Zum primären Verletzungsmechanismus bei Beschleunigungsverletzung



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Transkript:

Review Zum primären Verletzungsmechanismus bei Beschleunigungsverletzung Margarete Keller D.O. 1, Anne Bischoff D.O. 1, Brigitte Sarita Schwerla D.O. 1 Abstract: Die Diagnostik und Therapie von Beschleunigungsverletzung ("Wiplash Injury") ist nach wie vor nicht befriedigend geklärt. Vor allem, wenn bereits Strukturdefekte vorliegen, begleitet von einer klinisch auffälligen Instabilität, bringt die bisherige Behandlungsmethode der Manipulation, wenn nur kurzfristig Entlastung. Auf Dauer kann diese form der therapeutischen Intervention nicht nur nicht mehr wirksam sein (Therapieresistent), es können sogar sekundäre Symptome neurologischer Art wie Schwindel, Übelkeit, Konznetrationsstörungen etc. auftreten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit der diagnostischen Abgrenzung zwischen reinen Weichteilüberdehnungen und irreversiblen Strukturdefekten der Halswirbelsäule (HWS) gibt, die ggf. eine besser auf die Ursache abgestimmte differenziertere Behandlung möglich machen könnte. Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden. Hintergrund Unfallgeschehen der Beschleunigungsverletzung Das häufigste und die Ligg. alaria am meisten betreffende Unfallgeschehen ist der Heckaufprall eines Fahrzeugs auf ein anderes. In der Literatur finden sich dazu vornehmlich Beiträge, die sich mit der typischen Situation eines angeschnallten Fahrers mit Kopfstüütze beschäftigen. Im Folgenden sollen nur die Traumaabfolgen auf die HW S-Strukturen beschrieben werden. Kopf- und rumpfwärts durch Fortleitung entstehender Schäden, die von vielen Osteopathen oft diagnostiziert und beschrieben werden, finden hier keine Erwähnung. 2, 6 Bei der Beschleunigungsverletzung ist nicht wie früher beschrieben, die Hyperextension der HWS der primäre Verletzungsmechanismus, sondern eine Hypertranslation des Kopfes nach hinten. 25 Dabei entsteht eine schädigende Hyperflexion der oberen HWS, besonders des medialen C1/C2-Gelenkkomplexes. Man kann sich die Bewegung wie eine "Kinn-Ein- Stellung" vorstellen. Diese erzwungene Bewegung übersteigt in ihrem Ausmaß den physiologischen Bewegungsumfang. Die betreffenden Gelenkkapseln und Ligamente können dabei überdehnt werden, es entsteht eine zuerst akute, dann potenziell chronische ligamentäre 8, 23, 25, 32 Instabilität der oberen HWS. Anatomie und Biomechanik Voraussetzung für die weiteren Betrachtungen ist ein differenziertes Verständnis der Biomechanik der oberen HWS (C0 - C3), wobei die Vorstellung älterer Werke wie Kapandji 18, White/Panjabi 33 oder Rauber/Kopsch 26 als überholt angesehen werden müssen. Form von C3 Die Gelenkverbindung C2/C3 wird häufig als der Beginn der "mittleren HWS" betrachtet, charakterisiert durch gleiche Morphologie- und Kinematikmerkmale dieser Segmentteile 21, obwohl sich die Gelenkverbindung C2/3 von den folgenden HWS-Segmenten deutlich unterscheidet. 5, 28 Der wichtigste Unterschied ist dabei, dass der superiore Gelenkfortsatz von C3 nicht nur nach oben und hinten zeigt, sondern auch um ungefähr 40 nach medial gedreht steht. 22 Die biomechanische Konsequenz daraus ist, dass sich C2 auf C3 bei der lateralen Flexion nicht zur Seite der Rotation neigt, sondern zur Gegenseite. Dies ist auch eine Erklärung für

