Medizinethische Fragen am Lebensanfang



Ähnliche Dokumente
Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen. Pränatales Screening. Leitfaden für werdende Mütter und Väter. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Was sind die Gründe, warum die Frau, der Mann, das Paar die Beratungsstelle aufsucht?

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Exkurs: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

Dr. Jung und Dr. Mansfeld informieren: Erweiterte Schwangerschaftsvorsorge

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Fruchtbarkeit ist messbar!

Erfolg beginnt im Kopf

Unerfüllter Kinderwunsch. Ursachen erkennen, Lösungen finden. Informationen für Paare, die auf ein Baby warten

Cytomegalie & Co. Häufige Virusinfektionen in der Schwangerschaft. Deutsches Grünes Kreuz e.v.

Die Beleuchtung der Medizinethik am Beispiel der Sterbehilfe und deren Umsetzung in die Unterrichtspraxis

Inhalt. 1. Einleitung Hilfe, mein Kind kann nicht richtig schreiben und lesen! Seite

Osteoporose. Ein echtes Volksleiden. Schon jetzt zählen die Osteoporose und die damit verbundene erhöhte Brüchigkeit der Knochen

Elternzeit Was ist das?

Menschen und Natur verbinden

Daten und Fakten. Gemeinschaftspraxis der Frauenärzte. Informationen zum Thema Kinderwunschbehandlung. Zentrum für Reproduktionsmedizin

Jahresbericht des Patientenfürsprechers aus dem HELIOS Klinikum Berlin-Buch für den Zeitraum bis

Statuten in leichter Sprache

...der sanfte Weg zum eigenen Kind

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Verschreibungsfreie Arzneimittel wieder in der Erstattung

Langfristige Genehmigungen

ESchG (geltende Fassung) Röspel/Hinz Flach/Hintze. 1 Mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken

Das NEUE Leistungspaket der Sozialversicherung. Mehr Zahngesundheit für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Fragen und Antworten

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Der Anspruch an eine ethische Nutzen- und Kostenbewertung

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Entwicklungsstörung. Abklären, erkennen, vorsorgen. Informationen für Eltern mit einem Sorgenkind

Labortests für Ihre Gesundheit. Suchtests bei Schwangeren und Neugeborenen 25

Brustkrebs und Mammographie

Patienteninformation: Gentestung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Basis-Information):

Schwanger- das heißt, mein Leben überdenken und neu planen. Beruf und Kind miteinander verbinden; klären, wovon wir leben.

1.1.1 Test Überschrift

Nabelschnurblutspende Informationen für werdende Eltern

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Begleittext zum Foliensatz Erbgänge beim Menschen

Ein neues System für die Allokation von Spenderlungen. LAS Information für Patienten in Deutschland

Zinssicherung im B2B Markt April 2010

Es gibt nur eine Bilanz die zählt: Ihre Zufriedenheit.

SEMINARREIHE MEDIZINETHIK

Studienkolleg der TU- Berlin

Hinweise zum Datenschutz, Einwilligungs-Erklärung

Vom Anfang des Lebens medizinethische Betrachtungen

Arbeitshilfe "Tipps für Gespräche mit Vorgesetzten und KollegInnen" Was gilt für mich?

Mit denken - nicht ausgrenzen Kinder und Jugendliche mit Behinderung und ihre Familien

IT-SICHERHEIT IM UNTERNEHMEN Mehr Sicherheit für Ihre Entscheidung

Widerrufsbelehrung der Free-Linked GmbH. Stand: Juni 2014

Und der Schluß vom Beschluß: Beschlossen und verkündet hört sich an wie aus einer Gerichtsserie. Was soll das alles?

Nicht-invasive Untersuchung auf Chromosomenstörungen beim ungeborenen Kind

Nicht invasive Pränataldiagnostik. Alle Argumente sprechen für Prendia

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Reproduktionsmedizin und Embryonenforschung

Welches Übersetzungsbüro passt zu mir?

Grußwort. des Herrn Staatsministers. Prof. Dr. Bausback. bei dem Medizinrecht-Symposium der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Unser aller Dilemma: so viele Möglichkeiten so wenig Zeit

Kulturelle Evolution 12

Deutsches Rotes Kreuz. Kopfschmerztagebuch von:

AW: AW: AW: AW: Kooperationsanfrage anwalt.de

Wärmebildkamera. Arbeitszeit: 15 Minuten

Vertragsärztliche Tätigkeit eine berufsrechtsfreie Zone?

expopharm 30. September 2015

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

Zeit lässt sich nicht wie Geld für schlechte Zeiten zur Seite legen. Die Zeit vergeht egal, ob genutzt oder ungenutzt.

