Stellungnahme zum Entwurf einer Verlautbarung über die Vermittlung von Anteilen an Investmentfonds durch Angestellte eines Versicherungsunternehmens Konsultation 05/2013 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht VA 52-I 5005-2013/0002 Die deutschen Versicherer halten die Vermittlung von Investmentanteilen durch Angestellte eines Versicherungsunternehmens nicht für versicherungsfremdes Geschäft. Die Ersetzung der Verlautbarungen des BAV in VerBAV 1991, 302 sowie die Ergänzung in VerBAV 1993, 154 durch den vorliegenden Entwurf wird abgelehnt. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5420/-5421/-5318 Fax: +49 30 2020-6422 51, rue Montoyer B - 1000 Brüssel Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 Ansprechpartner: Wolfgang Marzin Ralf Bolle Außendienst und Maklerfragen E-Mail: vertrieb@gdv.de
Inhaltsverzeichnis 1. Unmittelbarer Zusammenhang mit Versicherungsgeschäft... 3 2. Das Kriterium des zusätzlichen finanziellen Risikos... 4 2.1. Haftungsrisiko aus Falschberatung... 5 2.1.1. Vermittlung in Bereichsausnahme des 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG.. 5 2.1.2. Vermittlung als vertraglich gebundener Vermittler i. S. d. 2 Abs. 10 KWG... 6 2.2. Weitere Risiken... 7 3. Verhältnismäßigkeit... 7
Im Einzelnen möchten wir Folgendes anmerken: Die Vermittlung von Investmentanteilen durch Angestellte eines Versicherungsunternehmens ist kein versicherungsfremdes Geschäft i. S. v. 7 Abs. 2 VAG. Neben dem Versicherungsgeschäft, das auch fondsgebundene Lebensund Rentenversicherungen umfasst, vermitteln Versicherungsunternehmen regelmäßig als Annex überwiegend in geringem Umfang auch Investmentanteile über Angestellte. Die Betroffenen sind entweder im Werbeaußendienst oder als Spezialisten zur fachlichen Unterstützung der selbstständigen Versicherungsvertreter angestellt. Die Versicherungsunternehmen vermitteln dabei über ihre Angestellten a. ausschließlich im Rahmen der Bereichsausnahme des 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG Investmentanteile von Kapitalanlagegesellschaften, die entweder zum selben Konzern wie die Arbeit gebenden und zugleich haftenden Versicherungsunternehmen gehören oder mit diesen Versicherern kooperieren, oder b. als sogenannte vertraglich gebundene Vermittler i. S. v. 2 Abs. 10 KWG unter der Haftung eines Einlagenkreditinstituts. 1. Unmittelbarer Zusammenhang mit Versicherungsgeschäft Die vorstehenden Tätigkeiten stehen in dem von 7 Abs. 2 Satz 1 VAG geforderten unmittelbaren Zusammenhang mit dem Versicherungsgeschäft: Investmentanteile sind schon den Produkten der Personenversicherung zum Teil immanent. Insbesondere bei der fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung erfolgt der Ansparprozess über Investmentanteile. Im Übrigen hat auch die BaFin noch Anfang 2013 gegenüber der IHK Wuppertal die Auffassung vertreten, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zum Versicherungsgeschäft bestehe, da Investmentfonds eine typische Wiederanlagemöglichkeit für die Versicherungssumme darstellten (vgl. zu diesem Thema auch Eilert, in: Handbuch des Versicherungsaufsichtsrechts, 5 Rn. 87 bei wirtschaftlich funk- Seite 3 / 7