die angebliche "Zwangsrotation" des Axis auf C3, die überall beschrieben und zu unrecht mit der Bandspannung der Ligg. alaria begründet wird. Anatomie der Ligg. alaria Nach früheren anatomischen Beschreibungen sollen die Ligg. alaria eine Verbindung zum Foramen magnum und den Okziputkodylen haben 26, 29, 33, 34 Neueste Erkenntnisse von Dvorak/ Panjabi 10 zu den Ligg. alaria belegen jedoch, dass zusätzlich eine Querverbindung zu den Massaelaterales des Atlas besteht. Funktion der Ligg. alaria Die Ligg. alaria setzen der axialen Rotation C0/C1 auf C2 Widerstand entgegen 7 und fungieren so als Bremse für das anteriore Gleiten des Atlas 14. Unterstützt wird diese Bremsfunktion durch das Lig. transversum atlantis. Laterales Gleiten con C1 auf C2 4 bedeutet stärkste Beanspruchung der Ligg. alaria. (28) Bei der Rotation und Flexion, eine physiologisch seltene Bewegung, sind die Bänder ihrer stärksten Beanspruchung ausgesetzt, was bei Beschleunigungsverletzungen zu Überdehnung und Ruptur führen kann. Biomechanik des C0-C3-Komplexes Die folgende Beschreibung der Biomechanik im C0-C3-Komplex stützt sich wesentlich auf eine Review von Bogduk/ Mercer 5. C0/C1: Die Verbindung des Atlanto-Okzipitalgelenks ist beim lebenden Menschen so straff, dass sie nur Nickbewegungen, d.h. Flexion/ Extension zulässt. Biomechanische Konsequenz: im Gelenk C0/ C1 finden nur Flexion und Extension statt. C0/ C1 auf C2: Während der vordere Atlasbogen um den Dens axis rotiert, gleitet er zur homolateralen Seite. Diese Bewegung ist meistens an eine Extension gekoppelt, manchmal auch an eine Flexion. Dies hängt von der vertikalen Belastung des Kopfes auf die C1/ C2- Gelenke ab. Biomechanische Konsequenz: Die Rotation von C0/ C1 auf C2 ist meistens an eine Extension gekoppelt. 5 Diagnostik In der Diagnostik steht die Frage nach der Abgrenzung zwischen reiner Weichteilüberdehnung und Strukturdefekt im Zentrum. Neueste Untersuchungsmethoden wie die offene Kernspintomographie ermöglichen funktionelle Erkenntnisse am lebenden Patienten, die früher so nicht möglich waren, insbesondere: Solange die Ligg. alaria intakt sind, findet bei der Rotation des Atlas keine Dislokation statt. 5 Solange die Ligg. alaria und das Lig. transversum atlantis intakt sind, kommt es beim anterioren Gleiten des Atlas zu keiner Dislokation auf dem Axis. 14 Beim gesunden Menschen beträgt der Bewegungsausschlag der axialen Rotation con C0/ C1 auf C2 ca. 43 zu jeder Seite. Dies Aussage begründet verlässlich, dass 56 als oberster Grenzwert für die Rotation angenommen werden kann. Oberhalb dieses Wertes liegt wahrscheinlich eine pathologische Hypermobilität mit einer Ruptur des kontralateralen Lig. alare vor. 12 Reichen diese Aussagen aber aus, um eine Diagnose zu stellen? Potenziale und Limitationen diagnostischer Verfahren Dvorak/ Panjabi 12 stellen fest, dass Verletzungen der Ligg. alaria nach Beschleunigungsverletzung schwer zu diagnostizieren sind, nicht zuletzt weil auf einem Röntgenbild eine Instabilität in der Rotation selten zu sehen ist. Vor 1997 war es insgesamt kaum möglich, einen klinischen Verdacht auf diese Verletzung zuverlässig zu bestätigen.