Statement. Dr. Jens Sträter zeb/rolfes.schierenbeck.associates

micura Pflegedienste Köln

Fernausbildung Fachberater/in für holistische Gesundheit. Modul 6

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Kreativ visualisieren

Motivationale Aspekte des gemeinsamen Lernens aus Sicht der Medizin- und Pflegestudierenden

Einen Detailierten Leitfaden für den Antrag einer Dolmetscherkostenübernahme, sowie die benötigten Anhänge finden Sie auf Seite 3.

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Gesprächsführung für Sicherheitsbeauftragte Gesetzliche Unfallversicherung

50 Fragen, um Dir das Rauchen abzugewöhnen 1/6

Grundlagen der Theoretischen Informatik, SoSe 2008

Förderzentrum am Arrenberg

Begrüßung mit Schwung und Begeisterung. Die Teilnehmer müssen spüren, dass die Aufgabe Spaß macht.

Frauen und ihr Verständnis von Schönheit

Lehrer-Umfrage "LRS / Legasthenie" im deutschsprachigen Raum LegaKids 2010

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

1. ob Untersuchungen zum Ausmaß der ungewollten Kinderlosigkeit bekannt sind und welche die häufigsten Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit sind;

Trockenes Auge. Haben Sie Trockene Augen?

Demo-Version: FGLplus - Fragebogen

33 - Leistungsvoraussetzungen

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

RSV. RSV kennen. Das Virus, das Eltern kennen sollten. Informationen. Kinder schützen

Risikomanagement bei PPP Projekten: Erfahrungen aus Deutschland

Das ICD-Patientenzufriedenheitsbarometer

Weiterbildungen 2014/15

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

U R T E I L S A U S Z U G

Repräsentative Umfrage zur Beratungsqualität im deutschen Einzelhandel (Auszug)

Transkript:

Medizinethische Fragen am Lebensanfang Dr. med. Gisbert Voigt Kinder- und Jugendarzt / Kinderpneumologe Stellv. Vorsitzender PID Kommission Nord Symposium zur Medizinethik 23.09.2015 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 1

Einleitung Zwei zentrale Themen des heutigen Vortrages: 1. PID Verordnung, was sind die Folgen? Mit welchen Anträgen werden wir befasst? 2. Social freezing, ist dies die Konsequenz und richtige Antwort auf Karriereplanung und Planbarkeit von Kinderwunsch? 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 2

Ausgangssituation 1 Grundrisiko für eine schwerwiegende genetische Erkrankung liegt bei 1-2%, bezogen auf alle Schwangerschaften Unter Einbeziehung von weniger schweren, vielfach gut behandelbaren Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung liegt das Gesamtrisiko bei 3-5% aller Schwangerschaften 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 3

Ausgangssituation 2 Alter 1970 1980 1990 2000 2010 2011 34 11,3 % 9,1 % 11,5 % 20,5 % 29,1% 29,8% 30-34 19,8% 26,1% 31,1% 38,4% 36,9% 37% 25-29 35,8% 39,8% 40,8% 29,1% 24,6% 24,4% <25 33,1% 25,0% 16,5% 11,9% 9,8% 8,8% Mütterliches Alter bei Lebendgeburten in der Schweiz Zitiert aus : Med. Genetik für die Praxis, S. 96 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 4

Exkurs 1 Entwicklung Reproduktionsmedizin 1978: Geburt von Louise Brown (erstes Kind nach in vitro Fertilisation) 1982: Geburt des ersten Retortenbabys in Erlangen (ml.) 1990: Verabschiedung des Embryonenschutzgesetzes in Deutschland 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 5

Exkurs 2 Bedeutung der Pränatal Diagnostik am Beispiel der Entdeckung von Trisomie 21 - Nur Alter der Mutter: 1980 = 25%, heute ca. 55% - Triple Test: 65% - Nackentransparenz + Alter: 72% - Erstrimestertest: 88% - NIPD: 99% 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 6

Exkurs 3 Bedeutung der Pränatal Diagnostik für die Früherkennung von angeborenen Fehlbildungen: Diverse angeborene Hirnfehlbildungen Angeborene Herzfehler Angeborene Fehlbildungen des Bauchraums Fehlbildungen im Gesicht und am Rücken Fehlbildungen der Extremitäten etc. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 7

Pränatale Untersuchungsmethoden 1. Trimenon 2. Trimenon 3. Trimenon Ultraschall Nackentransparenz Triple-Test Risikoabschätzung, nicht-invasives Screening 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 8

Pränatale Untersuchungsmethoden 1. Trimenon 2. Trimenon 3. Trimenon Ultraschall Nackentransparenz Triple-Test NIPD an cff DNA Amniocentese Chorionzottenbiopsie Cordozentese Risikoabschätzung, nicht-invasives Screening Diagnostik 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 9

Aneuploidie-Screening - Methoden und Detektionsraten - Detektionsrate (%) Mütterliches Alter Triple- Test Quatruple- Test Ersttrimester- Screening NIPD cff DNA 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 10

