Tierärztliche Hochschule Hannover



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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 1 Einleitung... 15 2 Literaturübersicht... 17 2.1 Das Schwein als Versuchstier in der biomedizinischen Forschung... 17 2.2 Verwendung des Schweins als Modelltier bei osteologischen Fragestellungen... 18 2.3 Die Miniaturschweinrasse Mini-LEWE... 20 2.3.1 Quantitative morphologische Untersuchungen am Mini-LEWE... 22 2.4 Knochenwachstum... 24 2.5 Anatomische Grundlagen... 27 2.5.1 Vordergliedmaße... 27 2.5.2 Hintergliedmaße... 29 2.5.3 Vergleiche zum Menschen... 31 2.6 Vermessung von Schweineknochen... 32 2.7 Computertomographie... 35 2.7.1 Computertomographie in der Tiermedizin... 35 2.7.2 Technische Grundlagen... 37 2.7.3 Bildrekonstruktion bei der Spiral-CT... 39

Inhaltsverzeichnis 2.7.4 Bilddarstellung... 39 2.7.5 Multiplanare Reformatierung... 41 2.7.6 Quantitative Computertomographie... 42 3 Material und Methoden... 44 3.1 Versuchstiere... 44 3.1.1 Einteilung in Versuchsgruppen... 45 3.1.2 Tierversuchsanzeige... 45 3.2 Untersuchungsvorbereitung... 45 3.3 Computertomographie... 46 3.3.1 Spezifikation des Computertomographen... 46 3.3.2 CT-Untersuchung... 48 3.4 Multiplanare Reformatierung... 51 3.5 Vermessung der Knochen anhand der CT-Bilder... 54 3.6 Anatomische Präparation... 57 3.7 Vermessung der Knochen mit dem Messschieber... 58 3.8 Statistische Auswertung... 59 4 Ergebnisse... 61 4.1 Methodenvergleich... 61 4.2 Seitenvergleich... 64 4.3 Körpergewicht... 66 4.4 Längenmaße der am CT vermessenen Knochen... 67 4.5 Durchmesser der am CT vermessenen Knochen... 74

Inhaltsverzeichnis 5 Diskussion... 77 5.1 Tiere, Gruppeneinteilung und Versuchsdesign... 77 5.2 Computertomographie... 81 5.2.1 Scanogram... 81 5.2.2 Volumenscan... 82 5.2.3 Multiplanare Reformatierung... 83 5.3 Methodenvergleich... 84 5.4 Seitenvergleich... 86 5.5 Körpergewicht... 86 5.6 Längenmaße und Durchmesser der am CT vermessenen Knochen... 87 5.6.1 Messstrecken... 87 5.6.2 Ergebnisse... 89 5.6.3 Vergleiche mit Maßen anderer Mini-LEWE... 90 5.6.4 Vergleiche mit Maßen anderer Schweinerassen... 93 6 Zusammenfassung... 99 7 Summary... 101 8 Literaturverzeichnis... 103

Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1: Foto eines adulten, weiblichen Mini-LEWE (28 Monate alt, 62 kg KGW)... 22 Abbildung 2.2: Zeichnung des Skeletts der Vordergliedmaße des Schweins, links Ansicht von medial, rechts Ansicht von cranial, HORROWITZ u. KRAMER (1982). 29 Abbildung 2.3: Zeichnung des Skeletts der Hintergliedmaße des Schweins, links: Ansicht von lateral, rechts Ansicht von medial, (HORROWITZ u. KRAMER 1982).. 31 Abbildung 3.1: Schematische Zeichnung des Tomoscan M, seitliche Ansicht; links der Patiententisch, rechts die Gantry mit angedeuteten Neigungswinkeln (MAIER 2005)... 47 Abbildung 3.2: Schematisch Zeichnung des Tomoscan M, frontale Ansicht; im Vordergrund der Patiententisch, im Hintergrund die Gantry (MAIER 2005)... 48 Abbildung 3.3: Lagerung eines narkotisierten Mini-LEWE zur CT-Aufnahme der Vordergliedmaßen; Ansicht von der rechten Seite... 49 Abbildung 3.4: Lagerung eines narkotisierten Mini-LEWE zur CT-Aufnahme der Vordergliedmaßen; Ansicht von vorne durch die Gantry... 49 Abbildung 3.5: Beispiel für ein Scanogram der Vordergliedmaßen... 50 Abbildung 3.6: Beispiel für ein Scanogram der Hintergliedmaßen... 51 Abbildung 3.7: Beispiel eines transversalen Schnittbilds mit eingezeichneter Ebene durch den proximalen Orientierungspunkt, das Caput humeri (Pfeil), zur obliquen MPR... 52 Abbildung 3.8: Beispiel eines transversalen Schnittbilds mit eingezeichneter Ebene durch den distalen Orientierungspunkt, die interkondyläre Gelenkvertiefung des Humerus (Pfeil), zur obliquen MPR... 53 Abbildung 3.9: Beispiel einer MPR des Humerus in der in Abbildung 3.7 und Abbildung 3.8 gezeigten Ebene... 53

Abbildungsverzeichnis Abbildung 3.10: Beispiel der Schichtbilder des Humerus nach durchgeführter MPR 56 Abbildung 3.11: Schematische Darstellung eines Boxplots... 60 Abbildung 4.1: Boxplots der Körpergewichte nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 67 Abbildung 4.2: Boxplots der Länge A des Humerus in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 69 Abbildung 4.3: Boxplots der Länge B des Humerus in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 69 Abbildung 4.4: Boxplots der Länge des Radius in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 70 Abbildung 4.5: Boxplots der Länge der Ulna in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 70 Abbildung 4.6: Boxplots der Länge A des Femurs in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 71 Abbildung 4.7: Boxplots der Länge B des Femurs in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 71 Abbildung 4.8: Boxplots der Länge der Tibia in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 72 Abbildung 4.9: Boxplots der Länge der Fibula in mm getrennt nach Altersgruppen; (p < 0,05) Signifikanter Unterschied zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 72

Abbildungsverzeichnis Abbildung 4.10: Boxplots der Durchmesser des Caput humeri in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 75 Abbildung 4.11: Boxplots der Durchmesser des Caput femoris in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 75 Abbildung 4.12: Boxplots der Durchmesser der Condyli femoris in mm getrennt nach Altersgruppen; Signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben... 76 Abbildung 5.1: Vergleich der Mittelwerte der Länge des B des Humerus, erhoben im Rahmen dieser Arbeit (schwarze Raute) mit jenen von KUNTZE (1994) (grauer Kreis)... 91 Abbildung 5.2: Vergleich der Mittelwerte der Länge der Ulna, erhoben im Rahmen dieser Arbeit (schwarze Raute) mit jenen von KUNTZE (1994) (grauer Kreis)... 91 Abbildung 5.3: Vergleich der Mittelwerte der Länge B des Femurs, erhoben im Rahmen dieser Arbeit (schwarze Raute) mit jenen von KUNTZE (1994) (grauer Kreis)... 92 Abbildung 5.4: Vergleich der Mittelwerte der Länge der Tibia, erhoben im Rahmen dieser Arbeit (schwarze Raute) mit jenen von KUNTZE (1994) (grauer Kreis)... 92

Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1: Zeitpunkt des Epiphysenfugenschlusses an ausgewählten Knochen des Hausschweins modifiziert nach SISSON (1975)... 26 Tabelle 2.2: Messpunkte zur Ermittlung der Knochenlängen modifiziert nach KUNTZE (1994)... 33 Tabelle 2.3: Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (s) für die Länge von Humerus und Ulna in cm modifiziert nach KUNTZE (1994)... 33 Tabelle 2.4: Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (s) für die Länge von Femur und Tibia modifiziert nach KUNTZE (1994)... 34 Tabelle 2.5: Hounsfield-Units (HU) für ausgewählte Gewebe, modifiziert nach KALENDER (2006)... 40 Tabelle 4.1: Gegenüberstellung der Messwerte der Methoden qct und MS nach AG in mm... 62 Tabelle 4.2: absolute und prozentuale Differenzen zwischen den Methoden qct und MS nach AG in mm bzw. %... 63 Tabelle 4.3: Gegenüberstellung der Messwerte der Seiten rechts und links nach AG in mm... 65 Tabelle 4.4: absolute und prozentuale Differenzen zwischen den Seiten rechts und links nach AG in mm bzw. %... 66 Tabelle 4.5: Mittelwerte der Knochenlängen je AG in mm... 68 Tabelle 4.6: Mittelwerte der Knochendurchmesser je AG in mm... 74

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AG Altersgruppe(n) d Tag(e) ca. circa cm Zentimeter CT Computertomograph(ie) DDR Deutsche Demokratische Republik et al. et alii (deutsch: und andere) Fa. Firma g Gramm HU Hounsfield Unit(s) (deutsch: Hounsfield Einheit(en)) kg Kilogramm KGW Körpergewicht kv Kilovolt LFG Lehr- und Forschungsgut ma Milliampere Mio. Million(en) ml Milliliter mm Millimeter MPR multiplanare Reformatierung(en) MS Messschieber n Anzahl Nr. Nummer Proc. Processus qct quantitative Computertomographie σ sek s. siehe sog. sogenannt(e) eingetragenes Warenzeichen Standardabweichung Sekunde

Abkürzungsverzeichnis u. und USA United States of America (deutsch: Vereinigte Staaten x von Amerika) VEG Volkseigenes Gut WL Window Level (deutsch: Fensterzentrum) WW Window Width (deutsch: Fensterweite) x Mittelwert

Einleitung 1 Einleitung Die Tierart Schwein nimmt als Versuchstierart in der humanmedizinischen Forschung einen hohen Stellenwert ein. Dies ist vor allem durch die dem Menschen ähnliche Anatomie und Physiologie begründet (SWINDLE u. SMITH 2008). Unter den 2,9 Mio. im Jahr 2010 in Deutschland eingesetzten Versuchstieren (Wirbeltiere) waren rund 16.000 Schweine. Damit wird diese Tierart nach Nagetieren, Fischen und Vögeln am häufigsten zu Forschungszwecken in Labors eingesetzt (BMELV 2011). Insbesondere bei osteologischen Fragestellungen ist es sinnvoll, auf Schweine als Versuchstiere zurückzugreifen. Sie weisen im Hinblick auf Anatomie, mineralische Zusammensetzung, Heilung und Umbau des Knochens im direkten Vergleich verschiedener Tiermodelle die größte Übereinstimmung zum humanen Knochen auf (PEARCE et al. 2007). Zudem bietet das große Wachstumspotential des suiden Skeletts vielfältige Möglichkeiten zu Untersuchungen (DAVIES u. HENNING 1986). Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Miniaturschweinen (Minipigs) zu, die seit etwa 70 Jahren gezüchtet werden (DETTMERS et al. 1965; PANEPINTO 1996). Ihre im Vergleich zum großwüchsigen Hausschwein geringere Körpergröße bietet viele Vorteile. Ihr Körpergewicht ist dem des Menschen ähnlicher. Sie brauchen weniger Platz, Futter und Medikamente als ihre zur Fleischproduktion gezüchteten, großen Verwandten und sind einfacher im Umgang (VODICKA et al. 2005). Ein Vertreter der Minipigs ist das Mini-LEWE-Miniaturschwein. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der DDR gezüchtet, diente es als Modelltier in verschiedenen Studien (LEUCHT et al. 1982). Osteologische Untersuchungen fanden bisher ausführlich am Gebiss und maxillo-mandibulären Apparat statt (ULRICI et al. 1987; KOPPE et al. 1988; OTTO 1994). Es finden sich in der Literatur aber nur wenige Informationen über das Gliedmaßenskelett des Mini-LEWE. Arbeiten, die dieses Thema behandeln, sind zudem älteren Datums (SEEGER u. GILLE 1990; KUNTZE 1994). 15

Einleitung Die vorliegende Arbeit soll, besonders im Hinblick auf die Relevanz bei osteologischen Fragestellungen in der Humanmedizin, einen aktuellen Überblick über das Wachstum ausgewählter Röhrenknochen des Mini-LEWE verschaffen und somit Basisdaten zur Verfügung stellen, die anderen Arbeiten als Grundlage dienen können. Als Untersuchungsmethode wurde die quantitative Computertomographie als ein modernes, nicht-invasives Verfahren zur Knochenvermessung gewählt. 16

Literaturübersicht 2 Literaturübersicht 2.1 Das Schwein als Versuchstier in der biomedizinischen Forschung Die Tierart Schwein wird seit den 1950er Jahren verstärkt als Modelltier für den Menschen in Tierversuchen eingesetzt und hat sich seitdem als Tiermodell etabliert. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Im Vordergrund steht die Tatsache, dass seine morphologischen und funktionellen Merkmale denen des Menschen in vielen Bereichen sehr ähnlich sind. Insbesondere im Hinblick auf Stoffwechsel, Herz- Kreislauf, Verdauungsorgane, Nieren und Hautbeschaffenheit sind die biologischen Daten von Schwein und Mensch vergleichbar (MARSHALL et al. 1972; BEGLINGER 1975; LEUCHT et al. 1982; OTTO 1994). Ergebnisse aus Studien am Schwein lassen sich daher oft direkt auf den Menschen übertragen. Schweine unterschiedlichster Rassen wurden in den vergangenen 60 Jahren in Versuchslaboratorien und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen in der medizinischen Forschung eingesetzt und stellen heute ein vielseitiges Standardmodell für vorklinische Studien dar (VODICKA et al. 2005; SWINDLE u. SMITH 2008). Die Größe und Körpermasse von normalen Hausschweinen wirken sich jedoch nachteilig auf ihre Haltung in Versuchseinrichtungen aus, da hieraus ein hoher Platzund Futterbedarf resultiert. Auch ist der Umgang mit solch großen und schweren Tieren nicht immer einfach oder ungefährlich. Abhilfe schafft hier die Verwendung von Miniaturschweinen, zumal das Körpergewicht ausgewachsener Miniaturschweine eher mit dem Durchschnittsgewicht eines erwachsenen Menschen übereinstimmt, als das der klassischen Hausschweine (MARSHALL et al. 1972; BEGLINGER 1975). Die anatomischen Strukturen und physiologischen Parameter der Miniaturschweine stimmen weitgehend mit denen des Hausschweins überein (LEUCHT et al. 1982). 17

