Bericht über einen Workshop anlässlich des CfM-Kongresses in Nürnberg



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Transkript:

Bericht über einen Workshop anlässlich des CfM-Kongresses in Nürnberg von Dr. Hans-Uwe Neuenhahn 1 Einleitungssatz Erarbeitung der Prozessrisikoanalyse und deren Einsatz in der Mediation 1. Einleitung Auf Einladung von Professor Proksch habe ich in Nürnberg den nachfolgend dargestellten Workshop abgehalten. Erfreulich war die von mir nicht erwartete Resonanz. Da maximal 25 Teilnehmern teilnehmen konnten, war der Workshop ausgebucht. Dies zeigte das Interesse an diesem Analyseinstrument. 2. Ziel des Workshops Der Workshop sollte über das Instrument der Prozessrisikoanalyse informieren, dessen Anwendung an einem praktischen Fall zeigen und Gelegenheit geben, gemeinsam über Einsatzmöglichkeiten dieses Instrumentes in der Mediation zu reflektieren. Die zur Verfügung stehende Zeit von nur 2,5 Stunden erforderte eine straffe Durchführung des Workshopes. Gleichwohl konnten gute Ergebnisse erzielt werden. 3. Ablauf des Workshops Nach dem Einführungsfall kritische Phase einer Mediation erfolgte eine Einführung in die Prozessrisikoanalyse. Anschliessend wurde von den Teilnehmern in Gruppenarbeit der IT-Fall bearbeitet und die Ergebnisse vorgestellt. Hieran anschliessend erläuterte ich den IT-Fall an Hand einer Prozessrisikoanalyse. Dabei habe ich durch Einsatz einer speziellen Software demonstriert, welche Unterstützung hierdurch möglich ist, obwohl ein Softwareeinsatz nicht notwendig ist. Am Schluss des Workshops erfolgten Brainstormings der Teilnehmer zu den Einsatzmöglichkeiten dieses Instrumentes in der Mediation und die Zusammenfassung der Ergebnisse. 1 Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator, in Kooperation mit PriceWaterhouseCoppersVeltins, München; Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement e.v. gwmk, München

2 4. Einführung in die Prozessrisikoanalyse Zunächst erfolgte eine Abfrage zu in Deutschland üblichen Qualifizierungen mit der Bitte, diese in Prozentwerten zu quantifizieren. Das Ergebnis zeigte ein sehr unterschiedliches Verständnis unter den Teilnehmern, wie diese qualifizierten Aussagen zu quantifizieren sind. Die genannten Prozentsätze sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. (Doppelnennungen wurden weggelassen) geringe Wahrscheinlichkeit 2 5 10 20 es sieht nicht gut aus 8 10 20 30 sehr wahrscheinlich 70 75 80 85 gute Chancen 40 50 60 65 70 75 Risiko vertretbar 40 45 50 60 70 Fall eindeutig und klar 80 90 95 99 100 Hieraus wurde die Erkenntnis abgeleitet, dass qualitative Einschätzungen bei der Beurteilung der Prozessalternative nicht zielführend sein können, da meistens ein beziffertes Verhandlungsangebot (z.b. 20.000 EUR sofort) vorliegt, das bewertet werden muss. Es wurde sodann von mir dargestellt, dass die Komplexität der rechtlichen und faktischen Fragen eine Methode erfordert, die ein komplexes Problem in eine anschliessend zu analysierende Struktur einbindet. Die Unsicherheit über den Ausgang der richterlichen Entscheidung erfordert eine Methode, die wesentlichen Quellen von Unsicherheit zu identifizieren und diese dann zu quantifizieren. Da sich mehrere Ziele ausschliessen können, ist es auch erforderlich, die mit den Vorteilen verbundenen Nachteile abzuwägen und schliesslich auch unterschiedliche Annahmen mit einzubeziehen. Dieses Instrument kann durch Verwendung der Erkenntnisse aus der Entscheidungstheorie erstellt werden, die in Industrie und Wissenschaft schon seit langem erfolgreich eingesetzt werden. Als nützlich erweist sich dabei ein sog. Entscheidungsbaum (decision tree), der in folgenden vier Schritten zu erstellen ist: Strukturieren des Problems Herausarbeiten der Wahrscheinlichkeiten Hinzufügen von Werten Integration all dieser Informationen