Das Testmaterial: Blut der Schwangeren Plazenta mütterliches Blut mütterliche Zellen mütterliche DNA fetale Zellen fetale DNA mütterliches Blut enthält DNA in vitalen Zell(kern)en sowie zellfreie DNA-Moleküle im Plasma von abgestorbenen Zellen < 1% der gesamt-dna ist fetalen Ursprungs zellfreie DNA ist fragmentiert (ca. 150-200 Nukleotide) 4-40% der zellfreien DNA im mütterlichen Plasma ist fetal Halbwertszeit < 20 min 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 11

Anwendungsgebiete der NIPD 1. Numerische Chromosomenstörungen - Trisomien 13, 18, 21 - Turner-Syndrom, Klinefelter-Syndrom u.a. - Triploidie 2. Mikrodeletions- / Mikroduplikations-Syndrome - DiGeorge-Syndrom - Prader-Willi-/Angelman-Syndrom - Cri-du-Chat-Syndrom - Wolf-Hirschhorn-Syndrom - 22q-Duplikations-Syndrom 3. Monogene Erkrankungen - ß-Thalassemie - 21-Hydroxylase-Defekt - zystische Fibrose - Muskeldystrophie Duchenne - Achondroplasie/tanatophore Dysplasie - Chorea Huntington 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 12

PID versus NIPD versus Pränataldiagnostik PID NIPD an cff DNA PD (CVS/AC/CC) Zeitpunkt vor Implantation ab 5. SSW ab 11./14./16. SSW Dauer ca. 1-3 Tage ca. 5-14 Tage ca. 1-14 Tage Verfügbarkeit (+) ++ +++ Sensitivität ~100% 99-100% 99-100% Spezifität?? >99,9 >99,99% Kosten hoch ca. 500-800 > 1000 Kostenträger Antragstellerin Schwangere Krankenkassen technische Grenzen geringe Zellzahl / Mosaike Mosaike, < 4% fetale DNA (plazentare) Mosaike, maternale Kontamination Risiken Stimulation keine Fehlgeburt (0,5-1%) Nachteile Embryonentod, geringe SS-Rate invasive Diagnostik bei auf-fälligem Befund nötig, ggf. SSA SSA (operativ, Spätabbruch, Fetozid) Vorteile Vermeidung SSA Vermeidung Stimulation+ Punktionsrisiko, wenn nötig, früher SAA (medikamentös), reichlich Untersuchungsmaterial Vermeidung IVF, reichlich Untersuchungsmaterial 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 13

Zusammenfassung NIPD NIPD an fetaler DNA aus dem mütterlichen Blut für eine steigende Zahl von Erkrankungen verfügbar ohne Risiken für Gesundheit von Mutter und Kind Sensitivität, Spezifität, Verfügbarkeit steigen ständig Kosten sinken Anwendungsgebiete gehen über familiäre Erbkrankheiten und Aneuploidie- Screening weit hinaus Anwendbarkeit ab der 5. SSW ermöglicht ggf. medikamentösen SSA NIPD = Alternative zur PID, wenn medikamentöser SSA toleriert wird 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 14

Urteil des BGH zur Zulässigkeit einer PID www.aekn.de 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 15

Aus dem Urteil : 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 16

Aus dem Urteil : 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 17

Deutscher Bundestag Drucksache 17/5451 B. Einzelbegründung Zu Artikel 1 Zu Nummer 1 Zu Absatz 2 Der Begriff schwerwiegende Erbkrankheit des Kindes nimmt auf eine vom ESchG bereits in 3 Satz 2 verwendete Formulierung Bezug. Unter Erbkrankheiten sind nach derzeitigem Kenntnisstand der Gendiagnostik monogen bedingte Erkrankungen und Chromosomenstörungen zu verstehen. Schwerwiegend sind diese insbesondere, wenn sie sich durch eine geringe Lebenserwartung oder Schwere des Krankheitsbildes und schlechte Behandelbarkeit von anderen Erbkrankheiten wesentlich unterscheiden. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 18

3a Präimplantationsdiagnostik; Verordnungsermächtigung (2) Besteht auf Grund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt, oder des Mannes, von dem die Samenzelle stammt, oder von beiden für deren Nachkommen das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit, handelt nicht rechtswidrig, wer zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mit schriftlicher Einwilligung der Frau, von der die Eizelle stammt, nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik Zellen des Embryos in vitro vor dem intrauterinen Transfer auf die Gefahr dieser Krankheit genetisch untersucht. Nicht rechtswidrig handelt auch, wer eine Präimplantationsdiagnostik mit schriftlicher Einwilligung der Frau, von der die Eizelle stammt, zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vornimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 19