Literaturübersicht Für den Einsatz in der medizinischen Forschung haben sich unterschiedlichste Rassen von Miniaturschweinen etabliert. Weltweit gibt es diesbezüglich über 50 Rassen, die aber nicht alle als Versuchstiere zum Einsatz kommen (PANEPINTO 1996; SWINDLE u. SMITH 2008). Zurzeit werden überwiegend die Rassen Göttinger Minipig, Yucatan, Hanford, und Sinclair eingesetzt. Aber auch andere Rassen wie das Ossabaw, Banna und das vietnamesische Hängebauchschwein werden als Versuchstiere in klinischen Studien verwendet. All diesen Rassen ist gemeinsam, dass sie der Art Sus scrofa domesticus angehören (SWINDLE u. SMITH 2008). Der genetisch determinierte Zwergwuchs dieser Rassen wurde durch Kreuzung von klassischen und kleinwüchsigen Haus- und Wildschweinrassen und anschließende Selektion auf niedriges Körpergewicht erreicht (BEGLINGER 1975; PANEPINTO 1996). 2.2 Verwendung des Schweins als Modelltier bei osteologischen Fragestellungen SWINDLE und SMITH (1998, 2008) beschreiben, dass das Muskel- und Skelettsystem des Schweins im Gegensatz zu anderen Organsystemen (Herz- Kreislauf, Verdauungsorgane, etc.) noch nicht ausgiebig als Organmodell eingesetzt wurde. Sie führen diese Tatsache darauf zurück, dass das schnelle Wachstum und die gravierenden Gewichtszunahmen von Mastschweinen von anderen Autoren als nachteilig bewertet werden. Eine Fehleinschätzung, wie SWINDLE und SMITH meinen. Sie erachten diese Tatsachen grade als vorteilhaft: Das große Wachstumspotential und die Fähigkeit der Ferkel, sich bereits kurz nach der Geburt selbstständig fortzubewegen, bieten die Möglichkeit, detaillierte Untersuchungen auf diesem Gebiet zu unternehmen (DAVIES u. HENNING 1986). Allerdings erfolgt der Epiphysenfugenschluss der meisten Hausschweinrassen erst im Alter von 3 bis 4 Jahren. Diesbezügliche Untersuchungen würden daher sehr lange dauern, was einen großen Arbeitsaufwand und immense Kosten bedeuten würde (SWINDLE u. SMITH 2008). Ebenso bestätigen PEARCE et al. (2007) zwar eine große 18

Literaturübersicht Übereinstimmung der Knochenstruktur von Mensch und Schwein, geben aber auch zu bedenken, dass die Größe des Schweins ein einfaches Handling erschwert. In dieser Hinsicht bietet dagegen das Miniaturschwein einige offensichtliche Vorteile. Der Epiphysenfugenschluss erfolgt bei Minipigs etwa ein bis zwei Jahre früher als bei Mastschweinrassen (SWINDLE u. SMITH 1998). Während ein Mastschwein von einem Geburtsgewicht von etwa 1 kg bis zur Schlachtreife (über 100 kg) in nur fünf Monaten heranwächst, wiegen Miniaturschweine bei der Geburt nur ca. 500 g und erreichen nur selten ein Endgewicht von 100 kg (SWINDLE u. SMITH 2008). Vielmehr wiegt ein ausgewachsenes Minipig je nach Rasse nur 35 bis 60 kg (PANEPINTO 1996). Für das Göttinger Minipig werden Geburtsgewichte von durchschnittlich 504 g und Gewichte von 24 Monate alten Sauen von 34,4 kg in der weißen (unpigmentierten) Linie bzw. 45,2 kg in der bunten (pigmentierten) Linie angegeben (GLODEK u. OLDIGS 1981). MOUNT und INGRAM (1971) beschreiben, dass Schweine trotz eventuell auftretender Schwierigkeiten bei der Versuchsdurchführung, aufgrund ihrer dem Menschen ähnlichen Physiologie und Pathophysiologie, schon vielfach Modelltiere für Studien an Knochen, Gelenken und Gebiss waren. In diesem Zusammenhang wird das Kiefergelenk des omnivoren Schweins als eines mit dem humanen Kiefergelenk am besten vergleichbares eingestuft (MEISTER et al. 1973). PEARCE et al. (2007) charakterisierten das Schwein im Hinblick auf die Anatomie, Morphologie, Heilung und den Umbau der Knochen als durchaus repräsentativ für den menschlichen Knochen und daher als die Spezies der Wahl bei osteologischen Fragestellungen. Ähnlichkeiten wurden vor allem im Durchmesser und in der Fläche des Femurquerschnitts gefunden. Im Speziellen wurden außerdem die Femurkopfnekrose und Frakturen von Knochen und Knorpeln untersucht und Studien zur Bewertung von Zahnimplantaten am Schwein durchgeführt. GOTTERBARM et al. (2008), setzten Minipigs, in diesem Fall das Göttinger Minipig, zur Erforschung der Heilung von chondralen und osteochondralen Defekten ein. Miniaturschweine werden von BOUCHARD et al. (1996) und RODGERS u. MALLUCHE (1993) als geeignetes Modell für die Erforschung der Osteopenie und Osteoporose 19

Literaturübersicht vorgeschlagen, da sie polyöstrisch, omnivor und von kompaktem Körperbau sind. Ihre Knochen weisen Lamellenstrukturen auf, und der Knochenumbau verläuft wie beim Menschen auf trabeculärer und corticaler Ebene. Allerdings haben die Knochen des Schweins eine größere Masse und ein dichteres trabeculäres Netzwerk als die des Menschen (MOSEKILDE et al. 1987). In Zukunft wird es von großer Bedeutung sein, standardisierte Knochendaten verschiedener Schweinerassen, insbesondere Miniaturschweinerassen, zu etablieren, bevor der Einsatz eines Tiermodells infrage kommt. Weiterhin sollten diese Daten in vorklinischen Studien auf ihre Korrektheit überprüft werden. Die Standarddaten sollten aus Aspekten, die den Knochen selbst betreffen (Knochenlänge, Mineralgehalt des Knochens usw.) und weiteren Angaben, z. B. über Knochenmetaboliten im Blut und im Harn bestehen (TSUTSUMI et al. 2004). 2.3 Die Miniaturschweinrasse Mini-LEWE Die Züchtung des Mini-LEWE begann 1966 in der Außenstelle Lehnitz der Humboldt Universität zu Berlin als Projekt des Bereichs Tierzüchtung und Haustiergenetik in der Sektion Tierproduktion / Veterinärmedizin (SCHWENKE 1998). Später wurde die Zucht nach Wendefeld verlagert. Von den Namen der Zuchtstätten Lehnitz (LE) und Wendefeld (WE) leitet sich der Name des Mini-LEWE ab (LEUCHT et al. 1982). Der Tierpark Berlin-Friedrichsfelde stellte einige Sauen der Rasse Vietnamesisches Hängebauchschwein zur Verfügung. Diese wurden mit einem Eber mit unpigmentierter Haut aus der Kreuzung eines Deutschen veredelten Landschweins (Vater) und eines Sattelschweins (Mutter) verpaart (BUSSE 1967). Anschließend wurden Rückkreuzungen von Tieren mit unpigmentierter Haut und der aus diesen Verpaarungen hervorgegangenen F1-Generation mit Hängebauchschweinen sowie Kreuzungen der F1-Individuen untereinander vorgenommen. Tiere der Rückkreuzungsgeneration wurden anschließend mit den F2-Individuen angepaart. Das 140-Tage-Gewicht der Rückkreuzungsgeneration wurde so auf unter 25 kg Körpergewicht (KGW) reduziert. Nachkommen aus der Verpaarung von Tieren aus der Rückkreuzung mit Schweinen der F2-Generation wiesen noch geringere 20

