Präsentation von Dirk Flege bei der Expertenanhörung des EU-Verkehrsausschusses am 17.09.2013 in Brüssel zum Thema längere und schwerere Lkw Es gilt das gesprochene Wort. Sehr geehrte Abgeordnete, die Europäische Union hat sich für den Verkehrsbereich anspruchsvolle Ziele gesetzt. 30 Prozent des Langstrecken-Lkw-Verkehrs sollen bis zum Jahr 2030 auf Schiene und Wasserstraße verlagert werden. Auch dringend notwendige Klimaschutzziele wurden im Weißbuch Verkehr definiert. Hier ist der Handlungsdruck gewaltig. Der Verkehr ist inzwischen das Klimasorgenkind Nr. 1 - seit 1990 sind die Treibhausgasemissionen des Sektors um fast 30 Prozent gestiegen, sie sollen aber bis 2050 um 60 Prozent sinken. Gleichzeitig soll auch die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2020 halbiert werden. Mit diesen Herausforderungen stehen Sie als Abgeordnete vor einer enormen politischen Gestaltungsaufgabe. Kürzlich hat die Europäische Kommission den Vorschlag unterbreitet, künftig Mega Trucks für den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa zuzulassen. Ob diese Maßnahme sinnvoll ist, um die eben genannten Ziele zu erreichen, darum geht es heute. Sie als Abgeordnete werden am Ende der Anhörung zu einem Urteil kommen. Werden Mega Trucks helfen, mehr Verkehr auf Schiene und Binnenschiff zu verlagern? Senken Gigaliner die Treibhausgasemissionen oder führt der Einsatz von Gigalinern unterm Strich sogar zu mehr Treibhausgasemissionen? Und: Können Riesen-Lkw helfen, die Zahl der Verkehrstoten auf Europas Straßen zu halbieren? Die Antwort auf diese Fragen hängt auch wesentlich davon ab, ob übergroße Lkw dem Schienenverkehr schaden oder nicht. Viele wissenschaftliche Studien haben diese Frage bereits untersucht. Die meisten kommen zu dem Ergebnis, dass Mega Trucks Verkehre von der Schiene zurück auf die Straße verlagern würden. Seite 1 von 3
Gigaliner-Befürworter halten diesen Studien Praxiserfahrungen aus den Ländern entgegen, in denen diese Fahrzeuge eingesetzt werden. Aber sind diese Praxiserfahrungen wirklich positiv? Wir haben uns die Folgen der Zulassung von längeren und schwereren Lkw einmal am Beispiel Schweden angesehen. Im Gegensatz zu Versuchen mit verhältnismäßig wenigen Fahrzeugen - wie sie in den Niederlanden oder Dänemark stattfinden - haben Gigaliner in Schweden einen Anteil von circa 75 Prozent an der Verkehrsleistung des gesamten Straßengüterverkehrs. Zwischen 1990 und 1993 wurde das Lkw-Gewicht in Schweden von 51,4 auf 60 Tonnen erhöht eine Steigerung um mehr als achteinhalb Tonnen in nur drei Jahren. 1996 wurde auch die Länge von 24 auf 25,25 Meter erhöht. In der Folge entwickelten sich die Marktanteile von Lkw und Eisenbahn spiegelverkehrt. Während der Straßengüterverkehr zwischen 1990 und 1999 6,5 Prozent hinzugewann, verlor die Schiene im selben Zeitraum fast 4 Prozent Marktanteil. Für den Schienengüterverkehr bedeuteten diese Marktanteilsverluste einen historischen Tiefststand von weniger als 30 Prozent, während der Straßengüterverkehr mit mehr als 58 Prozent einen historischen Höchststand erreichte. Nur langsam konnte sich die Eisenbahn in Schweden von diesem Eingriff in den Wettbewerb erholen. Erst heute mehr als 20 Jahre später haben die Güterbahnen in Schweden wieder den Marktanteil von 1990 erreicht. Die Praxiserfahrungen aus Schweden zeigen eines ganz deutlich: Gigaliner schaden dem Schienenverkehr. Mega Trucks sind 6,5 Meter länger und 20 Tonnen schwerer als der EU-Standard- Lkw. Sie verbilligen den Straßengüterverkehr um 25 Prozent und sollen dort Marktanteile erobern, wo der umweltfreundliche und sichere Schienenverkehr seine Stärken hat im Langstrecken-Güterverkehr. Damit schaden sie nicht nur der Schiene, sie gefährden auch die anspruchsvollen EU-Ziele für den Verkehrssektor. Mit Riesen-Lkw kann die Verlagerung von 30 Prozent des Langstecken-Lkw-Verkehrs auf Schiene und Binnenschiff nicht erreicht werden. Durch die Zulassung dieser Fahrzeuge und die damit einhergehende Verbilligung des Lkw-Verkehrs, würden in Zukunft noch mehr und nicht weniger Lkw auf unseren Straßen fahren. Die CO2-Emissionen des Verkehrssektors würden weiter steigen und Seite 2 von 3
die Klimaschutzziele der EU unerreichbar werden. Auch zur Verbesserung der Verkehrssicherheit würden längere und schwerere Lkw keinen Beitrag leisten. Für das Erreichen der EU-Ziele sind Riesen-Lkw also nicht geeignet. Die Befürworter begründen ihre Forderungen nach übergroßen Lkw aber auch damit, dass diese nötig seien um das Verkehrswachstum zu bewältigen. Ein Blick in die EU Statistik zeigt hier, dass die Verkehrsleistung des Straßengüterverkehrs - wie auch die des gesamten Verkehrssektors - seit 2004 nicht mehr gewachsen ist. Auch zur Bewältigung des Verkehrs benötigt Europa den Mega Truck also nicht. In einem Markt mit begrenzter Wachstumsdynamik wird vielmehr der Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern zunehmen. Die Antwort des Straßengüterverkehrs auf diese Herausforderung ist der Gigaliner, mit dem Marktanteile von anderen Verkehrsträgern gewonnen werden sollen. Als Parlamentarier tragen Sie aber Verantwortung für die zukunftsfähige Gestaltung des gesamten Verkehrssystems. Sie entscheiden darüber, ob der Lkw-Transport durch den grenzüberschreitenden Einsatz von Gigalinern 25 Prozent billiger und damit noch attraktiver werden soll. Die Allianz pro Schiene ist der Ansicht, dass die grenzüberschreitende Zulassung von Mega Trucks die Probleme des Verkehrssektors nicht lösen, sondern weiter verschärfen würde. Deshalb bitten wir Sie, diesem Vorschlag der Europäischen Kommission eine Absage zu erteilen. Seite 3 von 3
istockphoto.com/gavni Do mega trucks help to achieve EU targets? EU transport targets Mega trucks Modal shift: 30% of road freight (300+ km) to rail or waterborne transport (by 2030) Do mega trucks help to shift transport to rail or waterways? Climate: -20% GHG emissions from transport (2008 2030) Do mega trucks help to reduce GHG emissions of the transport sector? Road safety: -50% road deaths (2011-2020) Do mega trucks help to reduce the number of road fatalities? 17 Sept 2013 Committee on Transport and Tourism: Weight and dimensions of trucks - public hearing 1
market share Practical experience: Mega trucks shifted traffic from rail to road in Sweden 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 60% 51.4 t 56 t 56 t 60 t 55% 50% 24 m 25.25 m 45% market share: +6.5% weight: +8.6 t, length: +1.25 m 40% 35% 30% 25% market share: -3.9% Source: Allianz pro Schiene based on Trafikanalys 2012, VTI 2008. Included modes of transport: road, rail, domestic shipping. 17 Sept 2013 Committee on Transport and Tourism: Weight and dimensions of trucks - public hearing 2