruktur Die Leistungsfähigkeit von Wissensorganisationen (wie Hochschulen), die Fähigkeit, ihre doppelte Aufgabe der Wissensproduktion über Forschung und der Wissensvermittlung über Ausbildung und Transfer in andere Bereiche der Gesellschaft zu erfüllen, hängt sicherlich in erster Linie von der Qualität ihrer Wissensproduzenten und Wissensmittler und ihres Management ab. Deren Leistungsfähigkeit aber wird entscheidend davon beeinflusst, inwieweit sie über eine effiziente Informationsinfrastruktur verfügen können, die wir im folgenden als Wissensmanagement bezeichnen wollen. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 32

struktur Anpassung der mikrostrukturellen Infrastruktur für Wissenschaft bedeutet die Integration der bisherigen weitgehend getrennten Einrichtungen, also die langfristige Aufhebung der autonomen Bibliotheks-, Rechenzentrums- oder Multimedia-Einheiten und schrittweise Zusammenlegung in leistungsfähige Infrastrukturen für Information und Kommunikation. Die Integration kann folgende Konsequenz haben Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 33 struktur Befreiung von dem bisherigen umfassenden, ohnehin kaum noch einzulösenden Kultursicherungsauftrag (Delegation an wenige zentrale Einrichtungen) Konzentration auf die Sicherung des in der eigenen Umgebung produzierten Wissens über Publikationsserver, die in die übergreifend organisierten Netze eingespeist werden, einschließlich der Sicherung der Rechte der wissenschaftlichen Urheber und der sie tragenden Institutionen Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 34

struktur Sicherung des Zugriffs auf die externen Ressourcen (in traditioneller oder elektronischer Form); Unterstützung des Aufbaus multi- /hypermedialer Lehr- und Lernformen und Einspeisen mit Wahren der Rechte in die umfassenden Netze laufende Sicherung der internen Informationskompetenz der Hochschulangehörigen sowohl in rezeptiver Hinsicht (die Ressourcen nutzen zu können) als auch in konstruktiver Hinsicht (sie zur Darstellung des eigenen Wissens und zur Kommunikation mit anderen zu nutzen). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 35 Funktionsbereiche eines Wissensmanagement Ressourcen-Management Management Informations- und Kommunikationstechnik Multimedia-Management Kommunikations-Management Marketing/Rights-Management Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 36

Organisationsstrukturen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur Wissensmanagement (IKWM) Prorektorat IKWM Direktor IKWM Ausschuss IKWM Ressourcen- Management Management für Informations- und Kommunikationstechnik Multimedia- Management Kommunikations- Management Marketing und Rights-Management Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 37 Wissensmanagement I Aufbereitung (Erstellung der Metadaten) und Verwaltung der (medial vielfältigen) Wissensobjekte (einschließlich der klassischen Bibliotheksfunktionen/-leistungen), Sicherung der (medial vielfältigen) internen und externen Wissensressourcen und des Zugriffs auf sie über ein Wissensportal (Wissens-Ressourcen- Management), Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 38

Wissensmanagement II Aufbau und Bereitstellung fortgeschrittener Instrumente der Wissensgenerierung und Visualisierung (z.b. Formen des Data Mining) und elektronische Verfügbarmachung/Publikation der in der Universität anfallenden (medial vielfältigen) Wissensobjekte Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 39 Wissensmanagement III Entwicklung medientechnischer Kompetenz, aber vor allem Kompetenz der methodisch kontrollierten Suche und Navigation in den Ressourcen der globalen Informationsmärkte, einschließlich der Formen der Wissensgenerierung und Visualisierung Sicherung der heterogenen Wissensobjekte über entsprechende Datenbanken, einschließlich der immer wichtiger werdenden Langzeitarchivierung, und flexibler Zugriff auf sie (Retrieval und Navigation); Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 40