Literaturübersicht Körpergewichte auf (LEUCHT et al. 1982). Nach 1970 wurde der Bestand aus der Außenstelle Lehnitz in die Versuchsbasis im Schulgut Liebenberg im Kreis Gransee verlagert. Von nun an wurde auf die Einkreuzung weiterer Rassen und auch auf die Rückkreuzung mit Hängebauchschweinen verzichtet. Es wurde ein Rotationspaarungssystem eingeführt, in dem 200 Schweine integriert waren, um ein Ansteigen des Inzuchtkoeffizienten zu vermeiden und der Genverarmung entgegenzuwirken. Weitere Zuchtfortschritte wurden durch strenge Selektion erreicht. Als Zuchtziel galt es, die Kleinwüchsigkeit des Hängebauchschweins mit dem fettarmen Typ und der unpigmentierten Haut- und Borstenfarbe des Landschweins sowie der hohen Fruchtbarkeit des Sattelschweins zu kombinieren (LEUCHT et al. 1982). Es gelang, Tiere mit den gewünschten Eigenschaften des Hängebauchschweins geringer Größenwuchs und hohe Fruchtbarkeit zu erhalten. Zudem konnten durch die Einkreuzung des Hybridebers und durch strenge Selektion unerwünschte Eigenschaften, wie die schieferfarbene Haut, die schwarze oder schwarz-weiß gescheckte Behaarung, die starke Verfettungsneigung, der Hängebauch und der Senkrücken der vietnamesischen Hängebauchschweine, verdrängt werden. Die Rasse zeichnet sich seitdem durch ihre unpigmentierte und somit weiß erscheinende Haut- und Borstenfarbe und kleine Stehohren aus. Ihr Zwergwuchs ist genetisch determiniert, sie ist fruchtbar und frühreif und zeigt ein ruhiges Temperament. Im Rotationspaarungsprogramm konnte das 140-Tage- Gewicht weiter auf 15 kg reduziert werden. Im Alter von einem Jahr wogen die Tiere im Mittel 38,7 kg. Ausgewachsene Zuchttiere erreichten 45-60 kg. Das Mini-LEWE war somit nach dem Göttinger Miniaturschwein das zweitkleinste Miniaturschwein weltweit (LEUCHT et al. 1982). 1975 war das Zuchtziel soweit verwirklicht, dass die gesamte Population als neue Versuchstierrasse der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) dem Volkseigenen Gut (VEG) Wendefeld, einem Vermehrungs- und Produktionsbetrieb im Kreis Wannsee, übergeben wurde. In den 80er Jahren produzierte das VEG Wendefeld jährlich insgesamt etwa 1100 Versuchstiere für die verschiedensten Anwender in der DDR (LEUCHT et al. 1982). 21

Literaturübersicht 1990/91 erfolgte die Einkreuzung eines Ebers der Belgischen Landrasse, um die Fettwüchsigkeit des Mini-LEWE weiter zu reduzieren (SEIFERT u. REISSMANN 1993). So wurde ein Modelltier für die biomedizinische Forschung geschaffen, das in morphologischer Hinsicht eine proportional verkleinerte Form des Hausschweins mit ähnlichen physiologischen Eigenschaften darstellte (GREGOR 1976). Abbildung 2.1: Foto eines adulten, weiblichen Mini-LEWE (28 Monate alt, 62 kg KGW) 2.3.1 Quantitative morphologische Untersuchungen am Mini-LEWE Nachdem die Rasse Mini-LEWE in der DDR anerkannt worden war und die weitere Verpaarung in Reinzucht durchgeführt wurde, wurden verschiedene Untersuchungen angestrengt, um die Rasse quantitativ morphologisch zu beschreiben. 1976 wurden erste Untersuchungen zu Körpermasse, Schlachtkörpermasse und absolutem und relativem Herzgewicht angestellt und Beziehungen zwischen den gefundenen Werten überprüft. Es ergaben sich signifikante Korrelationen von absoluter Herz- zur Körper- und Schlachtkörpermasse sowie von Körper- zu Schlachtkörpermasse. Der 22

Literaturübersicht Mittelwert der relativen Herzmasse betrug 0,314 % des Körpergewichts (LITZKE u. BERG 1976). Im selben Jahr bestätigten BERG et al. (1976) in einer weiteren Arbeit die Beziehungen zwischen Körper- und Schlachtmasse. Weiterhin erfassten sie die Zusammenhänge von Alter, Körperlänge, innerer Schlachtlänge, Rückenspeckdicke, Leber-, Nieren-, Herz-, Milz-, Pankreas-, Nebennieren- und Schilddrüsenmasse mit der Lebendmasse. Für alle Beziehungen konnten annähernd lineare Regressionen festgestellt werden, die durch das relativ hohe Alter der untersuchten Tiere begründet wurden. Die Untersuchungen wurden an 27 Tieren (Sauen und Börge) durchgeführt, die bei einem Alter von 209 bis 1046 Tagen zwischen 24 und 86 kg wogen. Die intensivsten Wachstums- und Entwicklungsprozesse waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Die Ergebnisse zeigten ein konstantes Längenwachstum des Skeletts bis zu einem Alter von zwei Jahren. Bei älteren Tieren war der Längenzuwachs sehr gering. Die Wachstumskurve für Körpermasse und -länge verlief bis zu einem Alter von acht Monaten bzw. 30 35 kg steil, danach nahm sie einen flachen Verlauf an. Bei Tieren über 50 kg bestand zudem der Körpermassezuwachs überwiegend aus Fett. Die Ergebnisse wurden mit denen vom Göttinger Miniaturschwein und Vietnamesischen Hängebauchschwein verglichen. Es zeigten sich weitgehende Übereinstimmungen der Gewichte von Herz und Nieren sowie der Schlachtlänge und der Rückenspeckdicke bei Göttinger Miniaturschwein und Mini-LEWE. Die Masse der Milz war beim Mini-LEWE deutlich schwerer als bei den anderen Rassen (BERG et al. 1976). KUNTZE (1994) untersuchte 51 Mini-LEWE im Alter von einem Tag bis ca. vier Jahren. Er erhob dabei 72 verschiedene Parameter, um das Skelett- und Organwachstum zu beschreiben. Die untersuchten Größen beinhalteten die Gewichte bzw. Längen- und Breitenmaße von Haut, Skelett und Skelettmuskulatur, Blutgefäß- und Lymphsystem, Atmungsapparat, Harnapparat, Verdauungsapparat, Leber, Pankreas, endokrinen Organen, Gehirn und beiden Augäpfeln. Er trug damit dem Vorhaben Rechnung, einen vollständigen Datensatz zum Organwachstum bei Miniaturschweinen von der Geburt bis zum nahezu erreichten Wachstumsmaximum 23