3 Am Beispiel des nachfolgenden Einführungsfalles wurde dieser Entscheidungsbaum entwickelt. A wird von Fahrradfahrer B auf der Grenze zwischen Rad- und Fussweg angefahren. Der Anzug ist beschädigt. (Sachschaden von 400 EUR). Es ist fraglich, ob den A ein Mitverschulden trifft und wenn ja, in welcher Höhe. B bietet dem A 100 EUR an. A überlegt, ob er Klage erheben soll (Verfahrenskosten sollen unberücksichtigt bleiben). Es sollen folgende Symbole verwendet werden: Entscheidungspunkt Unsicherheitspunkt Wert Die nachfolgende Graphik zeigt den Entscheidungspunkt Einigung/Prozess, die Unsicherheitspunkte Mitverschulden ja/nein sowie die unterschiedlichen Mitverschuldensgrade im Falle des Mitverschuldens. Es wurden jeweils Endwerte eingesetzt, die bei vollem Obsiegen mit 400 EUR, bei niedrigem Mitverschulden mit 350 EUR, bei mittlerem mit 200 EUR und bei hohem Mitverschulden mit 50 EUR angenommen wurden. Verfahrenskosten wurden nicht berücksichtigt. In einem weiteren Schritt wurden die Wahrscheinlichkeiten definiert. Es wurde ein Mitverschulden von 50:50 und eine Wahrscheinlichkeit für hohes und mittleres Mitverschulden von jeweils 25 % und für niedriges Mitverschulden 50 % angenommen, wie nachfolgende Graphik zeigt.

4 Schliesslich wurde als letzter Schritt im Wege der Stochastik ein sog. Erwartungswert errechnet. Dabei wurden für die vier Prozessalternativen zunächst jeweils wie folgt gerechnet und anschliessend alle Werte addiert: Kein Mitverschulden: 0,5 x 400 = 200,00 niedriges Mitverschulden: 0,5 x 0,5 x 350 = 87,50 mittleres Mitverschulden: 0,5 x 0,25 x 200 = 25,00 hohes Mitverschulden: 0,5 x 0,25 x 50 = 6,25 ------------ 318,75

5 Dieser Erwartungswert würde für den Prozessweg sprechen, wobei dieses Ergebnis unter Einbeziehung der Verfahrenskosten allerdings neu berechnet werden müßte. Auch ist dieser Erwartungswert noch nach der individuellen Situation des A zu beurteilen (finanzielle Situation, Risikobereitschaft etc.). Anschliessend wurde in 5 Gruppen der etwas komplexere IT-Fall bearbeitet. Hintergrund war der Streit zwischen einem Auftraggeber und seinem Auftragnehmer über die fehlerfreie Erstellung einer Software. Hierbei ging es um die Rückerstattung von Nutzungsentgelt in Höhe von 20.000 EUR sowie um die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR. Streitpunkte waren das Vorliegen eines relevanten Fehlers, die Erbringung der Mitwirkungsleistung, die unverzügliche Fehlerbehebung sowie eine wirksame Rechtsnachfolge. Der Auftragnehmer hatte 5.000 EUR angeboten. Im Falle eines Prozesses ist mit Kosten in Höhe von 18.000 EUR zu rechnen. Diese Kosten sollten in die Bewertung miteinbezogen werden. Laut Sachverhaltsangaben gab es für die Annahme eines relevanten Fehlers gute Gründe und dessen Wahrscheinlichkeit deutlich über 75 %. Es spreche auch mehr für die erbrachte Mitwirkungsleistung als dagegen. Die Rechtsnachfolge sei anzunehmen, ein Restrisiko allerdings nicht auszuschließen. Das Risiko, dass eine Vertragsstrafe nicht begründet sei, betrage lediglich 1/5. Alle Arbeitsgruppen kamen zum Ergebnis, das Angebot abzulehnen und stattdessen einen Prozeß zu führen. Die Prozessrisikoanalyse zeigte dann folgende Struktur, wobei alle Teilnehmer der von mir anschliessend dargestellten Struktur zustimmten:

6 Obwohl auf Grund der Sachverhaltsangaben alle Gruppen ähnliche Wahrscheinlichkeiten ermittelt hatten, waren sie doch durch das Ergebnis der nachfolgenden Analyse überrascht, deren Erwartungswert mit 2.563 EUR deutlich unter dem Angebot von 5.000 EUR lag. Hätte der Erwartungswert über dem Verhandlungswert gelegen, hätte er in der Realität vor einer Entscheidung für den Prozessweg noch näher analysiert werden müssen (Abzinsung, Bewertung des Ausfallrisikos, Einbeziehung der Transaktionskosten etc.). Auch hätte er mit der individuellen Situation des Auftraggebers abgestimmt werden müssen. 5. Ergebnisse der Brainstormings Im zweiten Teil des Workshops bearbeiteten die Teilnehmer in 4 Gruppen die Themen Gruppe 1 was ist der Nutzen dieses Instrumentes Gruppe 2 für welche Fälle ist das Instrument geeignet? Gruppe 3 wie sollte es eingesetzt werden? Gruppe 4 für welchen Mediatorentyp ist das Instrument geeignet? In Gruppe 1 wurde zwischen Inhalt und dem Mediationsprozess unterschieden. Inhaltlich bewältige das Instrument Komplexität, diene der Klarheit und ermögliche eine Quantifizierung der Ausstiegsalternative. Hinsichtlich des Mediationsprozesses führe die Strukturierung zur Versachlichung. Diese und die erzielbare Klarheit erhöhe die

