Medizin, Recht, Ethik



Ähnliche Dokumente
Patientenverfügung. Was versteht man genau unter einer Patientenverfügung? Meine persönliche Patientenverfügung

micura Pflegedienste München/Dachau GmbH

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Die letzten Tage und Stunden

micura Pflegedienste Köln

Charta Palliative Care. Grundsätze der palliativen Behandlung und Betreuung im Kanton Schwyz

Vinzenz Pallotti Hospital Bensberg Die Palliativstation

Grundsätze für die Begleitung von Sterbenden

Was sind die Gründe, warum die Frau, der Mann, das Paar die Beratungsstelle aufsucht?

Elternzeit Was ist das?

Vertragsärztliche Tätigkeit eine berufsrechtsfreie Zone?

Spezialisierte. versorgung. Ambulante Palliativ. Ein Angebot des Palliative Care Teams Düsseldorf

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Home Care Berlin e.v. Beratung und Förderung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV)

Palliative Care im Clienia Bergheim. Leben bis zuletzt

Meinungen zum Sterben Emnid-Umfrage 2001

Bevölkerungsrepräsentative Umfrage. Die letzte Lebensphase Auseinandersetzung mit Krankheit, Leid und Sterben

Ein neues System für die Allokation von Spenderlungen. LAS Information für Patienten in Deutschland

20 Anhang Antrag auf Frühförderung

micura Pflegedienste München Ost

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Brustkrebs und Mammographie

S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:

Gefährlich hohe Blutzuckerwerte

Befragt wurden Personen zwischen 14 und 75 Jahren von August bis September Einstellung zur Organ- und Gewebespende (Passive Akzeptanz)

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

Patientenverfügung - und ihre Bedeutung für alle Beteiligten

Reizdarmsyndrom lindern

Gemeinsam. Alters- und Pflegewohnheim Klinik Lindenegg

Klinisch-Therapeutisches Institut Hamburg

Sterben in Deutschland Wissen und Einstellungen zum Sterben

S T I F T U N G S A T Z U N G

KEINE REANIMATION! LEBEN SOLANGE DAS LEBEN LEBENSWERT IST KLARE BOTSCHAFT

Was denken die Deutschen über drohende Pflegebedürftigkeit und assistierten Suizid?

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Soziales und Gesundheit

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

Mein Leitbild. Dr. Christian Husek

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

Liebe Eltern, liebe Erziehungsberechtigte,

Kreativ visualisieren

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

Jeder ist ein Teil vom Ganzen Inklusion ändert den Blick

inklusive Familienschutz

Rück vergütung für Krankheits kosten und Behinderungs kosten

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Serienbrieferstellung in Word mit Kunden-Datenimport aus Excel

Statuten in leichter Sprache

Diabetes mellitus : Folgeschäden

Teilnahme-Vertrag. Der Teilnahme-Vertrag gilt zwischen. dem Berufs-Bildungs-Werk. und Ihnen. Ihr Geburtsdatum: Ihre Telefon-Nummer:

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Lebensqualität im Leben und im Sterben

Vertrag zwischen. der AOK Berlin - Die Gesundheitskasse - und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV)

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Lehrer: Einschreibemethoden

HPCV-Studie: Hospizliche Begleitung

Wärmebildkamera. Arbeitszeit: 15 Minuten

Chemotherapie -ein Bilderbuch für Kinder

Das Recht auf gesundheitliche Versorgung ein Menschenrecht!

Satzung der Stadt Bad Doberan über die Erhebung von Verwaltungsgebühren und Auslagen. (Verwaltungsgebührensatzung)

KinderPlus. Mit KinderPlus wird Ihr Kind zum Privatpatienten im Krankenhaus.

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

krankenversicherung Kooperation der Knappschaft mit dem Grönemeyer Institut für MikroTherapie in Berlin

Das Gewissen Sekundarstufe 1 2 Std.

Begleitung von Eltern in der Trauerverarbeitung

Die Pflegeleistungen. Das ändert sich ab 1. Januar Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

Ihre Informationen zum neuen Energieausweis.

Kommunaler Betreuungs- Verein Mannheim e.v.

Vertrag. nach 112 Abs. 2 Nr. 5 SGB V. -Nahtloser Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation-

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Markenvertrag. zwischen der. Gebäudereiniger-Innung Berlin. - Innung - und. dem Innungsmitglied. - Markenmitglied - 1 Zweck der Kollektivmarke

Vertrag Nr. : 176. Anlage Preisvereinbarung für die Versorgung im Bereich der aufsaugenden Inkontinenz

Leistungen für Demenzpatienten

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Mitteilung nach 28 Abs. 4 VVG über die Folgen bei Verletzungen von Obliegenheiten im Versicherungsfall

Euthanasie - Sterbehilfe

Dialog Ethik. Patientenverfügung. Patientenverfügung. igaltern/projekt/ethik/patverf. Seite 1 von 12

Christian Zahn. Perspektive der Krankenversicherung. bei der Präsentation des Sonderpostwertzeichens. 100 Jahre Reichsversicherungsordnung

1. Wie ich mein eigenes Leben und Sterben sehe

Kyudojo Kiel e. V. Japanisches Bogenschießen

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

... zu wissen. bestens betreut. zu sein. VORSORGE & VERSICHERUNG I.P. VORSORGE UND VERSICHERUNG bei Unfall, Krankheit und Verdienstausfall