Literaturübersicht zu erstellen. Die Untersuchungen wurden an weiblichen und männlichen kastrierten Schweinen durchgeführt. 2.4 Knochenwachstum Der Ursprung des Knochengewebes liegt, wie das aller Binde- und Stützgewebe, im Mesenchym. Aus mesenchymalen Vorläuferzellen entsteht meist zunächst das Knorpelgewebe, das später durch chondrale Ossifikation zu Knochengewebe (Ersatzknochen) umgebaut wird. Bei einigen Knochen treten auch Belegknochen auf, die direkt aus Mesenchymzellen durch desmale Ossifikation entstehen. Aus beiden Vorgängen geht der Geflechtknochen hervor, der später in Lamellenknochen umgewandelt wird (NICKEL et al. 2004; SCHNORR u. KRESSIN 2011). Ein aus jugendlichem Hyalinknorpel bestehender, solider Stab stellt die Anlage eines Röhrenknochens dar. Er ist, bis auf die spätere Gelenkfläche, vom Perichondrium umgeben. Durch die Aktivität der darunter liegenden Osteoblasten, die Osteoid bilden und später in Osteozyten übergehen, entsteht ein faserreicher Geflechtknochen (perichondrale Ossifikation). Das Perichondrium bildet im Verlauf dieses Prozesses durch andauernde Anlagerung neuer Knochensubstanz eine, die knorpelige Diaphyse des Röhrenknochens umfassende, perichondrale Knochenröhre und wird nun als Periost bezeichnet. Die noch knorpeligen Epiphysen ragen aus ihren Enden heraus. Bei der anschließenden enchondralen Ossifikation wird die knorpelige Diaphyse blasig aufgelöst. In die Grundsubstanz werden zunehmend Kalksalze eingelagert. Dieser Vorgang beginnt zentral und setzt sich zu den Epiphysen hin fort. Durch einsprossende Blutgefäße wandern Chondroklasten, die das Knorpelgerüst auflösen, und Osteoblasten, die Knochenbälkchen entstehen lassen, ein. Die dabei entstehenden Hohlräume bilden die primäre Markhöhle, in der sich das primäre Knochenmark befindet (NICKEL et al. 2004; SCHNORR u. KRESSIN 2011). An den knorpeligen Epiphysen hält das Wachstum durch Zellvermehrung an und die aufquellenden Knorpelzellen lagern sich zu Längsreihen um. So entsteht der 24

Literaturübersicht Säulenknorpel, bei dessen enchondraler Ossifikation die entstehenden Knochenbälkchen Kontakt zum Perichondrium aufnehmen. Der Knochen wächst somit in die Länge, da die Epiphysen durch die ständige Neubildung von Knorpel am Übergang zur Diaphyse auseinandergedrückt werden (NICKEL et al. 2004; SCHNORR u. KRESSIN 2011). Die Epiphysen verknöchern erst im späteren Verlauf, ausgehend von den Epiphysenkernen. Das knorpelige Gewebe wird, bis auf einen schmalen Streifen zwischen Dia- und Epiphyse (Epiphysenfugenknorpel), eingeschmolzen und enchondral ossifiziert. An der Epiphysenfuge schreitet das Längenwachstum des Knochens weiter fort, bis er seine endgültige Länge erreicht. Wie lange das Längenwachstum der Röhrenknochen an den Epiphysenfugen anhält, ist zwischen den Tierarten und auch zwischen den verschiedenen Rassen sehr unterschiedlich. Für das Schwein lassen sich in der Literatur geringfügig unterschiedliche Angaben finden. Zum Zeitpunkt der Geburt sind bei den Nestflüchtern, somit auch beim Schwein, nahezu alle Ossifikationskerne angelegt. Postnatal setzt sich die Verknöcherung durch die Vereinigung der Ossifikationszentren fort. An den Röhrenknochen bleibt der Epiphysenfugenknorpel beim Hausschwein etwa bis zu einem Alter von 3 ½ Jahren bestehen (SCHNORR u. KRESSIN 2011). Dabei differieren die Wachstumszeiträume für die verschiedenen Knochen stark. Die ungefähren Daten lassen sich in Tabelle 2.1 einsehen. 25

Literaturübersicht Tabelle 2.1: Zeitpunkt des Epiphysenfugenschlusses an ausgewählten Knochen des Hausschweins modifiziert nach SISSON (1975) proximale Epiphysenfuge Humerus 3 ½ Jahre 1 Jahr distale Epiphysenfuge Radius 1 Jahr 3 ½ Jahre Ulna 3 bis 3 ½ Jahre 3 bis 3 ½ Jahre Femur 3 ½ Jahre 3 ½ Jahre Tibia 3 Jahre 3 ½ Jahre Fibula 3 ½ Jahre 2 ½ Jahre Für verschiedene Miniaturschweinrassen sind für die Röhrenknochen in der Literatur folgende Daten zu finden: 2 4 Jahre (Hanford), 2 3 Jahre (Yucatan), 1 ½ 2 Jahre (Yucatan Micropig und Göttinger Miniaturschwein) (SWINDLE 2007). Erst wenn das Längenwachstum vollständig abgeschlossen ist, verknöchert auch die Epiphysenfuge. Es kommt zum Epiphysenfugenschluss. Das Dickenwachstum erfolgt weiterhin durch Neubildung von Knochensubstanz an der Oberfläche und gleichzeitigen Abbau des innenliegenden Knochenmaterials. Auch nach Beendigung des Längewachstums finden anhaltende Umwandlungsprozesse im Knochen statt. Durch unterschiedliche Zug- und Druckbelastung, die der Knochen durch die Aktivität der an ihm entspringenden und ansetzenden Muskeln erfährt, wird seine typische äußere Form geprägt. Auch im Inneren der Epiphysen richten sich die Knochenbälkchen entsprechend der auf sie einwirkenden Belastungen aus. Der Gewebeknochen wird durch Osteoklasten und Osteoblasten zum Lamellenknochen umgewandelt. Die Diaphyse besteht nun nur noch aus dem die Markhöhle umschließenden Knochenmantel (NICKEL et al. 2004; SCHNORR u. KRESSIN 2011). 26

Literaturübersicht 2.5 Anatomische Grundlagen Das Skelett der Vorder- und Hintergliedmaße lässt sich allgemein in den Gliedmaßengürtel, die Gliedmaßensäule und die Gliedmaßenspitze unterteilen. Die Gliedmaßensäule wird vom Stylopodium, Oberarmbein (Humerus) bzw. Oberschenkelbein (Femur), und vom Zeugopodium, das aus jeweils zwei Knochen besteht, gebildet. Dies sind an der Vorderextremität die Speiche (Radius) und die Elle (Ulna) bzw. an der Hinterextremität das Schienbein (Tibia) und das Wadenbein (Fibula). Diese sechs Knochen sind Röhrenknochen (NICKEL et al. 2004). Die Begriffe lange Knochen oder Röhrenknochen sind rein deskriptiv und bezeichnen Extremitätenknochen, die aus einem Mittelstück, dem sog. Schaft (Diaphysis) und zwei Endstücken, den Epiphysen, bestehen. Diese Knochen ermöglichen durch ihre Wirkung als ein- oder zweiarmige Hebel weit ausgreifende Bewegungen (NICKEL et al. 2004). 2.5.1 Vordergliedmaße 2.5.1.1 Humerus Das Stylopodium der Vordergliedmaße bildet der Humerus. Dieser ist beim Schwein kürzer und kräftiger als beim Menschen, was seiner Funktion als ein der Fortbewegung dienendes Stützorgan geschuldet ist. Das Caput humeri bildet das proximale Endstück des Humerus. Es dient der Artikulation mit der Fossa articularis des Schulterblatts und ist durch das Collum gegen das Corpus abgesetzt. Kraniolateral ist dem Caput das Tuberculum majus benachbart, welches beim Schwein in einen kranialen und einen kaudalen Anteil unterteilt ist. Das Tuberculum majus erreicht beim jungen Schwein die Höhe des Caput humeri, wird aber bei älteren Tieren zunehmend vom Caput überragt. Das distale Endstück bilden die Condyli lateralis und medialis (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 27