7 Einigungschancen. Es sei auch geeignet, Blockaden aufzubrechen (Abbau von Überoptimismus). Die Gruppe 2 hielt alle Mediationsfälle generell für einen Einsatz dieses Instrumentes geeignet. Allerdings müsse der Sachverhalt aufbereitet sein bzw. werden. Erforderlich sei eine fachlich kompetente Bewertung der streitigen Punkte. Gruppe 3 sah dieses Instrument als nützliche Vorbereitung des Mediators an. Darüber hinaus sollte es situationsbedingt z.b. zum Anschieben des Einigungsprozesses eingesetzt werden. Der Einsatz dieses Instrumentes sollte im vertraulichen Einzelgespräch erfolgen, eine Verwendung im Plenum wurde als problematisch angesehen. Als nützlich wurde es auch angesehen, dass der Mediator die Erstellung einer Struktur und deren Bewertung den Parteien als Hausaufgabe aufgibt. Gruppe 4 hatte Probleme mit der Wortwahl Mediatorentyp, sah jedoch keine Beschränkung auf bestimmte Mediatorengruppen. 6. Meine Erkenntnisse zum Einsatz dieses Instrumentes in der Mediation Die Arbeitsgruppen haben die generelle Nützlichkeit dieses Instrumentes anerkannt. Entscheidend ist somit nicht, ob dieses Instrument, sondern vielmehr wie es eingesetzt werden soll. Wichtig erscheint mir, dass dieses Instrument nicht zu früh eingesetzt wird, um den Focus nicht zu schnell auf die rechtliche Seite einzuengen und damit zu verhindern, dass alle Konfliktpunkte insbesondere auch die Beziehungskonflikte thematisiert werden. In der Wirtschaftsmediation ist jedoch in den überwiegenden Fällen Streit über die Verteilung von Geld festzustellen. Damit einher geht der Streit über die rechtliche Beurteilung von Verträgen, Schadensereignissen etc. Die Ausstiegsvariante aus der Mediation ist somit in diesen Fällen der Prozess. Dessen Erfolgsaussichten beziehen die Parteien in ihre Überlegungen ein. Der Mediator steht vor der Aufgabe, den Überoptimismus der Parteien im Wege des sog. Reality-Checks zu relativieren. Bei Verhärtung der Positionen in einer Wirtschaftsmediation wenn also die Züge mit zunehmendem Tempo, angeheizt durch die Anwälte, wieder aufeinander zu fahren - hilft nur noch das vertrauliche Einzelgespräch zur Überprüfung der Ausstiegsvariante auf deren realen Gehalt. Hierfür ist das beschriebene Instrument der Prozessrisikoanalyse sehr zielführend, da an Hand einer Struktur für alle Beteiligten - d.h. Anwälte, Unternehmensvertreter, technische und kaufmännische Fachbereiche nachvollziehbar die Unsicherheitspunkte identifiziert und bewertet werden können. Hieraus lässt sich dann ein Erwartungswert unter Einbeziehung der Verfahrenskosten ableiten. Mir ist kein anderes Verfahren bekannt, dass einem konkreten Angebot (in Geld) einen Vergleichswert (ebenfalls in Geld) gegenüberstellen kann. Weitere Differenzierungsmöglichkeiten wie Einbeziehung von Transaktionskosten, Abzinsung, Cashflow etc. sind möglich, so dass die

8 Partei und deren Vertreter mit Unterstützung des Mediators ihre realisierbare Best Alternative To Negotiated Agreement (BATNA) erarbeiten können. Nützlich hierfür ist es m.e., wenn es in den vorhergehenden Plenarsitzungen dem Mediator gelingt, die Parteien gemeinsam mit ihren Anwälten die Struktur nebst Quantifizierung des Wertes jedes Szenarios einer Risikoanalyse erarbeiten zu lassen. Dies trägt schon zur Versachlichung bei, betraut die Anwälte mit ihnen vertrauten Aufgaben und ermöglicht es den Parteien, im Einzelgespräch sich nur noch auf die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines unsicheren Ereignisses zu konzentrieren. Statt nur um Zugeständnisse in einem Gesamtbetrag zu feilschen, können die Parteien ermutigt werden, Kompromisse schon bei Unsicherheitspunkten (Ansatz von Wahrscheinlichkeiten) zu finden, ohne sich gleich auf das hieraus folgende Ergebnis zu fixieren. Auch dies ist eine Objektivierung im Sinne des Harvard-Konzeptes. Dies kann die Einigung erleichtern bzw. erst ermöglichen. Last but not least ist die Prozessrisikoanalyse auch geeignet, ein in der Verhandlung erreichtes Ergebnis gegenüber den Entscheidungsträgern einer Partei (Vorstand, Aufsichtsrat etc.) zu begründen und dort auch zu vertreten. Auch dies kann es den Parteien ermöglichen, einer Verhandlungslösung zuzustimmen. Resümee Der Einsatz der Prozessrisikoanalyse ist nützlich zur Bewältigung von Komplexität. Sie ermöglicht es den Parteien, ihre sog. Beste Alternative zu erarbeiten und kann sie somit vor einigungshinderndem Überoptimismus bewahren. Entscheidend ist jedoch die Art und Weise ihres Einsatzes.