Wissensmanagement IV Entwicklung von multimedialen Lehr- und Lernmodulen bzw. die Übernahme und Anpassung externer Materialien bis hin zur Entwicklung von vollständigen multimedialen Studien- und Fernstudiengänge sowie Entwicklung und Anpassung multimedialer Fort- und Weiterbildungsangebote die auch noch in längerer Perspektive sicherlich erforderliche Qualifizierung der Universitätsangehörigen in Forschung und Lehre hinsichtlich Medien- und Informationskompetenz Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 41 Wissensmanagement V Entwicklung medientechnischer Kompetenz, aber vor allem Kompetenz der methodisch kontrollierten Suche und Navigation in den Ressourcen der globalen Informationsmärkte, einschließlich der Formen der Wissensgenerierung und Visualisierung Förderung von Kommunikationskompetenz Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 42

Wissensmanagement VI Entwicklung bzw. die Übernahme und der Betrieb von elektronischen synchronen und asynchronen Kommunikationsformen innerhalb der Universität und in Wahrnehmung der Außenkontakte (Foren, Chats, Videoconferencing, Living Walls, virtuelle Räume, Virtual communities,...). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 43 Wissensmanagement VII Integration der Bereiche der Außendarstellung (z.b. Pressestelle, Web-Auftritt) Rights-Management zur Wahrung der Interessen und Urheberrechtsansprüche der Wissensproduzenten, der Patentierung aus der Hochschule und zum Aushandeln informationsbezogener Außenverträge, z. B. mit Datenbankanbietern, Content Providern und Verlegern als Anbieter von ejournals und anderen elektronischen, aber auch konventionellen Produkten. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 44

Vernetzte Infrastrukturen Zu einem modell und damit zu einem Gegengewicht zu den kommerziellen Informationsmärkten - können die neuen Infrastrukturen des Wissensmanagement nur werden, wenn sie sich untereinander vernetzen. Wissensmanagement an Hochschulen wird nur dann erfolgreich sein, wenn es sich nicht als kompetitiv zu anderen Hochschul- /Forschungs-/Ausbildungseinrichtungen begreift, sondern als kollaborativ. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 45 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 46

Anhang Folien zur Reserve Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 47 Schisma Dennoch, trotz der vielen Projekte und Reorganisationsmaßnahmen im Bibliothekswesen wird gegenwärtig immer häufiger die Frage nach einem Schisma der Informationsversorgung gestellt, in dem Sinne, ob Bibliotheken heute noch den umfassenden Anspruch dafür erheben können: Wird es also hier die Archive für die nicht vermarktungsfähigen Buchwissenschaften geben, dort die neuen nach Managementprinzipien organisierten Infrastruktureinrichtungen für Information und Kommunikation und die Angebote des Marktes, die auf die digitale, die innovative Klientel abzielen? Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 48

Wissenschaftler an Hochschulen und ihre Erwartungen Nach der Erhebung des Deutschen Bibliotheksinstituts waren im Jahr 1999 im weiteren Bereich Forschung und Entwicklung 480.415 Personen tätig, davon 306.693 in der Wirtschaft, 101.471 im Hochschulsektor und 72.251 in überwiegend staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen. Direkt der Forschung zuzurechnen waren 255.259 (150.149, 66.695, 38.415), die anderen sind technisches und sonstiges Personal. Im Hochschulsektor waren also 66.695 Wissenschaftler/innen tätig. ca. 1.5 Mio. Studierende 2.228.181 Nutzer insgesamt (unter Einschluss der Publikumsmärkte) Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 49 Leistung und Aufwand Der Gesamtetat der bei (DBI2001) nachgewiesenen 281 wissenschaftlichen Bibliotheken dürfte sich um DM 1,5 Mrd. bewegen. Der Markt für Bücher (einschließlich Zeitschriften) und einschließlich des Umsatzes mit entsprechenden elektronischen Produkten wird in Deutschland auf DM 18 Mrd. geschätzt (bei vom Börsenverein vertretenen 2100 Verlagen, 4.800 Sortimentsbuchhändlern und 53 Firmen des Zwischenbuchhandels). Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 50

Innovationsbedingungen Um Innovationsvorgänge in Gang zu setzen das ist weitgehend gesicherte Einschätzung des Innovationsansatzes innerhalb der New Growth Theory ist ein Prozess der schöpferischen Zerstörung (Schumpeter: creative destruction ) kaum zu vermeiden. In der drastischen Sprache Schumpeters: the business that builds the first railroad is seldom the business that previously operated the stagecoaches. Rainer Kuhlen - Department of Computer and Information Science at the Universit y of Constance 51