Literaturübersicht 2.5.1.2 Radius Der Radius bildet zusammen mit der Ulna das knöcherne Gerüst des Unterarms. Beide Knochen sind kräftig und eigenständig. Das proximale Ende des Radius ist das Caput radii. Seine proximale Gelenkfläche, die Fovea capitis radii ist dreigeteilt und besitzt dadurch eine kranial gelegene, kleine Ausziehung, die sich in die Rinne zwischen den lateralen und medialen Anteil des Condylus humeri einfügt. Sie bildet den am weitesten proximal gelegenen Punkt des Radius. Das Corpus radii ist an seiner Volarfläche durch straffe Bandmassen mit dem Corpus ulnae unbeweglich verbunden. Diese Verbindung wird nur durch ein schmales Spatium interosseum antebrachii unterbrochen. Am distalen Ende des Radius findet sich die Trochlea radii, dessen medial gelegene Spitze am weitesten nach distal ragt (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 2.5.1.3 Ulna Volar liegt dem Radius die kräftige Ulna an. Ihr Processus olecrani überragt als proximales Endstück den Radius deutlich. Sein freies Ende bildet das beulig verdickte Tuber olecrani. Das Corpus ulnae ist leicht nach kranial durchgebogen und, wie bereits beschrieben, mit dem Radius straff verbunden. Das distale Ulnaendstück bildet das Capitulum ulnae mit seinem nach distal ragenden Processus styloides ulnae (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 28

Literaturübersicht 2 1 6 A 3 4 2 5 7 B C 5 Abbildung 2.2: Zeichnung des Skeletts der rechten Vordergliedmaße des Schweines, links Ansicht von medial, rechts Ansicht von kranial, HORROWITZ u. KRAMER (1982). A: Humerus mit 1: Caput humeri, 2: Tuberculum majus, Pars cranialis und 3: lateraler Anteil des Condylus humeri, B: Radius mit 4: Caput radii und 5: Trochlea radii, C: Ulna mit 6: Tuber olecrani und 7: Processus styloides ulnae 2.5.2 Hintergliedmaße 2.5.2.1 Femur Der Femur ist, analog zum Humerus, das Stylopodium der Hintergliedmaße. Er ist der stärkste Knochen des Skeletts, dessen distalem Endstück ein Sesambein, die Patella, zugeordnet ist. An seinem proximalen Endstück befindet sich das Caput femoris zur Artikulation mit dem Acetabulum des Beckens. Es ist deutlich durch ein 29

Literaturübersicht Collum abgesetzt. Lateral des Caput femoris liegt der Trochanter major, der beim Schwein höchstens die Höhe des Caput erreicht. Sein Corpus ist sehr kräftig, distal leicht vorgebogen und von zahlreichen Gruben, Fortsätzen und Rauhigkeiten gezeichnet. Am distalen Endstück finden sich die Kondylen, die als Condylus lateralis oder fibularis und Condylus medialis oder tibialis bezeichnet werden. Diese bilden das Kniekehlgelenk mit der Tibia (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 2.5.2.2 Tibia Der Unterschenkel wird, wie auch der Unterarm, von zwei Knochen gebildet. Die Tibia ist der kräftigere Knochen des Unterschenkels. Sie zeigt beim jungen Tier einen vollständig runden Querschnitt und erfährt mit fortschreitendem Alter und der damit verbundenen, physiologischen Belastung eine Umgestaltung, die zu einem unregelmäßigen Querschnitt führt. Ihr proximales Endstück trägt den lateralen und medialen Kondylus, zwischen denen sich die Fossula intercondylica centralis befindet. Lateral und medial der Fossula liegen die Tubercula intercondylica laterale und mediale, von denen das laterale am weitesten nach proximal reicht. Das distale Endstück wird von der Cochlea tibiae eingenommen, die medial vom Malleolus tibiae nach distal überragt wird (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 2.5.2.3 Fibula Der zweite Knochen des Unterschenkels ist die Fibula. Sie liegt der Tibia lateral an. Ihr proximales Endstück, das Caput fibulae erreicht das Kniekehlgelenk nicht. Es bildet lediglich ein straffes Gelenk mit der Tibia aus. Im weiteren Verlauf sind Tibia und Fibula durch die Membrana interossea cruris unbeweglich miteinander verbunden. Am distalen Ende bildet sich wieder ein straffes Gelenk zwischen der Cochlea tibiae und dem distalen Endstück der Fibula aus, welches mit dem angeschlossenen Malleolus fibulae die Tibia distal überragt (HORROWITZ u. KRAMER 1982; NICKEL et al. 2004). 30

Literaturübersicht 1 2 1 A 3 8 5 B C 4 6 9 7 Abbildung 2.3: Zeichnung des Skeletts der linken Hintergliedmaße des Schweines, links: Ansicht von lateral, rechts Ansicht von medial, (HORROWITZ u. KRAMER 1982) A: Femur mit 1: Caput femoris, 2: Trochanter major, 3: Condylus lateralis und 4: Condylus medialis, B: Tibia mit 5: Condylus lateralis, 6: Condylus medialis und 7: Cochlea tibiae, C: Fibula mit 8: Caput fibulae und 9: Malleolus fibulae 2.5.3 Vergleiche zum Menschen Obwohl das Gliedmaßenskelett des Schweins in seinen Anteilen mit dem des Menschen übereinstimmt, müssen natürlich im Hinblick auf den Einsatz des Mini- LEWE als Modelltier für den Menschen einige Unterschiede bedacht werden. Der Humerus des Schweins zeichnet sich durch eine markantere Reliefgestaltung aus. Durch das beim Schwein auf der Vordergliedmaße lastende Körpergewicht bildet 31