tionaler Betrachtung). Daher dürften Versicherungsunternehmen auch nach der Änderung des 7 Abs. 2 VAG grundsätzlich weiterhin Investmentanteile vermitteln. Vor diesem Hintergrund erscheint die aktuelle Begründung, wonach der Gesetzgeber im Jahr 2009 die Vorschrift des 7 Abs. 2 VAG erweitert habe und damit ausdrücklich verschärfen wollte, zweifelhaft. Ziel der Erweiterung des 7 Abs. 2 VAG im Jahr 2009 war es, bisher lediglich aus dem Verbot des Betreibens versicherungsfremder Geschäfte hergeleitete Grundsätze (Kreditaufnahmeverbot, weitgehendes Verbot des Derivateeinsatzes) zu kodifizieren. Das Verbot versicherungsfremder Geschäfte sollte nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers lediglich konkretisiert werden, um die Rechtssicherheit zu erhöhen (so explizit in der Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucks. 16/12783, S. 18 zu 7 Abs. 2 VAG). Eine Verschärfung war mit der Neuregelung nicht geplant. Mit in die Überlegungen einzubeziehen ist zudem, dass im Zuge der Umsetzung der Solvency II-Rahmenrichtlinie in deutsches Recht 7 Abs. 2 VAG nach diesseitiger Auffassung zu ändern ist. Denn die Richtlinie folgt in diesem Bereich dem Prinzip der Vollharmonisierung. Der deutsche Gesetzgeber dürfte demnach nicht von den Vorgaben der Richtlinie abweichen. Diese sieht ein weniger strenges und detailliertes Verbot des Betreibens versicherungsfremder Geschäfte vor als es derzeit in 7 Abs. 2 VAG enthalten ist. Vor diesem Hintergrund ist die jetzt geplante Verschärfung des Verbots durch die BaFin nicht nachvollziehbar und widerspricht den europäischen Vorgaben. 2. Das Kriterium des zusätzlichen finanziellen Risikos Zudem ist es fragwürdig, wenn sich die BaFin auf 7 Abs. 2 Satz 4 VAG beruft, da die Vorschrift bei wortlautgemäßer, strenger Anwendung den Versicherungsunternehmen jedes andere Geschäft als das originäre Versicherungsgeschäft verbieten würde. Eine solch strenge Handhabung würde 7 Abs. 2 Satz 1 VAG widersprechen, wonach Geschäfte erlaubt sind, die mit dem Versicherungsgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang stehen. 7 Abs. 2 Satz 4 VAG wird daher auch nicht als echter Rechtsbefehl, sondern lediglich als Betonung der Vorschrift des 7 Abs. 2 Satz 1 VAG angesehen (vgl. Kaulbach in: Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann, VAG, 2012, 7 Rn. 35). Seite 4 / 7
Die eingangs beschriebenen Tätigkeiten sind de facto auch mit keinem zusätzlichen finanziellen Risiko verbunden, das die Annahme eines versicherungsfremden Geschäfts rechtfertigen würde. Mit 7 Abs. 2 VAG sollen die Versicherungsunternehmen vor Gefahren aus versicherungsfremden Geschäften geschützt werden, um Rückwirkungen auf die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen auszuschließen (VerBAV 1991, 302; Präve, Das Verbot versicherungsfremder Geschäfte in: FS für Helmut Schirmer, Karlsruhe 2005). 2.1. Haftungsrisiko aus Falschberatung 2.1.1. Vermittlung in Bereichsausnahme des 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG Im Regelfall (vgl. oben a.) vermitteln die Versicherungsunternehmen über ihre Angestellten Investmentanteile auf Grundlage eines Handelsvertretervertrages i. S. v. 84 Abs. 1 HGB im Auftrage einer Kapitalanlagegesellschaft ausschließlich im Rahmen der Bereichsausnahme des 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG. Sie werden damit als Stellvertreter im Pflichtenkreis der Auftrag gebenden Kapitalanlagegesellschaft tätig. Für das Versicherungsunternehmen gelten gem. 6 GewO nicht die Pflichten des neuen Finanzanlagenvermittlerrechts und gem. 2a Abs. 1 Nr. 7 WpHG nicht die vergleichbaren Pflichten des WpHG. Das Versicherungsunternehmen hat jedoch gem. 5 Abs. 3 InvG im Rahmen der Anlageberatung die Pflichten der Kapitalanlagegesellschaft u. a. zur Durchführung einer Geeignetheits- bzw. Angemessenheitsprüfung, Offenlegung von Zuwendungen, Beratungsprotokollierung