Seite 1 von 6 Grundsätzlich stellt sich bei Messungen an Blitzschutzanlagen die Frage, was will ich messen? Ausbreitungswiderstand oder Schleifenwiderstand (Niederohmmessung)? Unter Schleifenwiderstand versteht man den Widerstand eines elektrischen Leiters, der vom Leitungsquerschnitt, der Leitungslänge und dem spezifischen elektrischen Widerstand des Leitermaterials abhängt. Der Ausbreitungswiderstand R (Erdübergangswi- A derstand) ist der Widerstand der Erde zwischen dem Erder und einem Bezugserder. Vereinfacht kann man ausführen, dass der Ausbreitungswiderstand angibt, wie gut eine Erdungsanlage den Strom in das Erdreich übertragen und verteilen kann. Der Ausbreitungswiderstand hängt von den Abmessungen des Erders / Erderungsanlage und dem spezifischen Erdwiderstand ab. Der spezifische Bodenwiderstand r E ist der spezifische Widerstand der Erde und wird in Wm angegeben. Der spezifische Bodenwiderstand unterliegt jahreszeitlichen Schwankungen. Folgende Faktoren beeinflussen unter anderem den Ausbreitungswiderstand: - die Eingrabtiefe des Erders (Bild 1) - die Länge des Erders (Bild 2) - der spezifische Bodenwiderstand (Bild 3) Bild 1: Abhängigkeit des spezifischen Bodenwiderstandes r E von der Jahreszeit (ohne Beeinflussung durch Niederschläge) Bild 2: Auswirkung der Länge l des gestreckten Oberflächenerders (m) auf den Ausbreitungswiderstand Beton Moorboden, Torf Ackerboden, Lehm Sandboden feucht Sandboden trocken Erde steinig Kies Kalk Fluß- u. Seewasser Meerwasser 10 100 1000 10000 Bild 3: Spezifischer Bodenwiderstand r E in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Erdreiches
Seite 2 von 6 In der Praxis variiert der Ausbreitungswiderstand in Abhängigkeit von unterschiedlichen Bodenverhältnissen und Jahreszeiten deutlich. Beispiel 1: Eine intakte Erdungsanlage, die keine Mängel aufweist, kann in sandigem Gebiet z.b. einen Widerstand von 16 Ohm aufweisen und in Ackerboden mit großer Feuchtigkeit 2 Ohm. Beispiel 2: Eine intakte Erdungsanlage, die keine Mängel aufweist, kann im Februar einen Ausbreitungswiderstand von z.b. 4 Ohm und im August von 6 Ohm haben. Für die Messung des Ausbreitungswiderstandes stehen nach DIN VDE 0101 (Januar 2000), Anhang N, Abschnitt N 2.1 vier Methoden zur Verfügung, die auch für die Bestimmung des Ausbreitungswiderstandes der Erdungsanlage eines Blitzschutzsystems angewendet werden können: 1. Erdungsmesser (Erdungsmessbrücke) 2. Hochfrequenz-Erdungsmessgerät 3. Strom-Spannungs-Methode mit verhältnismäßig großen Strömen 4. Ermittlung aus den Einzelwiderständen Für Messungen an Blitzschutz-Erdungsanlagen kommt üblicherweise die Messmethode 1 zur Anwendung. Die zu prüfende Erdungsanlage wird dabei gegen Sonde und Hilfserder gemessen (Bild 4). Messrichtung gesehen) betragen, jedoch nicht weniger als 20 m; der Abstand des Hilfserders mindestens das 4-fache, jedoch nicht weniger als 40 m. Die Frequenz der verwendeten Wechselspannung sollte 150 Hz nicht überschreiten. Die normativen Anforderungen (DIN VDE 0101) zur Anordnung von Sonde und Hilfserder lassen sich in dicht bebauten Gebieten häufig nicht realisieren. Bei der Anordnung von Sonde und Hilfserder müssen daher Kompromisse eingegangen werden, die eine genaue Bestimmung des Ausbreitungswiderstandes erschweren. Die gemessenen Ausbreitungswiderstände können je nach Anordnung von Sonde und Hilfserder zu hoch oder zu niedrig ausfallen. Maßgeblich sind die unterschiedlichen Spannungstrichter der zu prüfenden Erdungsanlage und von Sonde und Hilfserder. Befindet sich die Sonde deutlich im Bereich des Spannungstrichters, der durch die zu prüfende Erdungsanlage gebildet wird, sind die gemessenen Ausbreitungswiderstände zu niedrig (Bild 5). Umgekehrt, wenn die Sonde zu nahe am Hilfserder angeordnet wird, sind die gemessenen Ausbreitungswiderstände zu hoch (Bild 6). Bild 5: Der Ausbreitungswiderstand wird zu niedrig gemessen Bild 4: Messung des Ausbreitungswiderstandes gegen Sonde und Hilfserder Der Messaufbau sollte so vorgenommen werden, dass zu prüfender Erder, Sonde und Hilfserder möglichst auf einer Geraden liegen, und zwar so weit auseinander wie möglich. Der Abstand der Sonde vom zu prüfenden Erder sollte mindestens das 2,5-fache der größten Erderausdehnung (in Bild 6: Der Ausbreitungswiderstand wird zu hoch gemessen
12.4 Seite 3 von 6 Nachfolgende Messanordnung verdeutlicht die Auswirkungen der unterschiedlichen Anordnung von Sonde und Hilfserder (Bild 7-9). Mögliche Messungen an einer Blitzschutzanlage gegen Sonde und Hilfserder zeigen die nachfolgenden Bilder 10 und 11. Bild 7: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 20 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 0,18 W Bild 10: Messung des Ausbreitungswiderstandes der Erdungsanlage gegen Sonde und Hilfserder Bild 8: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 8 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 0,95 W Bild 11: Messung des Widerstandes von Fangleitungen, Ableitungen und Ausbreitungswiderstand der Erdungsanlage In der Regel kann der Ausbreitungswiderstand nicht mit einer Erdungsmesszange gemessen werden. Mit der Erdungsmesszange werden Widerstandsschleifen in Blitzschutz- und Potentialausgleichsanlagen gemessen. Bild 9: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 4 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 6,43 W Bild 12: Mit der Erdungsmesszange kann der Ausbreitungswiderstand in der Regel nicht gemessen werden.