Literaturübersicht sich, bedingt durch Körperlast und Muskelkraft, die typische Knochenform heraus. Zudem ist der Humerus des Menschen um 90 entlang seiner Achse verdreht. Sein Caput zeigt daher nach medial, während es beim Schwein nach kaudal ausgerichtet ist. Das Vermögen, Radius und Ulna gegeneinander zu verdrehen, ist ebenfalls nur dem Menschen eigen. Beim Schwein sind die Knochen des Antebrachiums durch straffe Bandmassen unbeweglich miteinander verbunden (NICKEL et al. 2004). An der Hintergliedmaße ist es dagegen der menschliche Femur, der deutlichere Erhabenheiten ausbildet als der des Schweines, da er hier die gesamte Körperlast stützt und ohne Unterstützung der Vordergliedmaße der Fortbewegung dient. Der Trochanter major des Menschen überragt das Caput nicht. Die Tibia ist bei beiden Spezies kräftiger als die Fibula, aber ebenso lang. Beweglichkeit zwischen den Knochen des Unterschenkels besteht nicht (NICKEL et al. 2004). 2.6 Vermessung von Schweineknochen Die Vermessung von Knochen, insbesondere die Längenmessung von Röhrenknochen, wurde im Rahmen verschiedener Arbeiten mit unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt. DÄMMRICH und UNSHELM (1972) interessierten besonders die Rasseunterschiede bezüglich des Femurwachstums bei Schweinen der Rassen Göttinger Miniaturschwein, Mangalica, Piétrain, Deutsche Landrasse und Weideschwein. Sie stellten fest, dass die Länge des Femurs bei gleichaltrigen Schweinen weitgehend rasseabhängig ist. Außerdem zeigte sich, dass das Wachstum des Femurs innerhalb der Rassen deutlicher vom Alter als vom Gewicht des Tieres bestimmt wird, da bei unterschiedlich schweren aber gleichaltrigen Tieren einer Rasse die Femurlänge nicht signifikant variierte. Für das Göttinger Miniaturschwein als einem Vertreter der Minipigs wurde die Länge des Femurs bei einem Tiergewicht von 20 29 kg mit im Mittel 13,0 cm angegeben, für 30 39 kg mit 14,0 cm und von 40 49 kg mit 14,4 cm. Aus dieser Arbeit geht jedoch nicht hervor, zwischen welchen Knochenpunkten die Länge gemessen wurde. 32

Literaturübersicht Für das Mini-LEWE finden sich Angaben zur Länge verschiedener Knochen bei Tieren unterschiedlichen Alters (KUNTZE 1994). Die jüngsten untersuchten Schweine waren einen Tag alt, die ältesten gut vier Jahre. Unter den 72 aufgenommenen Parametern zur Charakterisierung des Skelett- und Organwachstums finden sich die Längenmaße von Humerus, Ulna, Femur und Tibia sowie die Masse von Humerus und Femur. Es werden die proximalen und distalen Messpunkte beschrieben, die aus Tabelle 2.2 ersichtlich sind. Tabelle 2.3 und Tabelle 2.4 zeigen einige im Rahmen dieser Arbeit ermittelten Längenmaße. Tabelle 2.2: Messpunkte zur Ermittlung der Knochenlängen modifiziert nach KUNTZE (1994) Humerus proximaler Messpunkt Tuberculum majus, Pars cranialis distaler Messpunkt Trochlea humeri, lateral Ulna Tuber olecrani Processus styloideus ulnae Femur Trochanter major Condylus lateralis Tibia Eminentia intercondylaris Malleolus medialis Tabelle 2.3: Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (s) für die Länge von Humerus und Ulna in cm modifiziert nach KUNTZE (1994) Alter [d] Humerus Ulna x s x s 1 39,00 5,35 38,87 5,45 7 45,50 1,32 45,80 3,96 14 52,71 4,35 53,50 4,48 21 59,70 4,18 59,70 3,19 28 63,80 4,09 62,40 4,98 63 77,67 4,92 81,33 0,58 85 92,20 4,71 91,80 4,44 125 106,00 7,04 107,80 5,53 175 115,30 11,30 121,00 6,68 280 143,30 3,15 142,00 2,65 1480 146,30 2,97 147,50 5,74 33

Literaturübersicht Tabelle 2.4: Mittelwerte ( x ) und Standardabweichungen (s) für die Länge von Femur und Tibia modifiziert nach KUNTZE (1994) Alter [d] Femur Tibia x s x s 1 39,75 0,96 35,38 3,82 7 44,90 2,46 43,40 2,07 14 52,93 4,57 49,64 3,75 21 59,90 5,05 57,00 4,18 28 66,40 1,95 60,70 3,24 63 83,50 4,51 74,66 2,15 85 98,20 5,17 88,20 3,77 125 113,70 5,54 101,80 5,71 175 133,00 5,89 120,80 8,99 280 155,70 2,08 139,30 3,51 1480 157,30 5,91 141,30 4,19 Für die Längenzunahme von Ulna, Femur und Tibia ergab sich somit ein reines Sättigungswachstum. Alle anderen ermittelten Längen- und Breitenmaße zeigten ein doppelt sigmoidförmiges Wachstum mit einem Wachstumsschub um den 160. Lebenstag. Wann der Epiphysenschluss im Einzelnen erfolgte und somit das Längenwachstum stagnierte, konnte nicht ermittelt werden, da der Altersunterschied zwischen der ältesten (ca. vier Jahre) und der zweitältesten (ca. neun Monate) Schweinegruppe gravierend war. Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass das Längenwachstum der Knochen zeitlich gesehen vor der Zunahme an Masse stattfand. Diese Divergenz blieb bis zu einem Alter von sechs Monaten erhalten. Nach neun Monaten hatten sowohl Knochenlänge als auch masse 98 % der Werte der adulten Tiere erreicht. Einige Studien beschäftigten sich mit dem Einfluss des Geschlechts auf das Knochenwachstum. TUTSCH (1986) fand keinen Unterschied der Femurlänge zum Zeitpunkt der Geburt bei männlichen und weiblichen Schweinen der Rasse Hormel- Hanford. Ebenso konnten keine Längenunterschiede und keine Unterschiede im Längenzuwachs zwischen den Knochen der rechten und linken Hintergliedmaße festgestellt werden. Er fand lediglich heraus, dass die Femora der weiblichen Tiere 34

Literaturübersicht schneller an Länge zunahmen, dann aber das Wachstum früher einstellten, als jene der männlichen Tiere. Seine Untersuchungen zielten darauf ab, die Eignung des Miniaturschweins Hormel-Hanford als Modelltier für Wachstumsstudien zu prüfen. RICHMOND und BERG (1972) vermaßen Skapula, Humerus, Radius, Ulna, Femur und Tibia von weiblichen und männlichen kastrierten Hybridschweinen aus den Rassen Duroc, Yorkshire und Hampshire. Sie stellten fest, dass Jungsauen eine längere Skapula, einen längeren Femur und eine längere Tibia aufwiesen als kastrierte männliche Tiere gleichen Alters. Bei allen anderen vermessenen Knochen konnte kein Unterschied gefunden werden. Weiterhin untersuchten sie den Einfluss verschiedener Energiegehalte der Futterrationen auf das Knochenwachstum. Diese Untersuchung ergab ebenfalls keinen Unterschied im Längenwachstum der Röhrenknochen. Lediglich die Skapula war bei Tieren, die mit einem energieärmeren Futter gefüttert wurden, länger als bei jenen, die mit energiereichem Futter versorgt worden waren. TSUTSUMI et al. (2004) untersuchten ebenfalls die Geschwindigkeit des Knochenlängen- sowie -breitenwachstums im Wachstumsverlauf und den Zeitpunkt des Epiphysenfugenschlusses bei Göttinger Minipigs. Ihre Studie zielte auf die Etablierung von Standardwerten ab. 2.7 Computertomographie 2.7.1 Computertomographie in der Tiermedizin In den 1980er Jahren wurden erstmals in den USA und in Deutschland Kleintiere mittels Computertomographie (CT) untersucht (HENNINGER 2002). Dieses bildgebende Verfahren etablierte sich in den folgenden Jahren rasch in der Veterinärmedizin, da es eine große Bandbreite an Untersuchungen ermöglichte (BARBEE 1996). Anfangs stand vor allem die Schnittbildgebung des Kopfes bei Hunden und Katzen im Vordergrund, die eine erhebliche Verbesserung der Diagnostik neurologischer Erkrankungen darstellte. Später zeigte sich auch die Bildgebung des Thorax, hier insbesondere der Lunge, und der Knochen von großem 35