Schweizer wollen Sterbehilfe durch den Arzt Klare Mehrheit möchte Sterbehilfe laut Studie liberalisieren aber Sterbetourismus verbieten

Im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden usw.) Im Bereich der Ernährung (Aufnahme oder Zubereitung der Nahrung)

Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz - PflegeZG)

Der BeB und die Diakonie Deutschland fordern: Gesundheit und Reha müssen besser werden. So ist es jetzt:

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Darum geht es in diesem Heft

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

Kinderhaus Westendstraße Westendstr. 8 a Bad Aibling Tel.: 08061/5839 (Hort/Leitung) 08061/3126 (Kindergarten)

Anregung zur Einrichtung einer Betreuung (rechtlichen Vertretung)

ratgeber Urlaub - Dein gutes Recht

78 Prozent der Deutschen wollen kein Genfood. Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FORSA für SLOW FOOD Deutschland. 19.

Baufinanzierung mit Wohnriester

1. Weniger Steuern zahlen

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

1 Einleitung. Lernziele. automatische Antworten bei Abwesenheit senden. Einstellungen für automatische Antworten Lerndauer. 4 Minuten.

Transkript:

Medizin, Recht, Ethik zwischen Konflikt und Kooperation 17./18. März 2010 Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen Dr. Thomas Binsack, München

Aufgabe des Arztes ist es, unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten, Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen. Die ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung besteht jedoch nicht unter allen Umständen. Es gibt Situationen, in denen sonst angemessene Diagnostik und Therapieverfahren nicht mehr indiziert sind, sondern Begrenzung angeboten sein kann. Dann tritt palliativmedizinische Versorgung in den Vordergrund. Grundsätze BÄK z. ärztl. Sterbebegleitung 1999

Die Moral verlangt keine Therapie um jeden Preis. Außerordentliche oder zum erhofften Ergebnis in keinem Verhältnis stehende aufwendige und gefährliche medizinische Verfahren einzustellen, kann berechtigt sein. Man will dadurch den Tod nicht herbeiführen, sondern nimmt nur hin, ihn nicht verhindern zu können. Die Entscheidungen sind vom Patienten selbst zu treffen, falls er dazu fähig und imstande ist, andernfalls von den gesetzlich Bevollmächtigten, wobei stets der vernünftige Wille und die berechtigten Interessen des Patienten zu achten sind. Katechismus der Kath. Kirche, 2278, 1993.

Selbst wenn voraussichtlich der Tod unmittelbar bevorsteht, darf die Pflege, die man für gewöhnlich einem kranken Menschen schuldet, nicht abgebrochen werden. Schmerzlindernde Mittel zu verwenden, um die Leiden des Sterbenden zu erleichtern selbst auf die Gefahr hin, sein Leben abzukürzen, kann sittlich der Menschenwürde entsprechen, falls der Tod weder als Ziel noch als Mittel gewollt, sondern bloß als unvermeidbar vorausgesehen und in Kauf genommen wird. Die Betreuung des Sterbenden ist eine vorbildliche Form selbstloser Nächstenliebe; sie soll aus diesem Grund gefördert werden. Katechismus der Kath. Kirche, 2279, 1993

Lebensverlängernde Maßnahmen in unterschiedlichen Situationen Akute Erkrankung Akute Erkrankung im Rahmen einer fortschreitenden unheilbaren Krankheit Palliative Chirurgie im fortgeschrittenen Stadium einer Erkrankung Das Leben eines Schwerkranken ist abhängig von künstlichen lebensverlängernden Maßnahmen

Endphase einer Erkrankung nicht heilbares Grundleiden schwere Begleitsymptome Sekundärerkrankungen Versagen von Organen Beeinträchtigung des Bewusstseins fehlender Lebenswille hohe Wahrscheinlichkeit der Irreversibilität

Lebensverlängernde Maßnahmen Reanimation Künstliche Beatmung Künstliche Niere: Dialyse Zytostatische Chemotherapie Antibiotika Chirurgische Eingriffe Bluttransfusionen Ernährung und Flüssigkeit

Entscheidungskriterien zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen Medizinische Indikation Therapie erreicht nicht ihren intendierten Effekt (z. B. die Fortführung der zytostatischen Chemotherapie trotz fortschreitender Erkrankung): Therapie verlängert nur den Sterbevorgang Patientenwille voluntas aegroti suprema lex : jeder medizinische Eingriff gegen den (mutmaßlichen) Willen ist Körperverletzung Verhältnismäßigkeit Lebensverlängernde Maßnahmen sind dann kontraindiziert, wenn sie mehr Schaden als Nutzen verursachen. Nach D. J. Roy, 1997

Paradigmenwechsel von der Ethik der Lebensverlängerung um jeden Preis hin zur Beachtung der Würde und der Qualität des Lebens und der Selbstbestimmung. nach D. J. Ray 1997

Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen sollten in der klinischen Umgebung am Bett des Patienten und nicht vor Gericht getroffen werden. David J. Roy

Meine Aufgabe ist es, mich um die Gesundheit des Patienten zu kümmern. Es gibt Zeiten, in denen es im Interesse der Gesundheit liegt zu sterben. Es ist nicht gesund, das Sterben hinauszuziehen. Cicely Saunders