Daraus folgt auch, dass die die Tests der Ligg. alaria und des Lig. transversum atlantis, die in manualtherapeutischen Büchern zu finden sind, schwerlich valide sein können. Es bleibt zudem meist unberücksichtigt, dass sich eine Hypermobilität der HWS hinter einer klinisch apparenten Hypermobilität verbergen kann. 3 1997 gelang es Volle und Montazem 31 zum ersten Mal Kopfgelenkbänderverletzungen mittels einer dynamischen Funktions-MRT-Untersuchung nachzuweisen. Sie fanden bei der Untersuchung von 95 Patienten mit Verdacht auf eine Verletzung der Kopfgelenkbänder vier Rupturtypen: Typ I komplette Ruptur Typ II inkomplette Ruptur (langstreckige Strukturläsion mit Narbenbildung) Typ IIb inkomplette Ruptur (narbige Auftreibung, intraligamentäre Faserruptur) Typ III zentrale intraligamentäre Strukturveränderung, einseitig oder beidseitig) Sie stellen bei diesen Patienten folgende Symptomliste in absteigender Häufigkeit auf: Rüttelschmerz, Instabilitätsgefühl Zervikozephalgien (Nacken- und Kopfschmerzen) Leistungsminderung Konzentrationsstörungen Schwindel Sehstörung, periorbitaler Symptomenkomplex Tinnitus Parästhesien, Brachialgien Fallneigung Übelkeit, Erbrechen (nur bei Typ II) Schlafstörungen (nur bei Typ III) Dvorak/ Panjabi 10,27 beschreiben zusätzlich eine vergrößerte Rotationsamplitude zwischen C0/C1 auf C2 sowie eine Steigerung der Translationsbewegung zwischen Atlas und Axis bei der lateralen Flexion. Auch eine Reduktion des Blutstroms der gegenüberliegenden A. vertebralis durch die vorhandene Hypermobilität ist beschrieben 13, potenzielle Ursache für Symptome wie Schwindel und Benommenheit 12 bzw. Schmerz und zervikalen Nystagmus. 16,17 Konsequenzen für manualtherapeutisch tätige Therapeuten In der Literatur wurden keine spezifisch osteopathischen oder manualtherapeutischen Tests zur Diagnostik von Instabilitäten der oberen HWS gefunden. Besonders schwierig erscheint eine Befunderhebung auch deshalb, weil eine Hypermobilität durch eine Hypermobilität überdeckt sein kann (sieh oben), beide aber auch unabhängig voneinander auftreten können. Die Behandlung dieser Befunde unterscheidet sich aber grundsätzlich voneinander, da eine Hypermobiliät nicht manipuliert werden darf, weshalb beim Auftreten von oben genannten Symptomen eine offene MRT-Untersuchung indiziert und zu fordern ist. Therapie In der Literatur findet man unterschiedlichste Aussagen zur adäquaten Behandlung von Beschleunigungsverletzungen. So resümiert Barnsley, es gebe noch keine Nachweise, dass irgendeine der derzeit praktisierten Behandlungsoptionen bei chronischen Schmerzen erfolgreich sei, folglich sei bis auf weiteres auch keine Option empfehlenswert. 1

Demgegenüber machen andere Autoren konkrete Vorschläge für die Behandlung der Instabilität der oberen HWS. So haben z.b. Morrahrend 24, Grifka 15 und Klein 20 Behandlungskonzepte entwickelt, die sich auf die C0- bis C3-Problematik beziehen. Morrahrend 24 und Klein 20 etwa schlagen vor, die Behandlungsschritte zeitlich wie folgt abzustufen: 1. Woche: Eine komplette Analgesie, kurzfristige Ruhigstellung der 3-5 Tage, (Zervkiaklstütze). 2.-3. Woche: Lymphdrainage und isometrische Spannungsübungen. 4.-5. Woche: Mobilisationsbehandlung des thorakozervikalen Übergangs. 6. Woche: segmentale Mobilisation des okzipitozervikalen Übergangs. Erst nach der fünften bis sechsten Woche empfehlen sie je nach Befund eine entsprechende chirotherapeutische Behandlung der Bewegungsstörungen im Bereich der mittleren Halswirbelsäule bzw. im bereich der Kopfgelenke. Diese entspricht etwa dem Zeitpunkt, zu dem das akute bzw. subakute Geschehen im Abklingen ist und von der passiven Behandlung in die Aktive Behandlung übergeleitet wird. Grifka et al. 15, die ein ähnliches Behandlungsprotokoll definiert haben, halten zusätzlich bei funktioneller Instabilität eine temporäre Ruhigstellung für zwingend erforderlich, z.b. durch halskrause mit Kopffassung und Schulterjoch. Die Zeitdauer richtet sich dabei nach dem Verletzungsausmaß. Bereits in der Ruhephase plädieren sie aber für isometrisch stabilisierende Krankengymnastik, wenn möglich. Bei strukturellen Verletzungen mit neurologischer Problematik und/ oder Instabilität wird primär eine stationäre Behandlung empfohlen. Behandlungserfahrungen der Autoren Die von uns gemachten Erfahrungen 19 bestätigen, dass die oben genannten Behandlungsvorschläge als Grundgerüst übernommen werden können. Zusätzlich bietet die osteopathische Behandlung eigene Ansätze. So gibt es Techniken, die integrierend wirken und daher schon in der Akutphase ausgeführt werden können, z.b. die Arbeit mit dem kraniosakralen Rhythmus. Bedacht werden sollte, dass jede mobilisierende osteopathische Arbeit, die die HWS beeinflusst, dem Patienten subjektiv seine - wenn auch pathologische - Stabilität nimmt. Sie sollte daher in der Regel in der Akutphase nicht durchgeführt werden (dazu gehört z.b. auch die Arbeit am Viszerum). Nach unserer Erfahrung hat sich eine beratende Begleitung des Patienten vor allem bei starken Traumen und Hypermobilität als sehr wichtig herausgestellt. Der Patient muss wissen, dass man seine Pathologie versteht und ihn nicht als Simulanten abstempelt. Die Kenntnis des eigenen Krankheitsbildes und damit verbunden ein adäquates Verhalten wirken sich stabilisierend auf den Alltag aus. Dei Beratung beinhaltet u.a. in Anlehnung an Klein-Vogelbach 30 folgende Punkte: 2 Jahre keine maximale Rotation keine Bauchlage Ruhebedürfnis nachgeben Phasenweise Tragen von thorakozervikaler Halsstütze sich keinen Rüttel- Schüttelbewegungen aussetzen Sport auf dem Hometrainer Haltungsschulung Fazit

