Also sehen sich die meisten Verbraucher bei dem Vergleich des effektiven Jahreszinses auf der sicheren Seite.



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Von der Schwierigkeit, eine Bausparfinanzierung (vorfinanzierter Bausparvertrag) mit einem klassischen Tilgungsdarlehen (Annuitätendarlehen) zu vergleichen oder wo der effektive Jahreszins versagt. Der effektive Jahreszins nach Preisangabenverordnung (PangV) soll dem Verbraucher die Möglichkeit geben, unterschiedliche Darlehensangebote auf einen Blick objektiv zu vergleichen. Stellt Bank A einen Effektivzins von 2,32% vor und Bank B bei ansonsten identischen Kriterien (Darlehenssumme, Laufzeit, Zinsfestschreibung, etc.) einen von 2,25%, dann ist Bank B der Vorzug zu geben. Der effektive Jahreszins erfüllt seine Funktion dadurch, dass in ihm Zusatzkosten wie eine Bearbeitungsgebühr (jüngst vom BGH gekippt), ein Disagio (wird in der heutigen Zeit nur noch selten angeboten und nachgefragt) sowie die Fristen der Ratenzahlung enthalten sind. Letzteres ist übrigens der Grund dafür, dass selbst ein Darlehen ohne Bearbeitungsgebühr, Disagio oder sonstige einmalige Kosten einen effektiven Jahreszins ausweist, der leicht über dem Sollzinssatz (früher Nominalzinssatz) liegt, weil man als Darlehensnehmer den in den laufenden Raten enthaltenen Zinsanteil im Großteil etwas zu früh an die Bank zahlen muss. Also sehen sich die meisten Verbraucher bei dem Vergleich des effektiven Jahreszinses auf der sicheren Seite. Doch Vorsicht! Der effektive Jahreszins versagt bei Darlehensmodellen, bei denen die Rückführung (Tilgung) nicht direkt, sondern indirekt erfolgt. Anstatt ein Darlehen nämlich sukzessive in Form laufender Raten (mit wachsendem Tilgungsanteil) zurückzuzahlen, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, ein Darlehen zunächst gar nicht zurückzuzahlen, also nur laufend Zinsen zu entrichten, und es stattdessen auf einen Schlag zu tilgen. Als sogenannte Tilgungsersatzinstrumente kommen dabei grundsätzlich Kapitalvermögen Zuwendungen oder Erbschaften Kapitalbildende Lebens / Rentenversicherungen Bausparverträge in Frage. Einfaches Beispiel: Für einen Dachgeschossausbau werden 40.000 Kreditmittel benötigt. Da in 7 Jahren eine Lebensversicherung mit einem Garantiewert von 50.000 fällig wird, kann das benötigte Darlehen damit zielsicher getilgt werden und die Ratenbelastung während der 7 Jahren deutlich reduziert werden, wenn das Darlehen bis dahin nicht getilgt wird und folglich nur Zinsen zu entrichten sind. 1

Grundsätzlich gilt es zu unterscheiden, ob, wie in dem vorgenannten Beispiel, ein Vermögenswert, mit dem ein Darlehen zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen Schlag getilgt werden soll, bereits vorhanden ist, oder ob dieser Vermögenswert erst noch angespart werden muss. Entscheidet man sich dafür, ein Darlehen zunächst tilgungsfrei zu belassen und dieses stattdessen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer erst noch anzusparenden Geldanlage zu tilgen, so macht diese Konstellation nur dann Sinn, wenn die Verzinsung der Geldanlage ggf. nach Abzug der Kapitalertragssteuer höher ausfällt als der Darlehenszins. Beispiel: Es wäre ein verlockendes Angebot, wenn eine Bank ein Immobiliendarlehen mit beispielsweise 10 jähriger Sollzinsbindung zu einem Zinssatz von 2,0% effektiv anbietet und dem Kunden die gleichzeitige Möglichkeit einräumt, einen Ratensparplan mit einem garantierten Zinssatz von 4,0% abzuschließen. Selbst nach Abzug der Kapitalertragssteuer bliebe hier eine Nettorendite von rd. 2,9%, d.h. man