Was regelt die PID Verordnung? (1) Die Länder richten für die für die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik zugelassenen Zentren unabhängige interdisziplinär zusammengesetzte Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik (Ethikkommissionen) ein. Dabei können die Länder auch gemeinsame Ethikkommissionen einrichten. Die Ethikkommissionen setzen sich aus vier Sachverständigen der Fachrichtung Medizin, jeweils einem oder einer Sachverständigen der Fachrichtungen Ethik und Recht sowie jeweils einem Vertreter der für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe behinderter Menschen auf Landesebene maßgeblichen Organisationen zusammen. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 20

Zahl der Anträge bei der PID Kommission Nord In 2014 : insgesamt 15 Anträge, davon 10x balancierte Translokation. In 2015 bisher 31 Anträge, davon 15x balancierte Translokation. Die Anträge kommen aktuell aus dem gesamten Bundesgebiet, circa 1/3 aller Anträge kommen aus den 6 Bundesländern, für die unsere Kommission grundsätzlich zuständig ist. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 21

Wie verteilt sich genetische Information? 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 22

Was ist eine balancierte Translokation? Zitiert aus Wikipedia Bei einer balancierten Translokation (balanciert = im Gleichgewicht) ist ein Chromosom oder ein Chromosomenabschnitt auf ein anderes Chromosom transloziert, wobei sich die Gesamtmenge des Erbguts nicht ändert, sondern im Gleichgewicht bleibt. Aufgrund dessen hat eine balancierte Translokation phänotypisch keine Auswirkungen für die betreffende Person. Menschen mit einer balancierten Translokation haben jedoch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Nachkommen mit einer unbalancierten Translokation (s. u.) zu zeugen, denn sie bilden auch Keimzellen (Gameten) mit unbalancierter Translokation. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 23

Beispiel Translokation 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 24

Beispiel Translokation 1984/1981 Indikation: 46,XY,t(11;20)(q13.3;p11.23) beim Mann mit Oligozoospermie unerfüllter Kinderwunsch seit 2012 eine Fehlgeburt in der 6. SWW nach natürlicher Konzeption der(11) der(20) 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 25

Zusammenfassung 1 Das Selbstbestimmungsrecht der Frau dominiert die Entscheidung pro bzw. contra Erhalt einer Schwangerschaft. Die PD, vor allem in Form der NIPD schafft eine Informationslage für die Frauen, die zu einem Anstieg von Frühabbrüchen (medikamentös) führen kann und wird. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 26

Zusammenfassung 1 Die gesellschaftliche Diskussion zum Thema PD ist unzureichend geführt worden. Der medizinische Fortschritt in Reproduktionsmedizin und medizinischer Genetik ist so rasant, dass die Diskussion dieser Konsequenzen nicht stattfindet. Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit nur nachjustiert, was wissenschaftlich schon längst etablierte Praxis wurde. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 27

Zusammenfassung 2 PID wird unter den heutigen gesetzlichen Rahmenbedingungen eine seltene Indikation bleiben Die gesetzlichen Regelungen schränken die Entscheidungsmöglichkeiten der PID Kommission deutlich ein. Es bleibt abzuwarten, ob in Zukunft vermehrt Anträge zu genetischen Erkrankungen gestellt werden, die nicht schwerwiegend sind. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 28

Zusammenfassung 3 Aktuell ist schon ein deutlicher sozialer Gradient bei den Antragsstellerinnen zu beobachten. Die Beantragung der PID bei der Ethikkommission kosten 1500 bis 3000, die Durchführung bis zu 10.000. Diese Leistungen sind nicht Gegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung. Aus Gleichheitsgründen kann diese Regelung keinen Bestand haben. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 29

Gedanken zu Social freezing 1 Thema Information: weiß jede Frau um diese Möglichkeit? Thema Gleichheit: kann sich dies jede Frau leisten? Thema Sozialrecht: wird dies eine Kassenleistung für alle Frauen? Thema Indikation: Alter der Frau bei Entnahme und späterer Implantation? Thema PID: ist dies eine Möglichkeit zur Optimierung? 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 30

Gedanken zu Social freezing 2 Thema Kindesperspektive: macht es Kindheit leichter, wenn ich bei meinen alten Eltern aufwachse? Welche Konsequenzen hat dies für die Bindungsentwicklung? Pubertät und alte Eltern? Schulabschluss und Eltern im Rentenalter Etc. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 31

Danksagung an: Frau Dr. rer nat. Simone Heidemann, Institut für Tumorgenetik Nord, Kiel für die Folien 8-14. Herrn Prof. Dr. Andreas Gal, bis 2013 Direktor des Instituts für Humangenetik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE); Ärztlicher Leiter des Fachbereichs Humangenetik im Medizinischen Versorgungszentrums UKE, für die Folien 15-18, 22, 24 und 25. 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 32

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf die Diskussion 23. September 2015 Medizinethische Fragen am Lebensanfang Seite 33