Die Berücksichtigung der anatomischen und biomechanischen Verhältnisse und die Einbeziehung differenzialdiagnostisch unabdingbarer moderner Verfahren können wesentlich dazu beitragen, akute Beschleunigungsverletzungen besser einzuordnen und die Behandlung gezielter darauf abstimmen. 1 Euoropäische Colleg für Osteopathie COE München und Akademie für Osteopathie Literaturverzeichnis: 1. Barnsley L, Lord S, Bogduk N. Wiplash injury. Clinical Review. Pain 1994;283-307. 2. Barral JP, Croibier A. Trauma an osteopathic approach [Übersetzung]. Seattle: Eastland Press; 1999. 3. Baumgartner H. Symptomatologie, klinische Diagnostik und Therapie der funktionellen Störung. Orthopäde 1991;20:127-32. 4. Bogduk N, Major GAC, Carter J. Lateral subluxation of the atlas in rheumatoid arthritis: a case report and post-mortem study. Ann Rheum Dis 1984;43:341-6. 5. Bogduk N, Mercer S. Biomechanics of the cervical spine. I: Normal kinematics [Review paper]. Clinical Biomechanics, Elsevier Science Ltd. 2000;15:633-48. 6. Cisler TA. Whiplash as a total-body injury. Clinical Practice. JAOA 1994 Febr;94(2):145-8. 7. Crisco JJ, Oda T, Panjabi MM, Bueff HU, Dvorak J, Grob D. Transections of the C1- C2 joint capsular ligaments in the cadaveric spine. Spine 1991;16:S474-9. 8. Davis CG. Injury threshold: whiplash-associated disorders. Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 2000 Jul-Aug;23(6): 420-7. 9. Dvorak J., MM. Panjabi. Biomechnaik des Schleudertraumas. Orthopäde 1998 10. Dvorak J, Panjabi MM. Functional Anatomy of the Alar Ligaments. Spine 1987;12(2):183-9. 11. Dvorak J, Panjabi MM, Gerber M, Wichmann W. CT-functional diagnostics of the rotatory instability of the upper cervical spine: 1. An experimental study on cadavers. Spine 1987 a;12:197-205. 12. Dvorak J, Hayek J, Zehnder R. CT-functional diagnostics of the rotatory instability of the upper cervical spine: 2. An evaluation on healthy adults and patients with suspected instability. Spine 1987 b;12:726-31. 13. Fielding JW. Cineroentgenography of the normal cervical spine. J Bone Joint Surg 1957;39A:1280-8. 14. Fielding JW, Cochran GVB, Lawsing JF, Hohl M. Tears of the transverse ligament of the atlas. J Bone Joint Surg 1974;56A:1683-91. 15. Grifka J, Hedtmann A, Pape HG, et al. Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule. Orthopäde 1998;27:802-12. 16. Hülse M. Differentialdiagnose der Schwindelbeschwerden bei funtionellen Kopfgelenksstörungen und bei vertebrobasilärer Insuffizienz. Zschr HNO 1982;30:440. 17. Hülse M. Die cervicalen Gleichgewichtsstörungen. Heidelberg: Springer Verlag; 1983. 18. Kapandji IA. Funktionelle Anatomie der Gelenke - Band 3 Rumpf und Wirbelsäule. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag; 1985. 19. Keller M, Krause R, Röhl R. Osteopathische Behandlung der chronischen Zervikalgie [Diplomarbeit]. München: COE; 1998. 20. Klein KG. Manuelle Diagnostik zur Sicherung des primären Schadensbildes. [In: Castro WHM, Kügelgen B, Ludolph E, Schröter F (Hrsg). Das Schleudertrauma der

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