bekommt für sein Geld mehr Zinsen, als man anderseits für sein Darlehen bezahlen muss. Beispiel: Darlehenssumme: 100.000 Zinsfestschreibung: 10 Jahre Sollzinssatz: 2,00% anfänglicher Tilgungssatz: 3,00% Modell A: Annuitätendarlehen Modell B: Tilgung durch parallel abgeschlossenen Sparplan Monatsrate (Zins & Tilgung): 416,67 Monatsrate: 416,67 davon Zins: 166,67 zzgl. Sparplan: 250,00 Restschuld nach 10 Jahren: 100.000./. Sparguthaben (4% Verzinsung): 36.799 Restschuld nach 10 Jahren: 66.820 Restschuld nach Verrechnung: 63.201 So schön der hier errechnete Restschuldvorteil i.h.v. 3.619 auch sein mag, so unrealistisch ist dieses Beispiel, da eine Sparanlage mit einer Garantieverzinsung von 4,0% zuletzt zu Zeiten am Markt verfügbar war, wo Hypothekenzinsen bei 6,0% und mehr lagen (zudem wurde der Einfachheit halber die Kapitalertragssteuer nicht berücksichtigt). Es gibt halt immer ein Zusammenspiel von Schuld und Habenzinsen, und Schuldzinsen liegen grundsätzlich über den Habenzinsen. Sonst könnte man sich ja auch endlos verschulden und das Geld mit höherem Ertrag wieder anlegen, damit wäre der Lebensunterhalt in Form einer Gelddruckmaschine gesichert Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass diese Konstellation bei bereits seit längerer Zeit bestehenden Lebens / Rentenversicherungen tatsächlich auftreten kann, wenn diese Produkte in einer Zeit hoher Garantieverzinsung (teilweise bis zu 4% vor Kosten, z. B. Ende der 90er Jahre) abgeschlossen wurden und damit auch noch von der steuerfreien Auszahlung profitieren. Hier kann es ggf. tatsächlich vorkommen, dass die Rendite des fortgeführten Vertrages deutlich über dem der Immobilien 2

finanzierung liegt und zudem steuerfrei ist, weshalb es dann sinnvoll sein kann, diesen Vertrag fortzuführen, anstatt ihn zu kündigen und den Rückkaufswert als Eigenkapital einzubringen (siehe http://www.finanzierungsmathematik.de/#lebensversicherung_rendite_restlaufzeit_berechnen). Es liegt auf der Hand, dass das gezeigte Beispiel keinen Vorteil für die endfällige Tilgung durch einen parallel abgeschlossenen Sparvertrag aufweist, wenn mit realistischer Guthabenverzinsung (z. B. 0,5%) gerechnet wird: Darlehenssumme: 100.000 Zinsfestschreibung: 10 Jahre Sollzinssatz: 2,00% anfänglicher Tiulgungssatz: 3,00% Modell A: Annuitätendarlehen Modell B: Tilgung durch parallel abgeschlossenen Sparplan Monatsrate (Zins & Tilgung): 416,67 Monatsrate: 416,67 davon Zins: 166,67 zzgl. Sparplan: 250,00 Restschuld nach 10 Jahren: 100.000./. Sparguthaben (0,5% Verzinsung): 30.769 Restschuld nach 10 Jahren: 66.820 Restschuld nach Verrechnung: 69.231 Wie zu erwarten war, stellt man sich im Modell der endfälligen Tilgung durch den hier schlecht verzinsten Sparplan deutlich schlechter; insgesamt schuldet man der Bank nach 10 Jahren noch 2.411 mehr als im klassischen Tilgungsmodell. Und damit sei nun die Brücke zum Modell des vorfinanzierten Bausparvertrages gebaut: Der Bausparvertrag in seiner klassischen Form funktioniert kurz gesagt in Form eines 2 phasigen Ablaufs: Nach Abschluss des Bausparvertrages wird zunächst Guthaben angespart. Dieses kann in Form einmaliger Einzahlungen oder laufender Raten geschehen oder auch in Kombination beider. Beispiel: monatliche Besparung eines Bausparvetrages, Monatsrate 300,00. Bausparsumme: 100.000 einmalige Abschlussgebühr: 1,0% / mtl. Verzinsung: 0,25% / keine Kontoführungsgebühr Sparzeit: 11 Jahre, Summe der Sparzahlungen 39.600 (132 Monate à 300,00 ). Sparguthaben nach 10 Jahren: ca. 39.117 Wie man sieht, liegt hier das Endguthaben 483 unter der Summe der Sparleistungen, d.h. man spart in diesem Beispiel mit einer negativen Verzinsung (konkret 0,22% p.a.). Der Grund hierfür liegt in der zu Beginn des Vertrages abzuführenden Abschlussgebühr (hier 1.000 ). 3