12.4 Seite 4 von 6 Bild 15: Tiefenerder 1 Messung des Ausbreitungswiderstandes mittels Erdungsmessbrücke gegen Sonde und Hilfserder = 19,8 Wm (richtiger Wert) Bild 13: Messprinzip der Erdungsmesszange: mit der Messzange, die in ihrem Messkopf je eine Generatorund Empfängerspule enthält, ist die Messung des Widerstandes einer Schleife möglich Nachfolgendes Beispiel soll die zuvor gemachten Aussagen verdeutlichen. 15 m Erderanordnung Bild 14: Erderanordnung für Beispielmessungen Zwei Tiefenerder, Länge je 3,0 m, wurden in 15 m Abstand in das Erdreich getrieben. Die Widerstandswerte wurden für folgende Messanordnungen ermittelt: Nr. Messung Messmethode Bild 17: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 - Messung des Ausbreitungswiderstandes mittels Erdungsmessbrücke gegen Sonde und Hilfserder = 12,74 Wm (richtiger Wert) Bild 18: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 - Messung des Schleifenwiderstandes mittels Erdungsmessbrücke = 51,2 W (falscher Wert) Widerstand Bild 1 Tiefenerder 1 Messung des Ausbreitungswiderstandes mittels Erdungsmessbrücke gegen Sonde und Hilfserder 19,80 W 15 2 Tiefenerder 2 Messung des Ausbreitungswiderstandes mittels Erdungsmessbrücke gegen Sonde und Hilfserder 31,30 W 16 3 Tiefenerder 1 Messung des Ausbreitungswiderund 2 parallel standes mittels Erdungsmessbrücke geschaltet gegen Sonde und Hilfserder 12,74 W 17 4 Tiefenerder 1 Messung des Schleifenwiderstan und 2 parallel des mittels Erdungsmessbrücke geschaltet 51,20 W 18 5 Tiefenerder 1 Messung des Schleifenwiderund 2 parallel standes mittels Erdungszange geschaltet 34,80 W 19 Bild 16: Tiefenerder 2 Messung des Ausbreitungswiderstandes mittels Erdungsmessbrücke gegen Sonde und Hilfserder = 31,3 Wm (richtiger Wert) Bild 19: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 Messung des Schleifenwiderstandes mittels Erdungsmesszange = 34,8 W (falscher Wert)
Seite 5 von 6 Für die Funktion einer Blitzschutzanlage spielt die Messung des Schleifenwiderstandes von Erdungsleitungen, Ableitungen und Fangleitungen eine größere Rolle, als die exakte Bestimmung des Ausbreitungswiderstandes. Zu hohe Kontaktwiderstände in Verbindungsstellen, Unterbrechungen oder zu geringe Leiterquerschnitte können im Falle eines Blitzeinschlages die Funktionsfähigkeit des Blitzschutzsystems negativ beeinflussen oder zu großen Schäden führen. Nachfolgende Messbeispiele verdeutlichen sinnvolle Messanordnungen. Beispiel 1: Messung zwischen Erdeinführungen (Bild 20 und 21). R = Widerstand der Erdungsanlage E R = Widerstand der Ableitung A R = Widerstand der Fangeinrichtung F R = gemessener Widerstand Beispiel 2: Messung zwischen den Ableitungen (Bild 22 und 23). Bild 20: Messung des Schleifenwiderstandes zwischen Erdeinführungen Bild 22: Messung zwischen Ableitungen Bild 21: Schleifenmessung zwischen Erdeinführungen, Ersatzschaltbild Bild 23: Schleifenmessung zwischen Ableitungen, Ersatzschaltbild
Seite 6 von 6 Beispiel 3: Messung zwischen Erdeinführung und Ableitung (Bild 24 und 25). Beispiel 4: Einsatz von Erdungsmesszangen (Bild 26 und 27). Auch bei dem Einsatz von Erdungsmesszangen sind Situationen möglich, bei denen fehlerhafte Verbindungen in Schleifen nicht immer erkannt werden. Bild 24: Messung zwischen Erdeinführung und Ableitung Unterbrechungen Bild 26: Schleifenmessung mit der Erdungsmesszange, die Fehlerstellen werden nicht erkannt Es kann kein Messstrom fließen Bild 25: Schleifenmessung zwischen Erdeinführung und Ableitung, Ersatzschaltbild Bild 27: Schleifenmessung mit der Erdungsmesszange, durch die veränderte Anordnung der Messzange kann die Fehlerstelle erkannt werden