gem. 31 bis 31b, 31d sowie die 33 bis 34a WpHG zu erfüllen. Im Falle eines etwaigen Beratungsfehlers durch einen Angestellten des Versicherungsunternehmens haftet damit die Kapitalanlagegesellschaft, die zugleich regelmäßig das Versicherungsunternehmen im Innenverhältnis von der Haftung freistellt. Ein zusätzliches finanzielles Risiko durch Haftung bei fehlerhafter Beratung ist daher nicht zu befürchten. Da die Versicherungsunternehmen Investmentanteile nur im Rahmen der Bereichsausnahme des 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG vermitteln, sind sie außerdem nicht befugt, sich bei der Erbringung dieser Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Anteilen von Kunden zu verschaf- Seite 5 / 7
fen. Die Ausnahmeregelung ist dadurch begründet, dass Investmentanteile stärker als andere Wertpapiere standardisiert sind und die Institute oder Unternehmen, für die die Vermittlung erfolgt, selbst der Aufsicht unterliegen (vgl. Merkblatt Gemeinsames Informationsblatt der BaFin und der Deutschen Bundesbank zum Tatbestand der Anlageberatung vom 13. Mai 2011). Gesetzgeber und auch BaFin gehen also selbst davon aus, dass mit der Vermittlung von Investmentanteilen per se nur geringe Haftungsrisiken verbunden sind, die von den beaufsichtigten Produktgebern getragen werden. In der Praxis zeigen sich die von der BaFin angenommenen häufigeren Haftungsfälle beim Einsatz von Angestellten nicht, weil es sich um einen fachlich sehr gut qualifizierten Personenkreis handelt, der außerdem zumeist für einen selbstständigen Vermittler verkaufsunterstützend tätig wird. Dieser Umstand dürfte das Haftungsrisiko für das jeweilige Geschäft eher verringern. Ein zusätzliches finanzielles Risiko ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Investmentanteile der Auftrag gebenden Kapitalanlagegesellschaft überwiegend durch selbstständige Versicherungsvertreter vermittelt werden. Für diese gilt 34f GewO uneingeschränkt, u. a. bezüglich der dort geregelten Pflicht zur Absicherung des Haftungsrisikos über eine Versicherung. 2.1.2. Vermittlung als vertraglich gebundener Vermittler i. S. d. 2 Abs. 10 KWG Ein zusätzliches finanzielles Risiko für Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundener Vermittler i. S. d. 2 Abs. 10 KWG (vgl. oben b.) besteht gleichfalls nicht. Ausdrücklich haftendes Unternehmen ist das Einlagenkreditinstitut, welches das Versicherungsunternehmen in das KWG- Vermittler-Register gem. 2 Abs. 10 Satz 6 KWG eingetragen hat. Auch in diesen Fällen ist das Versicherungsunternehmen im Innenverhältnis von der Haftung freigestellt. Seite 6 / 7
2.2. Weitere Risiken Weitere Risiken, die bei der Vermittlung von Investmentanteilen auf die Versicherungsunternehmen entfallen könnten, sind nicht ersichtlich. Da die Versicherungsunternehmen insbesondere nicht Produktgeber und damit Risikoträger werden, entstehen keine Kapitalanlagerisiken oder versicherungstechnischen Risiken. 3. Verhältnismäßigkeit Die Einordnung der Investmentvermittlung durch Angestellte als versicherungsfremdes Geschäft ist schließlich auch unverhältnismäßig. Als milderes Mittel könnte die BaFin z. B. prüfen, ob unter der Maßgabe des neuen Finanzanlagenvermittlerrechts eine risikoangemessene Vermittlung von Investmentanteilen auch durch Angestellte von Versicherungsunternehmen weiterhin möglich ist. Dies würde im Ergebnis auch ein level-playingfield zu Kreditinstituten schaffen, die ihrerseits im Rahmen des 34d GewO Versicherungen vermitteln dürfen. Berlin, 27. Juni 2013 Seite 7 / 7