Als reine Sparanlage ist dieser Beispielvertrag also unattraktiv. Allerdings bietet der Bausparvertrag zum Ende der Sparzeit das vertraglich zugesicherte Recht auf ein Bauspardarlehen zu einem bereits heute garantierten Zinssatz. Die Höhe des Darlehens fällt in der heutigen Tarifwelt der Bausparkassen sehr unterschiedlich aus. In der ursprünglichen Form eines Bauspartarifs ermittelt sich der Darlehensanspruch aus der Differenz der Bausparsumme und des Sparguthabens: Bausparsumme: 100.000./. Sparguthaben: 39.117 möglicher Darlehensanspruch bei Zuteilung (Sparzeitende): 60.883 Nehmen wir einmal an, die Bausparkasse definiert in ihrem Tarif den Darlehensanspruch wie folgt: Darlehenszins (Sollzins) 2,40% monatlicher Zins und Tilgungsbeitrag: 500,00 In diesem Fall ergibt sich eine Darlehenslaufzeit von rd. 11 Jahren und 8 Monaten. Der Bausparkunde weiß also bereits heute, dass ihm in 11 Jahren ein Immobiliendarlehen zu diesen Konditionen zur Verfügung steht, wenn er zuvor seine regelmäßige Sparleistung erbringt. Da bei Abschluss des Bausparvertrages eine Abschlussgebühr anfällt (in diesem Beispiel in Höhe von 1,0% = 1.000 ), muss diese nach Preisangabenverordnung in den effektiven Jahreszins des Bauspardarlehens Eingang finden. Daher wird dieser im genannten Beispiel mit rd. 2,65% deutlich höher ausfallen als der Sollzins von 2,40%. Bis dahin ist die Welt des effektiven Jahreszinses insofern mathematisch in Ordnung. Nun ist es aber in der Praxis für den Kunden wenig hilfreich, sich wie im Beispiel gezeigt in 11 Jahren einen Darlehensanspruch zu sichern, wenn der Immobilienerwerb bereits heute ansteht. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass sich auch die Bausparkassen das große Geschäftsfeld der Sofortfinanzierung erschließen möchten. Und dabei bedienen sie sich folgender Methode: Der Zeitraum bis zur Zuteilung des Bausparvertrages (in unserem Beispiel in 11 Jahren) wird einfach dadurch überbrückt, indem man dem Bausparkunden ein sogenanntes Vorausdarlehen anbietet. Dieses beinhaltet in aller Regel einen bis zur Zuteilung garantierten Zinssatz und ist tilgungsfrei, weil es dann bei Zuteilung des Bausparvertrages mit der Gesamtauszahlung aus diesem abgelöst wird. Wie im vorausgegangenen Beispiel demonstriert, setzt sich diese Gesamtauszahlung aus dem Sparguthaben (hier 39.117 ) und dem Darlehensanspruch (hier 60.883 ) zusammen. Um den Effekt der rein mathematisch falschen (juristisch aber einwandfreien!) Angabe des effektiven Jahreszinses zu demonstrieren nehmen wir im Beispiel einmal an, dass auch das Vorausdarlehen zu einem Sollzinssatz von 2,40% angeboten wird: Darlehensbetrag: 100.000 Zinsfestschreibung: bis zur Zuteilung des Bausparvertrages (11 Jahre) mtl. Rate (nur Zinsen): 200,00 4

Schaut man sich das Modell nun im Gesamten an, ergibt sich folgende Situation: Finanzierungsbetrag: 100.000 Phase I Vorfinanzierungsphase: Zinssatz des Vorausdarlehens (Sollzins): 2,40% Zinssatz des Vorausdarlehens (anfänglich effektiv): 2,43% mtl. Ansparrate Bausparvertrag: 300,00 mtl. Zinsrate Bausparvertrag: 200,00 Gesamtrate monatlich: 500,00 Phase II Tilgungsphase des zugeteilten Bausparvertrages: Zinssatz Bauspardarlehens (Sollzins): 2,40% Zinssatz des Bauspardarlehens (anfänglich effektiv): 2,65% monatliche Zins und Tilgungsrate: 500,00 Schuldenfreiheit erreicht nach insgesamt: 