Literaturübersicht diagnostischem Wert. Heute wird die CT bei großen und kleinen Haussäugetieren, Vögeln, Reptilien, Wild- und Zootieren bei verschiedensten Fragestellungen erfolgreich eingesetzt (SCHWARZ u. SAUNDERS 2011). Im Bereich der Großtiermedizin sind die Untersuchungsmöglichkeiten allerdings eingeschränkt. Dies ist zum einen auf die mangelnde Wirtschaftlichkeit dieser diagnostischen Maßnahme bei lebensmittelliefernden Tieren und zum anderen auf die räumlichen und gerätespezifischen Gegebenheiten der CT-Einheit zurückzuführen, da diese in der Regel für die Anwendung beim Menschen konstruiert wurden. So werden bei Großtieren fast ausschließlich Untersuchungen des Kopfes, Halses und der Gliedmaßen durchgeführt. Hierzu sind spezielle technische Hilfsmittel notwendig. Beispielsweise wird zur Lagerung von Tieren über 300 kg ein Großtiertisch oder auch ein Kran benötigt (BARBEE et al. 1987; TOMLINSON et al. 2003). Untersuchungen an Rindern und Schweinen kommen in der Praxis selten vor und beschränken sich in der Regel auf Forschungszwecke. 2.7.1.1 CT beim Schwein MCEVOY und OHLERT (2011) empfehlen für CT-Aufnahmen an Schweinen eine Lagerung der Tiere in Brustbauchlage, da diese gut toleriert wird. Eine Narkose des Tieres ist in jedem Fall notwendig. Je nach CT-Gerät können ganze Tierkörper bis zu einem Gewicht von 300 kg untersucht werden. Bei Schweinen, die der Fleischproduktion dienen, ist eine klinisch-diagnostische CT- Untersuchung nur in den wenigsten Fällen rentabel. Hilfreich ist die CT hier zur Diagnostik der Osteochondrose und Osteomyelitis. Derartige Untersuchungen, wie sie FISTEIN et al. (2004) durchführten, gelten aber als innovative Ansätze und werden nicht routinemäßig durchgeführt. Ebenso lässt sich die Arbeit von BRAUER et al. (2011) zur Untersuchung des Lungengesundheitsstatus von Schweinen mithilfe der CT einstufen. Von größerem Nutzen für die Fleischwirtschaft ist eine Untersuchung des Schweinekörpers hinsichtlich seiner Zusammensetzung aus Fett, Muskulatur und Knochen. Derartige Untersuchungen wurden bereits in den 1990er Jahren in Ungarn durchgeführt (GILES et al. 2009). 36

Literaturübersicht Häufiger wird die CT jedoch bei Schweinen im Rahmen humanmedizinischer Forschung durchgeführt. Einerseits dient hier das Schwein zur Erprobung neuentwickelter Technik und der diagnostischen Genauigkeit der Methodik, andererseits auch zur Grundlagenforschung in Bezug auf verschiedenste Humanerkrankungen. Unter dieser Fragestellung wurden insbesondere die Schweinelunge (PROQUITTE et al. 2009; SALITO et al. 2009) und die Schweineniere (YOON et al. 2010) untersucht. 2.7.2 Technische Grundlagen Bei der Röntgenaufnahme eines Körpers wird ein Summationsbild der durchstrahlten Strukturen angefertigt. Hierbei kommt es zu Überlagerungen übereinander liegender Strukturen und dadurch zu einem erheblichen Informationsverlust (GERHARDT 1982). Die detaillierte Darstellung von Organen mit mehrdimensionaler Ausdehnung oder von Körperregionen, die von Weichteilen umgeben sind, erfordern daher spezielle Techniken, wie z. B. die Computertomographie, da sie ebenfalls nicht invasiv ist und die Nachteile des zweidimensionalen Röntgenbildes umgeht (TER- POGOSSIAN 1977; GERHARDT 1982; HELLER et al. 1984). Im Jahr 1967 begann G. N. Hounsfield mit der Entwicklung des ersten Computertomographen (CT). Die Erstellung eines Datensatzes dauerte bei diesem Gerät neun Tage und die Bildrekonstruktion am Computer für eine Schicht 2,5 Stunden (GERHARDT 1982). In den folgenden Jahren wurde die Technik weiter entwickelt, um vor allem die Untersuchungsdauer zu verkürzen. Der entscheidende Fortschritt war ein System, bei dem der Strahlenquelle, die einen Strahlenfächer mit einem Abstrahlwinkel von etwa 40 aussendet, mehrere Detektoren gegenüberliegen, die mit ihr den Patienten um 360 umrunden (Scanner der 3. Generation) bzw. ein kompletter stationärer Ring aus Detektoren vorhanden ist (Scanner der 4. Generation) (TER-POGOSSIAN 1977). Das letztgenannte Prinzip setzte sich jedoch nicht durch. So sind auch heute die meisten im Einsatz befindlichen Geräte solche der 3. Generation (KALENDER 37

Literaturübersicht 1999). Durch diese Neuerungen wurden Scanzeiten von einer Sekunde pro Rotation erreicht, die es für den Patienten komfortabel und zeitnah möglich machten, mehrere 360 -Aufnahmen nacheinander anfertigen zu lassen. Nach einer abgeschlossenen Rotation wurde der Patient um eine festgelegte Distanz durch die Röntgeneinheit bewegt, und es konnte ein weiterer Scan angefertigt werden (KALENDER 1994). 1987 kam der erste Schleifring-CT zum Einsatz, dessen Technik heute ausschließlich angewandt wird. Röntgenröhre und Akkus, bei Geräten der 3. Generation auch der Detektorstreifen, sind auf einem Ring befestigt, der in der Gantry (ringförmige Einrichtung, die Röntgenröhre und Detektoren enthält) rotiert. In der Grundstellung des Rings werden die auf ihm befindlich Akkus über Kontakte zum feststehenden Teil der Gantry aufgeladen. Es sind keine Kabelverbindungen zur Stromversorgung nötig, die sich während der Rotation immer weiter verdrehen würden. Die Akkus liefern dann während der andauernden Rotation die nötige Energie für den Scanvorgang. Ist der Scanvorgang beendet, werden die von den Detektoren erfassten Daten ebenfalls über die Kontakte zur Festplatte auf den Computer der Gantry übertragen und von dort zum Computer der Bedienkonsole, wo sie auf einem handelsüblichen Monitor als Schnittbilder dargestellt werden (KALENDER 1994, 1999). Die Schleifringtechnologie war die Voraussetzung zur Entwicklung der Spiral-CT. Durch die kontinuierliche Rotation der Röntgeneinheit kann der Patient auf der Patientenliege mit konstanter Geschwindigkeit durch die Gantry bewegt werden. Röntgenröhre und Detektoren beschreiben nun im Verhältnis zum Patienten eine spiralförmige Bahn, die dieser CT-Methode ihren Namen gab. Es werden nun nicht mehr einzelne, planare Schichten aufgenommen, sondern ein komplettes Volumen. Geräte mit den technischen Voraussetzungen zur Spiral-CT sind seit 1990 erhältlich (KALENDER 1994). 38