22 Jahren und 8 Monaten Tatsächlich hat man es hier mit einem Finanzierungsangebot zu tun, bei dem während der gesamten Laufzeit kein Zinsanpassungsrisiko besteht, denn zunächst ist der Zinssatz der Vorausfinanzierung festgeschrieben und danach schließt sich ja das Bauspardarlehen an, dessen Zinssatz ja ebenfalls bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrages garantiert ist. Bei der Betrachtung des Zinssatzes heißt es hingegen: Vorsicht Falle! Auf den ersten Blick hat man es hier sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase mit einem identischen Sollzinssatz von 2,40% zu tun. Wie bereits dargelegt ist der Effektivzinssatz des Bauspardarlehens dennoch höher, weil sich in diesem die 11 Jahre zuvor gezahlte Abschlussgebühr wiederfindet. Da die Vorfinanzierungsphase (Phase I) mit 11 Jahren grob gerechnet ähnlich lang ist wie die Tilgungsphase (Phase II), könnte man sich nach der Pi Mal Daumen Methode den effektiven Jahreszins in diesem Modell also grob als Mittelwert von 2,43% und 2,65% erschließen; dies wäre ein Zinssatz von 2,54% effektiv. Wer jetzt nicht aufpasst und nachrechnet, stellt obiges Angebot nun womöglich mit folgenden Eckdaten in den Wettbewerb seiner Angebotssuche: Darlehensbetrag: 100.000 Festschreibungszeit: 22 Jahre und 8 Monate (=volle Darlehenslaufzeit) effektiver Jahreszins: 2,54% Trifft man nun zufälligerweise auf ein Angebot für ein klassisches Annuitätendarlehen mit einem identischen Zinssatz von 2,54% effektiv was einem Sollzins von 2,51% entspricht der ebenfalls für die gesamte Darlehenslaufzeit garantiert ist, stellt man verblüffenderweise fest, dass dieses bei identischer Rate von 500,00 monatlich aber nicht, wie das gezeigte Bausparbeispiel, 22 Jahre und 8 Monate bis zur vollständigen Entschuldung benötigt, sondern nur 21 Jahre und 8 Monate! 5

Wie aber kann es sein, dass bei offensichtlich identischem effektiven Jahreszins und identischer Rate eine um ein Jahr differierende Laufzeit herauskommt? Die Tatsache, dass der Effektivzins bei dem Bausparmodell als Mittelwert nach der Pi Mal Daumen Methode errechnet wurde erklärt wohl kaum diese drastische Differenz immerhin zahlt man im Bausparbeispiel rund rd. 12 zusätzliche Raten à 500, also 6.000. Sucht man nach einem klassischen Annuitätendarlehen, das bei einem Darlehensbetrag von 100.000 und einer Monatsrate von 500 zu einer Gesamtlaufzeit von 22 Jahren und 8 Monaten führt, ermittelt sich tatsächlich ein Sollzins von 2,86%, was einem effektiven Jahreszins von 2,90% entspricht. Es mag zunächst verwirren, dass die Hintereinanderschaltung von 2 Darlehen im Bausparbeispiel, die Effektivzinssätze von zunächst 2,43% und dann 2,65% aufweisen, in ein Gesamtmodell mit einem Effektivzinssatz von 2,90% münden. Doch hier schließt sich nun der Kreis mit dem Blick auf die anfänglich illustrierten Darlehensmodelle, bei denen statt einer laufenden Tilgung in einen parallel abgeschlossenen Sparvertrag eingezahlt wird: Wie anfänglich zu sehen war, macht ein parallel abgeschlossener Sparvertrag nur Sinn, wenn dessen Verzinsung höher ist als der parallel zu zahlende Darlehenszins. Leider findet sich so ein Wunschmodell in der Praxis nicht; wie gesagt, man könnte damit ja auch unendlich reich werden. Es liegt in der Natur vorfinanzierter Bausparverträge, dass in der Vorfinanzierungsphase (Phase I) eben statt einer Tilgungsleistung ein Sparbeitrag des Bausparers geleistet wird. In dem Beispiel liegt dessen Verzinsung aber mit 0,22% sogar im negativen Bereich. Während man nun in diesem Modell einerseits den Sollzinssatz i.h.v. 2,40% durchgehend auf die Darlehenssumme von 100.000 entrichtet (es wird ja in dieser Phase nichts getilgt) stellt man andererseits der Bausparkasse sein Guthaben zu einer Negativverzinsung zur Verfügung. Dieses schlechte Geschäft wird deutlich zum Ende der Vorfinanzierungsphase: Im gezeigten Beispiel hat der Bausparer nach 10 Jahren ein Guthaben von 39.117 erreichet, während andererseits noch die volle Schuld i.h.v. 100.000 in den Büchern steht. Verrechnet beträgt die Verbindlichkeit damit 60.883. Hätte man hingegen ein Annuitätendarlehen mit einem identischen Sollzinssatz von 2,40% (effektiv 2,43%) und einer identischen Monatsrate von 500 (was einem anfänglichen Tilgungssatz von 3,60% entspricht) abgeschlossen, hätte man seine Restschuld bereits auf 54.732 herunter getilgt. Bei identischer Monatsbelastung steht man sich also identischer Zinssatz unterstellt über 5.000 besser! 6

Ist damit das Modell vorfinanzierter Bausparvertrag prinzipiell teurer als ein klassisches Annuitätendarlehen? Nicht unbedingt. Es kommt, wie so oft im Leben, auf den Einzelfall an. Durchaus kann es sein, dass trotz der ermittelten Differenz zum dargestellten Effektivzinssatz eine Bausparkasse unter dem Strich ein attraktives Finanzierungsangebot stellt. Auch eine Kombination aus beiden Darlehensmodellen kann manchmal eine attraktive Lösung sein. Kommt darüber hinaus eine Förderung nach Wohn Riester (auch Eigenheimrente genannt) in Betracht, muss man zur Kenntnis nehmen, dass sich die Bausparkassen hier deutlich breiter aufgestellt haben als Banken in Form klassischer Annuitätendarlehen. Unabdingbar bei vorfinanzierten Bausparmodellen ist aber stets die Ermittlung des Vergleichszinssatzes zur Tilgungshypothek (auch Gesamtzinssatz genannt). Wird dieser nicht automatisch im Finanzierungsangebot einer Bausparkasse zur Verfügung gestellt, sollte er aktiv vom Kunden nachgefragt werden, denn nur dieser ist maßgebend. Es ist zweifelsfrei ein Vorteil, dass bei dem Bausparmodell kein Zinsanpassungsrisiko besteht. Gleichwohl muss dieser augenscheinliche Vorteil vor dem Hintergrund bewertet werden, dass zunehmend auch klassische Tilgungsdarlehen mit bis zu 30 Jahren Zinsbindungszeit am Markt erhältlich sind. Online Rechner: http://www.finanzierungsmathematik.de/#bausparfinanzierung_oder_tilgungsdarlehen Rechtliche Hinweise: Diese Ausführungen dienen der allgemeinen Erörterung des Problems Vergleichbarkeit des vorfinanzierten Bausparvertrages mit einem klassischen Tilgungsdarlehen. Die herangezogenen Zinssätze und Parameter der Beispiele sind allesamt unverbindlich und nicht als Darlehensangebot zu verstehen. Vervielfältigung gleich welcher Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors. Haftungsausschluss: Die Ausführungen beinhalten keine Handlungsempfehlung und ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung. Sie sollen zudem keinesfalls als pauschale Bewertung für oder gegen das Finanzierungsmodell vorfinanzierter Bausparvertrag verstanden werden. Für inhaltliche Fehler (auch Berechnungsfehler) wird keine Haftung übernommen. Genderhinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit des Textes wurde hier die männliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts. Frauen und Männer mögen sich von den Inhalten dieser Ausführung gleichermaßen angesprochen fühlen. Hinweise zum Autor: Karsten Schiefelbein CREATiVA Finanzmakler GmbH Richard Wagner Str. 42 45128 Essen Tel. 0201 2688 90 / Fax 0201 2688 80 baufinanzierung@creativa.de www.creativa.de (Impressum http://www.creativa.de/content/impressum) 7